Protocol of the Session on December 12, 2018

Wenn wir aktuell in vielen Staaten der Erde, leider auch mitten in Europa, zusehen müssen, wie die Rechtsstaatlichkeit untergraben, ja zum Teil auch bekämpft wird, dann wird noch deutlicher, wie wertvoll eine funktionierende Justiz ist. Die dritte Gewalt verdient daher unsere besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Mit dem vorliegenden Haushalt wird ein echter Meilenstein zur Stärkung der Justiz erreicht. Mit einem Plus von 265 Stellen erfährt der Stellenplan einen Zuwachs um rund 3 %. Das ist wirklich ein Wort und ein Beweis dafür, dass wir hier einen klaren Schwerpunkt setzen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir hätten gern schon in den Vorjahren dafür gesorgt, die Personalsituation durchgreifend zu verbessern, zur Rechtstaatlichkeit gehört es aber auch, dass wir uns selbst an geltendes Recht halten, das wir mit der Aufnahme der Schuldenbremse in die Landesverfassung gemeinsam geschaffen haben. Trotz der Sparauflagen war es auch in den Vorjahren immer wieder möglich, zusätzliche Stellen dort zu schaffen, wo es außergewöhnliche Belastungen gab, zum Beispiel im Rechtspflegerdienst, bei den Strafkammern, Staatsanwaltschaften oder auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Wir haben Verantwortung übernommen und durch sparsames Handeln mit dafür gesorgt, dass es jetzt Luft für durchgreifende Personalverbesserungen gibt.

Mehr fordern, das tun Sie mit Ihren Deckblättern, mehr fordern, ja, das ist einfach, das kann man machen, Politik ist aber die Kunst des Machbaren. Daran mussten wir uns orientieren.

Herr Henter, die Personalverstärkungen, die im Haushalt abgebildet sind, liegen deutlich über dem, was Sie im letzten Jahr gefordert haben. Es reicht Ihnen jetzt wieder nicht. Das ist insoweit durchschaubar, gerade auch deshalb, weil Sie eine Gegenfinanzierung Ihrer Vorschläge innerhalb des Einzelplans schuldig geblieben sind.

(Zuruf des Abg. Bernhard Henter, CDU)

Meine Damen und Herren, unser Ziel ist es, PEBB§Y 100 zu erreichen, das heißt die 100%ige Abdeckung des Bedarfs nach dem Personalbedarfsberechnungssystem der Justiz. Das ist ein Kraftakt, der nur mittelfristig erreicht werden kann, aber wir kommen dem Ziel im richterlichen

und im staatsanwaltschaftlichen Dienst sehr nahe. Bei einzelnen Gerichtsbarkeiten haben wir die Zielmarke bereits erfüllt.

Es bleibt natürlich auch festzustellen, dass die Fallzahlen ständig variieren. Das liegt zum einen am Verfahrenseingang – in der Ziviljustiz beispielsweise haben wir eine Entlastung zu verzeichnen – oder einfach an komplexer werdenden Aufgaben, zum Beispiel bei Strafsachen. Deshalb ist eine Reform der Strafprozessordnung zur Handhabung von Großverfahren dringend geboten, um Entlastungen zu erreichen.

Meine Damen und Herren, für die Sozialgerichtsbarkeit zeichnet sich Entlastung dadurch ab, dass hoffentlich eine außergerichtliche Einigung der Krankenkassen und Krankenhausträger bezüglich der tausendfachen Klagen erzielt werden kann. Frau Ministerin Bätzing-Lichtenthäler hat hier einen wichtigen Beitrag zum Dialog geleistet. Ich glaube, es gibt mittlerweile auf Bundesebene eine Empfehlung zur Einigung.

Mit 203,5 Stellen stärken wir Gerichte und Staatsanwaltschaften, und zwar – das war uns wichtig – laufbahnübergreifend. Davon sind 43 Stellen für Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Hinzu kommen entsprechende Servicekräfte, Justizfachwirtinnen und -fachwirte, Anwärterinnen und Anwärter im zweiten Einstiegsamt, IT-Fachleute sowie 17 Justizwachtmeisterinnen und -wachtmeister. Auch dies wird von uns ausdrücklich begrüßt.

