Protocol of the Session on June 13, 2019

Natürlich brauchen sie dafür unsere Unterstützung. Wir lassen sie nicht im Stich. Das sage ich für Rheinland-Pfalz und für die regierungstragenden Fraktionen aus RheinlandPfalz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Für die Landesregierung spricht Staatsministerin Spiegel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben heute gleich zwei Aktuelle Debatten zum Thema der Frauenpolitik. Dafür möchte ich mich als Frauenministerin herzlich bedanken. Das zeigt den Stellenwert und die Bedeutsamkeit des Themas.

Einer der frauenpolitischen Schwerpunkte meiner Arbeit ist der Kampf gegen Gewalt an Frauen. Frau Demuth, das hat sich nicht geändert, das war als Abgeordnete so, und das ist als Ministerin so geblieben. Das ist ein sehr wichtiger Kampf, der dringend mehr gesellschaftliche Aufmerksamkeit braucht.

Ich möchte Ihnen exemplarisch vier Maßnahmen aus dem Bereich Gewalt gegen Frauen nennen, die wir ergreifen. Sie haben die Zahlen, die erschreckend sind und uns alle aufrütteln sollten, genannt. Es ist klar, jede Zahl und jeder Vorfall sind einer zu viel. Hinzugefügt sei aber noch, dass die Zahlen meines Erachtens nur die Spitze des Eisbergs darstellen, weil wir eine wahnsinnig hohe Dunkelziffer haben. Das heißt, es gibt viele Menschen – viele Frauen und

auch ihre Kinder – weltweit, die ein tagtägliches, von Gewalt geprägtes Martyrium durchlaufen, das wahrscheinlich nie so öffentlich und in Zahlen dokumentiert werden wird. Das sollten wir uns immer vor Augen halten, wenn wir über dieses Thema sprechen.

Zu den Maßnahmen: Wir haben es erstens in dieser Legislaturperiode geschafft, die Mittel für pädagogisches Personal in den Frauenhäusern deutlich aufzustocken. Das waren eine wichtige Forderung und eine wichtige Maßnahme, damit wir den betroffenen Kindern mehr Unterstützung und Begleitung zukommen lassen können; denn in den Frauenhäusern sind nicht nur Frauen, sondern auch viele Kinder.

Zweitens haben wir das Modellprojekt zur vertraulichen Spurensicherung nach Vergewaltigung auf den Weg gebracht, das wir momentan auf weitere Standorte ausweiten. Dieses Projekt schließt eine eindeutige Lücke in der Versorgung von Frauen und Mädchen, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind. Wir können damit die Frauen in Rheinland-Pfalz besser als bisher in den Krisensituationen unterstützen. Wir können mit einer umfassenden Versorgung und Beweissicherung langfristige Folgen reduzieren. Es eröffnet sich die Möglichkeit – das ist wichtig –, dass man auch mit zeitlichem Abstand zur Tat noch eine Strafanzeige auf Basis der rechtsmedizinisch verwertbaren Beweise stellen kann.

Wir haben drittens gemeinsam mit dem Innenministerium das Interventionsprogramm RIGG kontinuierlich und bedarfsorientiert weiterentwickelt und ausgebaut. Wir haben noch einmal erhebliche Summen eingestellt. Auch da ist jeder Euro gut investiert. Es geht um den weiteren Ausbau des Hochrisikomanagements, aber wir haben auch in eine weitere Interventionsstelle im Land, in Speyer, investiert.

Wir haben als vierte Maßnahme – und damit bin ich beim Thema der Frauenhäuser im Land und einem neuen Frauenhaus – dank des von den Ampelfraktionen beschlossenen Doppelhaushalts für die Jahre 2019/2020 Mittel für ein neues Frauenhaus einstellen können. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein absolutes Novum, das möchte ich betonen.

Ich habe mich gerade noch einmal bei meiner Frauenabteilung rückversichert. Es ist seit Jahrzehnten kein neues Frauenhaus mehr entstanden. Es ist das erste Mal überhaupt, dass der Impuls von einer Landesregierung kommt. Bislang war es so – so wurde es bei Trier eben gesagt –, dass die Initiative vor Ort entstanden ist: bei den Fraueninitiativen und den Kommunen.

Frau Demuth, da frage ich mich schon – Sie haben natürlich völlig recht, und ich danke Ihnen für Ihr Engagement im frauenpolitischen Bereich –, wo waren denn die CDU-geführten Kommunen in den letzten Jahren und Jahrzehnten, die die Einrichtung eines weiteren Frauenhauses gefordert haben?

