Protocol of the Session on August 23, 2019

Ich möchte auch noch einmal kurz auf den von meiner Vorrednerin schon angesprochenen weltweit ersten Lagebericht zur Biodiversität der Vereinten Nationen eingehen. Er schreibt der Intensivierung der Produktion auf den Flächen einen massiven Anteil am weltweiten Verlust der Artenvielfalt zu. In Deutschland ist Autor das renommierte Helmholtz Zentrum. Dieses konstatiert – so steht es in „top agrar“ –, dass eine Ertragsteigerung von mittel intensiver auf intensive Landwirtschaft um 85 % fast ein Viertel der zuvor heimischen Arten verschwinden lässt. Das bedeutet natürlich die Vernichtung unserer eigenen Lebensgrundlagen.

Darum ist es so wichtig, die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft zum Schutz der Natur auch zu honorieren. Das ist ein wichtiger Bestandteil der Aufgabe von EULLa. In dem Punkt muss ich meinem geschätzten Kollegen Wissing dann doch etwas widersprechen.

Er hat heute Morgen gesagt, die Überstundenbezahlung würde widergespiegelt durch die zweite Säule. – Nein, das stimmt so nicht.

(Zuruf des Abg. Marco Weber, FDP – Abg. Thomas Roth, FDP: Das darf doch jetzt nicht wahr sein!)

Es ist eine ganz wichtige Leistung, die der Landwirtschaft honoriert wird, und es ist kein Sozialtransfer. Darum ist es umso wichtiger, dass die Leistungen der Landwirtschaft in den schon angesprochenen GAP-Vereinbarungen abgebildet werden.

Ich weise noch einmal darauf hin, dass der Bundesrat eine Umschichtung auf 6 % beschlossen hat. Ich halte das für das Mindeste, was für diese Herausforderungen – das Tierwohl, die Düngeverordnung und natürlich auch der Klimaschutz und das Artensterben – zur Verfügung stehen muss. Ganz klar möchte ich noch einmal sagen, dass das auch von der Landwirtschaft selbst eingefordert wird. Das spiegelt sich übrigens auch in Ihrem Antrag.

Wir haben also ein Programm zur Entwicklung von Um

welt Landwirtschaft und Landschaft (EULLa). Mit EULLa werden fünfjährige Programme auf freiwilliger Basis angeboten. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir das ändern sollten, Herr Zehfuß, sondern die freiwillige Basis sollte doch bleiben, und sie wird auch ganz stark wahrgenommen. Diese gesellschaftlichen Leistungen finde ich sehr positiv. Dazu gehören der Erhalt von artenreichen Feuchtwiesen, Magerweiden oder Halbtrockenrasen durch extensive Bewirtschaftung, der Erhalt der Bewirtschaftung von Weinbausteillagen, die Schaffung neuer Strukturen wie Lichtäcker, Blühstrukturen, Ackerwildkrautstreifen oder Streuobstwiesen. Das sind zentrale Bausteine unserer Biodiversitätsstrategie, die von den Landwirten umgesetzt werden.

Man muss sagen, mit EULLa haben wir ein sehr breit aufgestelltes, sehr gutes Programm mit 15 Vorhabensarten. Das ist ein attraktives Angebot. Man kann nur sagen, der beste Beleg für die Attraktivität ist das Ergebnis des diesjährigen Antragsverfahrens für die EULLa-Programme: Die Prognosen wurden bei Weitem überschritten.

Und es gibt regional zugeschnittene Förderangebote, beispielsweise die Bewirtschaftung der Steillagen- und Steilstlagenflächen oder die Grünlandbewirtschaftung in den Talauen der Südpfalz.

Insgesamt sind die EULLa-Programme allerdings auf die unterschiedlichen landwirtschaftlichen Produktionsverfahren ausgerichtet, um den Betrieben eine individuelle Teilnahme entsprechend ihrer betrieblichen Struktur zu ermöglichen. Es gibt in manchen Programmteilen eine differenzierte Prämiengestaltung, um den Standortbedingungen gerecht zu werden, was auch in Ihrem Sinne ist, glaube ich.

Eine darüber hinausreichende regionale Differenzierung würde die individuelle Auswahlmöglichkeit und das flächendeckende Angebot massiv einschränken. Es könnten dann nicht alle Programmteile flächendeckend und landesweit angeboten werden, und es würde auch noch den Verwaltungsaufwand unwahrscheinlich erhöhen.

