Protocol of the Session on January 30, 2020

Gestern und heute haben wir schon mehrfach gehört, dass wir das zu Recht bezweifeln können.

Lassen Sie mich ein paar Beispiel aus der rahmenpolitischen Bildungsgeschichte geben. Es wurden gesetzlich Rahmenbedingungen verändert, aber man hat es ver

säumt, in dem Maße vor Ort dafür zu sorgen, dass es heute besser ist.

Ein Beispiel dafür ist die Abschaffung der Hauptschulen. Es wurden nicht die notwendigen personellen Ressourcen für die übrigen Realschulen plus in dem Maße geschaffen, dass sie heute gut arbeiten können. Man kann überhaupt nicht mehr das Hauptschullehramt studieren, obwohl Schüler für die Berufsreife völlig anders lernen als Schüler für den mittleren Bildungsabschluss. Heute sehen wir die schwierige Situation an den Realschulen plus.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Beispiel Inklusion: Auch hier wurden die Rahmenbedingungen nicht so angepasst, dass Inklusion mit einem Mehrwert für alle – ich sage alle – Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrern an Schulen gelingt.

(Zuruf des Abg. Alexander Fuhr, SPD)

Es fehlen schlichtweg Förderlehrkräfte. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann gelingt auch Bildungsbiografie bei den fünfjährigen Kindern in der 1. Klasse der Grundschule. Dafür setzen wir uns ein.

(Beifall bei der CDU)

Das bedeutet natürlich, dass Unterricht stattfindet, die personellen Ressourcen vorhanden sind und Sprachförderung dort ankommt, wo sie gebraucht wird und beantragt wurde. Dazu gehören aber auch verbindliche Sprachstandserhebungen, Sprachentwicklungserhebungen im Vorschulbereich für Vierjährige in der Kita und gezielte Förderungen mit Blick auf den bevorstehenden Grundschuleintritt. Dafür brauchen wir mehr Personal, und dafür brauchen wir neue Bildungsstandards für die Kitas und keine Empfehlungen. Meine Damen und Herren, das Kita-Zukunftsgesetz wird dafür sicherlich nicht sorgen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für Eltern spielt, insbesondere weil es das erste Mal ein wichtiges Thema ist – deshalb kann ich die emotionale Betroffenheit bei den Eltern absolut verstehen und nachvollziehen –, der Übergang von der Kita zur Grundschule eine ganz zentrale Rolle, weil hier das wesentliche Scharnier für einen guten Bildungsstart liegt. Die Eltern wollen, dass ihr Kind gut auf die Schule vorbereitet ist. Das können wir voll und ganz verstehen und unterstützen. Daher setzen wir uns als CDU-Fraktion dafür ein, dass jedes Kind zu Beginn und vor Beginn seiner Schullaufbahn bestmöglich gefördert wird.

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen den Übergang zwischen Kita und Grundschule bestmöglich gestalten. Wir setzen uns dafür ein, dass die Sprachförderung in der Kita und in der Grundschule ausgebaut wird und Bildungsstandards – das habe ich eben schon gesagt – für Sprachstandserhebungen festgeschrieben werden, damit auch ein Kind mit fünf Jahren fit für die Grundschule ist; denn das muss doch unser aller Ansinnen sein, wenn es schon mit fünf Jahren in die Grundschule gehen soll, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Das ist unser Konzept. Liebe AfD, Ihres vermissen wir; denn nur die Änderung des Schuleintritts wird nicht zu besseren Bildungsergebnissen im Primarbereich beitragen. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Herr Abgeordneter Fuhr hatte mir vorhin mitgeteilt, dass er für die Koalition gesprochen hat. Deshalb frage ich nach weiteren Wortmeldungen. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Staatsministerin Dr. Hubig.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf die übliche Agenda des Abgeordneten Barth, glaube ich, muss ich nicht eingehen. Wir haben das alles gestern und heute schon ausführlich rauf- und runterdiskutiert. Hier geht es um ein anderes Thema. Es geht um die Frage, ob man, wie die AfD das gerne möchte, die Kinder zwei Monate später einschulen kann und die Eltern darüber entscheiden.

Wir haben am 23. Oktober 2019 über dieses Thema im Rahmen einer Mündlichen Anfrage sehr ausführlich gesprochen. Es hat sich inhaltlich seitdem nichts geändert. Sie können meine Antwort im Protokoll gerne nachlesen. Ich finde, dass der Abgeordnete Fuhr sehr differenziert, sehr ausführlich und sehr

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Kompetent!)

kompetent – vielen Dank, das war das Wort, das mir gefehlt hat –

(Vereinzelt Heiterkeit)

dazu Stellung genommen hat. Deshalb werde ich mich darauf beschränken, nur noch einmal zwei Dinge klarzustellen. Ich schließe mich sozusagen den Ausführungen von Herrn Fuhr an. Das ist das, was ich im Oktober schon gesagt habe. Zwei Monate hin oder her werden nichts ändern.

