Protocol of the Session on October 22, 2019

Beim näheren Hinsehen,

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wird es immer besser!)

tauchen jedoch viele Fragen auf, auch Fragen von entscheidender Bedeutung.

Die Bedeutung und Tragweite dieses Gesetzentwurfs lässt sich am deutlichen Protest der kommunalen Spitzenverbände letzte Woche ablesen. Verehrte Damen und Herren, das ist nicht verwunderlich. Die Geschichte dieser Landesregierung lehrt uns, wenn es um die Verteilung von Bundesmitteln auf die Kommunen durch das Land Rheinland-Pfalz geht, muss man ein besonders wachsames Auge haben. Da greift die Finanzministerin Ahnen gerne – ich nehme den Vergleich – wie eine Handballspielerin in den Harztopf und bekommt ganz schnell klebrige Finger.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Daniel Schäffner, SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns ist es von ganz entscheidender Bedeutung, dass die kommunale Förderung aus dem Gute-KiTa-Gesetz der Bundesregierung und die vom Bund zur Verfügung gestellten zusätzlichen Mittel für die Qualitätsverbesserung im Bereich der Kindertagesbetreuung komplett bei den Kommunen und Trägern der Kitas ankommen. Da sind wir skeptisch; denn für die Umsetzung des KiTa-Zukunftsgesetzes will das Land jährlich rund 81 Millionen Euro in die Hand nehmen. Das aber erst nach Inkrafttreten des Gesetzes Mitte des Jahres 2021.

Daher stellt sich zwangsläufig die Frage: Was passiert denn konkret mit dem Geld, das vom Bund bereits ab 2019 zur Verfügung gestellt wird? Was passiert mit den 24,3 Millionen Euro im Jahr 2019, mit den 48,9 Millionen Euro im Jahr 2020 und den 98,1 Millionen Euro – bzw., wenn man es halbiert, den 49 Millionen Euro im ersten Halbjahr – 2021? Was passiert 2022 mit der Differenz von 17 Millionen Euro, wenn das Land 2022 zwar 98 Millionen Euro vom Bund einnimmt, aber nur 81 Millionen Euro weitergibt? Was passiert mit den insgesamt 122 Millionen Euro vom Bund bis zum Inkrafttreten des KiTa-Zukunftsgesetzes in Rheinland-Pfalz?

(Abg. Alexander Licht, CDU: Es wird geharzt!)

Auf welchem Weg werden die Kommunen und Träger der Kitas zusätzlich von dem Geld profitieren? Auf diese Fragen gibt der Gesetzentwurf keine konkreten Antworten. Er schweigt an dieser Stelle. Auch der Entwurf des Vertrags zwischen Land und Bund zur Umsetzung des KiTa

Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetzes und das formulierte Handlungs- und Finanzierungskonzept sind wenig konkret genug, um daraus zum jetzigen Zeitpunkt detaillierte Schlüsse ziehen zu können.

Sie merken, viele Fragen lässt dieser Gesetzentwurf offen. Wir werden diese Fragen stellen.

(Beifall der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Werte Kolleginnen und Kollegen, nicht nur bei der Umsetzung im Bereich der Kita-Betreuung stehen wir an der Seite unserer Kommunen, sondern auch bei den Kosten für die geduldeten Flüchtlinge. Jeder von uns, der auch in einem Kreistag oder Stadtrat Verantwortung trägt, weiß, dass die derzeitige Pauschale für geduldete Flüchtlinge bei Weitem nicht ausreicht. Mindestens das Doppelte wäre erforderlich.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ja, genau!)

Die kommunalen Spitzenverbände weisen zu Recht darauf hin, dass den Städten, Kreisen und Gemeinden für diese Aufgabe jährlich 40 Millionen Euro fehlen. Das belastet die kommunalen Haushalte enorm. Bei meinem Heimatlandkreis zum Beispiel sind es alleine rund 2 Millionen Euro oder anders ausgesprochen zwei Punkte Kreisumlage. Das ist Geld, das für die kommunale Daseinsvorsorge auf allen Ebenen fehlt.

