Protocol of the Session on November 14, 2019

energieautark weiterzubringen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fahrzeugindustrie mit ihrer herausgehobenen volkswirtschaftlichen Bedeutung für Deutschland und Rheinland-Pfalz ist einer der wesentlichen Innovationstreiber unseres Landes.

Die Veränderungen bei den Antriebstechnologien setzen hier enorme Innovationspotenziale und entsprechende Finanzvolumina in Forschung und Entwicklung (F&E) bei den Unternehmen der Fahrzeugindustrie frei. So hat alleine die deutsche Automobilindustrie im Jahr 2017 über 25 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung ausgegeben. Das sind mehr als ein Drittel aller F&E-Ausgaben der deutschen Wirtschaft. Dieses hohe Niveau war dadurch zu erreichen, dass die deutsche Automobilindustrie seit knapp zehn Jahren ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung jährlich um mehr als 8 % steigert. Konsequenz davon ist, dass wir im vergangenen Jahr erstmals die nationalen Ziele von F&E-Ausgaben in Höhe von über 3 % des Bruttoinlandsprodukts erreicht haben.

Diese Ausgaben sind in den vergangenen Jahren unter anderem auch aufgrund der vielfältigen Innovationen im Bereich der Antriebstechnologie so stark gestiegen. Hier sehen wir verschiedene technische Entwicklungspfade, die sich parallel entwickeln: Die weitere Effizienzsteigerung von Motoren jeglicher Art, die Entwicklung und der Einsatz synthetischer Kraftstoffe, also Anwendungen im Bereich von Power-to-X für spezielle Anwendungsfälle, bei denen eine direkte Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien nicht sinnvoll erfolgen kann, die Verwendung von gasgetriebenen Motoren, wenn möglich auf Basis erneuerbar erzeugter Gase, die technologische Weiterentwicklung elektrischer Antriebe und die Nutzung von regenerativ erzeugtem Wasserstoff entweder über eine Brennstoffzelle oder über die Direktverbrennung insbesondere im Hinblick auf die Nutzfahrzeugindustrie.

Im Rahmen der technologieoffenen Politik der Landesregierung von Rheinland-Pfalz sind wir in hohem Maße

daran interessiert, dass die oben genannten Technologien in Wissenschaft, Forschung und Entwicklung bei uns gleichermaßen präsent sind.

Die nächsten beiden Dekaden werden Dekaden der Vielfalt in der Antriebstechnologie von Fahrzeugen sein. Das hängt einerseits von den einzelnen Entwicklungsstadien der jeweiligen Technologien ab, andererseits aber auch von den ganz unterschiedlichen Einsatz- und Nutzerszenarien der Fahrzeuge auf den Märkten weltweit.

Daher hat die Landesregierung ressortübergreifend die verschiedensten eng aufeinander abgestimmten Maßnahmen und Initiativen in diesem Bereich aufgesetzt. Ich möchte nur einige wenige nennen.

Zum einen den Einsatz von wasserstoffbetriebenen Bussen in Mainz, welche ihren Wasserstoff unter anderem aus regenerativer Energie beziehen.

Zum anderen das neue Leitprojekt des Commercial Vehicle Clusters (CVC) zu Dual-Fuel-Konzepten, also die unmittelbare Verbrennung von Wasserstoff mit anderen synthetischen Kraftstoffen. Dieses Projekt haben wir gerade vor 14 Tagen im Aufsichtsrat des CVC beschlossen. Gerne lade ich Sie zur unserer CVC-Jahrestagung am Freitag kommender Woche ein. Dort werden wir dieses Projekt gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Nutzfahrzeugindustrie und der TU Kaiserslautern vorstellen.

Wichtig ist auch, die breit angelegten Aktivitäten der Hochschule in Birkenfeld im Kompetenzzentrum Brennstoffzelle von Professor Hoogers zu nennen, aber auch das vom Umweltministerium geförderte Projekt „Tankstelle 2.0“ an der TU Kaiserslautern, das sich mit der notwendigen Tankstelleninfrastruktur befasst, soll genannt sein. Sämtliche Projekte adressieren die jeweiligen Expertenkreise.

