Protocol of the Session on August 23, 2019

nannt, nämlich die Investitionskostenförderung. Sie machen einen Blumenstrauß auf, der die gesamte Pflege beinhaltet. Das ist doch ein Ablenkungsmanöver von Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Gehen Sie doch konkret auf unsere Forderungen ein, unterstützen Sie die Angehörigen bei den Investitionskosten. Ich habe bei Ihrer Rede den Eindruck gewonnen, als wäre die Pflege für Sie ein Feld, um Geld zu sparen.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was?)

Es kann es doch wohl nicht sein, dass Sie sich hier aus der Verantwortung stehlen.

Ich möchte nochmals auf unseren CDU-Fahrplan eingehen, was Ihren Blumenstrauß betrifft. Wir haben im Januar eine Große Anfrage zur gesamten Problematik der Pflege gestellt. Diese Große Anfrage hatten wir hier schon im Landtag. Wir hatten sie gemeinschaftlich an den Ausschuss verwiesen mit einem Änderungsantrag der AfD und einem Alternativantrag von Ihnen. Sie werden wir am 5. September beraten. Dort haben wir Zeit, über den Blumenstrauß zu sprechen, aber nicht hier. Heute ging es konkret um die Investitionskosten, und das war ein Ablenkungsmanöver von Ihnen.

(Beifall der CDU und der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD)

Zur Erwiderung auf die beiden Kurzinterventionen erteile ich das Wort Frau Staatsministerin Bätzing-Lichtenthäler.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Thelen, es ist richtig, es wäre für Neubauten und die Grundsanierung. Wenn ich das vorhin an der Stelle geschlabbert habe, sollte das nicht sein. Es ist richtig, es gäbe die Förderung für Neubauten und Grundsanierungen.

Fakt ist aber – das habe ich vorhin gesagt –, dass bei einer solchen objektbezogenen Förderung nur die Bewohnerinnen und Bewohner entlastet würden, deren Objekte, in denen sie wohnen, gefördert werden. Das heißt, ein Gros der Bewohnerinnen und Bewohner würde von dieser Entlastung nicht profitieren.

Legen wir noch einmal die 10 Millionen Euro zugrunde, die Sie in Ihrem Antrag formuliert haben. Dann bedeutet das, dass wir mit diesem Antrag, den Sie auf den Tisch gelegt haben, die Bewohnerinnen und Bewohner von zwei – zwei! – Einrichtungen entlasten würden.

Wie gesagt, das ist für mich durchaus ein Beleg dafür, dass es sich hier schon – Herr Kollege Wäschenbach, damit komme ich zu Ihnen – um ein Ablenkungsmanöver handelt; denn wenn ich sage, die Bewohner von zwei Einrichtungen

werden entlastet, oder ich lege es auf über 40.000 Menschen um, dann bedeutet es eine Entlastung in Höhe von 20 Euro.

Das ist im Gegensatz zu den wirklich dringenden Problemen, finde ich, ein Punkt, an dem wir sagen müssten, lasst uns doch vorrangig – das habe ich in meiner Rede gesagt – zunächst mit den Problemen beschäftigen, mit denen wir wirklich etwas voranbringen können. Das wäre nämlich die Deckelung des Eigenanteils. Das würde wesentlich mehr als 20 Euro Entlastung für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen bringen.

Lasst uns über diese Punkte sprechen, damit wir wirklich Pflegepolitik machen, die den Menschen und ihren Angehörigen zugutekommt und keine Schaufensterpolitik ist.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag und den Alternativantrag.

Ich rufe zunächst zur Abstimmung den Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/9805 – auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Wer ist dagegen? – Vielen Dank. Damit gibt es für Enthaltungen keinen Raum. Ich stelle fest, dass der Antrag – Drucksache 17/9805 – mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt wurde.

Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen – Drucksache 17/9841 –.

Wer diesem Alternativantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Damit stelle ich fest, dass der Alternativantrag – Drucksache17/9841 – mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD angenommen wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, dürfen wir Gäste auf unserer Besuchertribüne willkommen heißen: Schülerinnen und Schüler der IGS Robert Schumann, Frankenthal, 11. Jahrgangsstufe. Herzlich willkommen! Schön, dass Sie bei uns sind!

