Protocol of the Session on December 10, 2003

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber nicht mit 30 Semestern!)

und das auch aus wirtschaftlichen Gründen. Dass man über Beiträge von Gasthörern reden kann, finde ich richtig, aber das ist nicht das Thema der heutigen Debatte. Das soll heißen: Wir glauben nicht an den alten Graffitispruch: 10.000 Fliegen können sich nicht irren, wenn es darum geht festzustellen, was gut schmeckt.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der Kollege Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss doch auf das eine oder andere kurz reagieren. Frau Birk, Sie haben es wirklich nicht verstanden. Der Sinn einer Gebühr für Langzeitstudierende liegt zum einen darin - ich habe es vorhin schon gesagt -, die Studenten dazu anzuhalten, innerhalb einer angemessenen Frist fertig zu werden. Wenn 13 Semester in jedem Fall gebührenfrei sind, dann ist das weiß Gott eine angemessene Frist, um in dieser Zeit fertig zu werden.

Es bleiben immer noch welche, die dann den Hochschulen Einnahmen bescheren. Das ist ein schöner Nebeneffekt in der jetzigen Situation, wo von staatlicher Seite allenthalben gekürzt wird.

Zum SSW, Anke Spoorendonk, zur angeblichen Benachteiligung von Studierenden aus sozial schwäche

(Dr. Ekkehard Klug)

ren Familien. Das ist ein Ammenmärchen. Wer aus einer sozial schwächeren Familie kommt, ist BAföGEmpfänger. Weil es eine BAföG-Höchstdauer gibt, werden solche Studierende in der Regel zügig fertig. Denn sonst erhalten sie keine Förderung mehr.

(Beifall bei der FDP)

Im Übrigen zitiere ich Sigmar Gabriel, SPD: Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es Länder gibt, in denen der Anteil von Arbeiterkindern an den Hochschulen trotz Studiengebühren höher ist als in Deutschland.

Zu Jost de Jager: Fachhochschule Kiel. Ich habe in der Statistik nachgesehen, die uns das Statistische Landesamt vorgelegt hat. An der Fachhochschule gibt es eine Regelstudienzeit von acht Semestern. Eine Studiengebühr würde dort vom 14. Fachsemester an fällig. Im 14. oder einem höheren Fachsemester befinden sich an der FH Kiel derzeit 544 Studierende. Das bedeutet bei einer Verbleibensquote von 60 % Einnahmen von rund 300.000 €. Mit der Rückmeldung zum folgenden Semester ab dem 14. Fachsemester lässt sich die Erhebung der Gebühr ohne weiteres verbinden. Der Aufwand ist nicht groß.

(Wortmeldung der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

- Einen kleinen Moment, ich möchte das noch zu Ende ausführen.

Ich will deutlich machen, was solche Einnahmen für unsere Hochschulen bedeuten. Die beiden Flensburger Hochschulen, die Universität und die Fachhochschule, haben einen gemeinsamen Bibliotheksetat im Umfang von 200.000 € für fast 6.000 Studierende, Anke Spoorendonk. Ich habe dieses Beispiel schon einmal genannt. An der Universität Mainz hat ein Professor in einem geisteswissenschaftlichen Fach im Schnitt 20.000 € Bibliotheksmittel. Das heißt, zehn Professoren in Mainz haben eine Bibliotheksausstattung, die in Flensburg die beiden Hochschulen, Universität und Fachhochschule zusammen, aus Landesmitteln für fast 6.000 Studierende bewirtschaften.

Daran sieht man, wie dramatisch die Ausstattung unserer Hochschulen im Verhältnis zu anderen, konkurrierenden Hochschulen außerhalb unseres Landes aussieht. Jede Möglichkeit, die finanzielle Basis unserer Hochschulen zu verstärken - einerseits durch höhere Landesmittel, wie wir sie beantragt haben, zum anderen auch durch die Einnahmen aus einer solchen Studiengebühr -. ist hilfreich, um die Situation im Land zu verbessern, um wirklich eine Kümmersituation, die zu entstehen droht - das Flensburger Beispiel ist da schlagend -, zu verhindern, abzuwenden.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich jetzt Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die Argumente schon ausgetauscht. Wenn man sich die Zahlen von Baden-Württemberg, aus Österreich anguckt, dann weiß man, dass die Zahl der Studierenden bei Einführung von Studiengebühren zurückgeht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein, das stimmt überhaupt nicht!)

