Protocol of the Session on May 15, 2019

Deshalb ist es für uns von zentraler Bedeutung, dass die Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nur dann verliehen werden können, wenn Verfassungstreue vorliegt. Es muss verhindert werden, dass verfassungsfeindliche Religionsgemeinschaften den Körperschaftsstatus erlangen können. Im Gesetzentwurf ist diese Rechtstreue als Verleihungsvoraussetzung verankert.

Der Begriff des Rechtstreue wiederum wurde durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Zeugen Jehovas ausformuliert. Staatsrechtler Wiesmann erklärte in der Anhörung, dass laut Bundesverfassungsgericht im Verhalten einer Religionsgemeinschaft die Achtung und der Respekt vor den Grundprinzipien des freiheitlichen Staats sichtbar sein müsse. Wiesmann kam zu dem Schluss: „Das kann im Verfahren der Verleihung oder auch der Entziehung lege artis überprüft und angewandt wer

Für die AfD ist es außerordentlich wichtig, dass in dem Gesetzentwurf die Möglichkeit eines Entzugs der Körperschaftsrechte Eingang gefunden hat und als Kriterium für die Rechtstreue nicht nur die Satzung, sondern das tatsächlich Verhalten genannt wurden. So gut, so recht.

Wir wollen auch nicht verhehlen, dass wir gleichzeitig misstrauisch sind. Erstens ist da die katastrophale Informationspolitik. Wir können es nicht verstehen, warum wir bei einem so wichtigen Gesetzgebungsvorhaben als drittstärkste Landtagsfraktion bisher überhaupt nicht unterrichtet wurden. Wie uns von anderer Seite mitgeteilt wurde, sollen die Vorarbeiten bereits vor eineinhalb Jahren begonnen haben.

Zweitens sind wir misstrauisch, weil der Umgang der Landesregierung mit den Islamverbänden und islamischen Einrichtungen zuletzt von einer großen Naivität geprägt war. Ein Beispiel dafür ist der Al Nur-Kindergarten in Mainz. Trotz zahlreicher Verstöße gegen Auflagen und trotz einschlägiger Medienberichte ließen es die Behörden jahrelang zu, dass hinter einer bunten Fassade Kinder einer Beeinflussung durch Islamisten ausgesetzt waren. Erst eine Einschätzung des Verfassungsschutzes und eine Thematisierung durch die AfD führten dazu, dass man die Notbremse zog.

(Beifall bei der AfD)

Ich nenne das Beispiel DITIB. Staatsminister Wolf teilte allen Ernstes erst vor wenigen Tagen in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage meines Kollegen Joachim Paul mit, dass DITIB auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehe. DITIB ist aber in Wirklichkeit der verlängerte Arms Erdogans, dessen Funktionäre nachweislich in Deutschland lebende Gegner des türkischen Regimes bespitzelt haben.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Wie naiv!)

Wir haben deshalb noch einige Fragen an die Landesregierung, aber auch an Sachverständige. Deshalb fordern wir, vor der zweiten Lesung eine Ausschussanhörung durchzuführen. In Nordrhein-Westfalen war diese Anhörung ausgesprochen fruchtbar.

Wir wollen zum Beispiel wissen, ob zu den Grundprinzipien des freiheitlichen Staats auch das freiheitliche Staatskirchenrecht gehört, das die Anerkennung der Religionsfreiheit, der weltanschaulichen Neutralität des Staats und der Parität der Religionen und Bekenntnisse verlangt.

Wir wollen auch wissen, wie die Landesregierung zu den Ansichten von Ulrich Willems steht. Dieser Politologe an der Universität Münster ist davon überzeugt: „Dadurch, dass man auch politisch-religiöse Kräfte, die sich von einem System distanzieren, integriert, kann man es erreichen, dass sie sich am Ende auf das System zubewegen.“ Weiter führt er aus: „Vorleistungen, die man von ihnen erwartet, werden sich am Ende des Prozesses einstellen.“

Genau das wollen wir aber nicht. Die Verleihung des Körperschaftsstatus darf nicht als Vehikel für ein irregeleitetes

Konzept der Integration missbraucht werden.

(Beifall der AfD)

Unsere freiheitlich demokratische Grundordnung ist die Richtschnur. Die Verleihung des Körperschaftsstatus darf erst nach gelungener Integration erfolgen. Sollten Gedanken wie die von Herrn Willems Hintergrund dieses Gesetzes sein, werden wir uns dagegen wehren.

Außerdem vermissen wir eine Berichtspflicht der Landesregierung. Im nordrhein-westfälischen Landesgesetz ist eine solche verankert. Wir halten sie für sehr sinnvoll, damit wir prüfen können, ob sich das Gesetz bewährt hat.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Helga Lerch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist notwendig geworden, weil es bisher keine Regelungen für den Fall gab, dass eine Religionsoder Weltanschauungsgemeinschaft Körperschaftsrechte verlor. Lediglich bei den jüdischen Kultusgemeinden in Rheinland-Pfalz gab es eine Regelung, worauf schon vielfach hingewiesen wurde.

Die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften sind stark an der Verleihung des öffentlich-rechtlichen Körperschaftsstatus interessiert. Damit greift das Gesetz zum einen die Interessenlagen der Betroffenen auf, und zum anderen wird ein rechtssicheres Regelwerk geschaffen, das Reaktions- und Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Die bisherige Regelungspraxis erfolgte auf der Grundlage von Artikel 140 GG unter Bezugnahme auf die Weimarer Reichsverfassung.