Die rege Teilnahme der entsprechenden Fachleute an diesen Themen zeigt deutlich, dass die Landesregierung hier die richtigen Konzepte für unser Land aufgesetzt hat. Daher sind für die Experten aus Industrie und Forschung die Aktivitäten des Landes Rheinland-Pfalz sehr gut erkennbar und werden von diesen auch sehr gerne angenommen.

Ich will zum Thema „Wasserstoff“ auch noch Projekte nennen, die wir bereits in Angriff genommen haben. Natürlich habe ich auch mit der BASF viele Gespräche geführt. Die Tatsache, dass wir hier sehr viel Wasserstoff verfügbar haben, auch wenn es noch kein grüner Wasserstoff ist, ist Grund genug, sich mit dieser Technologie auseinanderzusetzen. Deswegen habe ich bereits frühzeitig angeregt, dass wir Pilotprojekte ins Leben rufen.

Wir haben jetzt zwei Studien zum Pilotbetrieb laufen. Zum einen zu einem Oberleitungsbatteriezug auf der Ahrtalbahn und zum anderen zu einem Wasserstoffzug auf der Pellenzbahn. Ziel dieser Tests ist es, den Einsatz dieser Technologien im Schienenpersonenverkehr im Planverkehr zu ermöglichen. Damit sind wir im Prinzip schon im Thema „Wasserstoffkonzept“ in Rheinland-Pfalz. Selbstverständlich wollen wir ganz vorne mit dabei sein.

Ich möchte noch zwei sehr grundsätzliche Bemerkungen in Bezug auf Wasserstoff insbesondere zum Einsatz in Fahr

zeugen machen. Ein wichtiges Thema für den Einsatz von Wasserstoff in der Fahrzeugindustrie und insbesondere in der Nutzfahrzeugindustrie ist die CO2-Flottenregulierung der Europäischen Union für schwere Nutzfahrzeuge. Hier wird zwar der Brennstoffzellenbetrieb mit entsprechenden Credit Points positiv auf den Flottenverbrauch angerechnet. Bei der Direktverbrennung von Wasserstoff sowie beim Einsatz synthetischer Kraftstoffe ist das aber nicht der Fall. Ich habe das an diesem Mikrofon schon mehrfach erwähnt. Das ist mir ein großer Dorn im Auge.

Gerade die Direktverbrennung von regenerativem Wasserstoff ist im Nutzfahrzeugbereich ein sehr vielversprechender Ansatz, wenn es darum geht, die Klimaziele unter den derzeitigen wirtschaftlichen Bedingungen zu erreichen. Ich habe vorhin auf das aktuelle Projekt des CVC mit diversen Industriepartnern und der TU Kaiserslautern verwiesen. Gerade diese beiden Technologiepfade sind vor dem Hintergrund der relativ geringen Energiedichte von Batterien von besonderer Bedeutung für schwere Nutzfahrzeuge und daher auch für den Wirtschafts- und Industriestandort Rheinland-Pfalz, der sehr stark nutzfahrzeuggeprägt ist, von herausragender Bedeutung.

Beide Verfahren basieren derzeit weiterhin auf dem Verbrennungsmotor und bieten die Chance, technologische und damit wirtschaftliche Vorteile der bei uns vorhandenen Fahrzeugindustrie auszuspielen. Es ist daher aus industriepolitischer Sicht geboten, im Zuge des sogenannten Review-Prozesses der EU im Jahr 2023 bei den schweren Nutzfahrzeugen entsprechende Änderungen bei der EU zu erwirken. Ich bin der Meinung, dass wir das auch bei den sonstigen Fahrzeugen tun sollten.

