Protocol of the Session on February 20, 2019

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, des Telemedienauftrags bedeutet für die Landesregierung als Vorsitzland der Rundfunkkommission immer auch, die Weiterentwicklung des gesamten Mediensystems im Blick zu haben.

Unsere Medienordnung ist weltweit einmalig

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das stimmt! Einmalig teuer!)

und hat einen weit über Europa hinaus reichenden Vorbildcharakter. Ja, wir sind einmalig stolz darauf; denn sie bietet sensationell gute Angebote.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

In diesem System müssen sich alle in der digitalen und konvergenten Medienwelt weiterentwickeln können, öffentlichrechtliche wie private Anbieter. Dies hatten die Länder bei der Reform immer im Blick. Am Ende steht eine gelungene Reform, für die ich herzlich um Ihre Zustimmung werbe.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Schäffner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute, da wir über den Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag sprechen, habe ich eigentlich das Gefühl, dass die Debatte über den Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag gerade in einer der letzten Plenarsitzungen stattgefunden haben muss. Aber ein Hoch auf unser Dokumentationssystem! Die abschließende Beratung liegt doch schon zehn Monate zurück.

(Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU: So geht die Zeit vorbei! – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Damals hatte ich die Erwartung geäußert, dass der große Modernisierungsentwurf mit dem nächsten Staatsvertrag gelingt und wir dann über den sogenannten Medienstaatsvertrag beraten. Aber wie man so schön sagt: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.

Der Konsens zwischen 16 starken Bundesländern dauert eben seine Zeit. Entscheidend ist sowieso, was am Ende herauskommt. Hier zählt Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Wir sind sowieso an der ganzen Entwicklung in Sachen Staatsverträgen sehr eng dran, sodass man bezüglich der Abläufe auch leicht durcheinander kommen kann. Welcher wird gerade öffentlich diskutiert? Welcher in der Runde der Ministerpräsidenten? Und welcher ist gerade zur Abstimmung in den Landesparlamenten?

Wir werden seitens der Landesregierung darüber stets im Medienausschuss informiert. Rheinland-Pfalz hat in dem Bereich eine führende Rolle.

Außerdem haben wir in fast jeder Sitzung unterschiedliche Berichtsanträge zu den einzelnen Themenkomplexen. Wir haben also reichlich Gelegenheit, über unterschiedliche Positionen zu debattieren.

Über den nun vorliegenden Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurden wir im letzten Jahr im August im Ausschuss vorunterrichtet und konnten seitdem das allgemeine Echo vernehmen. Insbesondere zwei wichtige Punkte zur Modernisierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks können jetzt schon auf den Weg gebracht werden: die Überarbeitung der sogenannten 7-Tage-Regelung und das Thema der Presseähnlichkeit der Onlineangebote.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, worum geht es eigentlich? Meines Erachtens darum, dass der Nutzer, der auch gleichzeitig Beitragszahler ist, das erhält, was er möchte und auch erwarten kann.

In Zeiten von Streaming und Videoplattformen ist es einfach nur zeitgemäß, dass auch dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Möglichkeit zur Entwicklung im Internet gegeben wird.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Zur Ausdehnung!)

Wer möchte, dass die Mediatheken der öffentlichrechtlichen Anstalten genauso attraktiv sind wie die Angebote kommerzieller Anbieter, der muss auch dafür Sorge tragen, dass Inhalte dort nicht nach sieben Tagen wieder verschwinden müssen. Das versteht kein Nutzer. In Zukunft können Inhalte länger abgerufen werden. Das trägt einem modernen Dienstleistungsgedanken Rechnung.

Relativierend sollte man dabei aber anfügen, dass jetzt die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, programmlich und inhaltlich sind aber die Sender verantwortlich. Das ist auch gut so. Entscheidungen über Senderechte und Budgetverantwortung sind aus gutem Grund so organisiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es darum geht, welchen Nachrichten die Bürgerinnen und Bürger am meisten vertrauen, dann landen die öffentlich-rechtlichen Anstalten immer auf Platz 1. Direkt dahinter kommen die Tageszeitungen.