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat in den vergangenen Jahren Großartiges geleistet, um die Riesenherausforderungen der Asylverfahren und der ausländerrechtlichen Folgeverfahren zu bewältigen. Die Konzentration der Asylverfahren auf das Verwaltungsgericht in Trier ist ein wirkliches Erfolgsmodell. Das Gericht nimmt bundesweit in der Schnelligkeit und Effizienz der Verfahren einen Spitzenplatz ein. Das ist wirklich sehr bemerkenswert.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Doppelhaushalt sind wiederum sieben zusätzliche Richterstellen vorgesehen. Ja, auch wenn zu erwarten ist, dass zumindest mittelfristig ein Rückgang der Fallzahlen eintreten wird, so wird es doch in absehbarer Zeit noch weiteren Personalaufwand geben, den wir damit decken können.

Zusätzliche Stellen gibt es außerdem für die Zentralstelle Cybercrime zur Bekämpfung der Internetkriminalität, für Abschiebungshaftsachen bei Amtsgerichten, Rechtspflegerstellen für die Vermögensabschöpfung zur Opferentschädigung oder auch für die Bewältigung der Bußgeldverfahren im Zuge des Ausbaus der Geschwindigkeitsmessanlagen in Rheinland-Pfalz. Dies alles zeigt, die Landesregierung handelt bedarfsorientiert.

Wir freuen uns auch darüber, dass wir die personelle Unterdeckung im Rechtspflegerbereich weiter reduzieren können. 23 neue Planstellen und insgesamt 30 neue Rechtspflegeranwärterstellen helfen hier nachhaltig. Auch der Amtsanwaltsdienst wird um sechs Stellen besser ausge

stattet.

Meine Damen und Herren, zum Justizvollzug. Im Justizvollzug sind die ursprünglich vom Landesrechnungshof geforderten Stellenreduzierungen vom Tisch; im Gegenteil, wir schaffen 61,5 zusätzliche Stellen. Das ist eine gute Nachricht für die Justizvollzugsanstalten und die Bediensteten, die eine hoch verantwortungsvolle Aufgabe im Land übernehmen.

44 zusätzliche Stellen für Anwärterinnen und Anwärter des allgemeinen Vollzugsdiensts ermöglichen eine regelrechte Ausbildungsoffensive. Durch 56 Stellenhebungen kann eine Vielzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern befördert werden. Die Anhebung der Gitterzulage ist ebenfalls eine gute Nachricht, wie auch die Verbesserung der Schutzausstattung.

Uns als SPD-Fraktion ist es zudem wichtig, dass das Gesundheitsmanagement in der Justiz speziell auch für den Bereich der JVA-Bediensteten ausgeweitet werden kann. Wir haben deshalb ein Deckblatt eingereicht, um den Ansatz von 50.000 Euro um weitere 10.000 Euro für ein Modellprojekt zur Mitarbeiterberatung zu erhöhen.

Auch wenn es aktuell etwas Entspannung bei den Gefangenenzahlen gibt, so ist die Belegungsquote in den Gefängnissen weiter hoch und die Belastung des Personals im Behandlungsvollzug ebenso, gerade durch das Klientel der Gefangenen, das zunehmend durch Drogenprobleme – Stichwort synthetische Drogen – psychische Verhaltensauffälligkeiten zeigt und zunehmend Aggressionen entwickelt.

Ebenso ist es zu begrüßen, dass wir zu einer Entlastung im Justizvollzug durch den Einsatz von Videodolmetschern beitragen. Es ist auch eine Regelung getroffen, dass wir die religiöse Betreuung muslimischer Gefangener künftig durch eigenes Personal durchführen können.

