Protocol of the Session on September 19, 2018

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Schweitzer das Wort.

Guten Tag, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Es gibt im Hebräischen das Wort „Chuzpe“, und ich weiß nicht, weshalb mir dieses Wort jetzt gerade eingefallen ist, als ich Herrn Baldauf habe reden hören.

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Baldauf, zur ganzen Wahrheit gehört: Kaum etwas von dem, was Sie gesagt haben, sehe ich anders; allerdings auch: Kaum etwas von dem, was Sie gesagt haben, habe ich vor zwei Jahren nicht auch schon gesagt.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Aber nichts umgesetzt! Sie reden nur darüber!)

Ich freue mich deshalb, dass Sie uns zu einer Aktuellen Debatte eingeladen haben, um deutlich zu machen, dass Sie heute, im September 2018, endlich auch bei unserer Position angekommen sind. Ich heiße Sie herzlich willkommen!

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD)

Das ist nämlich schon lange ein Thema, und es ist schön, dass endlich auch die CDU unserer Meinung ist. – Dass Sie natürlich dann ein bisschen darüber hinausgehen und sogar die Urheberschaft – sozusagen die Vaterschaft – für sich in Anspruch nehmen, das finde ich dann schon wieder ein bisschen bemerkenswert. Aber auch da will ich gar nicht unsportlich sein: Die späten Väter, lieber Herr Baldauf, sind auch manchmal die engagiertesten Väter.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei der SPD und des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darum heiße ich Sie herzlich willkommen und möchte noch zur Sache sagen, es ist gut so, dass wir diese Meldeautomatisierung endlich bekommen, wie ich sie tatsächlich im Koalitionsvertrag der Bundesregierung gefordert und umgesetzt habe, übrigens gegen den Widerstand eines CDU-Vertreters aus Rheinland-Pfalz, der – auf der anderen Tischseite, aber dennoch – mit mir in der Verhandlungsgruppe „Verkehrspolitik“ war. Ich bin mir sicher, auch er ist inzwischen anderer Meinung als damals.

Ich mache es jetzt einmal transparent, aber „Transparenz“ ist auch die Überschrift dieses Tagesordnungspunkts: An diesem Abend war es tatsächlich so, dass Herr Dobrindt irgendwann müde geworden und nach Hause gefahren ist und ich es dann am Ende in den Koalitionsvertrag gebracht habe, sodass es heute umgesetzt wird. Dass wir endlich wissen, was wann wo passiert, ist gut so.

(Beifall der SPD)

Ich will deutlich machen, dass es sicherlich auch Spaß macht, über die Zuständigkeiten hin und her zu diskutieren. Herr Baldauf hat völlig zu Recht festgestellt, der Bundesverkehrsminister ist zuständig,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Nicht allein!)

und auch das Umweltministerium auf Bundesebene ist zuständig. Die CDU hat schon einmal im Ausschuss gefordert, lieber Herr Weiner, eigentlich ist das ein europäisches Thema, eigentlich muss Europa handeln.

Ich bin der Meinung, wir müssen im Land handeln, wir handeln, und wir müssen den Bund mit in die Pflicht nehmen, weil er in der Pflicht ist, und dann sind wir auch unserer Verantwortung gerecht geworden. Das ist nämlich die Aufgabe, die wir in diesen Tagen haben.

Ich möchte auch deutlich machen, dass wir in RheinlandPfalz mit dem Thema schon länger beschäftigt sind und festgestellt haben, dass wir einfach zu wenig wissen über das, was über unseren Köpfen passiert. Das merken wir doch auch bei vielen anderen Themen: Unwissenheit schafft den Raum für Spekulationen, und Spekulationen sind keine gute Grundlage, um politisch zu handeln.

Ich will deshalb, auch wenn die Aufregung manchmal in diesem Thema verhaftet ist, deutlich sagen: Für mich steht die Sicherheit der Menschen in den Maschinen über unseren Köpfen über allem. Wenn ein Flugkommandant – das ist das Wording, das man hört; es sind wahrscheinlich vor allem Männer – sagt, ich bin in dieser Situation meinen Flugpassagieren gegenüber verpflichtet, und ich muss Kerosin ablassen, um sicher zu landen, dann würde ich das niemals kritisieren.

Aber ich sage auch, solange wir diese Diskussion nicht führen – und wir haben sie hier geführt –, werden die sich niemals Alternativen überlegen. Solange ich immer

noch höre – wie zum Beispiel durch eine Äußerung des Firmensprechers von Airbus –, dass es nicht nur die Sicherheitsbedenken sind, sondern manchmal auch wirtschaftliche Bedenken, nachzulesen in der Bayerischen Staatszeitung – – – Sie sagen, ich lasse lieber das Kerosin ab, auch wenn es teuer ist, als dass ich zwei Tage oder länger mit einer Langstreckenmaschine am Boden bleiben muss, die gecheckt werden muss, was für mich betriebswirtschaftlich dann sehr viel riskanter ist als das Fuel Dumping. – Wenn ich darüber noch keine Klarheit habe, dann sind wir in der politischen Debatte auch noch nicht am Ziel.

Wir haben in einer Anhörung im Ausschuss, die wir im Landtag auf Antrag der SPD durchgeführt haben – was ich, wie Sie sicherlich verstehen werden, nicht verhehlen möchte –, gehört, dass es auch noch den Einstieg in die alternativen Kraftstoffe gibt. Ein Vertreter von Lufthansa hat gesagt: Ich weiß gar nicht, warum wir an diesem Thema nicht drangeblieben sind. Wir haben das einmal testweise zwischen Frankfurt und Hamburg probiert. – Dies würde all die Fragen der Belastung durch Kerosin und Benzol sofort ein ganzes Stück relativieren. Daher sage ich Ihnen, es ist noch viel an Hausaufgaben in der Luftverkehrswirtschaft zu erledigen. Aber das wird doch nur dann funktionieren, wenn der Druck groß ist.