Ich bin froh, dass es jetzt gelungen ist, einen guten Kompromiss unter dem Stichwort „Verbot der Presseähnlichkeit“ zu finden. Das Onlineangebot der öffentlich-rechtlichen Anstalten muss seinen Schwerpunkt auf Bewegtbild und Ton haben. Auf gut Deutsch bedeutet das, dass diese Angebote keine Konkurrenz zur Tageszeitung sein sollen, aber trotzdem den Beitragszahlern eine sehr gute Informationsquelle bieten.

Wir sind in Deutschland zu Recht stolz auf unsere vielfältige Medienlandschaft. Umso wichtiger ist es, dass es mit diesem Kompromiss gelungen ist, sowohl den Verlegern als auch dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gerecht zu werden. Sollte es doch noch strittige Fälle geben, wird eine gemeinsame Schlichtungsstelle eingerichtet.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Staatsvertrag bietet die Politik den öffentlich-rechtlichen Anstalten die Möglichkeit, sich im Internetzeitalter weiterzuentwickeln. Insbesondere wurden gute und tragfähige Kompromisse gefunden. Ich bin mir sicher, das wird auch die Beratung im Ausschuss zeigen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Weiland.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine der zentralen und gleichzeitig schwierigsten Aufgaben der Medien- und Rundfunkpolitik ist es, die Frage zu beantworten, was darf, was soll, was muss der beitragsfinanzierte öffentlichrechtliche Rundfunk unter den Bedingungen von Digitalisierung und Vernetzung leisten. Was erwartet die Gesellschaft vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk angesichts einer sich rasant ändernden Mediennutzung, einer sich ändernden Informationsbeschaffung und Kommunikation? Und was erwarten die anderen privatwirtschaftlich organisierten Teilnehmer am Markt?

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Antwort auf diese Fragen ist nicht so einfach, wie es vielleicht scheint. Längst hat niemand mehr die utopische Einschätzung, dass Kommunikation über Social Media zu einem gleichberechtigten, demokratischen gesellschaftlichen Diskurs führt.

Die Grenze zwischen Information, Werbung, ProductPlacement, persönlichen Gefühlswallungen und noch so abseitigen Meinungen verschwimmt zunehmend.

In diesem Zusammenhang sind öffentlich-rechtliche Angebote und Inhalte nötiger denn je. Sie müssen dann auch auf den Ausspielwegen angeboten werden können, die dem Nutzungsverhalten entsprechen, nämlich im Netz. Ich finde, der von Herrn Staatssekretär Hoch angesprochene digitale Kulturraum des ZDF ist ein hervorragendes Beispiel für das, was öffentlich-rechtlicher Rundfunk in diesem Bereich leisten kann.

(Beifall der CDU)

Dabei muss immer ein Ausgleich gefunden werden. Das ist das Wesen einer Politik in einer offenen demokratischen Gesellschaft. Es muss ein Ausgleich gefunden werden zwischen den unterschiedlichen Teilnehmern am Rundfunkgeschehen, am Mediengeschehen, am Markt, nämlich ein Ausgleich zwischen den berechtigten wirtschaftlichen Interessen privatwirtschaftlich organisierter Medienanbieter, also der Presse, und der privatwirtschaftlich organisierten Rundfunkanstalten auf der einen Seite und dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dem ganz bewusst nicht in die wirtschaftliche Konkurrenz gestellten öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier bildet der Zweiundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag einen wichtigen und guten Kompromiss ab.

Dass dieser Kompromiss überhaupt zustande gekommen ist, war zu Beginn der Diskussion alles andere als selbstverständlich. Insofern ist die Gesetzesvorlage, über die

wir beraten, schon ein Erfolg an sich; denn wenn man sich überlegt, wie hart die Auseinandersetzungen etwa mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, teilweise auch mit manchem Medienpolitiker gewesen sind, dann konnte man nicht von vornherein absehen, dass es im Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu einem Kompromiss kommt. Deshalb findet sich dieser Kompromiss, weil er so schwierig war, erst in diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag, obwohl er schon für den vorhergehenden vorgesehen gewesen war.

