Protocol of the Session on May 15, 2019

Das Interesse von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften an der Verleihung des öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus ist in der letzten Zeit deutlich gestiegen. Angesichts der zunehmenden Vielfalt von Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften ist es unerlässlich,

ein präzises und differenziertes Regelungswerk für den Umgang miteinander aufzustellen. Das schafft Vertrauen für die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, stärkt ihre Religionsausübungsfreiheit und damit ihre Möglichkeiten zur Teilhabe an der Gesellschaft. Zugleich gibt das Gesetz dem Land aber auch klare rechtliche Vorgaben und transparente Prüfkriterien an die Hand.

Mit dem Erlass eines Körperschaftsstatusgesetzes werden in Rheinland-Pfalz die Verleihung und der Entzug der Körperschaftsrechte an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften erstmals einheitlich geregelt. Bisher gab es gesetzliche Regelungen nur für die jüdischen Kultusgemeinden, bei anderen Religionsgemeinschaften erfolgte die Verleihung der Körperschaftsrechte bisher auf der Grundlage der Weimarer Reichsverfassung.

Darüber hinaus schaffen wir erstmals Regelungen zum Entzug von Körperschaftsrechten. Sollte eine Religionsoder Weltanschauungsgemeinschaft, die die Eigenschaften einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt, in eine strukturelle oder wirtschaftliche Krise geraten oder erhebliche Zweifel an ihrer Rechtstreue aufkommen lassen, ist ein staatliches Eingreifen aufgrund des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig. Als einzige Handlungsmöglichkeit des Staats kommt der Entzug der Körperschaftsrechte in Betracht, und dafür schaffen wir nun die rechtliche Grundlage.

Mit dem Inkrafttreten des Körperschaftsstatusgesetzes wird das Landesgesetz über die jüdischen Kultusgemeinden in Rheinland-Pfalz aufgehoben; die wesentlichen Regelungen übernehmen wir in das neue Gesetz, und – ich möchte betonen – ihr Rechtsstatus bleibt dabei unberührt.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schließen wir zudem eine Regelungslücke für diejenigen Menschen, die im Ausland leben und aus einer Religionsgemeinschaft austreten wollen. Bislang war der Austritt beim Standesamt zu erklären, künftig steht es den Kommunen frei, selbst zu entscheiden, welche Stelle innerhalb der Verwaltung zuständig ist. Außerdem ist die Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Austrittserklärung an das Finanzamt nicht mehr erforderlich, weil das Austrittsdatum dem Bundeszentralamt für Steuern übermittelt wird. Zusätzliche Kosten entstehen den Kommunen dadurch nicht, weil für die Amtshandlung eine Gebühr erhoben wird.

Zudem enthält der vorliegende Gesetzentwurf auch eine Änderung des Kirchensteuergesetzes. Bei der Erhebung der Kirchensteuer wird zukünftig auf die Anwendung des Verspätungszuschlags verzichtet.

Der vorliegende Gesetzentwurf enthält zudem auch einige Regelungen, die wir noch in diesem Jahr zur anstehenden Novellierung des Hochschulgesetzes vorwegnehmen, um sie schnellstmöglich umsetzen zu können. Das betrifft zum einen die Kanzlerinnen und Kanzler unserer Hochschulen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr 2018 in einem Verfahren zu einem brandenburgischen Sachverhalt festgestellt, dass es einen Verstoß gegen das Lebenszeitprinzip des Berufsbeamtentums darstellt, wenn Hochschulkanzlerinnen und -kanzler in einer Präsidialverfassung der Hochschulen in ein Zeitbeamtenverhältnis berufen werden.

Die rheinland-pfälzische Rechtslage ist in diesem Punkt vergleichbar.

Mit der vorliegenden Änderung des Hochschulgesetzes wird nun die Befristung der Kanzlerinnen und Kanzler beseitigt und durch den gesetzlichen Anspruch auf eine lebenszeitige Übertragung des Amts ersetzt, die durch die Regelungen des derzeitigen Hochschulgesetzes bedingt ist. Außerdem wird mit der vorgezogenen Änderung des Hochschulgesetzes ein Anpassungsbedarf bei der versorgungsrechtlichen Stellung der Präsidentinnen und Präsidenten ab der dritten Amtszeit geregelt. Damit erhöhen wir die Attraktivität dieser Leitungsfunktionen an unseren Hochschulen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Kazungu-Haß das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Körperschaftsstatus für Religionsgemeinschaften ist in Rheinland-Pfalz außer für jüdische Religionsgemeinschaften durch ein Landesgesetz nicht näher geregelt, wie dies in anderen Bundesländern bereits der Fall ist. Hier besteht also Regelungsbedarf.

