Protocol of the Session on September 19, 2019

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Braun für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Jetzt kommt die abweichende Meinung!)

Meine Damen und Herren, da wird eine abweichende Meinung erwartet. Ich glaube, das ist gar nicht abweichend, sondern es ist nach vorne gerichtet, was wir an Meinung haben. Wir haben hier schon sehr oft betont, dass die Wirtschaft sowie die Investitionen in erneuerbare Energien und in die Verkehrswende durchaus zusammenpassen.

Was nicht zusammenpasst, das haben wir hier schon sehr oft betont, ist, wenn wir dauernd die Gesetze ändern, beispielsweise bei der Solarförderung. Wir hatten einmal 80.000 Arbeitsplätze in der Solarindustrie in Deutschland: 80.000 Arbeitsplätze, doppelt soviel allein in der Solarindustrie, zur Windkraft komme ich noch. Bei der Braunkohle haben wir jetzt mit allen Folgeeinrichtungen 40.000 Arbeitsplätze, nur um einmal die Relation herzustellen.

(Zurufe der Abg. Christian Baldauf, CDU, und Abg. Michael Frisch, AfD)

Diese 80.000 Arbeitsplätze in der Solarindustrie sind vernichtet worden, weil die Bundesregierung die Förderung so drastisch gekürzt hat, und zwar so plötzlich drastisch gekürzt hat, dass sich diese Industrie nicht darauf einstellen konnte.

(Zurufe der Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD, und Abg. Martin Brandl, CDU)

Protestieren Sie doch, aber es ist egal, es ist einfach so. Es ist eine Tatsache. Gegen Tatsachen kann man aber nicht protestieren.

(Zurufe von der AfD)

Passen Sie von der AfD einmal auf. Sie haben von der Realität ein völlig anderes Bild als wir. Das wissen wir.

(Heiterkeit bei der AfD – Beifall des Abg. Michael Frisch, AfD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Und zwar ein richtiges!)

Sie glauben, dass Klimaaktivisten und die Menschen, die morgen auf die Straße gehen, krank sind.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Sie sind Verschwörungstheoretiker. Mit Ihnen rede ich nicht darüber, weil es keinen Sinn hat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Zurufe von der AfD)

Mit Ihnen als Verschwörungstheoretikern über die reale Welt zu reden, hat keinen Sinn. Das ist Zeitverschwendung.

Deswegen lassen wir das jetzt einfach einmal.

Meine Damen und Herren von der CDU, die 80.000 Arbeitsplätze sind durch plötzliche Maßnahmen der Bundesregierung vernichtet worden. 20.000 Arbeitsplätze sind durch die Ausschreibung bei der Windkraft vernichtet worden. In Rheinland-Pfalz wurden mehr als 4 Milliarden Euro in die Windkraft investiert, meine Damen und Herren. Es könnten 5 Milliarden Euro oder 6 Milliarden Euro sein, wenn nicht Herr Baldauf mit diesen fragwürdigen Initiativen, die gegen die Windkraft unterwegs waren, dauernd unterwegs gewesen wäre und sich als größter Windkraftgegner nach vorne gestellt hätte. Herr Baldauf, Sie haben der Wirtschaft in Rheinland-Pfalz damit massiv geschadet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Zurufe von der CDU)

Auch das ist eine Tatsache: Wenn es nun jetzt so weitergeht und Sie diese Politik weitermachen, beispielsweise im Bund mit der Solarförderung so weitermachen, dann schaden Sie auch hier nicht nur der Industrie, sondern Sie schaden dem Handwerk in Rheinland-Pfalz.

(Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Meine Damen und Herren, Sie müssen doch einmal verstehen, dass die Handwerker in Rheinland-Pfalz, die Solaranlagen auf Ihr Dach machen, Arbeitsplätze in RheinlandPfalz schaffen und es nur mit der Förderung geht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Ich kann Ihnen auch sagen, dass die CDU einmal eine Wirtschaftspartei war und eine Partei, die Wirtschaft verstanden hat. Das ist schon fast so lange her, wie sie in Rheinland-Pfalz regiert hat. Meine Damen und Herren, man merkt, Sie haben in den Debatten keine Substanz mehr.

Sie müssen da eine neue Substanz aufbauen, damit wir eine zukunftsgerichtete Diskussion führen können.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Fragen Sie mal in Koblenz, was die davon halten!)

Ich komme zur Verkehrspolitik. Da haben wir natürlich eine Diskussion über das 365-Euro-Ticket. Das ist völlig normal. Man hört von der SPD und den Grünen, dass sie sich überlegen, dass man da gerade für Schülerinnen und Schüler heran muss, damit es keinen Zwang gibt, dass Menschen auf das Auto umsteigen müssen, obwohl sie gerne mit dem ÖPNV fahren würden. Dann brauchen wir natürlich auch mehr Mittel vom Bund für den ÖPNV.

Wir in Rheinland-Pfalz erhöhen permanent die Mittel für den ÖPNV, weil der Bund die Mittel für die Bahn kürzt. Deswegen springen wir als Land Rheinland-Pfalz in die Finanzierungslücke des Bundes ein. Wenn wir in die Finanzierungslücken einspringen müssen, können wir nicht gleichzeitig auch noch aufbauen. So ein finanzstarkes Land sind wir nicht.

