Protocol of the Session on June 14, 2019

und schlussendlich eigentlich gar keine Rente mehr zur Verfügung steht?

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Wir führen hier keine Rentendebatte, Frau Kollegin! Dafür bräuchten wir mehr Zeit! Wir bräuchten viel mehr Zeit! – Abg. Michael Frisch, AfD: Das sind doch Nebelkerzen!)

Die Frage müssten Sie an dieser Stelle vielleicht dann doch beantworten.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Adolf Kessel von der Fraktion der CDU. Bitte schön, Herr Kessel.

(Beifall der CDU – Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Ist das der letzte Auftritt? – Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Wir hören alle zu, Adolf!)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Anliegen, nach Wegen zu suchen, um bei schwer arbeitenden Menschen vorzeitige Berufsunfähigkeit zu verhindern oder zu verzögern, damit sie bis ins hohe Alter leistungsfähig bleiben können, ist dem Grunde nach sinnvoll.

Die AfD schlägt in ihrem Antrag ein Modellprojekt auf Landesebene zur Entgeltsicherung für lebensältere Schwerst

arbeiter vor. Darin ist vorgesehen, den Betroffenen einen Zuschuss zum verlängerten Arbeitsentgelt und eine Aufstockung der Beträge der Rentenversicherung zu gewähren. Konkret gesprochen, ein Zuschuss von 50 % der Nettoentgeltverringerung und ein Zuschuss von 75 % des verringerten Beitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Antrag wirkt auf den ersten Blick sehr ambitioniert, ist aber bei Lichte besehen unausgegoren und mit der heißen Nadel gestrickt.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Viele der darin erhobenen Forderungen sind nicht oder nur schwer praktikabel.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Das ist genau der Punkt!)

Wie soll etwa die Begutachtung durch einen Facharzt funktionieren? Wo liegen die Grenzen zwischen sogenannter Schwerstarbeit und leichteren Tätigkeiten? Was ist mit den Berufen, die auf der Liste fehlen oder nicht dazugehören? Vage bleiben auch die Kalkulation der Kosten und deren Finanzierbarkeit.

Die im Antrag vorgeschlagenen Regelungen ähneln zuweilen denen des Altersteilzeitgesetzes. Danach konnten Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet hatten, ihre Arbeitszeit bis zu 50 % reduzieren und erhielten neben einer Entgeltaufstockung von ihrem Arbeitgeber auch eine Rentenbeitragsaufstockung. Gefördert wurde die Altersteilzeit durch die Bundesagentur für Arbeit bis zum 31. Dezember 2009 für maximal sechs Jahre. Die Förderung wurde eingestellt, weil der mit der Altersteilzeit verbundenen Frühverrentung entgegengewirkt werden sollte.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Ja, aber das ist etwas anderes hier!)

Eine staatliche Subventionierung der Brückenteilzeit, wie im Antrag vorgeschlagen, würde nicht nur die Frühverrentung fördern, sondern liefe zudem der aktuellen Fachkräftesicherung zuwider.

(Beifall der CDU)

Jede Arbeitszeitreduzierung verknappt das Fachkräfteangebot stärker, als dies durch den Bezug von Erwerbsminderungsrenten derzeit der Fall ist. Diese Erwerbsminderungsrenten können auch als Teilrenten neben einer Teilzeitbeschäftigung gezahlt werden.

Mit dem Modellprojekt wird zudem ein Bürokratiemonster geschaffen, das vor allem die Arbeitgeberseite unnötig belasten würde. Bereits jetzt sind die Unternehmen mit den neuen gesetzlichen Teilzeitansprüchen vor große Herausforderungen gestellt. In dieser Situation noch eine staatliche Subventionierung der Brückenteilzeit oben aufzulegen, würde zu noch mehr Bürokratie führen. Den Unternehmen stünde noch weniger Arbeitskraft zur Verfügung, und der Fachkräftemangel würde hierdurch weiter verschärft.

Die Problematik der Arbeitsverdichtung für die verbleiben

den Arbeitnehmer würde weiter gesteigert. Zudem stellt sich die Frage, warum das Land vor diesem Hintergrund ein Modellprojekt finanzieren sollte, das ausschließlich die Zuständigkeiten des Bundes berührt.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ja, genau!)

