Protocol of the Session on January 30, 2013

Herr Herber, wenn es anders herum ist, dann steht auch im Verfassungsschutzbericht – darauf können Sie sich verlassen – mehr über Linksextremismus als über Rechtsextremismus. Aber im Moment ist das Problem in RheinlandPfalz doch eher der Rechtsextremismus. Beide haben wir verurteilt, aber es ist klar, dass die Straftaten des Rechtsextremismus in der absoluten Zahl in einem Jahr mehr

gestiegen sind, als es überhaupt linksextremistische Straftaten in Rheinland-Pfalz gibt, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Deswegen bin ich dankbar, dass der Verfassungsschutz das beobachtet und beschreibt, welche Taten vorkommen, dass er aber auch ganz klarmacht, dass in Rheinland-Pfalz nicht der Fokus herrscht, sondern dass es natürlich viele sind – der eine Bericht aus Ludwigshafen, den Sie vorgetragen haben –, die nicht aus Rheinland-Pfalz stammen und die hier gewalttätig bei Demonstrationen sind. Das hängt immer auch zusammen.

Der Verfassungsschutzbericht sagt, dass linke Straftaten auch bei rechten Demonstrationen stattfinden. Sie kennen diese Situationen. Natürlich sind diese rechten Demonstrationen in Rheinland-Pfalz vermehrt angemeldet worden. Ich bin jedem einzelnen Polizisten, jeder einzelnen Polizistin dankbar, die die Gegendemonstranten und die Demonstranten insgesamt vor Gewalt schützen. Die linken und die rechten Demonstrationen sind mehr geworden, vor allem die rechten Demonstrationen.

Vor allem bei uns in der Region Ludwigshafen hat Der III. Weg ungeheuer viele Demonstrationen im letzten Jahr angemeldet. Das war eine klare Steigerung.

Ich bitte Sie, sich dazu zu bekennen, dass Sie gegen diesen III. Weg und gegen diese extremen Bestrebungen hier klar Stellung nehmen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Das ist in Baden-Württemberg nicht immer so der Fall.

Wie gesagt, ich bin dankbar dafür, dass es den Rechtsstaat gibt. Ich bin dankbar dafür, dass der Rechtsstaat auch durchgreift und die Gewalttaten auf Dauer verhindert und diese Gewalttaten einschränkt.

Wir kämpfen dafür, dass wir gewaltfrei die Diskussion für die politische Zukunft dieses Landes führen. Es wäre eine Anstrengung wert, dass das auch alle tun.

Ich glaube nicht, dass man zwischen rechts und links abwägen und sagen kann, linksextreme Straftaten sind schlimmere als rechtsextreme Straftaten, Herr Paul.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Deswegen ist es falsch, wenn Sie hier nur über die linksextremen Straftaten berichten und nicht über die rechtsextremen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Für die Landesregierung spricht Herr Minister Lewentz.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal darf ich festhalten, dass wir in RheinlandPfalz in einem sehr sicheren, in einem der sichersten Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland leben. Das verdanken wir natürlich unseren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten. Das verdanken wir auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verfassungsschutzes. Deswegen will ich an dieser Stelle als zuständiger Ressortminister ein herzliches Wort des Dankes sagen.

Wenn man in diesen Zusammenhängen diskutiert, muss man auch Rettungsdienstlern, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern und all denjenigen Dankeschön sagen, die mit uns Extremismus jeder Art bekämpfen. Da ist die Polizei vorneweg. Andere brauchen wir auch dabei.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe diesen Bericht vorgelegt. Ich nehme für unseren Verfassungsschutz in Anspruch, dass dieser Verfassungsschutz politisch unabhängig ist. Wer den Leiter unseres Verfassungsschutzes kennt, weiß, dass er vorher Präsident des Landeskriminalamtes war und auch zu Zeiten vor der Regierung 1991 beruflich wichtige Etappen besetzt hat. Von daher glaube ich, dass allein diese Person Garant dafür ist, dass der Verfassungsschutz nicht politisch ausgerichtet wird.

Herr Herber, ich habe gesagt, ich habe diesen Verfassungsschutzbericht vorgelegt. Ihrer Argumentation folgend hätte ich 60 Seiten Rechtsextremismus machen müssen, sechs Seiten Linksextremismus. Wir haben ein Zehnfaches an Rechtsextremismus im Land. Also von daher – das ist von Vorrednern schon gesagt worden – bildet dieser Verfassungsschutzbericht den derzeitigen Schwerpunkt im Extremismus ab. Von daher müssen wir darauf eingehen.

Wenn wir diese Zahlen haben, die unsere Gesellschaft, unsere Gesellschaftsstruktur und unsere Demokratie herausfordern, dann ist das Nummer 1 bei der Beobachtung. Das ist vollkommen klar.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich höre, dass Sie, Herr Paul, sehr stark über die Rigaer Straße argumentieren, dann sage ich, ja, da ist Bereitschaftspolizei aus Rheinland-Pfalz. Bei den rechten Demonstrationen in Remagen ist Bereitschaftspolizei aus Bayern da. Das ist üblich bei Polizeien. Wir tauschen uns aus. Wir unterstützen uns. Wir helfen uns.

Ich stelle mich jetzt nicht hierhin und diskutiere über nationalbefreite Zonen in den neuen Bundesländern, dort wo Angst und Schrecken herrscht.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Ich habe nichts anderes behauptet!)

