Protocol of the Session on September 19, 2018

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Och je!)

denn wenn es noch Restvertrauen in politische Entscheidungsträger gibt, dann auf jeden Fall im kommunalpolitischen Bereich, dort ist die örtliche Politik greifbar, und genau diesen Bereich geben Sie spätestens heute, wenn Sie in die Abstimmung gehen, auf, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Mein Gott! – Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Sie bestimmen doch die Richtlinien der Politik, Frau Ministerpräsidentin. Ich kann eines sagen: Sie haben mit dem Entwurf, den Sie heute durchziehen, eine historische Chance vertan: eine historische Chance zur kommunalen Finanzausstattung, eine historische Chance zum Schuldenabbau, eine historische Chance, die kommenden Zinslasten und die kommende Gefährdung abzubauen. Bei 6,4 Milliarden Euro kommunalen Liquiditätskrediten sind angedachte 16 Millionen Euro noch nicht einmal der Tropfen auf den heißen Stein.

(Beifall bei der CDU)

Ein letzter Punkt. Sie wollen heute, was den Stabilisierungsfonds betrifft, mit dem Sie in die Stabilisierungsrichtung gehen, Ihr rechtswidriges Handeln mit dem Beschluss legitimieren.

(Zurufe von der SPD: Na, na, na! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sie haben sich schon einmal vergaloppiert!)

Für die Vergangenheit können Sie das nicht. Sie können es für die Zukunft tun, aber die vergangenen Jahre sind rechtswidrig, sie bleiben rechtswidrig, und so, wie Sie es heute durchziehen, zeigt es nur eines: Es ist die Arroganz der Macht, die das heute bis zum Letzten durchzieht.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD: Oje!)

Wir werden diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

(Zuruf von der SPD: Sie brauchen wir nicht!)

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion hat die Abgeordnete Nieland das Wort.

(Unruhe zwischen den Abg. Alexander Schweitzer, SPD, und Gordon Schnieder, CDU – Glocke des Präsidenten)

Die Abgeordnete Nieland hat das Wort. Wenn Diskussionsbedarf besteht, kann das in der – – –

(Fortgesetzt Unruhe zwischen den Abg. Alexander Schweitzer, SPD, und Gordon Schnieder, CDU)

Herr Schnieder, Herr Schweitzer, wenn Sie lautstark reden wollen, können Sie das draußen tun.

Frau Nieland, bitte.

Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Entwurf des Landesfinanzausgleichsgesetzes (LFAG) wird heute in der zweiten Lesung beraten. Zum zweiten Mal und, wie ich hoffe, recht bald wieder; denn von dem gestrigen erneuten Appell der kommunalen Familie kann die Regierung vernünftigerweise und verantwortungsvollerweise nicht unbewegt bleiben.

(Beifall der AfD)

Das LFAG ist eines der zentralsten Gesetze für die kommunale Familie; denn hier werden die Maßstäbe ihrer finanziellen Versorgung gelegt.

Die Sitzungen des Innen- und des Finanzausschusses wurden ergänzt um eine umfangreiche Anhörung der Beteiligten. Die kommunalen Spitzenverbände, die gesamte kommunale Familie und Verwaltungswissenschaftler wurden gehört.

(Abg. Martin Haller, SPD: Schön vorgelesen!)

Deutlich und vernehmlich hat sich die kommunale Familie kritisch geäußert, in bisher einmaliger Weise, und in Einigkeit wurde auch die Öffentlichkeit angesprochen.

Sehr erinnerlich ist mir das persönliche Schlusswort des Städtetagdirektors am Ende der Anhörung, der eindringlich auf die fortdauernde Gesprächsbereitschaft der kommunalen Familie hinwies,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Hört, hört!)

wohl ahnend, dass die Landesregierung dieses Angebot, diese Chance, nicht ergreifen würde. Jedoch, trotz der massiven Kritik, die wir als Opposition geübt haben, und trotz der Appelle der kommunalen Verbände war die Ampelre

gierung wohl zu keinem Zeitpunkt tatsächlich an einem Austausch von Argumenten, einer Debatte interessiert.

Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus der gemeinsamen Presseerklärung der Betroffenen, von Landräten und Bürgermeistern, auch um es noch einmal in die Ohren der Öffentlichkeit zu tragen:

(Vereinzelt Heiterkeit bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„Es geht um die seit Jahrzehnten anhaltende, beispiellose Finanzmisere vieler Kommunen“ in Rheinland-Pfalz; denn trotz günstigster Rahmenbedingungen ist die Finanzlage der Kommunen höchst angespannt.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: 431 Millionen Überschuss!)

Trotz Steuereinnahmen der Kommunen auf einem Höchststand, trotz eines Zinsniveaus, das auf niedrigstem Level verharrt, ist der Finanzierungssaldo vieler Landkreise und kreisfreier Städte negativ.

(Beifall der AfD – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Oje!)

Darüber hinaus mahnt auch der Rechnungshof Jahr für Jahr

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Die Kommunen, ihre Hausaufgaben zu machen!)

unter anderem die zu geringe Investitionsquote an und verweist auf den desolaten Zustand der Infrastruktur in Rheinland-Pfalz. So wurden im Jahr 2016 von den Kommunen in Rheinland-Pfalz durchschnittlich 300 Millionen Euro weniger für eigene Baumaßnahmen und Investitionszuweisungen verausgabt als in anderen westdeutschen Flächenländern, und dies bei einer Pro-Kopf-Verschuldung, die fast doppelt so hoch liegt wie der Durchschnitt aller Bundesländer.

Die Begünstigten dieses Entwurfs werden schlicht und einfach die rot regierten Großstädte sein. Die Belasteten dieses Gesetzentwurfs sind die ländlichen Regionen.

(Beifall der AfD – Abg. Joachim Paul, AfD: Genau so ist es!)

Die kommunale Familie – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten erneut aus der Pressemitteilung – kritisiert, dass die Landesregierung „lieber eigene Schulden abbaut, anstatt ihren Kommunen vor Ort zu helfen“.

(Abg. Michael Frisch, AfD: So ist es!)

Das zusätzliche Geld, ja, das gibt es auch. Dieses zusätzliche Geld im sozialen Bereich ist nichts mehr als eine Selbstverständlichkeit für die zusätzlich übertragenen Aufgaben. Eine strukturelle Lösung, die die Kommunen wirklich, auch in schlechter werdenden Zeiten, auf gesunde Beine stellen würde, kann man in diesem Entwurf mit der Lupe suchen, und man findet – nichts.

(Beifall der AfD – Zurufe von der AfD: Sehr gut!)

Ich stelle fest, die Regierung schaut nicht in die Breite, über Stadt und Land. Es fehlt ihr an dieser Übersicht.

(Zuruf von der AfD: Sehr gut!)

Die Regierung schaut nicht mit Voraussicht in die Zukunft, auf die Entwicklung der Sozialaufgaben, der Soziallasten, der Demografie oder arbeitet gar an einer langfristigen Strategie zur Entschuldung der Kommunen. Sie schaut nicht auf die Risiken, es fehlt ihr die Vorsicht; das Zinsniveau und der wirtschaftliche Boom sind nicht ohne Ende. Sie schaut auch nicht in die Runde der Beteiligten; es fehlt ihr die Rücksicht.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: So ist es!)

Oder hat die Landesregierung je einen Gedanken an die Möglichkeit von Steuersenkungen verwendet?

(Beifall der AfD)

Die Geldleistung wird ja nicht von der Regierung erwirtschaftet. Sie ist allein auf dem Fleiß der Steuerzahler, der Bürger und Betriebe gegründet. Unsere Landesregierung fährt weder vorausschauend noch auf Sicht. Unsere Landesregierung ist im Blindflug unterwegs. Sie demontiert unser Bundesland. Sie schiebt Lasten in die Zukunft, enorme Lasten. Sie verspielt die Zukunft, ein gutes Stück Zukunft.