Es ist naiv zu glauben, dass man die Unterfinanzierung unserer Hochschulen dadurch abwenden kann, dass man Studiengebühren oder erst recht Studiengebühren für Langzeitstudierende einführt. Das ist naiv und das ist falsch.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wir stehen im europäischen Vergleich - dazu gibt es ja OECD-Studien - ganz schlecht da. Unsere Hochschulen - ich sage auch hier deutlich: auch erst recht die Flensburger Hochschulen - sind unterfinanziert. Wir werden uns bei einem späteren Tagesordnungspunkt darüber unterhalten, dass jetzt mit den Zielvereinbarungen doch eine Verbesserung geschaffen wird. Das ist der richtige Weg. Diesen Weg müssen wir weiter beschreiten. Aber zu glauben, dass man mit Studiengebühren überhaupt etwas regeln kann, das stimmt vorn und hinten nicht.

Ich habe es allmählich auch satt, wenn immer gesagt wird, wir können uns diesen Sozialstaat nicht leisten, alles muss sich rechnen, alles muss zusammengeschrumpft und eingestampft werden. Wir müssen Prioritäten setzen und wir müssen es auch mit einer Priorität versehen, dass es bei uns in der Bundesrepublik mehr Hochschulabsolventen gibt; sonst werden wir die wirtschaftliche Entwicklung nicht wenden können.

(Beifall beim SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat jetzt Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Anke Spoorendonk, weil Sie BadenWürttemberg unmittelbar angesprochen haben, sage ich: Ich hatte ja das zweifelhafte Vergnügen, Tutorate für so genannte Langzeitstudierende an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Freiburg zu geben. Das waren Studierende, die nach 20 Fachsemestern und mehr das Diplom im Diplomstudiengang VWL immer noch nicht hatten.

Sie sind mir die Antwort schuldig geblieben, welchen wissenschaftlichen, welchen gesellschaftlichen und welchen ökonomischen Nutzen jemand hat, der auch nach 25 oder 30 Semestern die Grundzüge seines Studienfachs noch nicht einmal begriffen hat. Darum geht es. Die können gern bis an ihr Lebensende in der Universität irgendwelche Bänke besetzen. Dann sollen Sie dafür aber auch bezahlen, liebe Kollegin Spoorendonk.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Es macht wirklich keinen Sinn. Ich gebe Ihnen ja Recht: Wir brauchen nicht weniger Studierende, wir brauchen mehr, wir brauchen aber fleißige Studenten, die ihr Studium zügig und ordentlich absolvieren wollen, und nicht Studenten, die in der Uni eine Parkbank bis zur Rente sehen. Das macht gesellschaftlich, das macht ökonomisch, das macht auch sozialpolitisch überhaupt keinen Sinn.

(Beifall bei der FDP)

Insofern läuft Ihr Argument absolut ins Leere, das Sie hier gerade vorgetragen haben.

Lassen Sie mich einen letzten Satz sagen! Kollege Weber, das, was Sie behauptet haben, ist schlichtweg falsch, dass damit nämlich ein riesiger Verwaltungsaufwand entstehe. Wissen Sie, wie die Universität Freiburg, wie die Universitäten in Baden-Württemberg Langzeitstudiengebühren erheben? Meine Schwester bezahlt die übrigens selber; die zahlt pro Semester 500 € und ärgert sich immer darüber. Also muss ich mich auch dort rechtfertigen, warum ich hier dafür eintrete.

Da wird diese Gebühr ganz schlicht und ergreifend mit der normalen Semesterrückmeldung erhoben. Das ist ein Verwaltungsaufwand von weniger als 1 € pro Student. Das heißt, 499 € kommen unmittelbar der Hochschule zugute.