Sehr geehrte Damen und Herren, grundsätzlich werden diese Programme auf konventionelle Betriebe zugeschnitten. Dazu gehören auch die von Ihnen erwähnten integriert kontrolliert wirtschaftenden Betriebe. Sie werden mehrheitlich von diesen in Anspruch genommen. Derzeit beteiligen sich 39 % aller rheinland-pfälzischen Betriebe an einer oder mehreren Umweltmaßnahmen. Das ist doch ein Riesenerfolg.

Rund 21 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche des Landes, ohne den ökologischen Landbau, werden nach diesen Produktionsverfahren bewirtschaftet. Also auch hier: eine tolle Entwicklung, und ich glaube sogar eine einzigartige.

Im Übrigen ist vielleicht noch hinzuzufügen, die Umstellungsförderung für Ökolandbau richtet sich auch an konventionelle Betriebe. Es ist eine sehr zielführende und auch sehr gerne wahrgenommene Maßnahme.

Aus fachlicher Sicht muss es natürlich um Prioritäten gehen. Das wird auch von uns verlangt. Wir können nicht

einfach irgendwelche Programme in die Luft setzen, ohne die fachlichen Anforderungen zu berücksichtigen. Es ist doch Konsens, dass unsere Verantwortungsarten in Rheinland-Pfalz Hauptzielrichtung sein müssen. Das sind zum Beispiel besonders die Grünlandbereiche.

Wir können sagen, in Rheinland-Pfalz gibt es in unseren Grünlandregionen wirklich noch Hotspots der Biodiversität, was uns übrigens auch von der Bundesebene so bescheinigt worden ist. Das ist auch ein großer Erfolg dieser Programme, und es ist ein Erfolg der Landwirtinnen und Landwirte, die sich dort als Betriebe engagieren. Wir bieten ihnen eine wichtige Einkommensalternative an; wie gesagt, wir honorieren ihre Leistungen.

Ich muss Ihnen widersprechen. Wie kommen Sie darauf, dass die Maßnahmen nicht evaluiert werden? Sämtliche Maßnahmen werden fortlaufend vom Institut für Ländliche Strukturforschung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main evaluiert. Die entsprechenden Berichte werden den Sozial- und Wirtschaftspartnern im Rahmen der regelmäßigen Sitzungen des Begleitausschusses, in dem sie vertreten sind, vorgestellt. Sie können auch öffentlich im Internet eingesehen werden, auch von der CDU.

In diesem Rahmen werden auch die Wirkungen von EULLa-Maßnahmen bewertet. Dazu werden die Untersuchungen durch das DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in einer Datenbank zusammengefasst und ausgewertet. Dabei werden im Vergleich zu Betrieben und Flächen, die nicht an den EULLa-Maßnahmen teilnehmen, positive Effekte in Bezug auf die biotischen Faktoren festgestellt. Auch Erosionsschutz und Wasserschutz werden untersucht. Alles ist Ihnen zugänglich. Die Ergebnisse aus der Evaluierung fließen immer in die Weiterentwicklung der Förderprogramme ein.

Noch ganz kurz zu Beratungen: Das eingesetzte Beratungssystem umfasst keineswegs Parallelstrukturen, sondern ganz im Gegenteil: Es ist modernisiert. Die Vertragsnaturschutzprogramme werden seit über 25 Jahren durch externe Fachberaterinnen und Fachberater des Naturschutzes begleitet, die im Auftrag des Landes die Antragsteller beraten. Sie bewirken auch einen effektiven Mitteleinsatz. Im Naturschutzmanagement Rheinland-Pfalz sind sie eng mit der Biotopbetreuung vernetzt.

In der vergangenen Legislaturperiode – soweit ich mich erinnere, haben Sie das unterstützt – haben wir diese Struktur in der neuen Beratungsaufgabe Agrarwirtschaft und Naturschutz mit der Beratungsstruktur der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum verknüpft. In dem Rahmen wird auch der gesamtbetriebliche Beratungsansatz Partnerbetrieb Naturschutz umgesetzt.

Hier gibt es also einen integrierten Beratungsansatz, und all die Forderungen, die Sie merkwürdigerweise stellen, sind lange umgesetzt und weit überholt.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Zu einer Kurzintervention hat sich der Abgeordnete Zehfuß von der CDU-Fraktion gemeldet.

Frau Ministerin Höfken, jetzt bin ich doch ein bisschen irritiert.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das sind wir alle!)

