Protocol of the Session on September 18, 2019

Eines vorweg: Es geht heute nicht um eine Generalabrechnung. Meine Fraktion weiß sehr genau, was unsere Stadtvorstände, insbesondere Oberbürgermeister und Bürgermeister leisten. Die kommunale Selbstverwaltung bedeutet gelebte Demokratie vor Ort. Auch die Arbeit der ADD verdient Anerkennung. Sie muss vielen Interessen gleichzeitig gerecht werden und leistet in der Regel sehr gute Arbeit.

(Beifall der AfD)

Das ist eine Sache. Die andere Sache ist jedoch die Aufgabe der Opposition, auf eine fragwürdige Mitnahmepraxis und mögliche Regulierungslücken zum Nachteil der Steuerzahler hinzuweisen. Immerhin geht es um mehr als 200.000 Euro, die wahrscheinlich nicht Bürgermeistern, sondern ihren klammen Kommunen zugestanden haben. Betroffen sind die Stadtspitzen der Kommunen von Koblenz, Frankenthal, Pirmasens, Alzey und Kaiserslautern. An der Spitze der Mitnehmerpyramide steht der Koblenzer Alt-OB. Hier könnten sich die Einbußen der Stadt, meiner Stadt, auf mehr als 130.000 Euro auftürmen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Hört, hört!)

Es ist nicht meine Stadt, aber ich bin Stadtrat in Koblenz. Darauf bin ich stolz. Der Fall weckt ungute Erinnerungen, Frau Schellhammer.

Alt-OB Joachim Hofmann-Göttig wurde von Kurt Beck vor Amtsantritt zwischen Tür und Angel ohne Begründung in den Ruhestand versetzt. Wir erinnern uns. Folge: Ihm wurden 1.300 Euro auf sein OB-Gehalt draufgelegt. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf unser Land. Es wird nach 28 Jahren von der SPD als Genossenhilfswerk betrachtet.

(Beifall der AfD)

Doch zurück zum aktuellen Fall. Bereits im Jahr 2009 ging die Thüga AG in den Besitz der öffentlichen Hand über. Mit dem Eigentümerwechsel erfolgte ein Wechsel der Rechtsform von privat zu kommunal. Die ADD war von Anfang an eingebunden. Der Kauf der Thüga-Anteile wurde ihr nämlich angezeigt. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Nebeneinkünfte der Bürgermeister aus Mitgliedschaften der Thüga-Gremien wohl an die Gemeinden abgeführt werden müssen. Doch das geschah nicht. Warum?

Leider hat die Informationspolitik der ADD und der Landesregierung bis heute nicht zur Klärung beigetragen. Im Gegenteil. Aber der Reihe nach.

Die ADD Trier hat die Nebeneinkünfte genehmigt und als private deklariert. Laut Aussage der ADD habe man erst im Jahr 2019 von der Kommunalisierung der Thüga erfahren. Man hat offenbar zehn Jahre nichts gemerkt. Bemerkenswert war die Aussage, dass man zu keiner Zeit für die Genehmigung dieser Nebentätigkeiten zuständig gewesen wäre. Das überrascht; denn die ADD hat nicht nur nachweislich Genehmigungen ausgestellt, sondern sogar feststellen müssen, dass einige falsch waren, so jene für das Jahr 2009.

In einem Schreiben der ADD heißt es, zuständig für die Überwachung und Durchsetzung der Ablieferungspflicht eines kommunalen Wahlbeamten ist nicht die kommuna

le Aufsichtsbehörde, sondern sein allgemeiner Vertreter; Bürgermeister kontrollieren also Oberbürgermeister. Laut ADD ist das gerade so nicht gemeint. Vielmehr stellte sie jüngst fest, auch die ADD prüfe noch einmal – Zitat ihrer Sprecherin. Selbstverständlich ist die ADD für die eigentliche Genehmigung der Nebentätigkeiten zuständig.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Was denn jetzt?)

Genau. Was denn jetzt? Es versteht jeder – ironisch gesprochen.

Der gesetzgeberische Handlungsbedarf ist angesichts dieser Praxis förmlich mit den Händen zu greifen. Es liegt ganz offenkundig eine Regulierungslücke vor. Sie muss geschlossen werden.

(Beifall der AfD)

Kopfschütteln muss die Aussage der ADD auslösen, dass die erteilten Genehmigungen in Kraft bleiben – warum eigentlich? – und man künftig andere Zuordnungen vornehmen wolle, andere Zuordnungen für künftige Einkünfte. Das hört sich auf gut Deutsch ungefähr so an: Das Geld ist weg, gewöhnt euch dran, morgen ist auch noch ein Tag.

(Beifall und Heiterkeit bei der AfD)

Wir blicken gerne mit der ADD und der Landesregierung in die Zukunft. Aber in diesem Fall fordern wir die zeitnahe Rücknahme der in der Vergangenheit erteilten Genehmigungen. Die Städte können dann ihrerseits handeln und Rückforderungen einleiten. Dass das aktuell nicht geht, teilte die Stadt Koblenz auf Anfrage der AfD-Ratsfraktion mit. Das angekündigte Anhörungsverfahren der Betroffenen durch die ADD, das jetzt aktuell stattfindet, ist uns zu wenig. Zu deutlich soll auf Zeit gespielt werden.

