(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Holger Astrup [SPD]: Sehr gut!)
Angesichts der vielen Proteste aus nahezu allen Bereichen unserer Gesellschaft ist dies eine Verkennung der Tatsachen. Die im Haushalt 2001 vorgeschlagenen Kürzungen stellen aus unserer Sicht die härtesten finanziellen Eingriffe seit vielen Jahren dar. Ich sage dies nicht als Lob, sondern als Beschreibung der Wirklichkeit.
Aber es gibt auch ein altes Sprichwort, das besagt: Mit der Bremse zu lenken ist untauglich. Versucht man es, kann man sehr schnell auf die Nase fallen. Übersetzt auf den Landeshaushalt 2001 bedeutet dies, dass die Landesregierung aufpassen muss, dass das Sparen nicht als Mittel zum Zweck verkommt.
So wie der Haushaltsentwurf 2001 vorbereitet und in der Öffentlichkeit dargestellt wurde - und hier gab es aus Sicht des SSW große Defizite in der Informationspolitik sowohl für die Betroffenen der Sparmaßnahmen als auch für die Landtagsabgeordneten -, kann man leider den Eindruck gewinnen, dass alle anderen politischen Ziele den Sparzielen untergeordnet worden sind. Finanzminister Möller hat seine Methode für den Haushalt 2001 in einer Presseerklärung selbst als „Rasenmäher de Luxe“ dargestellt. Was übrig bleibt, ist der Rasenmäher. Genauso sind die Einsparungen zum Teil auch in der Öffentlichkeit angekommen.
Aus der Sicht des SSW beinhaltet der Entwurf der Landesregierung zu wenig Konzepte und Perspektiven dazu, wie man die politischen Ziele, die noch in der Regierungserklärung im Mai von der Ministerpräsidentin vorgetragen wurden - und die der SSW im Großen und Ganzen unterstützt -, trotz der Sparzwänge umsetzen will.
Die wesentlichen Eckpunkte des Landeshaushalts sind stark durch die Verabschiedung der Steuerreform beeinflusst worden. Das ist schon mehrfach betont worden. Dabei hatte es der SSW begrüßt, dass die Bundesregierung im Zuge der Diskussion um die Steuerreform - sozusagen in letzter Minute - dem Mittelstand weitere finanzielle Zugeständnisse machte. Auch verkennt der SSW nicht, dass den Bürgerinnen und Bürgern durch die Steuerreform in den nächsten Jahren erhebliche steuerliche Entlastungen zukommen werden. Sicherlich muss man die Steuerreform nach jahrelangem Stillstand auf Bundesebene als ein wichtiges Signal des wirtschaftlichen Aufbruchs in Deutschland bewerten. Die Konjunkturdaten haben
sich ja auch seit dem Beschluss stark verbessert, wobei die letzten Wachstumsdaten für Schleswig-Holstein im ersten Halbjahr 2000 leider nicht mehr ganz so rosig aussahen.
Aus unserer Sicht ist die Finanzierung der Steuerreform immer noch das Hauptproblem. Denn allein durch die Steuerreform entsteht dem Land im Haushalt 2001 netto eine Deckungslücke von über 500 Millionen DM. Bis 2004 bewirkt die Reform Einnahmeverluste für das Land von über 1 Milliarde DM. Auch die Kommunen werden in den nächsten Jahren durch diese Reform dreistellige Millionenverluste zu verzeichnen haben.
Wir bleiben dabei: Wir hätten uns eine Steuerreform gewünscht, deren Finanzierung nicht weiter zulasten der Länder und Kommunen gegangen wäre.
Auch von den Einnahmen der UMTS-Lizenzen profitiert der Bund mehr als die Länder. Denn durch den Verkauf der UMTS-Lizenzen bekommt die Bundesregierung Einnahmen in Höhe von fast 100 Milliarden DM. Laut Angaben der Landesregierung werden sich die Steuerausfälle durch die Abschreibungsmöglichkeiten der Lizenznehmer für das Land Schleswig-Holstein und die Kommunen in den nächsten 20 Jahren auf 857 Millionen DM belaufen. Allein im Haushaltsjahr 2001 rechnet die Landesregierung mit Steuerausfällen von 43 Millionen DM für Schleswig-Holstein. Deshalb wäre eine gerechtere Verteilung der UMTS-Milliarden als bisher vorgesehen notwendig. Wir hätten uns gewünscht, dass sich die Landesregierung stärker bei der Bundesregierung dafür einsetzt, dass die Länder und Kommunen einen angemessenen Anteil aus den Einnahmen des Verkaufs der UMTS-Lizenzen bekommen.
