Meine Damen und Herren, es ist Ihnen allen bekannt, dass sich das Land bei der Schließungsreform der kleinen Grundschulen durch handwerkliche Fehler bis auf die Knochen blamiert hat. Meine Damen und Herren, das Problem bleibt trotz allem auch in 2018/19 bestehen.
Anstatt ein Perspektivmodell zu schaffen, das neue Optionen für kleine Grundschulen schaffte, hat das Ministerium Schließungsentscheidungen ohne ein durchdachtes Konzept durchgezogen und dadurch maximalen Flurschaden angerichtet. Zurück bleiben am Beginn des neuen Schuljahres, auch bei den kleinen Grundschulen, die letzten Endes nicht geschlossen wurden, Tausende völlig unnötig verunsicherte Lehrer, Eltern und Schüler, meine Damen und Herren. Das ist ein Fakt.
Wenn man die Verlautbarungen aus dem Bildungsministerium zu Beginn eines Schuljahres liest, fühlt man sich quasi wie in eine Traumwelt versetzt.
Frau Kollegin Brück, ich habe Ihren Zahlen sehr stark gelauscht. Ich bezweifele nur, dass das alles nachhaltig zu den Resultaten führen wird, die wir uns gerne erhoffen.
Auch hier reicht wieder einmal ein kleiner Ausflug zurück in die Vergangenheit, wie wir mit den Superlativen umzugehen haben.
Im Schuljahr 2017/18 – wir nähern uns der Gegenwart – fielen landesweit jede Woche wieder bis zu 15.000 Unterrichtsstunden an allen rheinland-pfälzischen Schulen aus. Wir bezweifeln, dass Sie durch den Einstellungsmodus diesen Unterrichtsausfall dauerhaft werden reduzieren können, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist der Hintergrund.
Jahr für Jahr, und so wird es weitergehen, nicht gehaltener Unterricht. Damit ist ein sinkendes Bildungsniveau leider vorprogrammiert. Da kommen wir gleich noch einmal besonders auf den Bereich der Grundschulen zu sprechen.
Die Botschaft, dass wir in Rheinland-Pfalz angeblich keinen Lehrermangel haben, ist daher reine Augenwischerei; denn woher kommen die ausgefallenen Unterrichtsstunden?
Darunter leidet natürlich die Unterrichtsqualität. Meine Damen und Herren, sieht so gute Bildung aus?
Der Umgang mit Zahlen. Frau Kollegin Brück, Sie haben die strukturelle Unterrichtsversorgung angesprochen.
Ja, ich weiß, der Umgang mit Statistiken ist so eine Sache, aber man kann sich die Zahlen durchaus einmal so herauspicken, wie sie einem passen. Das machen andere genauso, meine Damen und Herren.
Das Land plant jedes Jahr mit einem strukturellen Unterrichtsausfall. Dieser wird von der ADD nach Ministeriumskonsultationen festgelegt und wird in den Stellen- und Stundenzuweisungen ausgewiesen.
Die zweite Frage. Warum wird in Rheinland-Pfalz dieser Unterrichtsausfall schulartübergreifend dargestellt und nicht schulartspezifisch?
Meine Damen und Herren, gibt es da seitens der Landesregierung irgendetwas zu verbergen? Die Frage wird man sich doch noch einmal stellen können.
Jetzt kommen wir zum Thema Grundschulen. Ich hoffe wirklich, dass die Ankündigungen und die Taten, die mit den Einstellungen erfolgt sind, unser Grundschulbildungswesen etwas nachhaltig verändern. Aber ich zweifle daran. In den letzten zehn Jahren ist das Niveau an den Grundschulen drastisch gesunken. Das kann nun wirklich keiner bestreiten.
2017 hat die IGLU-Studie erhebliche Defizite in den Grundfähigkeiten Lesen und Rechtschreibung offengelegt. Demnach erreicht fast ein Viertel der rheinland-pfälzischen Jungen und Mädchen in der Rechtschreibung nicht einmal den Mindeststandard.