Mit diesem vorliegenden Gesetzentwurf ersparen wir der Verwaltung und den Religionsgemeinschaften Interpretationslücken und entsprechende Rechtsunsicherheiten bis hin zu Rechtsstreitigkeiten. Das ist im Hinblick auf eine plurale Gesellschaft unabdingbar. Diese Klarheit schützt das Verhältnis von Staat zu Religion und Kirche im Sinne von „Vertrag kommt von Vertragen“.

Ebenso wichtig wie die Erteilung der Rechte ist uns aber auch ein Weg, der diese Rechte wieder aberkennen kann, wenn sich das Handeln der Religionsgemeinschaft als nicht verfassungstreu zeigt. Das ist gleichzeitig auch das erste und wichtigste Kriterium, dieser Gemeinschaft überhaupt den Körperschaftsstatus zu erteilen; denn dies ist im Gesetz so festgehalten.

Ganz wichtig vielleicht auch für die spätere Diskussion ist, dass der Religionsunterricht dadurch natürlich nicht berührt ist. Dieser ist in Artikel 7 des Grundgesetzes festgelegt und an dieser Stelle auch nicht zu behandeln.

Sich zu einer Religionsgemeinschaft zu bekennen, muss jederzeit eine freiwillige und widerrufbare Handlung sein. Es ist deswegen tatsächlich nötig, eine Regelung zu finden, die es auch Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern, die außerhalb unseres Landes leben, möglich macht, aus der jeweiligen Religionsgemeinschaft auszutreten. Das ist jetzt sehr einfach gestaltet; denn man kann sich bei der Gemeindeverwaltung seines letzten Wohnsitzes melden. Ich denke, das ist gut durchführbar.

Genauso wichtig finde ich auch, dass die Kirchensteuer nicht dem Verspätungszuschlag unterworfen ist, da dies eine Zwangssanktion oder Zwangshandlung ist, da auch hier die Religionsfreiheit greift und keine Sanktion erfolgen soll.

Zu den Änderungen im Hochschulgesetz möchte ich abschließend sagen, dass diese nur eine sehr kleine Gruppe betreffen; allerdings ist mit diesen Neuregelungen gewährleistet, dass wir wichtige Expertise im Land halten können. Es geht vor allen Dingen um weitere Amtszeiten von Präsidentinnen und Präsidenten. Somit machen wir dieses Amt auch attraktiver und können uns sicher sein, eine gewisse Kontinuität an den Universitäten zu erhalten. Deswegen begrüßen wir dieses neue Gesetz sowie die Änderungen und stimmen diesen auch zu.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, freue ich mich, dass wir wieder Besucherinnen und Besucher bei uns willkommen heißen dürfen. Ich begrüße zum einen die NaturFreunde Mainz. Seien Sie herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren begrüße ich Bürgerinnen und Bürger aus Jockgrim. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Schneid das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Der vorliegende Gesetzentwurf umfasst mehrere Bereiche, das ist bereits dargestellt worden. Er bezieht sich zum einen auf die Verleihung und den Entzug der Körperschaftsrechte an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften – kurz Körperschaftsstatusgesetz –, er bezieht sich aber auch auf eine Änderung des Landesgesetzes für Kirchenaustritte. Darüber hinaus wird eine Änderung beim Kirchensteuergesetz und eine Änderung beim Hochschulgesetz vorgesehen.

Zum Körperschaftsstatusgesetz: Bislang ist die Verleihung der Rechte der Körperschaft des öffentlichen Rechts für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften landesrechtlich nur für die jüdischen Kultusgemeinden RheinlandPfalz geregelt. Für weitere Gemeinschaften, die diesen Körperschaftsstatus erlangen wollen, gibt es bislang keine Landesregelung.

Im Hinblick auf die Vielfalt von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften ist es wichtig und notwendig, ein konkretes und differenziertes Landesgesetz zu schaffen, das den Umgang miteinander regelt, auf beiden Seiten

Rechtssicherheit schafft und letztendlich auch dem Land Reaktions- und Gestaltungsmöglichkeiten gibt.

(Beifall der CDU)

Der Körperschaftsstatus soll eine effektive Form der gemeinsamen Religionsausübung bieten und damit der Verwirklichung der Religionsfreiheit dienen. Letztendlich ist er aber auch mit Rechten verbunden, nämlich zum einen der Dienstherrenfähigkeit, der Errichtung und auch der Aufhebung von Untergliederungen von Stiftungen sowie der Erhebung von Steuern. Daran geknüpft sind auch andere Privilegien wie zum Beispiel Vergünstigungen bei Abgaben und Gebühren und auch Mitspracherechte, die dann allen öffentlich-rechtlichen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zugutekommen.