Nur auf einen minimalen Anteil der eingesparten Zinsen des Bundes zu hoffen, ist zu wenig. Dabei möchte ich überhaupt nicht darauf eingehen, dass man diese Lizenzen auch anders hätte vergeben können.
Es gibt ja eine ganze Reihe von Ländern in Europa, die sich nicht für die Auktion, sondern für diesen berühmten Schönheitswettbewerb entschieden haben.
Auch die Vorschläge der Bundesregierung, um die negativen Wirkungen der Öl- und Benzinpreise abzufedern, werden den Landeshaushalt belasten. Denn die Einführung einer allgemeinen Entfernungspauschale, die wir politisch unterstützen und auch im Interesse der Pendler gefordert haben, wird zu weiteren Verlusten in der Einkommensteuer führen.
Der SSW steht aber dazu, dass die Bundesregierung an der Ökosteuer festhalten muss. Denn sowohl für die sozialen Sicherungssysteme - sprich: Sicherung der Rentenversicherung - als auch für die Verringerung der Lohnnebenkosten in Deutschland muss die Ökosteuer weiter beibehalten werden. Wer die Ökosteuer abschaffen will, muss erklären, wo dann das Geld für die Renten und die Senkung der Lohnnebenkosten herkommen soll.
Wichtig ist auch zu erwähnen, dass höhere Energiepreise langfristig zu verstärkten Investitionen in Energieeinsparmaßnahmen, in alternative Verkehrsträger und in neuere weniger umweltschädlichere Technologien führen und somit unserer Umwelt zugute kommen werden. Ich nenne nur als Stichwort das Ein-LiterAuto, wie vom VW-Konzern jetzt angekündigt.
Aus der Sicht des SSW sind also diese auf Bundesebene beschlossenen Rahmenbedingungen eindeutig zulasten des Landes und der Kommunen gegangen. Der wirtschaftliche Aufschwung - und somit steigende Steuereinnahmen für Bund, Land und Kommunen -, der diesen Beschlüssen hoffentlich folgen wird, kann die finanziellen Einbußen kurzfristig nicht kompensieren.
Die Eckdaten des Hauhalts 2001 und die Finanzplanung von 2000 bis 2004 sprechen ihre deutliche Sprache. Die Landesregierung will in fast allen Förderprogrammen des Landes - von den ASH-Programmen über das „ziel“-Programm bis hin zum hoch gelobten Programm „Arbeit, Innovation, Bildung“ - Streichungen vornehmen. Die Investitionsquote des Landes wird daher bis 2004 weiter auf einen Negativrekord von 8,9 % fallen. Dennoch werden die Schulden und die Zinsausgabenquote weiter ansteigen. Die Nettoneuverschuldung soll bis zum Jahr 2002 ansteigen.
Natürlich wissen wir, dass deshalb Einsparungen in fast allen Bereichen unumgänglich sind. Wir sind aber in vielen Punkten mit der Prioritätensetzung nicht zufrieden. Es fehlt einfach der große Wurf oder anders formuliert: Es fehlen vor dem Hintergrund der schwe
ren Spareinschnitte Visionen, die eine langfristige Linie in den Schwerpunkten der Landespolitik besser sichtbar machen.
- Liebe Kollegin Heinold, ich möchte dies an einigen Beispielen verdeutlichen. Schon als kurz vor den Sommerferien der Sonderausschuss „Finanzbeziehungen Land - Kommunen“ seine Arbeit abschloss, sagte ich für den SSW, dass die Landesregierung aus unserer Sicht nicht hat nachweisen können, warum den Kommunen im Haushaltsentwurf 2001 100 Millionen DM gekürzt werden sollen. Alle Zahlen belegen unserer Meinung nach, dass die Kommunen in den Neunzigerjahren - genau wie das Land - mit erheblichen finanziellen Problemen zu kämpfen gehabt haben.
Es gibt keine objektiven Zahlen, die automatisch für einen Eingriff in die kommunalen Kassen sprechen. Das ist für uns der entscheidende Punkt. Dazu stehen wir. Das heißt: Ob den Kommunen ein Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushalts zugemutet werden kann, ist ausschließlich eine politische Frage, mit der man sich auch politisch auseinander setzen muss. Eine Kürzung von 100 Millionen DM oder von Beträgen in ähnlicher Größenordnung können wir nicht mittragen. Dazu ist die Haushaltslage zu vieler Kommunen und insbesondere der Landkreise zu schlecht.