(Beifall im Hause)

Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf:

Erstellung einer Dunkelfeldstudie zur Kriminalitätsbelastung in Rheinland-Pfalz Antrag der Fraktion der AfD

Drucksache 17/9813 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich darf zunächst zur Begründung einem Mitglied der antragstellenden Fraktion das Wort erteilen. – Herr Abgeordneter Junge, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Laut Innenminister Lewentz ist Rheinland-Pfalz mit Verweis auf unsere Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) so sicher wie noch nie – getreu dem Motto „Eine stramme Behauptung ist manchmal besser als ein schwacher Beweis“.

Nein, ernsthaft: Die PKS, die gerne als Nachweis für die Kriminalitätsentwicklung in Rheinland-Pfalz herangezogen wird, beleuchtet nur die den Sicherheitsbehörden angezeigten oder anderweitig bekannt gewordenen Straftaten, eben das sogenannte Hellfeld. Jene Straftaten, von denen die Ermittlungsbehörden keine Kenntnisse erlangen oder die nicht in der Statistik erscheinen, werden dem sogenannten Dunkelfeld zugeordnet.

Die geeignete Vorgehensweise zur Erhellung des Dunkelfeldes ist die regelmäßige Durchführung sogenannter Dunkelfeldstudien, wie sie bereits in Niedersachsen, SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern seit einigen Jahren durchgeführt werden. Berlin zieht dieses Jahr nach, Sachsen beschränkt sich auf Teilstudien. Rheinland-Pfalz führte bislang keine Dunkelfeldstudien durch.

Niedersachsen ist seit 2013 Vorreiter auf diesem Gebiet, konnte bereits Ergebnisse aus drei Dunkelfeldstudien präsentieren und damit die tatsächliche Kriminalitätsentwicklung im Land deutlich besser beurteilen und ist somit nicht mehr auf selbst verfasste Glaubensbekenntnisse angewiesen. Wissen ist besser als glauben, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

So hat die Dunkelfeldstudie in Niedersachsen ergeben, dass zwar mehr als 92 % aller Kfz-Diebstähle und immer noch 84 % aller Wohnungseinbrüche angezeigt werden, aber nur etwa jede vierte Körperverletzung. Noch dramatischer waren die Zahlen im Bereich der Sexualdelikte. Hier entsprach das Anzeigeverhalten unter den Befragten einer Quote von nur 4 %.

Würde man die Zahlen aus Niedersachsen auf die Verhältnisse in Rheinland-Pfalz umlegen und hierfür die Zahlen aus der PKS bemühen, so stünden beispielsweise etwa 22.000 erfassten Körperverletzungen des Hellfeldes über 60.000 nicht erfasste Körperverletzungen des Dunkelfeldes gegenüber. Bei sexuellen Übergriffen in Beziehungen stünden knapp 200 erfasste Übergriffe gegen 4.800 nicht erfasste.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen müssten eigentlich zu denken geben und zeigen, dass das vermeintlich objektive Statistikwissen des Hellfeldes ganz offensichtlich ein trügerisches, ja sogar ein falsches Lagebild vermittelt. Wenn nur ein Viertel aller Körperverletzungen oder

jedes 20. Sexualdelikt zur Anzeige gelangt, müssen wir uns doch die Frage stellen, woran das liegt. Worin ist dieses Anzeigeverhalten begründet? Misstrauen gegenüber der Polizei und der Justiz? Angst? Scham? Unwissenheit? Ignoranz? Vielfältige Möglichkeiten. Auch diese Frage kann eine gründlich durchgeführte, umfassende und regelmäßig wiederholte Dunkelfeldstudie durchaus beantworten.

