Protocol of the Session on August 23, 2019

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Denn was hat sich getan seit Veröffentlichung der Studie? Wir wissen, dass mehrere Gesprächsrunden stattgefunden haben, auch wenn wir im Bildungsausschuss entgegen den Versprechungen der Ministerin in der Sitzung am 18. Januar 2018 leider nicht die entsprechenden Berichte gehört haben.

(Zurufe der Abg. Bettina Brück, SPD, und Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In den Antworten zu den Fragen 3 und 4 sind die Maßnahmen, die seitdem ergriffen wurden, beschrieben. Das Programm „BiSS Lesen – Lesen macht stark“ wird beispielsweise an 74 von 962 Grundschulen eingesetzt. Dann steht ein Aufgabenpool zum Üben von Aufgabenformaten ähnlich den IQB-Aufgaben zur Verfügung. Dann wird noch einmal ein Programm „Ohrenspitzer plus“ erwähnt. Das ist Symbolpolitik vom Feinsten.

Jeder, der sich die erschreckenden Ergebnisse des IQBBildungstrends vergegenwärtigt, muss sich fragen: Sollen solche Einzelaktionen allen Ernstes zu intensiven Verbesserungen führen?

(Beifall bei der CDU)

Führen wir uns doch bitte noch einmal vor Augen, worüber wir hier reden. 23,4 % und damit fast ein Viertel aller Kinder erreichen am Ende der Grundschule nicht einmal den Mindeststandard in der Rechtschreibung.

Ich möchte auch noch einmal deutlich machen, was Mindeststandard bedeutet. Das ist nämlich entgegen der vermuteten Erwartung nicht die Norm, die erreicht werden müsste. Der Mindeststandard unterschreitet die von der KMK festgelegten Kompetenzerwartungen. Die werden nämlich erst mit dem Regelstandard erreicht.

Jetzt halten Sie sich bitte vor Augen, mit welchen Defiziten, mit welchem Klotz am Bein diese Kinder in die Sekundarstufe I starten. Dann denken Sie noch einmal an die Meldungen in den letzten Wochen zum Thema „Schulabbrecher“ und zu den Schülern, die keinen Abschluss schaf

fen. Eigentlich müsste jetzt wirklich dem Letzten ein Licht aufgehen, wie dramatisch die Situation ist.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Sehr richtig!)

Mit ein paar netten Einzelprogrammen an einzelnen Schulen ist es schlicht und ergreifend nicht mehr getan. Da müssen wir, da muss die Landesregierung tiefer und vor allen Dingen flächendeckend tiefer einsteigen.

(Beifall der CDU und der AfD)

Wenn wir heute neben den zu ziehenden Konsequenzen aus dem IQB-Bildungstrend nur über den Bereich der Rechtschreibung sprechen, dann kann und werde ich es Ihnen nicht ersparen, dass wir uns Ihnen unsere Überzeugung dazu vortragen, wonach Schreiben nach Gehör ein gescheitertes pädagogisches Experiment ist. Ein gescheitertes Experiment, das vor diesem Hintergrund, aufgrund dieser Ergebnisse endgültig ad acta gelegt werden sollte.

(Beifall bei CDU und AfD)

Schauen Sie sich auch die Antwort der Ministerin auf die Frage 19 an. Was zur Frage 20 kam, wurde eben schon ausgeführt. Was spricht dagegen, dass die Kinder von Anfang an die richtige Rechtschreibung lernen?

(Abg. Bettina Brück, SPD: Die lernen die richtige Rechtschreibung!)

Keine Antwort, also auch kein Argument, das dagegen spricht, die Rechtschreibung von Anfang richtig zu lernen.

(Abg. Bettina Brück, SPD: Sie haben es nicht verstanden, Frau Beilstein!)

Meine sehr geehrte Damen und Herren, es gibt Erkenntnisse, die dafür sprechen, die Rechtschreibung von Anfang an richtig zu lernen. So zum Beispiel die Rechtschreibstudie der Uni Bonn, die ganz klar sagt, der Fibelunterricht führt bei Grundschülern zu deutlich besseren Rechtschreibleistungen als die Methode „Lesen durch Schreiben“, „Schreiben nach Gehör“ oder auch die Rechtschreibwerkstatt.

(Beifall bei CDU und AfD – Zuruf der Abg. Bettina Brück, SPD)

Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass immer mehr Bundesländer danach handeln und die Methode „Schreiben nach Gehör“ verbieten.

Weitere Ansatzpunkte wären eine konsequente Sprachförderung. Unsere Große Anfrage unter der Drucksache 17/7556 hat eindrucksvoll ergeben, dass es kein Konzept, keinen Plan und kein Verhältnis gibt, in dem die Anzahl der förderbedürftigen Kinder zu den vergebenen Förderstunden steht. Ein gezieltes Vorgehen zur Ursachenbekämpfung schlechter Ergebnisse in Deutsch sieht anders aus.