Der SSW begrüßt zwar, dass die Landesregierung bis zum Jahr 2005 den Abbau von dreistufigen Verwaltungen und die Fortsetzung der Funktionalreform voranbringen will, aber wenn man sich die bisherigen Ergebnisse ansieht, darf man skeptisch bleiben. So haben die jahrelangen Bemühungen - laut Bericht des Innenministeriums - zwar viele Vorschläge im Bereich der Funktionalreform ergeben, konkret umgesetzt wurden aber sehr wenige mit einem sehr bescheidenen Einsparvolumen. Das liegt nicht unbedingt an der Landesregierung. Wir alle wissen, dass es so nicht ist.
Das in den Landtag eingebrachte Standardöffnungsgesetz ist aus unserer Sicht kein guter Vorschlag, um bei der Verwaltungsreform und der Modernisierung der kommunalen Selbstverwaltung weiterzukommen. Mit der Annahme des vorgelegten Gesetzes laufen wir Gefahr, dass die Kommunen viele notwendige Aufgaben drastisch reduzieren werden.
Wir laufen Gefahr, dass es - insbesondere in den sensiblen sozialen Bereichen - so kommen wird. Auch ein Standardöffnungsgesetz wurde in erster Linie als Ein
Es gibt sensible Bereiche - den sozialen Bereich oder auch den Bereich der Kindertagesstätten -, in denen das zu erheblichen Problemen führen wird. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass nicht nur die Kommunen die Kindertagesstätten bezuschussen, sondern auch das Land.
Statt eines einseitigen Eingriffs der Landesregierung, bei dem die Lasten von der einen öffentlichen Hand nur auf die andere abwälzt werden, brauchen wir in Schleswig-Holstein endlich eine breite Diskussion darüber, ob die Art, wie wir uns bisher auf kommunaler Ebenen organisiert haben, wirklich sinnvoll ist. Zum Beispiel hoffe ich, dass eine Reform des Föderalismus - wenn es denn dazu kommt - auch dazu führt, dass man zu mehr Finanzierungen aus einer Hand kommt. Ich werde hier nicht auf das dänische Beispiel hinweisen, das zeigt, dass Kommunen auch Steuerhoheit haben können und dass das auch ein richtiger Schritt sein könnte.
Weiter muss man sich ernsthaft fragen, ob eine kommunale Struktur mit über 1.100 Gemeinden wirklich den Anforderungen einer globalisierten Welt genügt und ob sich Schleswig-Holstein das leisten kann. Selbst Experten fällt es bisweilen schwer, den Überblick zu bewahren, wer denn nun im Gestrüpp zwischen Land, Landkreisen, kreisfreien Städten, kreisangehörigen Städten, Ämtern und Gemeinden für welche Aufgabe zuständig ist. Auch in diesem Zusammenhang wird man von mir die Nennung des dänischen Beispiels erwarten, denn dort gibt es ungefähr 270 Kommunen, die alle eine gewisse Mindestgröße haben, damit sie auch effektiv funktionieren können. Dennoch wird keiner sagen, dass diese Kommunen nicht bürgernah organisiert seien.
Das heißt: Wenn man in der Diskussion um Funktionalreform und Deregulierung wirklich weiterkommen will, sollte man ernsthaft auch Überlegungen zu Gebietsreformen mit einbeziehen.
Der Innenminister des Landes hat dies zwar angesprochen, aber ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir in dieser wichtigen Frage auch handeln. Es gibt genügend Modelle, an die man sich anlehnen kann. In Rheinland
Wir werden uns dafür einsetzen, dass sich die Enquetekommission des Landtags mit dieser Problematik befasst. Ich weiß wohl, wie schwierig dieses Thema ist und dass keiner damit einen Blumentopf gewinnen kann. Wir müssen uns mit diesen Fragen aber in jedem Fall befassen.
Am vergangenen Wochenende nahm die dänische Minderheit zum zweiten Mal in ihrer Geschichte am Schleswig-Holstein-Tag teil, diesmal zusammen mit den anderen Minderheiten des Landes und gemeinsam mit den deutschen Nordschleswigern. Damit sind wir dem Ziel eines Füreinander einen großen Schritt näher gekommen. Die Minderheiten des Landes sehen sich selbst als gleichberechtigte und selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. Sie haben ihre Berührungsängste überwunden.
Das Zusammenleben von Mehrheit und Minderheit ist in Schleswig-Holstein also im Jahr 2000 im Alltag zunehmend von Normalität und Akzeptanz geprägt.