Wenn nun der Bund zusätzliche Mittel zum Ausgleich der Integration und Asylbewerberkosten über geänderte Umsatzsteuerfestbeträge zahlt, muss auch an dieser Stelle gewährleistet sein, dass das zusätzliche Geld bei unseren Kommunen ankommt

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

und darüber hinaus auch genügend Geld vor Ort zur Verfügung steht, um die Kosten für die geduldeten Flüchtlinge entsprechend zu decken.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind skeptisch und teilen die Bedenken der kommunalen Spitzenverbände, ob das im Gesetzentwurf vorgesehene rückwirkende Inkrafttreten des Artikel 1 zum 1. Januar 2018 mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Auch diese Frage muss noch geklärt werden.

Momentan überwiegt bei uns die Skepsis. Wir sehen noch viel Rede- und Klärungsbedarf bei den weiteren Beratungen im Ausschuss. Wir werden deshalb das weitere Verfahren kritisch begleiten.

(Abg. Martin Haller, SPD: Dem sehen wir gelassen entgegen!)

Noch eine Bitte: Wegen der Auswirkungen für die Kitas bitten wir darum, das Gesetz mitberatend im Bildungsausschuss zu behandeln.

(Abg. Martin Haller, SPD: Nach dieser Rede? Na ja!)

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Dr. Machalet.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu später Stunde und vor leeren Rängen diskutieren wir heute Abend noch über die Änderungen eines, sagen wir einmal für Laien nicht ganz einfach zu verstehenden Gesetzes, des Landesfinanzausgleichsgesetzes.

Wenn man in den Gesetzentwurf hineinschaut, dann bin ich sehr dankbar, dass die Begründung insgesamt doch sehr aufschlussreich ist, sehr detailliert erklärt wird, was mit dem Gesetz geregelt werden soll und dies auch für denjenigen geneigten Leser, der vielleicht mit der Materie sonst nicht so firm ist, sehr gut nachvollziehbar ist.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Die Ministerin hat es bereits gesagt: Im Prinzip geht es bei dem Gesetz um gar nichts allzu Kompliziertes, sondern einfach nur darum, dass eine gängige Praxis, die bereits bei anderen Gesetzesvorhaben durchgeführt worden ist, auch in diesem Fall angewandt wird. Der Beleg dafür – Herr Reichert, Sie haben die kommunalen Spitzenverbände und Kommunen angeführt –, dass es gängige Praxis ist und die Kommunen das durchaus mittragen, ist der Hinweis, dass es seitens des Kommunalen Rats keine Aussprache gegeben hat und der Gesetzentwurf nur zur Kenntnis genommen worden ist.

Insofern ist es nachvollziehbar, dass Sie die Pressemeldung des Landkreistags und des Gemeinde- und Städtebundes im Prinzip nur vorgelesen haben. Eigene Fragen der CDU habe ich nicht erkannt. Es ist schon bemerkenswert, dass eben nicht alle kommunalen Spitzenverbände diese Pressemitteilung mit herausgegeben haben, sondern dass der Städtetag nicht draufsteht. Das sollte durchaus den Hinweis darauf geben, dass das innerhalb der Kommunen nicht einheitlich gesehen wird.

Auf die einzelnen Punkte ist die Ministerin schon detailliert eingegangen. Zum Thema „Asylbewerber und Integrationskosten“ möchte ich noch einmal darauf hinweisen – die Zahl ist schon genannt worden –, dass das Land derzeit eine monatliche Erstattung von 848 Euro pro Person zahlt. Der Pauschalbetrag, der seitens des Bundes geleistet wird, liegt nur bei 640 Euro. Das heißt, wir liegen an dieser Stelle schon deutlich über dem, was uns vom Bund erstattet wird. Ich glaube, man muss fairerweise zur Kenntnis nehmen, dass das Land durchaus seinen Beitrag erbringt.