Es gäbe aber einen ganzen Strauß von Ansätzen, die bereits auf den ersten Blick greifbar sind und wofür man überhaupt keine großen Gesprächsrunden braucht. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass man Zeit zum Üben braucht. Das ist eben zweimal angesprochen worden. Diese Zeit zum Üben bekommt man aber auch nur über Unter

richt, der gehalten wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das soll heißen, es darf eben kein Unterricht ausfallen. Es müssen genügend Lehrer vorhanden sein. Auch genügend Lehrer dafür, dass nicht die für die Sprachförderung vorgesehenen Stunden zur allgemeinen Verwendung von Unterrichtsausfall herangezogen werden,

(Beifall der CDU)

sodass Fachlehrer ihren Unterricht halten können, und nicht, wie es so schön heißt, Regulierungsmethoden greifen. Ich sage an dieser Stelle: Unsere Große Anfrage zur Unterrichtsregulierung, die wir noch zu besprechen haben, lässt grüßen.

Es ist natürlich auch ganz entscheidend, dass ein qualitativ guter Unterricht gehalten wird. Hier zitiere ich aus der Anhörung von Frau Stanat: „Wenn man Kompetenzsteigerung erreichen möchte, muss man ansetzen am Unterricht.“ Das bedeutet auch, dass tiefergehende Änderungen in der Lehreraus- und -weiterbildung erforderlich sind. All das sind Maßnahmen, die in die Tiefe gehen und, anders als „BiSS“ (Bildung durch Sprache und Schrift) und „Ohrenspitzer“, dort ansetzen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind allenfalls nette Gimmicks für obendrauf.

(Beifall bei CDU und AfD – Glocke der Präsidentin)

Es liegen zwei Kurzinterventionen vor. Zunächst hat die Abgeordnete Helga Lerch das Wort, dann der Abgeordnete Daniel Köbler.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Erschreckende an den Darstellungen der Kollegin Beilstein und auch von der AfD ist, hier wird ein Bild von unserer Bildungslandschaft gezeichnet, das sich in keinster Weise mit der Realität deckt.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Man merkt ganz, ganz deutlich, dass alle, die hier reden, noch nie wirklich das Innenleben von Schulen erlebt haben.

(Zurufe der Abg. Joachim Paul und Dr. Timo Böhme, AfD)

Sie sprechen nur von Versagern, von Defiziten, von Lehrern, die falsch eingesetzt werden, und von mangelnder Unterrichtsversorgung. Sie greifen in die große Kiste all der Dinge, die Schule in Wirklichkeit so nicht ausmachen.

Ich möchte den Blick auf all die lenken, die sich ganz hervorragend in diesem System bewähren, die nach der 4. Klasse in weiterführende Schulen gehen, die herausragende Noten als Abschluss in der Sekundarstufe I, in der Berufsreife oder auch im Abitur bekommen, die ihren Weg machen und in diesem System hervorragend für das vorbereitet sind, was man als Lebenswirklichkeit formuliert.

Wie viele Schülerinnen und Schüler bekommen im Rahmen des Abiturs Auszeichnungen für herausragende Leistungen in ganz bestimmten Fächern?

(Abg. Alexander Licht, CDU: Ohne Frage!)

All diese Dinge spielen in unserer Diskussion überhaupt keine Rolle. Schauen wir doch auch endlich einmal auf die, die sich in diesem System hervorragend bewähren und ihren Weg machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur nächsten Kurzintervention hat der Abgeordnete Daniel Köbler das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Sache hat die Kollegin Lerch für uns alles gesagt.

Frau Beilstein, ich habe mich aber deswegen gemeldet, weil ich es nicht in Ordnung finde, dass Sie uns hier vorwerfen, es würde eine Verweigerung stattfinden, Konsequenzen aus der IQB-Bildungsstudie zu ziehen. Wir haben schon vor Wochen als Ampelfraktion einen entsprechenden Berichtsantrag im Bildungsausschuss gestellt, und das wissen Sie auch.

(Abg. Anke Beilstein, CDU: Ja klar!)

Ich denke, um dem den nötigen Raum zu geben, werden wir in der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses ausführlich darüber sprechen, aber auf einem ansprechenden fachlichen Niveau und nicht auf diesem Stammtischniveau.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Hedi Thelen, CDU: Das ist auch Ignorieren der Realität!)

Wird eine Antwort gewünscht? – Frau Abgeordnete Beilstein.

Herr Köbler, wenn Sie Wahrheiten nicht vertragen können und das als Stammtischniveau abtun, dann lasse ich das so stehen, dann spricht das nämlich für sich.

(Beifall bei CDU und AfD)

Ich möchte noch etwas zu den Ausführungen der Kollegin Lerch sagen. Frau Lerch, ja, es gibt tolle Schüler. Wir haben klasse Lehrer. Es gibt eine Menge junger Menschen, die tolle Leistungen bringen.