Und wo die Integration in den Arbeitsmarkt nicht gelingt, müssen trotzdem sinnvolle Tätigkeiten im öffentlich geförderten Arbeitsmarkt angeboten werden. Hierzu werden auch in Zukunft öffentliche Arbeitsmarktprogramme gebraucht. Es dürfen aber nicht nur Rechtsansprüche auf Förderleistungen formuliert werden, sondern es ist natürlich genauso die aktive Beteiligung des Einzelnen einzufordern. - Dies ist auch festzuhalten. Es wird ja immer gern gefordert, und es ist, wenn wir auch lange darüber gestritten haben, mittlerweile tatsächlich auch die Überzeugung.
Der Schritt, Arbeitslosen- und Sozialhilfe miteinander zu verzahnen, ist längst überfällig und es ist der richtige Schritt, weil es unsinnig ist, wenn sich wie bisher zwei Behörden weitgehend unabgestimmt auf dem gleichen Problemfeld „tummeln“. Es ist notwendig, dass mit der Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe die Kompetenzen beider Systeme miteinander verbunden werden. Bisher hat die überwiegende Zahl der Sozialhilfeempfänger auch Leistungen von der Bundesagentur empfangen, gleichzeitig haben aber auch viele Kommunen eine erfolgreiche Vermittlung von Sozialhilfeberechtigten in den ersten Arbeitsmarkt erreicht. Die vielen in SchleswigHolstein wirklich hervorragend arbeitenden Beschäftigungsinitiativen und -gesellschaften sind hierfür ein Beleg.
Für die nächste Zeit wird es darauf ankommen, die Kompetenzen beider Partner so zu ordnen, dass aus der Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe ein effektives Hilfesystem für den einzelnen Menschen entsteht, damit die Integration in den Arbeitsmarkt noch besser gelingt, als dies jetzt bereits der Fall ist.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung tut gut daran, die Arbeitsmarktpolitik mit der Regional- und Standortpolitik in Schleswig-Holstein eng zu verbinden. Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik muss es auch sein, in den nächsten Jahren mehr Arbeit und mehr Ausbildung zu schaffen, und Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik muss es sein, mehr Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erhalten und zu sichern. Die Erwerbsarbeit ist unter den Bedingungen unserer Arbeitsgesellschaft der zentrale Schlüssel für gesell
schaftliche Integration und gleichberechtigte Beteiligung. Dabei darf nicht übersehen werden, dass Erwerbsarbeit nur unter qualitativen Bedingungen der Schlüssel zu Integration und Beteiligung sein kann. Diese Bedingungen betreffen sowohl den Vollzug der Arbeit als auch deren Entlohnung. Deshalb geht es um gute und ausreichend entlohnte Arbeit. Arbeit und Chancen auf Arbeit bedeutet auch, dass die Schere zwischen Arbeitsangebot und Nachfrage geschlossen werden muss.
Arbeitsmarktpolitik trägt dazu bei, die individuellen Barrieren am Arbeitsmarkt zu beseitigen. Mehr Beschäftigung zu schaffen, bedeutet, dass Impulse auf dem Arbeitsmarkt zum Beispiel in Bereiche der Wissenschaft, aber auch der Dienstleistungen und Gütermärkte weitergetragen werden. Arbeitsmarktpolitik sollte zum Beispiel auch eine Zunahme personenbezogener und ökologischer Dienstleistungen fördern.
Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit wird aber nur gelingen, wenn wir auch weiterhin eine Umverteilung der Arbeitszeit auf mehr Erwerbspersonen insgesamt erreichen. Leider ist der Weg einer kollektiven Verkürzung der Wochenarbeitszeit unter unseren heutigen gesellschaftlichen Bedingungen schwieriger geworden und in vielen Betrieben wird dieser Weg, auch in Übereinstimmung zwischen Unternehmen und Betriebsräten beziehungsweise Gewerkschaften, nicht mehr gegangen. Trotzdem bestehen aus meiner Sicht nach wie vor zahlreiche intelligente Möglichkeiten, die vorhandene Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen.
