Protocol of the Session on January 30, 2020

Es ist auch kein Argument in Ihrem Antrag enthalten, inwiefern die Verschiebung der Einschulung um zwei Monate von Bedeutung ist. Sie erwähnen, dass Studien kein einheitliches Bild ergeben und schreiben dann: „Eine zu frühe Einschulung kann hier ein Hindernis sein.“ Das haben Sie auch vorhin so formuliert. Aber keine Belege und keine Beispiele.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Sie beklagen eine sogenannte Früheinschulung, beschäftigen sich aber mit keinem Wort mit den Auswirkungen einer Späteinschulung. Wenn Sie das umsetzen wollen, was Sie vorschlagen, um zu verhindern, dass Fünfjährige in die Schule gehen, nehmen Sie damit in Kauf, dass immer mehr Siebenjährige ihren ersten Schultag haben werden.

In diesem Beispiel sind es dann Kinder im Alter von bis zu sieben Jahren und zwei Monaten, die in die Schule gehen, gleichzeitig in eine Klasse – wenn man Kann-Kinder noch dazurechnet – mit Fünfjährigen. Welche Auswirkungen das auf die Integration dieser älteren Schülerinnen und Schüler in eine Grundschulklasse hat, auch dazu kein Wort in Ihrem Antrag.

(Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Der AfD-Antrag berücksichtigt auch in keiner Weise die Veränderung gesellschaftlicher Realitäten und Rahmenbedingungen. Es ist doch nicht mehr so, dass heute wie vor 20 Jahren die Kinder erst ab dem 3. Lebensjahr in die Kindertagesstätte gehen. Wir leben in einer Zeit, in der die Kinder immer früher und manchmal schon im ersten halben Lebensjahr in die Kindertagesstätte gehen, und Sie sprechen davon, Kinder später einzuschulen.

In der Grundschule hat sich doch auch vieles verändert. Der Übergang zwischen Kita und Grundschule wurde gestärkt, Versetzungsregelungen wurden angepasst, sodass es in der 1. Klasse kein Sitzenbleiben gibt. Die Klassenmesszahl haben wir von 30 auf maximal 24 gesenkt, und wir haben aktuell mit durchschnittlich 18,5 Kindern pro Klasse mit die kleinsten Grundschulklassen. Das alles ermöglicht doch eine bedarfsgerechte Förderung auch sehr junger Erstklässler.

Aber mit am wichtigsten ist, Sie prüfen in Ihrem Antrag nicht die bestehenden Möglichkeiten der Zurückstellung und erwähnen sie auch nicht. Eine Zurückstellung schulpflichtiger Kinder vom Schulbesuch ist auf Antrag der Eltern möglich. Wir haben im Oktober gehört, dass wir kontinuierlich von 4 % der Schülerinnen und Schüler, die einzuschulen sind, sprechen, ebenso kontinuierlich von 4 % Kann-Kindern, die aufgrund des Wunsches der Eltern früher in die Schule gehen. Inwieweit diese vorliegenden Zahlen eine Änderung des Schulgesetzes erfordern, führen Sie in Ihrem Antrag nicht aus.

Eine Einzelfallentscheidung, wie es jetzt vorliegend möglich ist, bietet doch Flexibilität und eben das Eingehen auf die individuelle Situation.

(Zuruf des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben keinen Grund, davon auszugehen, dass die Schulleitungen gemeinsam mit den Kitas und den Eltern hiermit nicht verantwortungsbewusst umgehen. Wenn die AfD der Überzeugung ist, dass die Schulleitungen hier nicht verantwortlich handeln, dann haben Sie mit Ihrem Antrag keine Belege geliefert.

Wir haben auf der Grundlage Ihres Antrags auch keinen Grund, daran zu zweifeln, dass die Schulleitungen die Sorgen der Eltern ernst nehmen. Wir sind der Überzeugung, dass es von Bedeutung ist, dass die Einzelfallentscheidung mit Sinn und Verstand angewendet und hier auch im Sinne der Eltern geprüft wird.

Das Fazit also aus heutiger Sicht auf Grundlage des Antrags der AfD:

(Glocke des Präsidenten)

Es gibt zahlreiche Argumente und Aspekte, die Sie nicht abwägen bzw. nicht in Ihre Überlegungen einbeziehen. Es gelingt Ihrem Antrag nicht, ein gesellschaftliches Problem zu beschreiben. Ihr Antrag enthält auch keine Argumente, die für eine Änderung sprechen. Er enthält keine Lösungen.

(Glocke des Präsidenten)

Er macht keine konkreten Vorschläge. Wir werden diesen Antrag ablehnen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen des Abgeordneten Fuhr hat sich der Abgeordnete Frisch gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

(Zuruf des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sehr geehrter Kollege Fuhr, zunächst einmal finde ich es positiv, dass Sie sich wirklich die Mühe gemacht haben, mit Argumenten auf einzelne Punkte unseres Antrags einzugehen.

(Heiterkeit der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Das erleben wir keineswegs immer hier, und das ist eigentlich etwas, das zum parlamentarischen Standard dazugehören sollte.

(Beifall der AfD)

Insofern: Vielen Dank für Ihre Stellungnahme. – Ich kann allerdings nicht behaupten, dass Ihnen das besonders gut gelungen wäre.