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Hüttner, SPD: Abgetaucht! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Kommen Sie mal zum Thema! – Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Wo waren die denn? Wo sind die CDU-geführten Kommunen, die sich mit einer Kofinanzierung an den Frauenhäuser im Land beteiligen? Es gibt welche, die das machen, aber es gibt auch welche, die das nicht machen. Es war bislang so, die Initiative, ein neues Frauenhaus zu gründen, kam von vor Ort. Da kam seit Jahrzehnten überhaupt nichts mehr.

Jetzt sind wir als Land diejenigen, die Impulsgeber geworden sind.

(Zurufe des Abg. Christian Baldauf und der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Ich freue mich sehr, wir konnten mit dem Landkreis MayenKoblenz und auch mit der Stadt Andernach erfolgreich Gespräche führen, um ein neues Frauenhaus in RheinlandPfalz eröffnen zu können. Wir befinden uns momentan im Trägerauswahlverfahren. Wir haben einen Träger gefunden. Die entscheidenden Gespräche laufen. Ich werde Ihnen nächste Woche im für Frauen zuständigen Ausschuss, wenn die Gespräche zu einem Ende gekommen sind, mitteilen können, welcher Träger dafür nun zur Verfügung steht.

Meine Damen und Herren, das möchte ich nicht verhehlen, wenn dieser Erfolg eine Verbesserung darstellt, dann wird dadurch nicht der Bedarf an Frauenhausplätzen im Land gedeckt. Das ist vollkommen klar. Die Einrichtungen stehen bundesweit vor großen Herausforderungen und haben mit Platzengpässen zu kämpfen. Darauf ist noch einmal hingewiesen worden, und deshalb brauchen wir eine bundesweite Lösung.

An der Stelle noch einmal, damit hier kein falscher Zungenschlag hereinkommt und etwas Falsches im Raum stehen bleibt: Wenn eine Frau an einem rheinland-pfälzischen Frauenhaus anfragt und sie darum bittet, selbst und/oder mit ihren Kindern aufgenommen zu werden, und dort gibt es keinen Platz, dann ist es in keinem mir bekannten und dokumentierten Fall jemals vorgekommen, dass die Frauen sich selbst überlassen auf der Straße stehen gelassen wurden, sondern dann haben sie selbstverständlich, auch dank der engagierten Hilfe der zahlreichen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser, in einem anderen Frauenhaus Zuflucht gefunden. Insofern bitte ich Sie, nicht den Eindruck zu erwecken, dass Frauen ohne Hilfe und Unterstützung in Rheinland-Pfalz auf der Straße stehen gelassen worden wären; denn das ist nicht zutreffend.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Frauen sind dann in einem anderen Frauenhaus untergekommen, und das zeigt auch, hier muss man über Ländergrenzen hinweg denken. Es ist manchmal auch aus Sicherheitsgründen dringend erforderlich, dass die Frauen eben nicht in einem Frauenhaus in der Nähe, son

dern in einem anderen Bundesland untergebracht werden. Genau deshalb ist der Runde Tisch der Bundesfrauenministerin Giffey der richtige Ansatz, bundesweit eine Lösung zu suchen und bundesweit nicht nur die Finanzierung auf bessere Füße zu stellen, sondern eben auch die Frauenhauskapazitäten auszubauen, meine Damen und Herren.

Abschließend: Es wurde die Istanbul-Konvention angesprochen. Ja, die Istanbul-Konvention ist wahnsinnig wichtig. Sie ist ein frauenpolitischer Meilenstein. Diese Umsetzung wird uns alle noch vor große Herausforderungen stellen. Es ist ein Mammutprozess. Deshalb haben wir als RheinlandPfalz letzte Woche auf der Konferenz der Gleichstellungsund Frauenministerinnen und -minister den Impuls gegeben und gesagt, wir wollen hier endlich in die Puschen kommen, und wir bieten unsere Ressourcen und unsere Expertise an, damit bundesweit der Prozess zur Umsetzung der Istanbul-Konvention endlich in Schwung kommt; denn das ist ganz dringend erforderlich, und auch das schaffen wir nur, wenn wir es bundesweit organisieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Der Runde Tisch arbeitet momentan. Es findet im Juni bereits die nächste Sitzung statt. Wir erhoffen uns bald auch Ergebnisse insbesondere in der Frage der Finanzierung. Das ist eine sehr wichtige Forderung von uns Ländern.