Ein weiterer Ansatz wird es sein, niedrig beziehungsweise schlecht qualifizierte Erwerbspersonen, möglichst bevor sie in Arbeitslosigkeit fallen, durch geeignete Qualifizierungsangebote zu unterstützen. Das bedeutet, es kommt darauf an, durch präventive Förderung dafür zu sorgen, dass Arbeitslosigkeit gar nicht erst entsteht.
Eine Arbeitsmarktpolitik in Schleswig-Holstein muss sich auch noch stärker an den speziellen Anforderungen der in unserem Land typischen kleinen und mittleren Unternehmen ausrichten.
All dies sind Beispiele, die belegen, dass die Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik in SchleswigHolstein ihre Ziele immer wieder überprüfen und anpassen muss. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bleibt die Feststellung: Wenn Arbeitslosigkeit von Dauer ist, bedürfen die Betroffenen zumeist nicht nur qualifizierender Maßnahmen, sondern sie brauchen auch eine intensive Betreuung.
Dies kann Ihnen auf dem ersten Arbeitsmarkt in der Regel nicht geboten werden. Deshalb brauchen wir auch zukünftig einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt, auf dem auch diejenigen erwerbslosen Personen eine berufliche Zukunft finden, die den Anforderungen des regulären Arbeitsmarktes nicht gewachsen sind. Dies alles unter einen Hut zu bringen, insgesamt zu leisten und das auch noch bei beschränkten finanziellen Mitteln und einer großen Anzahl von Menschen und Familien, die darauf hoffen, ist eine Herkulesarbeit.
Herr Minister Rohwer, um Ihre Kraft ist uns und mir in diesem Zusammenhang nicht bang. Sie können sich auf die Unterstützung der sozialdemokratischen Fraktion verlassen.
Herr Präsident, abschließend beantrage ich, die Drucksache 15/3141 federführend in den Sozialausschuss und mitberatend in den Wirtschaftsausschuss zu überweisen.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Als ich die Antwort auf die Große Anfrage zur Arbeitsmarktpolitik bearbeitete, fiel mir ein Zitat des Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement ein. Er sagte am 18. August 2003 wörtlich:
„Es gibt keine Volkswirtschaft, die so viel Geld gegen die Arbeitslosigkeit einsetzt wie wir. Und keine ist so erfolglos wie wir.“
Diese Feststellung des Bundeswirtschaftsministers könnte auch die zusammenfassende Bewertung der Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung sein.
Nach 15 Jahren Ihrer Beschäftigungspolitik müssen wir leider feststellen, dass wir in Schleswig-Holstein nicht nur eine hohe Arbeitslosenquote, sondern auch immer noch eine dramatisch rückläufige Beschäftigung haben. Wir haben die höchste Arbeitslosigkeit seit über 50 Jahren in Schleswig-Holstein. Überdurchschnittlich betroffen sind Menschen mit geringer Qualifikation, also genau die Zielgruppe, die an
geblich durch die Arbeitsmarktpolitik dieser Landesregierung ganz besonders unterstützt, gefördert, qualifiziert und sozial integriert werden sollte.
Im Dezember 2003 - ich finde, diese Zahl muss immer wieder genannt werden - waren 139.601 Menschen bei der damaligen Bundesanstalt für Arbeit arbeitslos gemeldet. Diese fast 140.000 Menschen ohne Beschäftigung müssen wir vor Augen haben, wenn wir die Auswirkungen der rot-grünen Politik des zweiten Arbeitsmarktes diskutieren wollen. Ihre aktive Arbeitsmarktpolitik hat aus der Sicht der Betroffenen nur wenig erreicht. Das ist das Ergebnis Ihrer Antwort auf die Große Anfrage bei Durcharbeitung durch die CDU-Fraktion.
Das Programm ASH III lief von 1996 bis 1999. Laut Antwort der Landesregierung bildeten damals alle in Schleswig-Holstein arbeitslos gemeldeten Personen die Hauptzielgruppe rot-grüner Aktivitäten auf dem zweiten Arbeitsmarkt. Durchschnittlich nahmen an dem Programm ASH III 9,4 % der Arbeitslosen eines Jahres teil. Davon wiederum wurden 16 % in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt. Rechnet man diese Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt auf alle Arbeitslosen um - das fordern Sie ja im Grunde genommen von uns ab -, so muss man feststellen, dass weniger als 2 % aller Arbeitslosen durch Ihre Politik in eine dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden konnten.