Ich habe die Bundesregierung gemeinsam mit anderen Landesministerkollegen angeschrieben. Leider war die Antwort etwas ernüchternd. Die Bundesregierung hat mir geantwortet, dass diese Kraftstoffe zu teuer seien und man deswegen kein Interesse an einer Gleichstellung beim CO2-Flottenverbrauch habe. Ich finde das schwierig, weil ich glaube, die Frage der Kosteneffizienz ist eine, die die Industrie mit den Kunden klären sollte und die wir nicht von politischer Seite aus als Hindernis sehen sollten. Technologieoffenheit heißt für mich, dass wir nicht von politischer Seite aus prognostizierte Kosten zu einer Bremse für bestimmte Technologien machen. Gerade für den Nutzfahrzeugbereich ist das von überragendem Interesse für das Land Rheinland-Pfalz.

Wir brauchen auch, was den Strommarkt angeht, eine Veränderung in der Regulatorik. Aktuell unterliegen die Anlagen zur Produktion von Wasserstoff, die nicht der saisonalen Stromspeicherung dienen, den besonderen Ausgleichsregelungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz und sind daher nur teilweise von der Zahlung der EEG-Umlage befreit. Auch das ist ein Hindernis, das man auf Bundesseite beseitigen muss, wenn wir in der Wasserstoffstrategie weiter vorankommen wollen.

Das zeigt schon – ich will das gar nicht weiter ausführen, weil wir das im Ausschuss noch intensiv beraten werden –, dass eine rein auf Landesebene entwickelte Wasserstofftechnologie, die über das hinausgeht, was die Landesregierung auf den Weg gebracht hat, nicht wirklich sinnvoll

ist, solange nicht auch auf Bundes- und europäischer Ebene dieser Prozess begleitet wird. Die Landesregierung steht für Technologieoffenheit und setzt sich auf Bundesund europäischer Ebene dafür ein, dass die Regulatorik diesen Anforderungen folgt.

(Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aufgrund der Redezeit des Ministers hätte jede Fraktion noch 2 zusätzliche Minuten Redezeit, die aber nicht genutzt werden müssen. Das scheint der Fall zu sein.

Es ist Ausschussüberweisung – zumindest hat sich das aus den Redebeiträgen ergeben – an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr beantragt. Wer stimmt für die Ausschussüberweisung? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig an den Ausschuss überwiesen.

Wir kommen damit zu Punkt 17 der Tagesordnung:

Öffnungsklausel der Grundsteuer nutzen – Flächenmodell einführen Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/10506 –

Für die Antragstellerin spricht der Fraktionsvorsitzende Junge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Als das Bundesverfassungsgericht am 10. April 2018 die Verfassungswidrigkeit der Grundsteuer in seiner bisherigen Form feststellte, war uns allen klar, dass ein umfassender Reformprozess bevorsteht.

Eineinhalb Jahre folgte eine kontroverse Diskussion über die Möglichkeiten einer Reform, die zunächst die Bundesebene beschäftigte, die das Gesetzgebungsverfahren führte. Aber auch in unseren Ausschüssen war die Grundsteuer regelmäßiger Beratungsgegenstand, weil davon weitreichende Konsequenzen für unsere rheinland-pfälzischen Kommunen abhängen.

Wie bedeutend die Auswirkungen auf die Kommunen sind, entnehmen wir den Daten des Statistischen Landesamts. Mit einem Aufkommen von etwa 589 Millionen Euro im Jahr 2018 liegt der Anteil der Grundsteuereinnahmen der Kommunen bei ca. 13 % der gesamten Steuereinnahmen der Kommunen. Allein diese Zahlen machen deutlich, dass es sich lohnt, über eine kluge Lösung für Rheinland-Pfalz sorgfältig nachzudenken.

Ein Kernproblem bei jedem der möglichen Grundsteuermodelle ist der zu erwartende hohe bürokratische Aufwand, der damit verbunden sein wird. Die Landesregierung rechnet mit etwa 360 – ich wiederhole, 360 – Vollzeitkräften,

die sowohl für den hohen Einmalaufwand, aber auch für die Pflege des sich permanent ändernden Datenbestands erforderlich sein werden.

