Protocol of the Session on December 10, 2003

über die ganzen Verfahren zu Standards und Überprüfungen ausführlich diskutiert; Bayern und SchleswigHolstein sind da federführend gewesen und sind es noch. Es gibt kein einziges Bundesland, das so verfahren will - das hat in der gesamten Debatte nie eine Rolle gespielt -, wie Sie das hier vorschlagen. Das muss Ihnen doch zu denken geben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten de Jager das Wort.

(Zurufe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach PISA geht es um Leistungsvergleiche von Schülern, aber auch von Schulen. Es steht - das ist auch durch die Äußerung vom Kollegen Klug deutlich geworden - außer Frage, dass niemand die individuellen Leistungsvergleiche von Schülern in irgendeiner Weise veröffentlichen will. Das ist selbstverständlich der Bereich, der intern in einer Schule gemacht werden muss.

Außer Frage steht aber genauso, dass man natürlich die Leistungen von Schulen öffentlich ins Verhältnis setzen kann, dass es mitnichten unfair ist, sondern dass es zwingend erforderlich ist, um den Eltern eine Einschätzung der Leistung der Schule zu geben, wohin die Kinder tatsächlich gehen.

Der Punkt, an dem Sie sich überlegen müssen, ob Sie richtig positioniert sind, Frau Erdsiek-Rave, ist die Frage, ob tatsächlich die Durchschnittsnote oder das Ergebnis der Leistungsarbeit der einzige Punkt sein darf und muss, der veröffentlicht wird. Ich glaube, dass man eine öffentliche Einschätzung von Schulen am besten dadurch bekommt, dass man weitere Parameter, die für das Leben der Schule notwendig und aufklärend sind, mit veröffentlicht. Wir haben in unserem Antrag, den wir vor einem Jahr vorgelegt haben, nicht nur die Veröffentlichung der Endnoten und der Leistungsvergleiche, der Arbeiten, sondern auch Schulporträts gefordert, in denen steht, unter welchen Bedingungen die Schule arbeitet, wie viele AGs angeboten werden, welche Lehrer dort unterrichten, wie die Personalsbemessungsquote ist und so weiter. Dadurch erhält man ein Gesamtbild einer Schule, das man gegenseitig in Beziehung setzen kann. So kommt man zu einer Gesamteinschätzung einer Schule, die das ausschließt, was Sie zu Recht befürchten. Aber

ein Teil einer solchen Veröffentlichung, eines solchen Vergleichs muss auch die Note sein,

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es geht nicht um Noten!)

weil sich am Ende schulische Leistung in Noten und Arbeiten bemisst. Das sollte Grundkonsens in diesem Hause sein.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Hentschel das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geht bei dieser Angelegenheit - ich glaube, da besteht ein Missverständnis oder man kommt von seiner eigenen Schulzeit nicht los - nicht um Schulnoten, es geht um Kompetenzstufen und die Einordnung in Kompetenzstufen, was wir bei PISA doch alle gründlich kennen gelernt haben. Ich hoffe, einige von Ihnen haben die verschiedenen Studien zu PISA tatsächlich gelesen; das wäre jedenfalls sinnvoll und hilfreich für die Debatte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte auf einen Punkt eingehen, der mir in diesem Zusammenhang sehr wichtig erscheint. Wir befinden uns in einem Prozess im Schulwesen, wo wir von der Inputorientierung zur Outputorientierung übergehen. Outputorientierung heißt, dass wir in Zukunft nicht mehr detailliert vorschreiben, was in der Schule gemacht werden soll, dass wir nicht mehr vorschreiben, wie viel Stunden welches Fach und was unterrichtet werden soll, wie viele Minuten das dauert und so weiter, dass wir nicht mehr detailliert vorschreiben, welches Schulbuch zu benutzen ist, sondern dass wir Qualitätsstandards setzen und aufgrund der Qualitätsstandards die Ergebnisse der Schulen, den Output bewerten, dass wir diesen Output abtesten, in Vergleichstests wie den, über den wir hier reden, und dass wir danach beurteilen, ob die Qualität einer Schule gut ist oder nicht.

Die Schulreform in Skandinavien hat wie in allen Ländern damit begonnen, dass den Schulen die Freiheit gegeben worden ist, weitgehend selbst zu entscheiden über Organisation, Lehrplan, Einstellung von Lehrkräften und so weiter. Erst wenn die Schulen die maximale Freiheit haben, selber zu gestalten,

(Karl-Martin Hentschel)

können sie auch maximal in Wettbewerb treten und die besten Ergebnisse für sich erzielen, sich um Weiterbildung kümmern und so weiter.

