Protocol of the Session on March 27, 2019

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt die Anregung der LIGA der freien Wohlfahrtspflege in RheinlandPfalz e.V. und des Landesverbandes der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V., dass eine Verpflichtung zur Anwendung von leichter Sprache fehlt. Diesen Punkt werden wir bei zukünftigen Reformen des Landesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen diskutieren. Beim nun vorliegenden Gesetzentwurf ging es um die für alle Bundesländer verpflichtende Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/2102.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben einen Gesetzentwurf vorliegen, der ziemlich nüchtern und bürokratisch klingt, der aber in seinen Auswirkungen doch von erheblicher Bedeutung ist. Aus vielen Begegnungen und Gesprächen weiß ich, welche Möglichkeiten und Chancen für ein selbstbestimmtes Leben die nun neu gefassten Regelungen bieten. Es geht hier darum, dass Menschen mit Behinderungen einen barrierefreien Zugang zum Internet mit für sie wichtigen Informationen finden.

Wenn diese Richtlinie umgesetzt wird, dann ist es ein entscheidender Beitrag für die Menschen mit Behinderungen in Rheinland-Pfalz.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Timo Böhme.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete und Regierungsmitglieder! „Menschen mit Behinderungen und somit auch schwerbehinderte Menschen sind eine sehr affine Nutzergruppe des Internets.“ So lautete eine Aussage in der Antwort der Landesregierung auf meine Kleine Anfrage im Oktober 2017 zum Thema „Zugang zu, Barrierefreiheit von und Teilhabe bei der Nutzung von Medien“.

Gut zu wissen, aber natürlich bezog sich meine Kleine Anfrage wie auch heute der Gesetzentwurf weniger auf die Frage, inwieweit Menschen mit Behinderungen und schwerbehinderte Menschen zur Nutzung moderner Kommunikations- und Informationstechnik und insbesondere des Internets neigen. Die Nutzung moderner Kommunikations- und Informationstechnik ist schon lange mehr keine Frage der Affinität, sondern oftmals bereits zumindest faktische Notwendigkeit. Die elektronische Kommunikation ist mittlerweile ein fester Bestandteil des Alltages.

In manchen Bereichen unseres Alltags sind andere Formen der Kommunikation schon gar nicht mehr vorgesehen. Das gilt auch immer mehr für die Kommunikation mit öffentlichen Stellen, die zwar regelmäßig noch auf althergebrachte Weise möglich ist, aber durch die Möglichkeiten moderner Kommunikations- und Informationstechnik zumindest deutlich erleichtert wird.

Das gilt ganz grundsätzlich und in besonderem Maße auch für Menschen mit Behinderungen, für die sich an dieser Stelle zahlreiche Möglichkeiten der Teilhabe eröffnen bzw. diese Möglichkeiten deutlich verbessert werden. Dies setzt selbstverständlich voraus, dass entsprechende Angebote auch barrierefrei ausgestaltet sind, gerade im Hinblick auf behinderte Menschen mit Seh- und Hörbehinderungen.

Deshalb ist es gut und richtig, dass die derzeitige Fassung des § 7 im Landesgesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen bereits jetzt vorsieht, dass die Behörden des Landes, einschließlich der Gerichte, sowie die Behörden der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der sonstigen, der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts ihre Internet- und Intranetseiten sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, schrittweise technisch so gestalten, dass sie auch von behinderten Menschen möglichst uneingeschränkt genutzt werden können.

Die Bedeutung moderner Kommunikations- und Informationstechnik wird in Zukunft noch wachsen, dies auch im Hinblick auf die entsprechenden Vereinbarungen im derzeitigen Koalitionsvertrag zum digitalen Staat und EGovernment, auch wenn hier angesichts der derzeitigen Geschwindigkeit der Umsetzung wichtiger digitaler Projekte durch die Landesregierung in naher Zukunft wohl keine allzu großen Veränderungen zu erwarten sind. In jedem Falle sind die im vorliegenden Gesetzentwurf angestrebten Erweiterungen des Anwendungsbereichs des § 7 des Landesgesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen für eine gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe behinderter Menschen im Bereich moderner Kommunikations

und Informationstechnik richtig. Die AfD-Fraktion begrüßt dies ausdrücklich.

Ich darf an dieser Stelle bereits die Bitte äußern, dass die Landesregierung im Hinblick auf § 7 Abs. 5 des vorliegenden Entwurfs den Landtag bzw. die betroffenen Ausschüsse über die entsprechenden, noch zu erlassenden Rechtsverordnungen unterrichtet, mit denen die spezifischen anzuwendenden technischen Standards, deren regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung, die konkreten Anforderungen an die Erklärung zur Barrierefreiheit und das Verfahren zum Feedback-Mechanismus, die Einrichtung eines angemessenen und wirksamen Durchsetzungsverfahrens, das Abwägungsverfahren, das Verfahren der Überwachung und zur Berichterstattung sowie die Durchführung von Schulprogrammen geregelt werden sollen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD)

Für die Fraktion der FDP hat der Kollege Steven Wink das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit ein paar Beispielen beginnen, die natürlich auch behinderte Menschen im Alltag betreffen. Nehmen wir einmal das Prozedere eines Verwaltungsamtes. Man informiert sich über die Öffnungszeiten eines Amtes und stellt das eine oder andere Mal fest, dass diese sich nicht mit dem eigenen Alltag vereinbaren lassen. Irgendwie organisiert man dann doch noch ein bisschen Freizeit und Freiraum, aber damit ist es immer noch nicht getan.

