Protocol of the Session on December 12, 2003

Ich rufe Tagesordnungspunkt 43 auf:

Tätigkeitsbericht des LEG Unternehmensverbundes nach § 10 a Abs. 4 Landesplanungsgesetz

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/2447

Bericht und Beschlussempfehlung des Finanzausschusses Drucksache 15/3089

Ich erteile zunächst der Vorsitzenden des Finanzausschusses, der Frau Abgeordneten Kähler, zur Berichterstattung das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Finanzausschuss hat sich am 27. März 2003, der Wirtschaftsausschuss am 26. November 2003 mit dem Bericht befasst. Im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsausschuss empfiehlt der Finanzausschuss dem Landtag, den Bericht, Drucksache 15/2447, zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bedanke mich, Frau Berichterstatterin. Die Empfehlung des Ausschusses liegt damit vor. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wer der Ausschussempfehlung Folge leisten möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist auch das einstimmig so beschlossen.

Ich wünsche allen eine gute Mittagspause. Wir setzen die Sitzung um 15 Uhr mit dem Thema NATURA 2000 fort; es handelt sich um die Tagesordnungspunkte 23 und 25. - Gute Mittagspause!

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung von 13:22 bis 15:02 Uhr)

Wir treten wieder in die Beratung ein. Ich hoffe, Sie alle hatten eine angenehme Mittagspause. Zunächst darf ich Gelegenheit nehmen, neue Gäste im Landtag zu begrüßen. Das sind von der Schutzgebietsausweisung betroffene Bürger aus Eiderstedt und aus anderen Landesteilen. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 und 25 zur gemeinsamen Beratung auf:

Gemeinsame Beratung

a) Benennung von weiteren NATURA-2000Gebieten (Vogelschutzgebiete)

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/3085

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3112

b) Ausweisung von Vogelschutzgebieten auf Eiderstedt

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/3087

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3111

Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/3113

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Das ist nicht der Fall.

Für die antragstellende Fraktion der FDP erteile ich zunächst dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, eines vorweg: Wir sollten Teile der Landesregierung als Vogelschutzgebiete ausweisen. Bei denen piept es nämlich mitunter.

(Beifall bei FDP und CDU - Konrad Nabel [SPD]: Ha, ha! - Weitere Zurufe von der SPD)

Es ist schon ein merkwürdiges Verfahren, das wir hier erleben. Da mussten FDP und CDU erst entsprechende Anträge stellen, damit auch das Parlament über die weitreichendsten Unterschutzstellungen von ganzen Regionen Schleswig-Holsteins erfährt, heute explizit über fast die gesamte Halbinsel Eiderstedt. So, wie Sie, sehr geehrter Herr Umweltminister Müller, mit dem Parlament umgehen, so verhalten Sie sich auch gegenüber den Betroffenen vor Ort.

Ich darf einmal kurz unterbrechen. Ihr Antrag ist ja ein Berichtsantrag. Wir sind soeben vom Minister dahin gehend informiert worden, dass er in der Lage wäre, den Bericht zu geben. Möchten Sie den Bericht zunächst hören und dann dazu Stellung nehmen?

Das ist in Ordnung.

Wunderbar!

(Beifall bei SPD und SSW)

Dann darf ich zunächst für den Bericht der Landesregierung Herrn Umweltminister Müller das Wort erteilen.

Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Die Berichtsanträge der Fraktionen von FDP und CDU, übrigens erst kürzlich eingereicht, geben eine gute Gelegenheit, die Sache des Vogelschutzes in Schleswig-Holstein darzustellen. Vor allem bieten sie mir die Gelegenheit, unzutreffende Behauptungen und falsche Informationen, denen bedauerlicherweise zum Beispiel auch der Landrat von Nordfriesland aufgesessen ist, sachlich und in aller Ruhe richtig zu stellen.

(Ursula Sassen [CDU]: In aller Ruhe ist gut!)

Wir informierten die Menschen nicht genügend, wir gäben ihnen nicht ausreichend Zeit. - So lautet der wiederholte Vorwurf. Richtiger wird diese Behauptung durch Wiederholung allerdings nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Was ist dran an diesen Vorwürfen? Ich sage Ihnen: Wie es bei der FFH-Diskussion war, so werden wir das auch bei der kommenden Diskussion über die Vogelschutzrichtlinie organisieren.