Ich glaube, das ist in diesem Prozess ein ganz wichtiger Aspekt und das ist ein Problem. Denn was wir nicht machen dürfen, ist, dass wir einerseits die gesamten Inputparameter beibehalten, andererseits Qualitätstests an den Schluss stellen und die Schulen anschließend zu uns kommen und sagen: Es wird ihnen immer mehr aufgeladen, was wollen wir eigentlich von ihnen?

Das ist auch das Problem, das wir hier jetzt bei dem Test haben. Natürlich beschweren sich die Lehrerinnen und Lehrer darüber, dass wieder etwas Neues auf sie zukommt.

Ich kann nur an uns alle appellieren, dass wir uns der Tatsache bewusst sind, dass eine Schule, die outputorientiert gesteuert und bewertet wird, dahin kommen muss, die Inputsteuerung und Beschreibung weitgehend wegzulassen. Dazu gehört für mich auch der KMK-Erlass von 1993, in dem die Schularten, die Anzahl der Fächer und so weiter und so fort, alles festgeschrieben ist, unser gesamtes gegliedertes Schulsystem festgeschrieben ist. Wenn Sie Wettbewerb wollen, lassen Sie den Schulen die Freiheit, sich im Wettbewerb zu beweisen. Dann haben wir einen echten Wettbewerb.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Eisenberg das Wort.

(Zurufe)

Herr Hentschel, es ist schön, dass wir uns tatsächlich, was den Bereich der Bildungspolitik betrifft, ganz erheblich voneinander unterscheiden. Sie werfen Nebelkerzen: Input, Output, Kompetenzgerangel, Qualität, Blablabla. Bleiben Sie ganz konsequent auf dem Boden. Es geht nicht darum, dass wir keine Qualitätsstandards wollen, sondern es geht darum, wie Qualitätsstandards zu definieren sind. Wenn Sie sagen, die Schulen müssten insgesamt die maximale Freiheit haben, um nach außen ganz hervorragend zu erscheinen, so sage ich Ihnen: Auch eine maximale Freiheit muss immer ein Stück mit den Standards gepaart sein, die in diesem Rahmen gegeben werden müssen. Autonomie der Schulen ist sehr schön; das wird von mir absolut befürwortet. Aber wo sollen die

Schulen hin und wo bleiben sie dann? Das ist der wesentliche Punkt, dem wir, die Politik, das Bildungsministerium, uns stellen müssen. Ohne das Setzen von Standards, Herr Hentschel, werden Sie nicht dahin kommen, dass die Schulen - bei aller maximalen Freiheit - erheblich besser werden als heute.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe keine weitere Wortmeldung. Dann schließe ich die Beratung. Es ist beantragt worden, in der Sache abzustimmen, und zwar alternativ. Gibt es dagegen Einwände? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich zunächst über den Antrag der FDP abstimmen, Drucksache 15/3058. Wer will diesem Antrag zustimmen? - Dann lasse ich über den Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/3107, abstimmen. Wer will diesem Antrag zustimmen? - Dieser Antrag hat mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW die Mehrheit bekommen.

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, noch über zwei Tagesordnungspunkte ohne Aussprache abzustimmen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Staatsvertrag über die Errichtung der Eichdirektion Nord

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/2872

Bericht und Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses Drucksache 15/3072

Ich erteile das Wort zur Berichterstattung aus dem Wirtschaftsausschuss der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Strauß. - Ich sehe sie nicht. Wer übernimmt die Berichterstattung aus dem Wirtschaftsausschuss? - Bitte!

Ich verweise auf die Vorlage.

Ich danke dem Herrn Berichterstatter Schröder. Gibt es Wortmeldungen zu dem ausführlichen Bericht? - Das ist nicht der Fall.

Der Ausschuss empfiehlt unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. -

(Vizepräsidentin Dr. Gabriele Kötschau)

Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so angenommen.

Dann rufe ich den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/3064

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht, wie ich sehe. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Ich schlage vor, diesen Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so angenommen.

Ich weise darauf hin, dass wir um 15 Uhr mit der Abstimmung über die Dringlichkeit beginnen werden. Ich wünsche Ihnen eine schöne Mittagspause.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 13:23 bis 15:04 Uhr)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die Nachmittagssitzung und komme zunächst auf die Dringlichkeit bezüglich des Berichts und der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses, Drucksache 15/3095, zurück. Das konnte heute Morgen nicht behandelt werden; die Drucksache lag noch nicht vor.

Die Mitglieder des Sozialausschusses hatten die Bitte geäußert, folgenden Punkt im Rahmen einer Dringlichkeitsvorlage zu beraten:

Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens „Ausgleichsabgabe nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch“

Dringlichkeitsvorlage gemäß § 51 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Schleswig-Holsteinischen Landtags