Aus diesem Grund hat sich meine Partei auf Bundesebene dafür entschieden, die Grundsteuer gänzlich abschaffen zu wollen und die notwendige Gegenfinanzierung durch eine hebesatzfähige Beteiligung an der Einkommensteuer zu kompensieren. Dieser, wie ich meine, gute Vorschlag unserer Bundestagsfraktion hat jedoch keine Mehrheit gefunden.

Stattdessen hat der Bundestag in seiner Sitzung am 18. Oktober für ein Gesetzespaket zur Reform der Grundsteuer gestimmt, das ein Modell vorsieht, das auf einer wertabhängigen Bemessung basiert, unseligerweise als „Scholz-Modell“ bekannt geworden. Nicht zu verwechseln mit dem „Schulz-Zug“. Den Ländern wurde jedoch – den Bayern sei dank – durch eine Öffnungsklausel die Möglichkeit gegeben, von diesem Berechnungsmodell abzuweichen.

Aufgrund der enormen Bedeutung der Grundsteuer für unsere Kommunen ist es für uns als Landesgesetzgeber nun also von großer Wichtigkeit, sorgsam zu überlegen, welches Grundsteuermodell wir für Rheinland-Pfalz anwenden wollen.

Ungeachtet aller politischen Differenzen ist die Frage nach dem richtigen Grundsteuermodell für Rheinland-Pfalz keine klassische Rechts-Links-Frage, sondern erfordert eine nüchterne Bewertung der einzelnen Modelle und im Anschluss eine gute Entscheidung zum Wohl unserer Kommunen, aber auch zum Wohl unser Eigenheimbesitzer und Mieter.

Nach Auswertung aller Modelle sind wir zu dem Schluss gekommen, dass ein Flächenmodell für unsere rheinlandpfälzischen Kommunen deutlich vorteilhafter wäre als das sogenannte „Scholz-Modell“. Nach dem „Scholz-Model“ soll sich die Grundsteuer am tatsächlichen Wert einer Immobilie bemessen. Hierzu sollen die Werte von Grund und Boden sowie von Gebäuden anhand vereinfachter Verfahren ermittelt werden.

Die größte Herausforderung dabei ist, dass aufgrund permanent verändernder Gebäude- und Grundstückspreise regelmäßige Wertfeststellungen erfolgen müssten, die eine wiederkehrende Hauptfeststellung erforderlich machen. Eine regelmäßige Hauptfeststellung ist jedoch mit einem extrem hohen finanziellen und bürokratischen Aufwand verbunden.

Der Bund der Steuerzahler bezeichnete daher diese Form der Grundsteuer zu Recht als Bürokratiemonster, welches darüber hinaus mit regelmäßigen hohen Kosten verbunden wäre.

Eine Hauptfeststellung würde auch in den allermeisten Fällen durchschnittlich eine deutliche Wertsteigerung der Immobilie ausweisen und die Grundsteuer stetig ansteigen lassen. Selbst bei gleichbleibenden Hebesätzen würde dann die Grundsteuerlast, die der Bürger zu tragen hat, immer weiter steigen.

Allerdings würde man den politisch unbequemeren Weg umgehen, dem Bürger gleich mit höheren Hebesätzen öffentlichkeitswirksam offen mehr Geld aus der Tasche zu ziehen. Das will man natürlich nicht.

Insbesondere sind dann aber die ständigen und wiederkehrenden Kosten und Verwaltungsaufwendungen, die im „Scholz-Modell“ durch eine regelmäßige Wertfeststellung zwangsläufig entstehen, nicht mehr erforderlich.

Demgegenüber wäre das sogenannte Flächenmodell, bei dem der Erst- und der Folgeaufwand und mithin die Kosten und der Bürokratieaufwand überschaubar blieben, aus unserer Sicht der richtige Weg. Andere Bundesländer, wie etwa die Bayern, werden wohl eine ähnliche Richtung einschlagen.

Ich bitte zum Wohle unserer Kommunen daher um Zustimmung zu unserem Antrag bzw. Überweisung an den Ausschuss.

Herzlichen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die Koalitionsfraktionen spricht der Abgeordnete Wansch.