Zur Rolle der Landesregierung komme ich in der zweiten Runde.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Guth.

„Herr Lehrer, im Keller hat das Licht gebrannt, aber wir haben es ausgemacht.“ – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach diesem Motto verfährt die AfD und hat jetzt zur Aktuellen Debatte dieses Thema eingebracht. Im SWR wurde darüber schon ausführlich berichtet. Im SWR, den Sie, Herr Junge und andere, abschaffen wollten.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Sie haben nichts verstanden! – Weitere Zurufe von der AfD)

Doch. Ich habe alles gelesen. Ich kann alles nachlesen.

Wir haben es aus dem Koblenzer Stadtrat – Herr Paul hat

es gerade berichtet – schon gehört, und auch im Innenausschuss haben wir es schon beraten. Also alles eine alte Leier. Neue Erkenntnisse gibt es bislang nicht, in keinem der entsprechenden Gremien. Nun versuchen Sie es über die Aktuelle Debatte im Landtag und nennen es „Fragwürdige Nebeneinkünfte“.

Mit dem Begriff „Fragwürdig“ haben Sie Ihre Erfahrung, wenn ich mir Ihre Spendenpraxis anschaue.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Aber in diesem Fall sind es keine fragwürdigen Nebeneinkünfte,

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

sondern die Nebeneinkünfte sind deklariert. Es sind die Vergütungen aus Aufsichtsratsmandaten. Fragwürdige Nebeneinkünfte sind es also nicht. Aber das zu einem anderen Zeitpunkt.

Die Frage ist, wo die Aktualität dieser Aktuellen Debatte ist; denn die ADD prüft bereits. Das haben wir bereits im Innenausschuss erfahren. Es geht um die Frage, ob diese Nebeneinkünfte unrechtmäßig nicht abgeführt wurden. Wir haben vollstes Vertrauen in die Kommunalaufsicht, in die ADD, dass dieser Prüfvorgang zu Ende kommt und wir in unseren Gremien, Innenausschuss und andere, wieder darüber beraten werden.

Die AfD versucht wieder einmal, mit Dreck zu werfen nach dem Motto „Irgendetwas wird schon hängen bleiben“. Das haben wir gerade bei dem Redebeitrag von Herrn Paul wieder gehört.

(Zurufe von der AfD)

Dass es Klärungsbedarf gibt, ist überhaupt keine Frage. Das hat der Minister im Innenausschuss bereits gesagt. Diese Klärung warten wir ab. Sie versuchen, eine Neiddebatte anzustoßen.

(Heiterkeit bei der AfD – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Das werden wir nicht zulassen.

Jetzt zur Sache zurück. Um was geht es?

(Zurufe von der AfD – Glocke des Präsidenten)

Zunächst einmal ein klares Bekenntnis zu unseren kommunalen Beteiligungen, zum Beispiel an Energie- und Wasserversorgungsunternehmen. Lange galt die Privatisierung als d a s Allheilmittel. Wir sind froh, dass wir hier zu einem Umdenken gekommen sind,

(Beifall der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

weg von ganz großen Versorgern hin zu Regionalversorgern mit mehr kommunaler Beteiligung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Joachim Paul und Dr. Timo Böhme, AfD – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Zu dieser Regionalität, zu den kommunalen Beteiligungen gehören auch Aufsichtsräte mit kommunaler Beteiligung, deren Mitgliedschaft wie bei allen Unternehmen auch vergütet wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

In diesen Aufsichtsgremien spielen Bürgermeister eine ganz entscheidende und bedeutende Rolle. Denn wer könnte die kommunalen Interessen besser vertreten als die Bürgermeister? Es geht um Investitionen in die Netze, es geht um Arbeitsplätze, es geht um den Netzausbau, die Versorgungssicherheit und vieles andere mehr.

Die Frage, die zu klären ist, lautet, ob der Bürgermeister, Oberbürgermeister, Landrat kraft Amtes dem Gremium angehört oder als Aufsichtsratsmitglied gewählt wurde. Die Frage, die zu klären ist, lautet, ob alles ordnungsgemäß angegeben und genehmigt wurde.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das ist zu prüfen!)

Tätigkeiten, die dem Hauptamt zuzurechnen sind, was mindestens immer dann der Fall ist, wenn das Amt laut Gesetz oder Satzung zum Beispiel vom Bürgermeister ausgeübt wird, haben eine vollständige, das heißt 100 %ige Ablieferungspflicht. Nebenbeschäftigung ist jede nicht zu einem Haupt- oder Nebenamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes. Das ist zum Beispiel ein Sitz im Aufsichtsrat, wenn er frei gewählt wird und nicht zum Beispiel durch Satzung für den Bürgermeister vorgesehen ist.