Letztendlich zeigt es, dass die Verleihung von Körperschaftsrechten sehr gravierend ist und diese Rechte sehr wichtig sind. Deswegen sehen wir ganz deutlich, dass die Voraussetzungskriterien sehr deutlich und ganz konkret festgelegt werden, aber dann im Einzelfall auch genau geprüft werden müssen.

(Beifall der CDU)

Dass man sich dabei manchmal auch täuschen kann, haben wir in den letzten Jahren gesehen. Umso wichtiger ist es, dass wir, wenn das Gesetz an den Ausschuss überwiesen wird, noch einmal detailliert darüber sprechen und vielleicht an der einen oder anderen Stelle noch Konkretisierungen vornehmen, auch im Hinblick auf die Gewährung auf Dauer und die Rechtstreue. Das sind wesentliche Punkte.

(Beifall der CDU)

Sinnvoll ist dabei, dass eben nicht nur der Erwerb der Körperschaftsrechte geregelt wird, sondern auch der Verlust oder der Entzug. Wie gesagt, Veränderungen können sich schnell ergeben; insofern braucht man eine Rücknahme, die geregelt werden muss.

Ich komme noch kurz zu den anderen Bereichen, zunächst zur Änderung des Landesgesetzes über Kirchenaustritte. Es geht um Bürgerinnen und Bürger aus Rheinland-Pfalz, die ihren Wohnsitz ins Ausland transferiert haben und aus der Kirche austreten möchten. Sie können sich jetzt mit der vorliegenden Änderung direkt an die Verwaltungen der Städte und Kreise wenden, in denen sie früher gewohnt haben, und dort ihren Austritt bekräftigen. Das ist sicherlich eine Erleichterung für die betroffenen Personen, aber auch eine Erleichterung für die Behörden vor Ort. Insofern ist es positiv zu sehen.

Das Kirchensteuergesetz wird dahin gehend verändert, dass bei der Erhebung der Kirchensteuer die Anwendung von Verspätungszuschlägen ausdrücklich ausgeschlossen wird. Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, bei der Kirchensteuererhebung auf Sanktionen zu verzichten.

Zuletzt noch einen Satz zur Änderung des Hochschulgesetzes. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Befristung der Tätigkeit als Kanzlerin oder

Kanzler im Beamtenverhältnis auf Zeit mit dem Lebenszeitprinzip des Beamtenrechts unvereinbar. Dies ist ein bisschen schwierig, aber ich glaube, die neue Regelung, dass nach Ablauf der Amtszeit auf Antrag dieses Amt ins Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übertragen werden kann, ist der richtige Weg, und wir befürworten dies ausdrücklich.

(Beifall der CDU)

Insgesamt ist der Gesetzentwurf sinnvoll und auch notwendig. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Wie gesagt, ich glaube, es ist notwendig, an der einen oder anderen Stelle noch Konkretisierungen vorzunehmen.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht die Abgeordnete Nieland.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung umfasst ein ganzes Paket an neuen Regelungen. Die Änderungen hinsichtlich des Austritts aus Religionsgemeinschaften, des Kirchensteuergesetzes und des Hochschulgesetzes sind nachvollziehbar und treffen bei uns auf Zustimmung. Deshalb werde ich auch nicht näher darauf eingehen.

Wichtiger erscheint uns das Landesgesetz zum Erlass eines Körperschaftsstatusgesetzes. Selbstverständlich ist für uns, dass die Rechtsposition der Kirchen und die erworbenen Rechte der jüdischen Kultusgemeinden nicht berührt werden.

Das Landesgesetz orientiert sich sehr stark an NordrheinWestfalen, in dem bereits im Jahr 2014 ein solches Körperschaftsstatusgesetz verabschiedet wurde. In einer Anhörung dort machte Rechtswissenschaftler Hans-Michael Heinig deutlich: „Wir brauchen nicht um den heißen Brei herumzureden: Die politisch brisanten Verleihungen werden sich auf dem Feld des Islam bewegen.“

Deshalb ist es für uns von zentraler Bedeutung, dass die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nur dann verliehen werden können, wenn Verfassungstreue vorliegt. Es muss verhindert werden, dass verfassungsfeindliche Religionsgemeinschaften den Körperschaftsstatus erlangen können. Im Gesetzentwurf ist diese Rechtstreue als Verleihungsvoraussetzung verankert.