Man zieht eine Nummer, setzt sich ins Wartezimmer, und dann beginnt das nervige Warten: Sind es 10 Minuten, sind es 60 Minuten, oder sind es vielleicht auch 90 Minuten?

Das möchten auch wir Freien Demokraten ändern. Wir möchten, dass die digitalen Möglichkeiten genutzt werden und interne Vorgänge und die Interaktion zwischen den Verwaltungen und den Bürgern modernisiert werden. So haben wir dies auch zusammen mit unseren Koalitionspartnern SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vereinbart und im Koalitionsvertrag festgelegt.

Ein anderes Beispiel ist die Einführung der E-Akte. Das ist ein Paradebeispiel in Rheinland-Pfalz, wie man digitale Möglichkeiten nutzen kann. E-Government und die ITStrategie des Landes Rheinland-Pfalz zeigen auch, dass wir auf einem guten Weg sind.

Eine Voraussetzung für das sogenannte E-Government ist aber, dass wir alle Menschen des Landes Rheinland-Pfalz erreichen.

Mit diesen Beispielen möchte ich auf den vorliegenden Gesetzentwurf eingehen. Wir möchten es jedem Bürger

und jeder Bürgerin ermöglichen, sich schnell und einfach informieren zu können. Wir möchten es jedem Menschen in unserem Land ermöglichen, direkt von den Chancen der digitalen Verwaltung zu profitieren. Schon jetzt gilt für die Träger der öffentlichen Gewalt, dass sie ihr Internetangebot barrierefrei gestalten; die Gesetzgebung des Landes war also vorab schon einen Schritt weiter.

Allerdings kommt es durch die unionsrechtliche Vorgabe, die Richtlinie 2016/2102 des Europäischen Parlaments, zu einer Erweiterung des Anwendungsgebiets auf mobile Anwendungen und Apps. Auch werden weitere Konkretisierungen vorgenommen.

Mit der Änderung des Landesgesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen setzen wir diese EURichtlinie um und schaffen die Voraussetzungen, dass Menschen mit Behinderungen noch stärker in die Mitte unserer Gesellschaft rücken. Des Weiteren möchte ich die Ausnahmemöglichkeit für Schulen und Tageseinrichtungen für Kinder in Trägerschaft öffentlicher Stellen positiv hervorheben. Zum einen werden solche Internetangebote zumeist durch Lehrkräfte betreut, die nicht immer über vertiefte technische Kenntnisse oder über die Zeit verfügen. Zum anderen engagieren sich Schülerinnen und Schüler mit Projekten an den Inhalten dieser Seiten. Dieses Engagement möchten wir durch diese Ausnahme auch weiterhin ermöglichen.

Schlussendlich können auch wir Freien Demokraten feststellen, dass Menschen mit Behinderungen durch die Änderung noch stärker berücksichtigt werden und somit auch in der digitalen Welt gleichberechtigt teilhaben können. Das befürworten wir eindeutig.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Kollege Daniel Köbler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Gestern haben wir zehn Jahre UNBehindertenrechtskonvention in Deutschland gefeiert. Seit zehn Jahren ist Inklusion mehr als ein politisches Versprechen. Inklusion ist Menschenrecht, und deswegen lassen Sie mich auch meine Freude darüber zum Ausdruck bringen, dass wir soeben in großer Einmütigkeit darüber diskutiert haben, die Wahlrechtsausschlüsse für die betreuten Menschen mit Behinderungen aus dem Kommunalwahlgesetz zu streichen. Ich denke, das ist nach zehn Jahren UN-Behindertenrechtskonvention ein gutes Signal für mehr Inklusion in unserer Gesellschaft.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir nun einen weiteren wichtigen Schritt, nämlich dass die Webseiten und Internetangebote öffentlicher Stellen barrierefrei sein müssen. Das bedeutet ganz konkret, dass, wenn ein Mensch

blind ist, ein Texterkennungsprogramm amtliche Dokumente auf öffentlichen Seiten entsprechend auslesen und diesem Menschen auch vorlesen kann. Das ist bei einem eingescannten PDF eben nicht möglich, und deswegen brauchen wir entsprechende Standards.

Die entsprechende europäische Richtlinie stammt vom 26. Oktober 2016, und ich denke, es ist höchste Zeit, dass sie nun auch in Deutschland und auch in Rheinland-Pfalz schnellstmöglich in geltendes Recht umgesetzt wird.

Meine Damen und Herren, wir müssen uns noch anschauen, ob die Regelung in § 10 wirklich notwendig ist, da das bestehende Landesgleichstellungsgesetz für behinderte Menschen bereits die Verbandsklage entsprechend regelt und auch so gut regelt, dass es in Rheinland-Pfalz bisher noch nicht ein einziges Mal zu einer Verbandsklage gekommen ist.

Ja, die barrierefreie Gestaltung von Webseiten und mobilen Angeboten ist ein guter und ein wichtiger Schritt für mehr Inklusion in Rheinland-Pfalz. Wir wollen weitere Schritte gehen auf dem Weg zu einem Landesinklusionsgesetz in Rheinland-Pfalz. Ich glaube, wir können sagen,

wir haben in den letzten zehn Jahren vieles erreicht. Es gibt noch eine ganze Menge zu tun, aber dieses Gesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung, in ein inklusives Rheinland-Pfalz.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegt ein Überweisungsvorschlag des Gesetzentwurfs an den Sozialpolitischen Ausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss – mitberatend – vor. Ich sehe keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.

Damit sind wir am Ende der heutigen Plenarsitzung angelangt. Ich lade Sie ganz herzlich zur morgigen Plenarsitzung um 9:30 Uhr ein. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.

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