Ich möchte abschließend noch einmal betonen, dass wir beim Thema „Gewalt gegen Frauen“ nur weiterkommen, wenn es nicht nur – das meine ich nicht despektierlich – das Thema der frauenpolitisch Aktiven ist, sondern wenn es ein Thema ist, das uns alle hier und auch die ganze Gesellschaft angeht und es mit Vehemenz in dieser Gesellschaft vorangetrieben wird. Dann werden wir auch wirklich weiterkommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Aufgrund der längeren Redezeit der Regierung verlängert sich die Redezeit je Fraktion um 1 Minute auf 3 Minuten.

Frau Abgeordnete Demuth, bitte.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen und Worte. Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, ich muss mich doch sehr wundern; denn wenn wir hier eine Feierstunde abhalten und irgendeinen frauenpolitischen Meilenstein feiern wie 100 Jahre Frauenwahlrecht, dann klopfen wir uns alle auf die Schulter. Wenn wir aber heute zu Recht ein Problem ansprechen, zu dem wir in der letzten Ausschusssitzung – Sie haben es selbst gesagt – sehr erschreckende Zahlen bekommen haben, und dazu Rückfragen stellen, wie es denn weitergehen soll nach diesen Ergebnissen, dann wird das Problem negiert und so getan, als gäbe es das

Problem gar nicht und als würden wir übertreiben.

(Beifall der CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Genau! Peinlich!)

Sie waren genauso in der Ausschusssitzung anwesend wie wir. Es waren erschreckende Zahlen. Auch ein Grund, warum Frauen an die Türen von Frauenhäusern klopfen, sind zum Beispiel 21 Zwangsverheiratungen. Es gibt da noch jede Menge Punkte, die zu thematisieren sind. Ich habe mich heute auf die wesentliche Kernforderung, die am notwendigsten und dringendsten ist, nämlich die Einrichtung von mehr Plätzen, mehr Aufnahmestellen, beschränkt, wenn die nachts oder tagsüber suchen und aufgenommen werden müssen. Selbstverständlich müssen wir darüber reden, welche Präventionsmaßnahmen zu ergreifen sind. Wir müssen selbstverständlich auch über sozialen Wohnungsbau reden. Das ist deutschlandweit und auch bei uns ein großes Problem.

Die Frauen gehen auch oft zurück zum Partner, weil sie nicht weitervermittelt in eine Wohnung gehen können. Schlussendlich treten sie dann doch wieder den Heimweg an. Das darf auf keinen Fall passieren.

Wir werden als CDU-Fraktion in den kommenden Monaten diese Themen alle aufgreifen, wenn Ihrerseits nichts weiter passiert. Wir werden sukzessive Vorschläge machen, auch detaillierte, wie das Problem anzugehen ist.

Wenn der Bund nicht handelt, ist es keine Lösung, das Problem hin- und herzuschieben. Es sieht so aus, als passiert im Bundesministerium von Frau Giffey dazu nur sehr schleppend bzw. nur wenig etwas. Dann erwarten wir, dass wir eine Landeslösung finden; denn föderal zuständig sind die Länder. Plätze bereithalten müssen die Länder. Daran müssen wir arbeiten.

Der CDU-Landrat im Kreis Mayen-Koblenz hat sich dazu bereit erklärt. Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, das ist eine freiwillige Aufgabe der Kommunen. An der angespannten Haushaltslage in den Kreisen

(Zuruf von der SPD: Aber nicht in Mayen-Koblenz!)

ist, glaube ich, die Landesregierung nicht ganz unschuldig.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Nein, sicher nicht!)

Da müsste wirklich im Kern die künftige Finanzierung geändert werden. Diese 4er-Finanzierung und auch der Anteil der Frauen – sie Beiträge leisten zu lassen, über Hartz IV meistens – ist meiner Meinung nach keine gute Idee. Das führt nicht zum Erfolg.

Das ganze System muss umgestellt und erneuert werden. Ganz ehrlich gesagt, diese erschreckenden Zahlen aus der letzten Ausschusssitzung ließen überhaupt keinen anderen Schluss zu, als dass es ein dringendes Thema ist, das heute auf die Tagesordnung gehört.

(Beifall der CDU)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete SahlerFesel.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Jetzt wollen wir mal sehen!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja genau, das wollen wir mal sehen, welche Vorschläge die CDU-Fraktion denn in Zukunft auf den Tisch legt.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ja, ja, ja! – Abg. Hedi Thelen, CDU: Haben Sie keine?)

Darauf bin ich hoch gespannt, und ich freue mich sehr auf die Diskussion.

Aber noch einmal zu den Zahlen und zu dem Ausschuss: Es wurde eine Menge Fragen gestellt, es wurde alles offen beantwortet.