Es ist also ein wichtiger Fortschritt, über den wir heute beraten, wobei klar ist, dass auch dieser Kompromiss nicht das Ende einer Diskussion ist, sondern eine Bestandsaufnahme, eine Zustandsbeschreibung in einem fortdauernden Prozess. Das macht zum Beispiel die Schlichtungsstelle deutlich, die zwischen ARD, ZDF und Deutschlandradio und dem BDZV über Streitfragen in puncto Presseähnlichkeit entscheiden bzw. beraten soll. Die Entscheidung liegt nicht einmal in dieser Schlichtungsstelle. Damit sind einige Unwägbarkeiten verbunden, über die man reden und die man evaluieren muss, wenn die Schlichtungsstelle ihre Arbeit aufgenommen hat.

Deutliche Verbesserungen bietet dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag beim Telemedienauftrag, insbesondere was das Eingehen auf das Nutzungsverhalten und das bedarfsorientierte Angebot angeht. Die Verweildauer ist als Stichwort genannt worden. Die Befristung auf die sieben Tage entfällt. Europäische Kaufproduktionen und Serien können ab sofort in den Mediatheken angeboten werden. Die größere Verweildauer beim Sport in den Mediatheken ist sicherlich ein Fortschritt.

Dabei ist klar – auch das sollten wir uns heute klarmachen –, der von Digitalisierung und Vernetzung angetriebene Wandel – man könnte auch sagen, befeuerte Wandel – der öffentlichen und privaten Kommunikation ist sehr viel schneller, als es der zuständige Gesetzgeber, also wir, es je sein kann. Deshalb muss uns bewusst sein, wenn wir heute diesen Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in erster Lesung beraten, dann in der zweiten Lesung nach der Beratung im Ausschuss in diesem Hause auch beschließen werden – davon gehe ich jedenfalls aus –, dann eröffnet dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag in dem Augenblick, in dem er beschlossen sein wird, schon wieder den Bedarf, über den nächsten zu beraten.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU und des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD erteile ich Herrn Abgeordneten Paul das Wort.

Sehr verehrtes Präsidium, verehrte Kollegen! Ich muss jetzt einmal aus diesem Frame ausbrechen. Seit der konstituierenden Sitzung dieses Parlaments steht bereits zum

dritten Mal ein Rundfunkänderungsstaatsvertrag auf der Tagesordnung. Sind das gute Zeichen der Zukunftsfähigkeit? Die AfD-Fraktion stellt fest: Nein.

Die ständigen Änderungen des Rundfunkänderungsstaatsvertrages sind kurzatmig und bereits nach Verabschiedung überholte Anpassungen eines obsoleten milliardenschweren Staatsfunks an die sich rapide ändernde Medienlandschaft. Der nächste Anpassungsbedarf zeichnet sich bereits ab, auch der übernächste.

In Wirklichkeit befinden sich ARD und ZDF in einer tiefgreifenden Finanz- und Vertrauenskrise. Das vor Kurzem bei der ARD aufgetauchte sogenannte Framing-Handbuch ist 90 Seiten Tornisterliteratur aus einer US-amerikanischen Psychoküche für 120.000 Euro. Das ist bezeichnend. Es stellt tatsächlich einen Tabubruch, eine Zäsur dar.

(Beifall der AfD)

In der Rückschau wird es heißen, was der Fall Relotius für den Spiegel war, ist dieses Framing-Handbuch für die ARD gewesen. Ich zitiere aus dem Framing-Handbuch mit Erlaubnis des Präsidiums: „Bereits eine Unterscheidung in ‚öffentlich’ und ‚privat’ ist eine, die den Zielen der ARD entgegensteht.“ Diesen Eindruck habe ich auch, wenn ich mir den Rundfunkstaatsvertrag anschaue, aus dem ich drei Punkte ausgewählt habe, auf die ich noch zurückkommen werde.

Kritiker und Beitragsverweigerer – ich zitiere – seien „illoyal“, „wortbrüchig“ und lägen „anderen auf der Tasche“.

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)