Eine derart magere Bilanz konnte nicht ernsthaft als Erfolg der Landesregierung verkauft werden. Aus diesem Grund haben wir ASH III immer deutlich hier im Haus kritisiert, wenn auch nicht immer ganz so heftig wie die FDP. Die Antwort auf die Große Anfrage macht aber deutlich, dass die Heftigkeit auch damals schon angebracht war.
Wir wollten gerade bei dieser Maßnahme eine Nachhaltigkeit des hohen Mitteleinsatzes sichergestellt sehen. Für das Programm ASH III wurden insgesamt über 89 Millionen € an Steuer- und Beitragsgeldern ausgegeben. Mit diesem Mitteleinsatz haben wir 2 % aller Arbeitslosen in eine dauerhafte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gebracht.
Nach den heftigen Diskussionen hier im Plenum kam es zu einem Nachfolgeprogramm. Wir haben damals gemeinsam gesagt, dass wir eine höhere Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt brauchen. CDU und FDP haben der rot-grünen Landesregierung schon damals empfohlen, sich bei der Förderung auf
Qualifizierung ist der Hauptzugangsschlüssel zum Arbeitsmarkt. Er wird es in Zukunft in noch viel stärkerem Maße sein.
Aber die Landesregierung wischte diese Anregungen erneut vom Tisch, indem sie wieder von der „Hauptzielgruppe“ redete, nämlich von allen arbeitslos Gemeldeten in Schleswig-Holstein. Am Programm ASH 2000 nahmen durchschnittlich 5,5 % der Arbeitslosen eines Jahres teil. Erfreulich ist - das muss man hier auch sagen -, dass es im Vergleich zu ASH III gelungen ist, die Vermittlungsquote über 5 % auf 21,6 % aller Teilnehmer zu steigern. Das ist positiv und das sollten wir auch herausstellen. Rechnet man diese Zahl aber insgesamt auf alle Arbeitslosen in Schleswig-Holstein um, so ist es mit dem Programm ASH 2000 lediglich gelungen, 1,2 % der Erwerbslosen dauerhaft in Arbeit zu vermitteln.
Für das Programm ASH 2000 mit einer Vermittlung von 1,2 % der Erwerbslosen in den ersten Arbeitsmarkt haben wir an Beitrags- und Steuergeldern rund 121 Millionen € ausgegeben. Eine Entlastung des Arbeitsmarktes - das wird uns wohl hier heute keiner anders erzählen - ist kaum zu erkennen, ganz im Gegenteil. Angesichts solcher Zahlen ist es auch angebracht, die Angemessenheit des Mitteleinsatzes und die tatsächlich erzielten Erfolge kritisch zu diskutieren.
Wer angesichts einer solchen Fragestellung von sozialer Kälte redet, der soll das gern tun. Wir haben aber auch eine Verantwortung gegenüber den Beitragszahlern, Steuerzahlern und Arbeitslosen, bei denen man mit diesem Programm Hoffnungen geweckt hat.
Wer diese Vermittlungszahlen zur Kenntnis nimmt, der stößt unweigerlich auf den Satz von Wolfgang Clement:
„Es gibt keine Volkswirtschaft, die so viel Geld gegen die Arbeitslosigkeit einsetzt wie wir. Und keine ist so erfolglos wie wir.“
Dieser Satz gilt leider auch für die beiden Programme, die wir heute diskutieren. Dieser Satz darf aber für die Nachfolgeprogramme nicht gelten, deshalb
Niemand aus den Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollte mehr das Werbeschlagwort für diese Programme in den Mund nehmen. Es lautete nämlich - sinngemäß nach Wolfgang Baasch -: ASH III und ASH 2000 sind die Flaggschiffe unserer erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik. Wenn das die Flaggschiffe sind, dann möchte ich den Rest der Flotte gar nicht mehr kennen lernen.