Protocol of the Session on November 14, 2019

Selbstverständlich muss ein Ersatzneubau immer dem technisch neuesten Stand genügen. Das ist im Übrigen etwas, was wir in laufenden Planungsverfahren immer wieder berücksichtigen. Wenn wir neue Erkenntnisse aus der Ingenieurwissenschaft haben, wie wir eine Brücke oder eine Straße nach noch höheren Sicherheitsstandards bauen können, als wir das zu Planungsbeginn wussten, dann passen wir es selbstverständlich an.

Unsere Verkehrsinfrastrukturprojekte haben bei Freigabe immer den technisch neuesten Stand. Das widerspricht aber nicht meiner Forderung, dass man Ersatzneubauten einfacher und schneller voranbringen kann als generelle Neubauten, weil man bestimmte Auswirkungen, etwa auf Natur und Umwelt, schon kennt.

Wenn an einem Ort seit Jahrzehnten eine Brücke steht, dann weiß man ziemlich genau, was das für Natur und Umwelt bedeutet. So zu tun, als habe es beim Neubau nie eine Brücke gegeben, halte ich für reichlich übertrieben.

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Dr. Bollinger.

Herr Präsident, vielen Dank. – Herr Minister, zur Planungsbeschleunigung würde auch gehören, Planungsverzögerungen zu vermeiden. Ich frage noch einmal: Wenn jetzt DIE RHEINPFALZ schreibt, dass die Karlsruher Grünen Naturschutzmaßnahmen verzögern möchten, die als Ausgleichsmaßnahmen für die Rheinbrücke vorgesehen sind,

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

und so den Bau der Brücke insgesamt verzögern, wie kann die Landesregierung verhindern, dass dadurch der Bau der Brücke verzögert wird? Was wird sie tun, und welche Gespräche wird sie führen? Danke sehr.

Die Landesregierung kann nur auf ihrem Hoheitsgebiet und im Rahmen der jetzt verfassungsmäßig zugewiesenen Aufgaben tätig werden. Dazu gehört nicht die Einflussnahme auf Mitglieder des Stadtrats der Stadt Karlsruhe.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Eine Zusatzfrage des Abgeordneten Brandl.

Gut, die FDP unterstützt die Klage gegen die zweite Rheinbrücke im Stadtrat Karlsruhe. Meine Frage geht aber in die Richtung, dass wir bei der Rheinbrücke sehen, es braucht 25 bis 30 Jahre, um ein solches Projekt zu realisieren. Vor diesem Hintergrund ist ein frühzeitiger Beginn der Planungen auch von entscheidender Bedeutung.

Herr Minister, vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wo wollen Sie in 20 bis 25 Jahren am Rhein in Rheinland-Pfalz neue Rheinbrücken sehen, und wo beginnen Sie mit diesen Dingen?

Herr Kollege Brandl, zunächst einmal teile ich Ihre Auffassung, dass man mit der Planung von Brücken, wenn man sie denn realisieren will, so früh wie möglich beginnen sollte. Deswegen habe ich Herrn Landrat Bröhr aus dem Rhein-Hunsrück-Kreis, was die Mittelrheinbrücke angeht, sehr früh die Hand der Landesregierung gereicht.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und FDP – Abg. Martin Haller, SPD: Ah, der Herr Bröhr! – Staatsminister Roger Lewentz: Das könnt Ihr am Samstag klären!)

Leider musste ich an dieser Stelle feststellen, dass die Hand zum schnellen Planungsbeginn nicht überall in Rheinland-Pfalz angenommen wird.

(Zurufe aus dem Hause)

Ich bin gern bereit, auch an anderen Stellen, an denen die Bürgerinnen und Bürger vor Ort weitere Rheinbrücken wollen, sie bei einer zügigen Planung zu begleiten.

Das ist jetzt auch geklärt. Damit ist die Mündliche Anfrage beantwortet. Vielen Dank.

(Heiterkeit im Hause – Beifall bei SPD und CDU)

Wir kommen damit zur Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Iris Nieland, Dr. Timo Böhme und Michael Frisch (AfD), Entwicklung der Sozialkosten in den Kommunen – Nummer 3 der Drucksache 17/10518 – betreffend.