Die Kinder können – ich glaube, das ist das Entscheidende – auch heute schon zurückgestellt werden. Herr Frisch, es ist eben nicht so, wie Sie sagen. Lesen Sie einmal den § 13 „Zurückstellung vom Schulbesuch“ in der Schulordnung für die öffentlichen Grundschulen. In Absatz 1 heißt es: „Auf Antrag der Eltern kann die Schulleiterin oder der Schulleiter

(Abg. Michael Frisch, AfD: Kann!)

im Benehmen mit der Schulärztin oder dem Schularzt schulpflichtige Kinder aus wichtigem Grund“ – aus wichtigem Grund – „vom Schulbesuch zurückstellen. Eine Zurückstellung soll in der Regel nur vorgenommen werden, wenn dies aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist.“

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Da haben wir es doch! – Weitere Zurufe von der AfD)

Hören Sie mir einfach bis zum Ende zu.

Erstens heißt das, nicht der Arzt entscheidet, sondern der Schulleiter oder die Schulleiterin. Das ist ein großer Unterschied. Ich glaube, das dürften Sie als Lehrer auch so sehen.

Zweitens kann aus wichtigem Grund und nicht nur aus gesundheitlichen Gründen zurückgestellt werden. „In der Regel“ heißt immer, das ist ein Beispiel, aber es kann auch andere Gründe geben.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wir sehen, dass das in Rheinland-Pfalz funktioniert. Wir haben zu diesem Schuljahr 4,7 % zurückgestellte Kinder.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Niedersachsen!)

Wir werden künftig – Herr Fuhr hat es ausgeführt – kaum noch Kinder haben, die überhaupt regelhaft mit knapp sechs Jahren eingeschult werden. Im nächsten Schuljahr ist das noch der Fall. Danach liegt der Schulbeginn so, dass die Kinder dann schon sechs Jahre alt sind.

Wenn Sie mich zitieren – das tun Sie gerne –, dann zitieren Sie mich bitte auch vollständig. Im Oktober habe ich nämlich nicht nur gesagt, dass es Studien gibt, die auf mögliche Nachteile hinweisen, sondern ich habe auch gesagt, in Deutschland ergeben die Forschungsergebnisse zur Beschulung jüngerer Kinder kein eindeutiges Bild.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das hat er aber gesagt! Das hat er gesagt!)

Dann habe ich gesagt, es gibt Studien, die auf mögliche Nachteile hinweisen, aber es gibt auch Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass eine frühe Einschulung keine Nachteile im späteren Bildungsverlauf mit sich bringt.

Wenn Sie dann die Diskussion in der früheren Vergangenheit sehen, die kürzlich erst wieder öffentlich war, wonach viele Bildungsforscher sagen, dass es gut ist, möglichst früh anzufangen, mit Kindern zu lernen, mit Kindern Sprache zu üben – wir sind uns einig, dass wir Sprache lernen müssen –, dann kann ich Ihnen nur sagen: Es ist gut, wenn wir eine Regelung haben, wie wir sie haben. Wir werden sie beibehalten, weil sie sich bewährt hat und weil sie vernünftig ist.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen der Frau Ministerin hat sich der Abgeordnete Frisch gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Verehrte Frau Ministerin, das kann ich so nicht stehen

lassen. Ich habe ausdrücklich gesagt, dass Sie darauf hingewiesen haben, die Studien ergäben kein eindeutiges Bild. Das ist genau das, was Sie jetzt mit etwas ausführlicheren Worten dargestellt haben. Insofern war meine Darstellung vollkommen korrekt.

Ferner haben Sie gesagt, es gibt Studien, die auf mögliche Nachteile hinweisen. Mein Argument war, wenn es diese Studien und keine einheitliche Aussage der Wissenschaft gibt, dann müssen wir zunächst davon ausgehen, dass Kinder davon betroffen sind und dadurch Nachteile erleiden. Dann muss man Eltern im Einzelfall die Möglichkeit geben.

(Staatsministerin Dr. Stefanie Hubig: Haben wir doch im Einzelfall!)

Nein, die Eltern haben diese Möglichkeit im Einzelfall nicht, weil es letzten Endes eine Kann-Regelung ist, bei der die Entscheidung der Schulleitung obliegt.

Ich nenne noch einmal die Zahlen aus Niedersachsen. Wenn Sie dort 1.700 Fälle haben, dann sind das weitaus mehr als die 4 % Rückstellungen, die in Rheinland-Pfalz erfolgen. Das weist sehr deutlich auf einen Bedarf hin.

Wenn es eine Petition gibt, die von 12.500 rheinlandpfälzischen Bürgern unterschrieben worden ist, dann zeigt auch das, dass der Wunsch besteht.

Was die Kinder betrifft, jedes Kind ist anders. Man kann das nicht oft genug betonen. Sie können nicht damit argumentieren, unsere Kitas, unsere Schulen bieten den Kindern die Möglichkeit, sich zu entfalten und zu lernen. Ja, das mag sein, aber nicht jedes Kind ist in dieser Lebensphase gleich offen und gleich weit, um diese Angebote aufgreifen zu können.

Wir wollen jedem einzelnen Kind gerecht werden. Wir wollen ein kleines Stückchen mehr Offenheit und Entscheidungsfreiheit für die Eltern.