Ich weiß nicht, wem ich mehr Glauben schenken soll oder wonach ich mich richten kann. Nach Ihren Aussagen,

(Heiterkeit und Zuruf der Staatsministerin Ulrike Höfken: Oder Schindler!)

oder soll ich mich nach den Aussagen von Herrn Wissing richten? Wenn Sie das vielleicht intern klären könnten, wäre es für mich eine große Erleichterung.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufgrund der Redezeit der Landesregierung stehen den Fraktionen noch weitere 3 Minuten und 30 Sekunden zur Verfügung. – Wortmeldungen sehe ich aber keine mehr.

Mir wurde signalisiert, dass der Antrag an den Ausschuss für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Landwirtschaft und Weinbau überwiesen werden soll.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ja! Wir finden diesen Antrag nicht „befremdlich“, deshalb kommt er in den Ausschuss!)

Wer dieser Ausschussüberweisung zustimmen möchte, bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Das ist einstimmig der Fall.

Damit rufe ich Punkt 27 der Tagesordnung auf:

Rechtschreibung – Konsequenzen aus dem Ergebnis des IQB-Bildungstrends Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der AfD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksachen 17/8517/9008/9796 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Wer spricht für die AfD Fraktion? – Der Abgeordnete Paul.

(Abg. Joachim Paul, AfD: 5 Minuten plus Oppositionszuschlag!)

Ja, selbstverständlich.

Liebe Kollegen, sehr verehrtes Präsidium! Der IQBBildungstrend 2016, veröffentlicht Ende 2017, fördert er

nüchternde Ergebnisse zutage. Besonders alarmierend war die Situation bei der Rechtschreibung. Knapp ein Viertel der getesteten Viertklässler verfehlte den Mindeststandard.

So deprimierend diese Erkenntnis ist, so hatte sie doch auch eine gute Seite: Endlich konnte die Verschlechterung der Rechtschreibung nicht mehr geleugnet und wegmoderiert werden. Das war bis dahin eindeutig der Fall gewesen.

Ich zitiere aus dem Protokoll: „Valide Anhaltspunkte für sich allgemein verschlechternde Rechtschreibleistung von rheinland-pfälzischen Grundschulkindern seien aber nicht vorhanden.“ Das sagte Staatssekretär Beckmann im März 2017 in einer Sitzung des Bildungsausschusses, nachdem die AfD-Fraktion dort einen Antrag zur Rechtschreibkompetenz der Schüler in Rheinland-Pfalz eingebracht hatte.

Die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Frau Brück, sprach gar von einem Mythos: Die Verschlechterung der Rechtschreibleistungen sei ein Mythos, und sie sei dankbar, dass dieser Mythos – sie meinte damit die dramatischen Ergebnisse der Studie – von Staatssekretär Beckmann entmythifiziert worden seien. – Das muss man für sich stehen lassen. Die Quintessenz, ich übersetze: Alles gut, alles super.

So ähnlich argumentierte Brück, eifrig unterstützt von den bildungspolitischen Sprechern der FDP und der Grünen, in der Plenarsitzung Ende Januar 2017, für die die AfD den Antrag „Grundschule stärken – Rückkehr zum regeltreuen Schreiben“ gestellt hatte.

Mit dem desaströsen Abschneiden beim IQBBildungstrend war die Leugnung der Verschlechterung der Rechtschreibung als Realitätsverweigerung entlarvt. Theoretisch hätten nun Konsequenzen gezogen werden können.

Nach Jahrzehnten des Irrwegs der rot-grünen Experimente in der Bildungspolitik wäre eine echte Kurskorrektur dringend nötig gewesen. Doch außer ein paar kosmetischen Veränderungen blieb alles beim Alten, zum Leidwesen der Kinder und der Eltern, die sich weiterhin genervt mit der Anlauttabelle und dem berüchtigten Schreiben nach Gehör bzw. dessen ungeheuerlichen Auswirkungen auch in Mischformen herumschlagen müssen.

(Abg. Helga Lerch, FDP: Wie oft noch?)

Wir haben gefragt: „Welche wissenschaftliche Untersuchung legt nahe, dass es einen schädlichen Einfluss auf die Rechtschreibung hat, wenn Schüler von Anfang an auf ihre Fehler hingewiesen werden?“ Die Antwort: „Der Landesregierung ist keine wissenschaftliche Untersuchung bekannt, die das nahelegt.“ Da fragt man sich: Warum gehen wir diesen Weg?