Aus den vorgenannten Gründen sehen wir keinen Bedarf für das im Antrag geforderte Modellprojekt und lehnen den Antrag infolgedessen ab.

(Beifall der CDU, bei der SPD und der Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, und Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP – Abg. Christian Baldauf, CDU: Eine ordnungspolitisch saubere Rede!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitglieder der Landesregierung, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landtagsverwaltung, ich komme zum Schluss meiner letzten Rede in diesem Hohen Hause.

Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren, am 15. Juni 2009, rückte ich für Jeannette Wopperer in den Mainzer Landtag nach. Wie viele der Neulinge durfte ich zunächst im Petitionsausschuss meine ersten Erfahrungen sammeln und war im Sozialausschuss für die Seniorenpolitik und die Pflege zuständig.

Im Jahr 2011 zogen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wieder in den Landtag und direkt in die Regierung ein, und ich durfte mich der Integrationspolitik widmen. Einige Rededuelle mit den Abgeordneten Anne Spiegel und Ingeborg Sahler-Fesel sind mir noch gut in Erinnerung.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Dem Sozialausschuss blieb ich über die gesamte Zeit treu. Es gab viele interessante Diskussionen und Kämpfe um den besten Weg zum Erreichen der gesteckten Ziele. Dieses Streiten ist ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie. Als einer, der die Harmonie liebt, war es mir jedoch immer wichtig, nicht verletzend zu sein. Ich hoffe, dass mir dies zumindest in den meisten Fällen gelungen ist.

(Beifall im Hause)

Ich darf mich bei Ihnen und Euch allen für die Unterstützung, die guten Gespräche und netten Gesten ganz herzlich bedanken. Ich freue mich in meinem neuen Amt – endlich einmal an der Regierung –

(Heiterkeit im Hause)

auf noch viele schöne Begegnungen mit Ihnen und Euch, den dann ehemaligen Kolleginnen und Kollegen.

Herzlichen Dank und auf Wiedersehen.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen und spenden anhaltend Beifall)

Lieber Kollege Adolf Kessel, der stehende Applaus hat

schon sinnbildlich zum Ausdruck gebracht, was ich mir an Worten überlegt hatte.

Heute ist Ihre letzte Sitzung; Sie scheiden zum Ende des Monats aus dem Parlament aus. Morgen auf den Tag genau waren Sie zehn Jahre Mitglied dieses Parlaments. Es werden dann also ein paar Tage mehr als zehn Jahre.

In dieser Zeit haben Sie vor allem im Sozialpolitischen Ausschuss nachhaltig gewirkt, dann aber auch in anderen, vor allem über viele Jahre im Integrationsausschuss. Sie waren fast die ganze Zeit Schriftführer dieses Parlaments. Wir haben Grund, Ihnen als Parlament herzlich für dieses Engagement im rheinland-pfälzischen Landtag für die Bürger unseres Landes zu danken. Vielen Dank dafür.

(Beifall im Hause)

Ich möchte Ihnen danken – ich glaube, ich kann das im Namen aller tun – für Ihre sehr kollegiale Art des Miteinanders, die Sie im Parlament gepflegt haben. Da war nie ein böses Wort. Sie waren in der Sache hart, in der Sache entschieden, aber es war nie in irgendeiner Form ein böses Wort dabei. Es war sehr angenehm, mit Ihnen in dieser Funktion zusammenzuarbeiten. Vielen, vielen Dank auch dafür.

(Beifall im Hause)

Sie scheiden in den nächsten Tagen aus und werden am 1. Juli dieses Jahres die große Aufgabe des neuen Oberbürgermeisters der Stadt Worms übernehmen. Wir gratulieren Ihnen herzlich zu dieser Wahl und wünschen Ihnen alles, alles Gute, viel Glück und Gottes Segen bei der Erledigung Ihrer Aufgabe für die Bürger der Stadt Worms. Alles Gute, bleiben Sie gesund!

(Beifall im Hause)

Nun liegt mir eine Kurzintervention vor auf die Ausführungen des Abgeordneten Kessel.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Dr. Böhme hat sich gemeldet, und ich nehme an, es bleibt dabei?

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Ja, es bleibt dabei!)

Herr Dr. Böhme, bitte schön.

(Zuruf von der SPD: Peinlich hoch drei!)