Meine Damen und Herren, was bedeutet die neue gesetzliche Regelung nun in der gelebten Wirklichkeit der Bürgerinnen und Bürger? Ein Beispiel: Hat ein rheinlandpfälzischer Bürger seinen Wohnsitz ins Ausland verlagert, so könnte er bei einem beabsichtigten Kirchenaustritt diesen bisher nur in der Bundesrepublik Deutschland veranlassen. Hier hat der Gesetzentwurf eine Regelungslücke geschlossen; denn es wird für den Bürger und die Bürgerin deutlich einfacher.

Das bestehende Landesgesetz für die jüdischen Kultusgemeinden in Rheinland-Pfalz wird aufgehoben, da die neue gesetzliche Grundlage allumfassende Regelungen schafft.

Hinsichtlich des Kirchensteuergesetzes wird es eine Verwaltungsvereinfachung geben, da auf die Anwendung eines Verspätungszuschlags verzichtet wird.

Wie schon erwähnt, beinhaltet der vorliegende Gesetzentwurf auch Änderungen am Hochschulgesetz. Das gilt für das Zeitbeamtenverhältnis von acht Jahren für Kanzlerin

nen und Kanzler. Hier wird nach Maßgabe einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. April 2015 eine verfassungsgemäße Stellung geschaffen.

Im Hinblick auf einige Anmerkungen meiner Vorrednerin möchte ich sagen: Sie haben bemängelt, dass es keine Informationen bezüglich dieser Gesetzesänderungen gegeben habe. – Meine Damen und Herren, wir alle in diesem Hause wissen, dass Gesetze eine lange Vorlaufzeit brauchen. Gerade bei den gesetzlichen juristischen Feinheiten, die diese Gesetzesnovelle beinhaltet, ist es sinnvoll, wenn es eine Prüfzeit und eine detailgenaue Planung gibt.

Wir werden Gelegenheit haben, das Gesetz im Ausschuss zu beraten. Dann werden wir sicherlich noch einmal zusätzliche Informationen erhalten, falls das gewünscht wird.

Im Übrigen ist völlig klar – das ist unumstritten –, Verfassungstreue und Rechtstreue der Religionsgemeinschaften sind Voraussetzung für die Anerkennung. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Andreas Hartenfels.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Aufgrund der vielen Vorredner werde ich meine Ausführungen ein bisschen kürzer fassen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut!)

Wir werden diesen Gesetzentwurf im weiteren Verfahren mit sehr viel Sympathie begleiten. Warum mit sehr viel Sympathie? Wir als Grüne stehen für eine Politik der Vielfalt. Für uns ist Vielfalt eine Bereicherung des politischen Alltags. Vor dem Hintergrund dieses Markenkerns können wir konstatieren, dass dieser Gesetzentwurf genau dazu mit beitragen wird.

Warum wird dieser Gesetzentwurf genau dazu mit beitragen? Er stärkt letztlich die freie Religionsausübung in unserem Land, weil die Landesregierung mit diesem Landesgesetz ein Angebot an die Weltanschauungs- und Religionsgemeinschaften unterbreitet, den Körperschaftsstatus zu beantragen und sich damit stärker in die öffentliche Debatte, in die öffentliche Gesellschaft einzubringen. Das machen sie dann transparent nach klaren gesetzlichen Regelungen. Vor dem Hintergrund kann man nur sagen: Genau das macht einen Rechtsstaat aus. Das ist genau die Richtung, in die wir als Grüne auch hin wollen.

Wie gesagt, deshalb werden wir den Gesetzentwurf im weiteren Verfahren mit sehr viel Sympathie begleiten. Letztlich werden wir uns über die Verabschiedung des Gesetzentwurfs freuen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damit sind wir am Ende der ersten Beratung angekommen. Der Überweisungsvorschlag lautet auf Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur – federführend – und an den Rechtsausschuss. Widerspruch sehe ich keinen. Dann verfahren wir so.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz über den Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Langenlonsheim und Stromberg Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/8965 – Erste Beratung

Gemäß der Absprache im Ältestenrat wird dieser Tagesordnungspunkt ohne Aussprache behandelt. Der Überweisungsvorschlag lautet, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Widerspruch sehe ich keinen. Dann verfahren wir so. Vielen Dank.

Ich rufe Punkt 7 der Tagesordnung auf:

Landesgesetz über den Zusammenschluss der verbandsfreien Stadt Kirn und der Verbandsgemeinde Kirn-Land Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/8966 – Erste Beratung

Gemäß Absprache im Ältestenrat wird auch dieser Tagesordnungspunkt ohne Aussprache behandelt. Der Überweisungsvorschlag lautet auch in diesem Fall, den Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Widerspruch sehe ich keinen. Dann verfahren wir so. Vielen Dank für die Zustimmung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung:

Landesgesetz zur Anpassung baurechtlicher Vorschriften an das europäische Bauproduktenrecht Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/9143 – Erste Beratung

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Zunächst begründet das zuständige Mitglied der Landesregierung den Gesetzentwurf. Staatsministerin Ahnen hat das Wort. Bitte schön, Frau Ahnen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete! Manche werden sich erinnern, im Jahr 2015 wurde die Landesbauordnung zum letzten Mal – damals umfassend – novelliert. Inhalt der Änderungen waren damals gewichtige Fragen, wie zum Beispiel die Schaffung von Barrierefreiheit mit dem Ziel, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen, aber auch von Familien mit kleinen Kindern zu verbessern.