Dann kommen wir zur VERA-Vergleichsarbeit 2018. Mehr als die Hälfte aller Kinder in Rheinland-Pfalz erreicht nicht einmal das Regelniveau bei der Orthografie. Auch in Mathematik und Deutsch sind unsere Schüler Mittelmaß, wie die in IQB-Studie ergab. Wir rangieren zwischen Platz 9 und 13 von 16 Plätzen. Das ist allenfalls unterer/mittlerer Durchschnitt. Durchschnitt kann jeder. Wollen wir nicht wieder Klassenprimus werden, meine sehr geehrten Damen und Herren? Sieht so gute Bildung aus?
Aber viele verlassen Rheinland-Pfalz. 2017/18 waren es 268 Fälle. Es ist nicht so, dass zum Schuljahresbeginn 2018/19 der Hebel umgelegt und alles wieder besser wird. Frau Ministerin, deswegen bin ich sehr gespannt, welche Konzepte Sie vortragen können, damit Rheinland-Pfalz wirklich wieder eine Spitzenposition einnehmen wird.
Wir dürfen zunächst Gäste im Landtag begrüßen, und zwar die ver.di-Seniorinnen und -Senioren aus dem Kreis Cochem-Zell. Herzlich willkommen im Landtag!
Liebe Kollegen, verehrtes Präsidium! Chuzpe – gute Schüler wissen, was das ist. Wenn die SPD eine Aktuelle Debatte mit dem Thema „Guter Start – Gute Rahmenbedingungen – Gute Bildung“ einbringt, dann ist das in der Tat eine Chuzpe, eine Unverfrorenheit, einer Dreistigkeit.
Gute Bildung erkennt man vor allem daran, dass sich die Endabnehmer, also die Hochschulen, die Unternehmensvertreter, IHK, HWK, positiv über das Leistungsniveau der Schüler äußern. Das Gegenteil ist Fall. Unisono hört man dort, das Niveau wird Jahr um Jahr schlechter.
Der Niveauverlust wird gerade an den Übergängen offenkundig, vom Gymnasium zur Hochschule, von der Schule zur Lehre.
Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zu Studier- und Ausbildungsfähigkeit kommt zu dem Ergebnis, die politisch gewollte Inflation der Bildungsabschlüsse sei mit einer dramatischen Absenkung der Anforderungen erkauft worden. Trotz vermehrter guter Schulabschlüsse kann man durchaus hie und da einmal ein Anführungszeichen setzen. In Unternehmen oder Hörsälen haben wir es mit jungen Menschen zu tun. Die Unternehmen und Hörsäle haben mit fehlenden Grundlagenkompetenzen hinsichtlich der Mathematik oder auch der Sprachrichtigkeit zu kämpfen. Deshalb seien immer mehr Betriebe und Universitäten gezwungen, die schulischen Grundlagen nachzubessern. Vorqualifizierung, Nachqualifizierung.
Die Situation in Rheinland-Pfalz ist nicht besser als im Bundesdurchschnitt, sondern eher schlechter.
Am 13. Oktober 2017 wurde der Ergebnisbericht zum IQBBildungstrend vorgestellt. Viertklässler wurden in den Fächern Mathematik und Deutsch getestet. In Deutschland insgesamt haben sich die durchschnittlichen Leistungen der Grundschüler von 2011 bis 2016 in den Kompetenzbereichen deutlich verschlechtert.
Im Ergebnis schneidet Rheinland-Pfalz im Bundesländervergleich in allen Kompetenzen unterdurchschnittlich ab. Rechtschreibung, Lesekompetenz, Zuhören und Mathematik: Die Situation ist dramatisch. Ein Viertel unserer Viertklässler verfehlt bei der Rechtschreibung den Mindeststandard. Sie können also nicht einmal Wörter wie Mond, Mama, Milch alphabetisch ordnen. Wohlgemerkt in der 4. Klasse.
Man fühlt sich in die Alphabetisierungskampagne in Brasilien der 1960er-Jahre zurückversetzt, oder man kann darauf blicken.