In diesem Jahr wurden Anfang Juli mit über 300 Briefen alle betroffenen Kommunen und Verbände angeschrieben und informiert. 6.000 Broschüren und 15.000 Flyer sind im Land verteilt worden. Auf über 80 Veranstaltungen wurden einige Tausend Menschen direkt durch Vortrag, Frage und Antwort vom Umwelt- und Landwirtschaftsministerium informiert. Ich betone: Jeder Wunsch nach einer Informationsveranstaltung wurde erfüllt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Kleine Umweltausschusssitzungen wurden genauso bedient wie große Veranstaltungen bis spät in die Nacht, sei es in Lauenburg oder auf Helgoland oder Amrum. Dazu gibt es einen, wie ich glaube, bis heute gut gestalteten Internetauftritt, bei dem man alle Gut

achten und alle Karten einsehen und ausdrucken kann. Auch allgemeine Informationen über NATURA 2000 sind dort erhältlich. 16 Wochen lang, davon zwölf Wochen außerhalb der Sommerferien, konnte jede und jeder Stellungnahmen abgeben. 1.200 Mal wurde davon Gebrauch gemacht. Die Landesregierung hat also, wie ich glaube, zum Thema FFH ein vorbildliches Beteiligungsverfahren auf den Weg gebracht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Nun zur Vogelschutzrichtlinie. Die Vogelschutzrichtlinie wird im nächsten Jahr 25 Jahre alt und die Europäische Kommission plant, dieses Jubiläum auch angemessen zu begehen. 1979 wurde die Richtlinie vom Ministerrat der Europäischen Union beschlossen. Der damalige Innenminister, zuständig für den Umweltschutz, hieß Gerhart Baum und war Mitglied der FDP. Der Vorwurf, man habe die Umsetzung der Richtlinie viele Jahre verschlafen, fällt also auf Sie zurück. Erst musste eine rot-grüne Bundesregierung gewählt werden, bevor im Jahre 1998 die entsprechenden bundesrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden konnten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Ursula Sassen [CDU]: Ach du meine Güte!)

- Frau Sassen, das sollten gerade Sie wissen. Denn die damalige Bundesregierung von CDU und FDP hat es versäumt, europäisches Recht rechtzeitig in Bundesrecht umzusetzen.

Bereits 1999 hat die Landesregierung die zweite Tranche der NATURA-2000-Gebiete ins Verfahren gegeben, nachdem bereits 1996 ein Teil der Naturschutzgebiete und der Nationalparke gemeldet wurde. Mit der zweiten Tranche - das räume ich ein - gingen wir in der Tat davon aus, dass Schleswig-Holstein ausreichend NATURA-2000-Gebiete benannt hat. Die EU-Kommission sieht dies anders. Die Crux liegt darin, dass die EU-Richtlinien keine konkreten Angaben zu Prozentanteilen oder konkreten Flächen machen und die Länder der Bundesrepublik erst im Nachhinein von der Kommission erfahren, ob die Meldung ausreichend ist. Das bemängeln wir, das bedauern wir, so ist aber die Rechtslage.

Heute wissen wir, dass die volle Ernsthaftigkeit, die die Europäische Kommission der Vogelschutzrichtlinie beimisst, von den Bundesländern insgesamt bis in die jüngste Vergangenheit hinein nicht ganz realisiert wurde. Das ging auch anderen Mitgliedstaaten so. Dieser Umstand führte zu einer mittlerweile umfangreichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichts

(Minister Klaus Müller)

hofes, die manche Unklarheit beseitigt hat. Heute wissen alle Bundesländer, ganz gleich, mit welcher Couleur sie regiert werden, dass sie zu kurz gesprungen sind. Die Kommission, gestützt durch den Europäischen Gerichtshof, drängt jetzt unmissverständlich auf die Umsetzung europäischen Rechts, dem damals auch eine Bundesregierung und ein Bundestag zugestimmt haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kommission hat bereits im Dezember 2001 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik wegen mangelnder Umsetzung der FFHRichtlinie eingeleitet. Bei FFH sind wir bereits beim zweiten Vertragsverletzungsverfahren. Seit diesem Frühjahr kennen wir das Aufforderungsschreiben der EU-Kommission, das inzwischen auch allen Mitgliedern des Umweltausschusses zugestellt wurde und das teilweise explizite Gebietshinweise enthält.