Hinsichtlich des Themas „Kitas“ haben Sie die Pressemeldung vorgelesen. Die Stellungnahme, die unsere Bildungsministerin dazu abgegeben hat, haben Sie nicht wiedergegeben. Ich gehe davon aus, dass wir das in der Ausschussberatung nachholen, dort noch einmal detailliert die Zahlen klären können und das sicherlich zur Aufklä

rung beiträgt.

Insofern freue ich mich auf die Beratung im Ausschuss und möchte trotzdem noch einmal festhalten, so wie es die Ministerin auch getan hat: Die Finanzlage der Kommunen ist sicherlich nicht so desolat, wie das in der zitierten Pressemeldung dargestellt worden ist. Ich möchte noch einmal 444 Millionen Euro Finanzierungsüberschuss anführen. Von den 24 Landkreisen hatten im letzten Jahr 19 einen ausgeglichenen Haushalt. Das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Von desolater Finanzlage kann man an dieser Stelle sicherlich nicht reden.

Ich bin gespannt auf die Ausschussberatungen und bedanke mich.

(Beifall der SPD, bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat die Abgeordnete Nieland das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen! Zu der Debatte des vorliegenden Landesgesetzes mit seinen Änderungen möchte ich vorweg einen Gedanken zu unseren Gemeinden äußern.

Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: Im öffentlichverwaltungsmäßigen Aufbau sind die Gemeinden „die räumlich administrativ kleinste Einheit“. Formal liegen sie im modernen Föderalstaat „auf der hierarchisch niedrigsten Stufe“, aber sie bilden „die Bausteine aller zivilisierten Gesellschaften.“ Wann immer die traditionellen Differenzierungen beseitigt wurden, war auch die kommunale Eigenverantwortlichkeit in Gefahr.

Kommunale Selbstverwaltung verlangt stets auch eine gewisse finanzielle Eigenständigkeit, und zu deren Sicherung – der Selbstverwaltung – braucht es ein kommunales Finanzausgleichssystem. –

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, so ist das Gesetz über den Landesfinanzausgleich mit seinen staatlichen Finanzzuweisungen wohl das zentralste Gesetz der finanziellen Versorgung unserer Kommunen. Hier werden die Maßstäbe gelegt.

Im Gegensatz zu den vorangegangenen großen Änderungen betrifft der aktuelle Entwurf vor allem Richtlinien zur Verteilung der Umsatzsteuer. Erstens insbesondere zur Verteilung der Mittel bei den Kosten für Asylbewerber und zweitens notwendige Anpassungen an das KiTaZukunftsgesetz.

Bei diesen Anpassungen gibt es, wie leider zuletzt fast immer in finanziellen Fragen, Zwist mit der kommunalen Familie. So fließt vom Bund bei den Mitteln zum KitaZukunftsgesetz ein Betrag von ca. 98,1 Millionen Euro

jährlich. So steht es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Die kommunalen Spitzenverbände sind bezüglich der Mittelverwendung verwundert.

In einer Pressemitteilung vom Oktober verweisen sie darauf – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –, dass das Geld nicht in voller Höhe ankommt; denn der Bund erstattet dem Land Rheinland-Pfalz bereits ab 2021 und auch vorher schon in Teilbeträgen einen Jahresbetrag von 98 Millionen Euro.

(Zuruf der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Die Kommunen erhalten aber erst ein Jahr später, 2022, dieses Geld. Das zwar auch nur zu 80 %, aber immerhin.

Die Frage, wie die restlichen Gelder den Kommunen zufließen sollten, ist unbeantwortet. –

Halbherzig entgegnet die Landesregierung diesen Vorwürfen. Sie sagt, die Spitzenverbände würden von falschen Zahlen ausgehen und aufgrund einer zeitlichen Komponente seien die Zahlungen nun einmal geringer. Uns überzeugt das nicht.