Wir reden über Rheinland-Pfalz. Ich bin der rheinlandpfälzische Innenminister. Wir haben die Sicherheit in Rheinland-Pfalz vor Augen zu haben.

Ich will Ihnen ein paar Beispiele sagen, dass Extremismus

noch etwas breiter als Links- und Rechtsextremismus ist. Ich habe schon mehrfach zu diesem Thema darum geworben, dass wir in dem Lager, das unserer Verfassung, unserer Demokratie viel näher steht als andere, nicht den Fehler machen sollten, Rechtsextremismus sozusagen in eines der parlamentarischen Parteienlager hinein zu übersetzen und Linksextremismus in ein anderes. Das wäre völlig falsch. Linksextremisten und Rechtsextremisten sind alles, nur keine Demokraten. Diese Überschriften verwirren an der Stelle.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei CDU und AfD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben den Verfassungsschutzbericht aufmerksam gelesen. Vier Schwerpunkte will ich Ihnen nennen. Das gehört alles zusammen.

Ich beginne bewusst mit dem Ausländerextremismus. Die Gesamtzahl der extremen Ausländer blieb mit ca. 600 konstant. Das ist trotzdem eine beachtliche Zahl. Die teilen wir auf in 500 Linksextremisten, Separatisten und 100 extreme Nationalisten, insgesamt im Bereich politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2015 36 Straftaten im Bereich Ausländer, davon zwei Gewalttaten. Im Jahr 2014 hatten wir 26, davon eine Gewalttat. Besonders im Fokus von uns ist nach wie vor die PKK. Auch das will ich an der Stelle erwähnen.

Ich will aber auch sagen, dass wir den Islamismus sehr im Blick haben. Die Anzahl der Seiten für den Islamismus wird in den nächsten Jahren – das kann man prophezeien – steigen.

Ich nenne das Personenpotenzial in Rheinland-Pfalz, 550 Islamisten, davon ca. 40 Personen gewaltbereit. Das Gesamtpotenzial gegenüber 2014 ist zwar gesunken, aber ein Anstieg des gefährdungsrelevanten Potenzials der Salafisten ist zu sehen, auf die wir dann in dieser Untergruppe ein besonderes Augenmerk haben. Wir schätzen, dass es davon in Rheinland-Pfalz 120 gibt.

Sie wissen, dass es Menschen gibt, die nach Syrien ausgereist sind, dort in Terrorausbildungscamps im Kriegseinsatz sind und radikalisiert zurückkommen. Auch das gehört zu der extremistischen Herausforderung, mit der wir in Rheinland-Pfalz umgehen.

Die Zahlen zum Linksextremismus sind genannt. Auch die Steigerungen sind genannt. Ja, es gab Steigerungen auch im Linksextremismus. Ich will noch einmal die linksextremistisch motivierten Straftaten nennen, 2015 waren es 73, 2014 54. Darin sind enthalten 16 Gewalttaten, zuvor waren es zehn, davon neun Körperverletzungen, davor waren es acht.

Wenn Sie das vergleichen – jetzt kommen wir zum Rechtsextremismus –, dann sehen Sie 701 Straf- und Gewalttaten, 29 Straftaten gegen Asyleinrichtungen. Auch das ist im letzten Jahr extrem gestiegen.

Stellen Sie sich das einmal vor, da kommen Menschen auf der Flucht, nachdem sie Krieg, Not, Elend und Gewalt erlebt haben und sind hier – – –

(Zuruf von der AfD)

Ich habe es leider nur vermutlich verstanden. Sie müssen mit Ihren Zwischenrufen entweder so laut reden, dass Sie mutig genug sind – über Mut haben wir einiges gehört –, dass es da hineinkommt, oder besser keine Zwischenrufe machen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Joachim Paul, AfD: Das müssen Sie uns überlassen, wie wir uns äußern! – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wenn ich mir dieses Klima der Angst vorstelle, das rund um manche Asylbewerberunterkunft herrschen muss, dann ist das wirklich schlimm.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die rechtfertigen die jetzt damit! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Unsinn!)

Das Wort hat der Herr Minister.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, ich habe Ihnen aufgezeigt, dass diese Landesregierung, die Polizei und der Verfassungsschutz auf keinem Auge blind sind. Alle Arten von Extremismus werden in diesem Land bekämpft.

Wenn es – das ist nicht zu übersehen – eine ganz große Herausforderung gibt, dann müssen wir uns dieser ganz großen Herausforderung mit besonderem Engagement stellen. Das gilt im Augenblick für den Rechtsextremismus.

Ich will an dieser Stelle nur noch sagen, sich dieser Herausforderung zu stellen, hat viele Facetten, zum Beispiel die unserer Präventionsagentur gegen Rechts. Wir gehen in Jugendclubs. Wir gehen in Schulen, um darauf aufmerksam zu machen, wie gefährlich dieses Gedankengut ist. Das Allumfassende ist der richtige Ansatz.

Ich bin Anne Spiegel sehr dankbar, dass wir dem islamistischen Extremismus nächste Bausteine hinzufügen. Das ist die konsequente Herangehensweise dieser Landesregierung. Die wird beibehalten.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es spricht Herr Kollege Junge.