Wer trägt vor? – Herr Dr. Böhme.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Wir fragen die Landesregierung:

1. In welcher Höhe wurden im Zeitraum von 2009 bis 2018 seitens der rheinland-pfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände nach Auffassung der Landesregierung Ausgaben für Sozialleistungen getätigt, die nicht kompensiert wurden?

2. In welchen Bereichen bestehen gesetzliche Lücken, die zu einer besseren Deckung der Ausgaben für Sozialleistungen geschlossen werden müssten?

3. Inwieweit haben sich die Änderungen im LFAG bezüglich der Schlüsselzuweisungen C als sinnvoll erwiesen, um die Ausgaben für Sozialleistungen besser zu kompensieren?

4. Welche weiteren Maßnahmen sind angedacht, um die Kommunen bei den noch weiter ansteigenden Sozialausgaben besser zu unterstützen?

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Lewentz.

Verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung kann den Anstieg der Sozialausgaben um etwa 48 von Hundert bestätigen. In den Sozialausgaben der Kommunen sind auch die Sozialausgaben des Landes als überörtlicher Träger der Eingliederungshilfe enthalten. Hieran beteiligen sich die Landkreise und kreisfreien Städte in Höhe von 50 von Hundert. Die Sozialausgaben der Kommunen geben deshalb keine Auskunft über die tatsächliche finanzielle Belastung der Kommunen.

Bei den entsprechenden Aufgaben handelt es sich um Pflichtaufgaben der kommunalen Selbstverwaltung. Die Finanzierung dieser kommunalen Ausgaben erfolgt im Rahmen des gemeindehaushaltsrechtlichen Gesamtdeckungsprinzips. Die Sozialausgaben sind im Zeitraum von 2009

bis 2018 um 1,021 Milliarden Euro gestiegen. Im gleichen Zeitraum sind die Schlüsselzuweisungen um 819 Millionen Euro und die kommunalen Steuereinnahmen um 2,065 Milliarden Euro gestiegen.

Oder vereinfacht: Während die Sozialausgaben um rund 1 Milliarde Euro gestiegen sind, sind die genannten kommunalen Einnahmen um knapp 3 Milliarden Euro gestiegen.

Zu Frage 1: Im Zeitraum von 2009 bis 2018 haben die rheinland-pfälzischen Gemeinden und Gemeindeverbände keine Ausgaben für Sozialleistungen getätigt, die im Rahmen des Gesamtdeckungsprinzips als nicht kompensiert bezeichnet werden können. Es besteht kein verfassungsrechtlicher Anspruch der Kommunen auf einen vollen finanziellen Ersatz der Sozialausgaben gegenüber Bund oder Land.

Der Finanzierungssaldo der Kommunen hat sich nachhaltig und dauerhaft verbessert. Im Jahr 2009 war er noch mit 865 Millionen Euro negativ. Davon entfielen 542 Millionen Euro auf die kreisfreien Städte, 64 Millionen Euro auf die Landkreise und 259 Millionen Euro auf die kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden.

Für alle Körperschaftsgruppen hat sich der Finanzierungssaldo in diesen letzten zehn Jahren deutlich verbessert. Er ist inzwischen für alle Gruppen positiv. Gegenüber dem Jahr 2009 haben sich die kreisfreien Städte bis zum letzten Jahr um 583 Millionen Euro verbessert, die Landkreise um 225 Millionen Euro und die kreisangehörigen Gemeinden und Verbandsgemeinden um 498 Millionen Euro.

Im letzten Jahr hatten acht von zwölf kreisfreien Städten, 19 von 24 Landkreisen, 90 von 143 Verbandsgemeinden und 1.376 von 2.262 Ortsgemeinden einen positiven Finanzierungssaldo.

Zu Frage 2: Es bestehen keine gesetzlichen Lücken. Soweit Deckungslücken gemeint sind, werden auf Bundesebene immer wieder Entlastungsmaßnahmen erörtert, etwa eine höhere Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft oder auch der Entwurf eines Gesetzes zur Beteiligung des Bundes an den Integrationskosten der Länder und Kommunen in den Jahren 2020 und 2021, zu dem morgen, am 15. November 2019, die zweite und dritte Beratung im Bundestag erfolgt.