Zum Thema „Digitalisierung in der Justiz“. Die Justiz erlebt zurzeit mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der E-Akte einen regelrechten Kulturwandel, weg von der gewohnten Gerichtsakte in Papierform.

Die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs ist flächendeckend bereits erfolgt. Das Pilotprojekt zur Einführung der Elektronischen Akte am Landgericht Kaiserslautern wurde erfolgreich zum Laufen gebracht. Nun läuft auch das Projekt im Instanzenzug beim Amtsgericht und Landgericht Bad Kreuznach an.

Alle Projekte haben eines gemeinsam: Sie wurden gut vorbereitet und werden von der Praxis eng begleitet. Es wurden Schulungskapazitäten geschaffen, und es wurde eine leistungsfähige Hard- und Software beschafft.

Diesen Weg der Qualitätsorientierung müssen wir weiter beschreiten. Die Sachmittel hierfür sind eingestellt, und es wurde im Doppelhaushalt durch eine Verpflichtungsermächtigung in Höhe von 7,5 Millionen Euro auch Vorsorge getroffen, um die Ausweitung der Digitalisierung auf die Strafverfahren auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren, um die Zukunftsfähigkeit der

gut aufgestellten rheinland-pfälzischen Justiz muss uns nicht bange sein. Das liegt an guten Rahmenbedingungen, vor allem aber auch an der exzellenten Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Justizangehörigen. Mit dem Haushalt erhalten diese eine richtig starke Unterstützung, Entlastung und nicht zuletzt auch Wertschätzung.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben unsere Hausaufgaben beim Pakt für den Rechtsstaat gemacht und erwarten dies nun auch durch ein größeres Engagement vom Bund.

Eine wesentliche Aufgabe der Zukunft muss es sein, die Berufsbilder in der Justiz weiter attraktiv zu halten und offensiv für die Justiz zu werben.

(Glocke des Präsidenten)

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf unsere Entschließungsanträge.

Wir danken Ihnen, Herr Staatsminister Mertin, und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Vorlage dieses mit Weitsicht verfassten Haushaltsplanentwurfs. Der Einzelplan 05 kann sich mehr als sehen lassen.

Danke schön.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Gäste auf unserer Besuchertribüne willkommen heißen, und zwar Mitglieder des Gesangvereins LYRA Könen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich darf begrüßen Mitglieder des AfD-Kreisverbands Ludwigshafen. Seien Sie herzlich willkommen Landtag!

(Beifall im Hause)

Ich freue mich – ich bitte um Verständnis – ganz besonders darüber, dass heute Schülerinnen und Schüler der Altenpflegeschule der Berufsbildenden Schule Simmern unter der Leitung meiner Frau, ihrer Lehrerin, hier sind. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Dann darf ich dem nächsten Redner, Herrn Abgeordneten Lohr für die Fraktion der AfD, das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Bereich der Justiz ist einer der wichtigsten Themenkomplexe eines ordentlichen Staates, und so ist die Politik in diesem Gebiet am meisten gefordert sicher

zustellen, dass alle Ebenen reibungslos funktionieren und auch funktionstüchtig bleiben.

Eine funktionierende Justiz stärkt das Sicherheitsgefühl der Bürger unseres Landes und ist somit auch unerlässlich für die persönliche Entfaltung jedes Einzelnen.

Wir brauchen eine leistungsstarke und bürgernahe Justiz als Fundament unseres demokratischen Rechtsstaates. Im Namen der AfD-Fraktion möchte ich vorab allen Mitarbeitern der Justiz für ihren tagtäglichen sicherlich nicht immer einfachen Einsatz danken.

(Beifall der AfD)

Dass der Personalplanungsansatz in den letzten Jahren der Lebensrealität nicht gerecht wurde, haben wir mehrfach als AfD-Fraktion aufgezeigt. So gab es im Jahr 2017 unter anderem 15 Überlastungsanzeigen seitens der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Diese sind ein klarer Beleg dafür, dass die Landesregierung in den letzten Jahren die angemessene Anzahl an Richtern einfach verschlafen hat.