Gefragt, warum von einer Anzeige der Straftat abgesehen wurde, gaben beispielsweise 26 % der Opfer von Sexualdelikten in Schleswig-Holstein an, dass sie von vornherein nicht an die Aufklärung dieser Straftat glaubten. 28 % waren der Überzeugung, keine ausreichenden Beweise für die Tat liefern zu können, und fast 30 % der Opfer wollten die Tat ganz einfach vergessen. Bei einfachen Körperverletzungsdelikten gaben 51 % der Opfer an, auf eine Anzeige verzichtet zu haben, weil ihnen die Verletzung als nicht schwer genug erschien. Etwa 10 % der Geschädigten verzichteten auf eine Anzeige aus Angst vor weiterer Gewalt durch die Täter.

Diese Zahlen belegen einerseits ein mangelhaftes Verständnis dessen, was gesetzlich als strafrechtlich relevant betrachtet wird. Sie offenbaren aber auch Zweifel an der Fähigkeit unserer Sicherheitsbehörden und Justiz. Hier gilt es, diese Zweifel auszuräumen.

Meine Damen und Herren, nun sind wir uns natürlich der Tatsache bewusst, dass eine solche Studie lediglich eine Indizwirkung haben kann und sie sicherlich nicht alle Deliktfelder aufhellen kann. Schließlich können unabhängig und individuell Befragte nur dann Auskunft darüber geben, ob sie Opfer einer Straftat geworden sind, wenn sie eine Tat auch als solche wahrnehmen bzw. erkennen.

Während der Messerangriff oder eine Vergewaltigung noch eindeutig als Straftat eingeordnet werden können, wird es bei einem Betrug, einer Erpressung, vor allem im Bereich der Organisierten Kriminalität oder der Clankriminalität, natürlich schwieriger.

Insofern geben wir zu bedenken, dass eine Erhellung des Dunkelfeldes Clankriminalität und der Organisierten Kriminalität zwar prinzipiell möglich ist, mit einer Erforschung dieses Bereichs müssen sich aber dann doch die zuständigen Experten explizit auseinandersetzen.

Meine Damen und Herren, es muss jedoch unser Anspruch sein, eine objektive und umfassende Dunkelfeldstudie auf den Weg zu bringen. Selektive Aufklärung, indem beispielsweise nur nach rechter oder nur nach linker Gewalt gefragt wird, führt allerdings garantiert zu falschen Bewertungen.

Meine Damen und Herren, es steht wohl außer Frage, dass eine breit aufgestellte Dunkelfeldstudie eine hervorragende Ergänzung für die kriminalistische Aufklärungsarbeit darstellt. Sie bietet einen ganzheitlichen Ansatz zur Beleuchtung des Dunkelfelds, sie trägt zusammen mit der PKS zu einer Verdichtung des Lagebilds Kriminalität bei, und sie ergänzt das auch um die Perspektive der Bürger. Damit ermöglicht sie eine realistische Bewertung der tatsächlichen Kriminalität im Land und erlaubt überdies eine Anpassung des Fähigkeitsprofils unserer Sicherheitskräfte.

Ich bitte Sie daher im Sinne unserer Bürger und im Sinne der Sicherheit um Zustimmung für die Beauftragung einer solchen Dunkelfeldstudie.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Nun erteile ich das Wort Frau Abgeordnete Schellhammer. Mir wurde berichtet, dass sie für die Koalitionsfraktionen sprechen wird.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag beschäftigt sich mit der Forderung nach einer Dunkelfeldstudie in Rheinland-Pfalz, also die Erhebung der Kriminalität, die über die polizeilich erhobenen Straftaten hinausgeht.

Für die Ampelfraktionen sage ich an dieser Stelle klar und deutlich: Es ist blanker Hohn, dass gerade die AfD einen solchen Antrag einbringt. Denn was erleben wir tagtäglich? Sie verzerren kontinuierlich Kriminalität. Deswegen möchte ich auf die tieferliegende Motivationslage Ihres Antrags eingehen.

(Zurufe von der AfD)

Ihnen geht es eben nicht darum, wie Sie das eben dargestellt haben, kriminologische Erkenntnisse zu sammeln und eine faktenbasierte Innenpolitik an den Tag zu legen, sondern Ihnen geht es darum – das haben wir aus Ihrem Beitrag heraushören können –, Misstrauen gegenüber unseren Sicherheitsbehörden und gegenüber der Justiz und Angst vor Kriminalität zu schüren.