Zu Frage 3: Ich empfehle die Lektüre des Berichts zur Evaluierung des Landesgesetzes zur Reform des kommunalen Finanzausgleichs, insbesondere die Seiten 143 bis 149. Der Bericht liegt als Landtagsdrucksache 17/4750 vor.

Die Finanzausgleichsmasse ist von 1,812 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf 3,153 Milliarden Euro in diesem Jahr angestiegen. Man könnte auch sagen: hochgeschnellt. Der Zuwachs beträgt 1,341 Milliarden Euro. Bis zum Ende der Finanzplanung wird sich die Finanzausgleichsmasse im Jahr 2023 gegenüber dem Jahr 2009 mehr als verdoppelt haben.

Während die im kommunalen Finanzausgleich berücksichtigten Ausgaben der Jugend- und Sozialhilfe von 2014 bis 2020 voraussichtlich um 250 Millionen Euro steigen, ha

ben die Schlüsselzuweisungen C im gleichen Zeitraum um knapp 191 Millionen Euro zugenommen. Über 76 von Hundert des Ausgabenzuwachses werden durch die Schlüsselzuweisungen C gedeckt.

Auch dabei ist das Gesamtdeckungsprinzip zu beachten. Die Schlüsselzuweisungen B2 haben im gleichen Zeitraum um rund 476 Millionen Euro zugenommen. Die Zunahmen der Schlüsselzuweisungen C und B2 von 2014 bis 2020 sind größer als die Zunahme der Jugend- und Sozialhilfeausgaben im kommunalen Finanzausgleich. Deshalb führt der kommunale Finanzausgleich zu einer finanziellen Entlastung der Kommunen. Insgesamt ablesbar ist das am Gesamtfinanzierungssaldo, der im Jahr 2017 plus 432 Millionen Euro und im letzten Jahr plus 441 Millionen Euro betrug.

Zu Frage 4: Nach den Bestimmungen des LFAG betragen die Schlüsselzuweisungen C jährlich 12 von Hundert der Verstetigungssumme. Das sind in diesem Jahr knapp 370 Millionen Euro. Nach der Finanzplanung steigt dieser Wert bis zum Jahr 2023 stetig um 73 Millionen Euro auf rund 443 Millionen Euro an. Darüber hinaus verweise ich nochmals auf die Diskussion zwischen Bund und Ländern zu den Kosten der Unterkunft und den Integrationskosten der Jahre 2020 und 2021.

(Abg. Martin Haller, SPD: Wunderbar!)

Eine Zusatzfrage der Kollegin Nieland.

Herr Minister, welche Empfehlungen für mehr Wirtschaftlichkeit des Kommunalberichts sehen Sie als geeignet bzw. nicht geeignet an, um die Kosten der Ausgabenlast zu verringern und sparsamer zu wirtschaften, so zum Beispiel die Festlegung gemeinsamer Standards und Verfahrensregeln, Vor-Ort-Prüfungen oder den Vorschlag, Integrationshilfen einzustellen, wenn hierdurch eine Teilhabe nicht erreicht werden kann?

Vielen Dank.

(Abg. Martin Haller, SPD: Sauber vorgelesen!)

Frau Nieland, der Kommunalbericht 2019 des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz zeigt aus Sicht des Rechnungshofs natürlich eine ganze Bandbreite von Möglichkeiten auf. Er bestärkt uns, die Kommunal- und Verwaltungsreform II mutig anzugehen. Er weist darauf hin, dass die Kommunen ihre Aufgaben auch darin haben, auf mindestens den Bundesdurchschnitt der Hebesätze zu kommen, und auf viele andere Maßnahmen mehr.

Der Kommunalbericht, den ich mir mehrfach angeschaut und schon mehrfach in diesem Hause gelobt habe, gibt sehr, sehr viele Möglichkeiten und zeigt sie den Kommunen auf. Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung ist

es allerdings die Aufgabenstellung der jeweiligen Kommune.