(Heiterkeit der AfD)

Ich greife nur drei Punkte heraus. Der wechselnde Schulbe

ginn ist doch gerade der Grund für unseren Antrag. Wenn es den nicht gäbe, bräuchte man keinen solchen Korridor, um sicherzustellen, dass gegebenenfalls noch Fünfjährige oder gerade erst sechs Jahre alt gewordene Kinder eingeschult werden müssen. Insofern ist das im Grunde genommen das, was wir mit dem Antrag erreichen wollen, und insofern geht Ihr Argument ins Leere.

Ich habe die Ministerin zitiert. Sie hat gesagt, es gibt Studien, die auf mögliche Nachteile hinweisen. Dann habe ich das umformuliert und gesagt, wenn es auch nur den Verdacht gibt, es könnte unseren Kindern schaden. Nichts anderes hat die Ministerin gesagt. Mit Verlaub, wenn ich Ihre eigene Ministerin nicht mehr zitieren darf, ohne mir Kritik der Regierungsfraktionen zuzuziehen, stimmt irgendetwas nicht.

Ich bin durchaus bei Ministerin Hubig. Die Studien sind offensichtlich uneinheitlich. Aber, um Gefahr von den Kindern abzuwenden, sollte man gerade deshalb eine solche Möglichkeit im Einzelfall eröffnen.

Dabei geht es nicht nur um das Alter der Kinder, sondern es geht auch um den Entwicklungsstand. Der ist nun einmal in dieser Lebensphase sehr unterschiedlich. Sie können ein fünfjähriges Kind nicht ohne Weiteres mit einem anderen fünfjährigen Kind vergleichen.

Sie sagen, die Zurückstellung ist jetzt schon möglich. Ja, aber wir haben nur einen kleinen Prozentsatz, nämlich von etwa 4 %. Das liegt daran, dass nicht die Eltern entscheiden können, sondern letzten Endes entscheidet das der Schularzt. Wir wollen, dass die Eltern mit ins Boot genommen werden, weil sie ihr Kind in dieser Lebensphase am besten kennen.

Das Beispiel Niedersachsen – ich wiederhole es noch einmal – mit 1.700 Fällen pro Jahr zeigt, dass hier bei den Eltern ein dringender Wunsch und für sie ein großer Handlungsbedarf besteht. Dem möchten wir gerne Rechnung tragen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Zu einer Erwiderung erteile ich dem Abgeordneten Fuhr das Wort.

Herr Kollege! Es ehrt sie, dass Sie versuchen, auf einige Dinge nachträglich einzugehen, die Sie nicht in Ihrem Antrag erwähnt haben. Ich will aber ausdrücklich sagen, dass Sie den Wechsel des Schulbeginns in Ihrem Antrag nicht erwähnt haben und er damit auch nicht die Grundlage Ihres Antrags sein kann, aber ich habe darauf hingewiesen, dass es durch den Wechsel des Schulbeginns in den nächsten Jahren kaum noch der Fall sein wird, dass Fünfjährige eingeschult werden. Das ergibt sich anhand der Daten, die ich genannt habe. Damit habe ich beschrieben, dass die Problemlage von Ihnen nicht aufgezeigt wurde.

Dass die Ministerin gesagt hat, dass Studien unterschiedliche Hinweise geben, führt aber nicht dazu, dass man die entsprechende Konsequenz daraus ziehen muss, weil das Entscheidende ist – das ist das, was ich in meiner Rede gesagt habe –, dass wir eine Möglichkeit haben, Zurückstellungen durchzuführen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Aus gesundheitlichen Gründen!)

Dies im Dialog der Betroffenen, nämlich der Schulen, der Kindertagesstätten und der Eltern, die dann individuell für ihr Kind sagen können, wir wollen eine Zurückstellung, und die dann auf die Schule zugehen und diese Möglichkeit nutzen können.

Es bleibt dabei, dass Sie mit Ihrem Antrag keine Argumente geliefert haben, die das rechtfertigen, was Sie im Forderungsteil Ihres Antrags schreiben.

(Beifall bei der SPD – Abg. Michael Frisch, AfD: Weshalb gibt es dann die Petitionen?)

Nun erteile ich dem Abgeordneten Barth für die Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wenn die AfD heute bereits zum zweiten Mal von der Bildungswende 2021 spricht, dann macht einem nicht nur schon der Begriff „Bildungswende“ Angst, sondern die AfD stellt auch noch falsche Postulate auf.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Erstens: Nein, AfD, eine frühe Einschulung gefährdet nicht per se den Bildungserfolg.

(Beifall des Abg. Martin Brandl, CDU)

Zweitens: Nein, AfD, bei der Einschulung in die Grundschule geht es nicht um uneingeschränkten oder eingeschränkten Elternwillen; denn bei der Grundschule greift zum einen die Schulpflicht und zum anderen der in der Regel nicht frei wählbare Schulbezirk.

Meine Damen und Herren, natürlich kann man kritisch hinterfragen, ob ein fünfjähriges Kind in die Grundschule gehört, aber ich bin der Meinung, das kann funktionieren. Es ist für das Kind auch deutlich hilfreicher, wenn dafür die Rahmenbedingungen im Kindergarten und in der Schule stimmen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Gestern und heute haben wir schon mehrfach gehört, dass wir das zu Recht bezweifeln können.