Wenn Sie hier Hessen anführen, frage ich: Was wollen Sie eigentlich? Gucken Sie in unseren Gesetzentwurf, in dem ganz klar steht, dass das Geld eben nicht

in den allgemeinen Haushalt fließen soll, sondern ausschließlich den Hochschulen zugute kommt. Wenn man hier schon argumentiert - man darf ja gern eine andere Meinung haben, man kann sich auch darüber unterhalten, ob man eine allgemeine Studiengebühr einführt -, dann also bitte sauber und im Rahmen unseres Gesetzentwurfs und nicht auf der Grundlage von irgendetwas, was man irgendwo einmal gehört hat.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe jetzt zwei weitere Meldungen für Wortbeiträge nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vorliegen. - Zunächst hat die Kollegin Silke Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Ganz kurz: Für mich liegt das Problem unter anderem nicht nur bei den Langzeitstudierenden, sondern das Problem ist die Frage: Warum studieren die Menschen länger? Das Problem ist, dass es keine ausreichende Studienunterstützung gibt, nämlich eine elternunabhängig finanzierte Studienunterstützung für diejenigen, die an unseren Hochschulen sind. Viele bekommen von Zuhause etwas Unterstützung. Das reicht aber nicht aus; sie müssen auch noch arbeiten. Das heißt, man kann das Studium zum Teil nicht unbedingt in der vorgesehenen Zeit abschließen.

Ich darf auch gleich noch Folgendes hinzufügen: Es steht wohl heute in den „Kieler Nachrichten“ ein netter Artikel darüber, was Studenten noch nebenbei bezahlen müssen. Dazu gehört sicherlich an einigen Orten die Zweitwohnungsteuer. Da fragt man sich natürlich auch, wie Studienorte so etwas eigentlich vertreten können.

(Beifall beim SSW)

Jetzt erteile ich Frau Kollegin Monika Heinold nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion passt schon ganz doll auf, damit ich nichts Falsches sage. Aus meiner Sicht ist das hier heute eine ziemlich abstruse Debatte. Wir sind uns einig - davon gehe ich auf jeden Fall aus -, dass wir für Studentinnen und Studenten gute Möglichkeiten haben müssen, damit sie erstens Lust auf ein Studium haben und

(Monika Heinold)

damit sie zweitens die Möglichkeit haben, in einer bestimmten Zeit ihr Studium vernünftig abzuschließen. Darum geht es uns allen miteinander. Viele junge Menschen wollen ja anschließend auch gern in den Beruf.

Wir sind uns auch einig, dass die Leistungen des Staates, wo immer sie geliefert werden, in irgendeiner Form begrenzt sein müssen. Ich glaube nicht, dass es hier darüber einen Dissens gibt.

Nun ist die Frage: Wie können wir es miteinander verbinden, dass zum einen die Leistung des Staates begrenzt ist, dass auf der anderen Seite Studenten möglichst in die Hochschulen hineinkommen und in einer bestimmten Zeit ihr Studium abschließen? Dabei muss diese bestimmte Zeit Gestaltungsmöglichkeiten lassen. Deshalb diskutiert meine Fraktion über die Bildungsgutscheine. Bildungsgutscheine würden es allen ermöglichen, eine Leistung des Staates in Form von Gutscheinen einzulösen, sodass sie eine realistische Chance haben, ihr Studium abzuschließen.

Dass der FDP-Antrag für dieses Problem keine Lösung ist, hat ja auch die Anhörung gezeigt. Das wurde hier bereits diskutiert. Ich halte eine Debatte für falsch, die nur in Pro und Contra diskutiert. Die Redebeiträge haben gezeigt - vor allem auch der Redebeitrag von Herrn de Jager -, dass wir darüber bereits hinweg sind. Also hinein in die Debatte für die Bildungsgutscheine! Wie kann man Bildungsgutscheine gestalten, wie muss das aussehen? Dann wären wir wirklich einen Schritt weiter.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht in der Debatte weiter mit einem Kurzbeitrag des Herrn Kollegen Jürgen Weber nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung.

(Jürgen Weber [SPD]: Ich verzichte!)