(Unruhe bei der CDU)

Wir wollen aber natürlich auch in dem Bereich weiter vorankommen. Man kann sagen, der Rheinland-Pfalz-Takt und das, was in Rheinland-Pfalz in letzter Zeit an ÖPNV gerade im Norden des Landes aufgebaut worden ist, kann sich sehen lassen. Damit können die Bürgerinnen und Bürger zufrieden sein. Das ist der erste Schritt, der gegangen worden ist. Weitere werden folgen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Zurufe von der AfD)

Ich will noch einmal darauf zurückkommen: Was die Wirtschaft hauptsächlich braucht, ist Zuverlässigkeit. Ich war vor Kurzem bei der BASF. Ich nehme an, da sind Sie auch permanent.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Nee, nee!)

Uns sagen die Führungskräfte der BASF: Wir würden natürlich CO2 bepreisen. Wir machen das intern innerhalb der Firma schon, aber nach draußen können wir das noch nicht machen, weil es gibt keine zuverlässige Bepreisung. – Meine Damen und Herren, das, was morgen ansteht, ist keine zuverlässige Bepreisung, sondern ein volatiler Preis für CO2, wenn es so kommt, wie das die CDU vorgeschlagen hat.

(Glocke des Präsidenten)

Damit kann weder eine große noch eine kleine Firma Investitionssicherheit erlangen. Was wir in Deutschland für ein Investitionsklima brauchen, ist eine Sicherheit der Rahmenbedingungen. Dafür setzen wir uns ein.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Nun erteile ich Herrn Staatsminister Dr. Wissing das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

Vielen Dank. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Klimawandel gehört zu den größten Herausforderungen für unsere Generation. Er zwingt uns, unsere Art zu wirtschaften und unsere Art zu leben zu überdenken. Darin liegt aber auch eine große Chance, unseren Ressourcenverbrauch generationengerecht zu gestalten, das heißt, die Ressourcen möglichst so zu nutzen, dass sie künftigen Generationen zur Verfügung stehen. Das ist das Ziel, für das sich die Landesregierung einsetzt.

In der Finanzpolitik haben wir das erfolgreich vorgemacht. Mit der Schuldenbremse ist ein Mechanismus geschaffen worden, der dafür sorgt, dass jede Generation mit der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Ausstattung auskommen muss. Mit dem Blick auf den demografischen Wandel war und ist das eine wegweisende Entscheidung.

Jetzt haben wir auch neue Herausforderungen im Bereich der Wirtschaft und der Mobilität, die heute im Mittelpunkt der Debatte stehen. Ich hatte heute im Rahmen der Beantwortung von Mündlichen Anfragen schon einiges zu dem gesagt, was wir in Rheinland-Pfalz an Mobilitätskonzepten haben. Wir haben eine sehr wettbewerbsfähige Fahrzeugindustrie, eine sehr wettbewerbsfähige Zuliefererindustrie im rheinland-pfälzischen Mittelstand. Hier werden Innovationen vorangebracht, die auch helfen, eine Mobilitätswende zu gestalten.

Ich hatte heute Morgen schon darauf hingewiesen, dass die Landesregierung technologieoffen vorgeht, weil es in der Tat unsere Herausforderung ist, einerseits unsere Klimaschutzziele zu erreichen – das Ganze mit technologischer Innovation –, andererseits aber auch darauf zu achten, dass die vielen Beschäftigten im Bereich der Fahrzeugindustrie nicht weniger, sondern möglichst mehr werden. Auch das ist eine Möglichkeit. Wenn sich die Dinge grundlegend verändern, muss man am Ende nicht schlechter aus dem Transformationsprozess herausgehen, als man hineingegangen ist.

Herr Brandl hat gesagt, es sei ein Alleinstellungsmerkmal seiner Partei, Ökologie und Ökonomie miteinander in Einklang zu bringen.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Es ist schön, dass Sie jetzt selbst darüber lächeln können. Ich glaube, dass das ein Ziel ist, das uns alle verbindet. Ich habe aber gewisse Zweifel, ob das ein Alleinstellungsmerkmal einer politischen Partei ist.

(Zuruf des Abg. Martin Brandl, CDU)

Auf jeden Fall gelingt es beispielsweise der Bundesregierung nicht, diese Dinge in letzter Konsequenz umzusetzen. Ich bin zum Beispiel bei der Frage der Technologieoffenheit im Bereich der Antriebstechnologie sehr unzufrieden damit, dass man auf europäischer Ebene die CO2-Einsparungen durch synthetische Kraftstoffe auf den Flottenverbrauch der Fahrzeugindustrie nicht anrechnet. Diese Entscheidung halte ich für grundlegend falsch.

Ich glaube, Technologieoffenheit hätte bedeutet, dass man sagt, jeder Beitrag zur CO2-Reduktion und eben nicht nur die Elektromobilität, die ich für richtig und wichtig halte – auch das hatte ich heute schon betont –, muss auf den Flottenverbrauch angerechnet werden.

Ich glaube, dass die Elektromobilität im urbanen Bereich den Verbrennungsmotoren aus vielerlei Gründen überlegen ist, beispielsweise im Gütertransport wegen der geringen Geräuschemissionen, die wir beim Verbrennungsmotoren jedweder Art auch in Zukunft haben werden. Die Elektromobilität hat da Vorteile, aber wir brauchen einen Mix der Antriebstechnologien. Alleine wenn man sich die Möglichkeiten anschaut, den heutigen Bedarf an individueller Mobilität mit Batteriezellen zu decken, dann sieht man, dass die Rohstoffe dafür auf dem Globus gar nicht vorhanden sind. Also brauchen wir einen Mix. Deswegen wäre es richtig und wichtig, dass man sich – wie gesagt – auf europäischer Ebene dafür einsetzt, dass jede Form der CO2-Einsparung auf den Flottenverbrauch angerechnet

wird.