Ich habe an anderer Stelle schon einmal diese Parallele gezogen: All das, was wir beim Thema der Emissionen in der Verkehrswirtschaft insgesamt, in der Automobilindustrie diskutieren – denken Sie nur an die Einführung des Katalysators und anderer Dinge –, hat sich doch nur deshalb ein Stück weit verbessert, weil der öffentliche Druck da war. Der öffentliche Druck bei Kerosin ist jetzt endlich da, und deshalb freue ich mich sehr, und ich begrüße auch die Initiative, die es geschafft hat, 75.000 Unterschriften zu sammeln. Das hat auch deutlich gemacht, dass wir hier ein Thema haben, bei dem die Menschen nicht einfach mit den Achseln zucken.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)

Ich glaube, dass die Bundesratsinitiative, die in dieser Woche durch die Landesregierung in den Bundesrat eingebracht wird, ebenfalls mit dazu beitragen wird, dass wir in der Diskussion vorankommen. Ich sage Ihnen aber auch, dass diese Diskussion weder heute noch irgendwann sonst schon beendet sein wird. Wir wollen Alternativen, wir wollen, dass weniger über unseren Köpfen abgelassen wird, und wir wollen die Verantwortlichkeit dort sehen, wo sie liegt, nämlich bei der Luftverkehrswirtschaft.

Danke für die erste Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir dürfen weitere Gäste im Landtag begrüßen, und zwar Vertreterinnen und Vertreter von Sportvereinen aus Neustadt an der Weinstraße und aus Speyer. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Des Weiteren begrüßen wir Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe des Otto-Hahn-Gymnasiums aus Landau. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Als weitere Gäste aus der Pfalz begrüße ich eine Delegation der Initiative „Pro Pfälzerwald“. Herzlich willkommen bei uns!

(Beifall im Hause)

Für die AfD-Fraktion spricht nun Frau Abgeordnete Dr. Groß.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Schweitzer, Sie echauffieren sich so,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Nein, das war noch nicht echauffiert!)

aber Sie wissen doch schon seit Jahrzehnten, dass es Kerosinablässe gibt. Daher frage ich Sie: Warum haben Sie denn nicht schon vorher dafür gesorgt, dass es Messstationen und andere Dinge gibt? – Fehlanzeige.

(Beifall der AfD – Abg. Christian Baldauf, CDU: Er löst eben nichts, er hat nichts erreicht! – Zuruf des Abg. Michael Billen, CDU)

Meine Damen und Herren, wir müssen auch bei allem objektiv bleiben. Bei ungefähr 3 Millionen Flugbewegungen pro Jahr über Deutschland haben wir 20 Ablässe zu verzeichnen; das ist einer pro 100.000 Flugzeuge.

Auch wenn dieses Ereignis äußerst selten vorkommt, nützt das natürlich dem Bürger in seiner Verunsicherung überhaupt nichts, da Rheinland-Pfalz nun einmal aufgrund seiner geografischen Lage leider überproportional häufig von Kerosinablässen betroffen ist.

Es gehört aber auch zur Wahrheit – und das sollte man dem Bürger auch sagen –, dass der Frankfurter Flughafen, im Übrigen ein Drehkreuzflughafen, nun einmal in der Nähe ist und von dort aus in hoher Dichte Flieger in Richtung Westen abfliegen. Je mehr Flugzeuge abfliegen, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit – auch bei einer noch so kleinen Zahl –, dass mehr Kerosin abgelassen wird; aber das muss man entsprechend angehen.

Deswegen begrüßen wir es auch, dass die Flugsicherung sämtliche Daten aufgezeichnet hat und es dem Bürger ganz transparent macht. Der Bürger hat ein Recht darauf zu wissen, wann und über welchem Gebiet Kerosin abgelassen wird, wie viel Volumen abgelassen wird, wie die Ablassdauer ist und vor allen Dingen, wie hoch die Flughöhe ist.

Die Flughöhe habe ich im Übrigen im Antrag der CDU und auch bei der Ampelkoalition vermisst. Der Parameter der Flughöhe ist ganz wichtig. Es hat direkt etwas mit der

Schadstoffbelastung zu tun, ob ein Flugzeug 5.500 m oder 1.500 m hoch fliegt.

Deswegen sind wir auch dafür und unterstützen es, dass dem Bürger endlich reiner Wein eingeschenkt wird – das interessiert uns im Prinzip auch alle –, was tatsächlich daran wahr ist. Es interessiert uns, belastbare Zahlen und Ergebnisse zu erzielen, was ein Kerosinablass im Boden und in der Luft bewirkt, und dass repräsentative Luft- und Bodenproben entnommen werden. Darin stimmen wir vollkommen überein.

Herr Baldauf, aber bei dem, was Sie von sich geben, kann ich, ehrlich gesagt, nur mit dem Kopf schütteln. Ich möchte Sie einmal aufklären. Sie können von mir noch ein bisschen etwas lernen.

(Beifall der AfD – Heiterkeit bei der CDU – Abg. Christian Baldauf, CDU: Aber nur ich!)

Ja, klar, Sie können von mir noch etwas lernen!

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Ich höre Ihnen einmal zu!)

Ja, das würde ich Ihnen auch raten. Ich glaube, Sie können etwas lernen.

(Zurufe von der CDU – Heiterkeit bei der SPD)

Was hat die Fluggesellschaft für einen Rattenschwanz an Problemen, wenn es entweder zu Medical Emergency oder Technical Emergency kommt! – Dann gibt es ein Problem, und dafür gibt es internationale Vorschriften, nach denen zu handeln ist.