Vielen Dank. Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, freue ich mich, auf der Zuschauertribüne als Gäste die Stadt- und Feuerwehrkapelle Wissen begrüßen zu dürfen. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!
Des Weiteren begrüße ich Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe der Hermann-Gmeiner-Realschule plus aus Daaden als weitere Gäste auf der Zuschauertribüne. Seien auch Sie herzlich willkommen im Landtag!
Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Die Physiotherapie nimmt in der Tat einen hohen Stellenwert in unserem Gesundheitssystem ein. Daher ist es richtig, die Qualität der Physiotherapie zu stärken und im Hinblick auf den gesundheitsmedizinischen wissenschaftlichen Fortschritt weiterzuentwickeln und eine standardisierte physiotherapeutische Ausbildung gewährleisten zu wollen.
Meine Damen und Herren, das stetige Älterwerden der Menschen führt leider auch zu mehr Schlaganfällen, die in bestimmten Fällen durch rechtzeitigen Eingriff physiotherapeutischer Maßnahmen in ihren Folgeerscheinungen abgemildert werden können. Auch bezüglich der Wiederherstellung verloren gegangener Alltagskompetenzen ist und bleibt die Physiotherapie eine wertvolle Hilfe.
Jetzt bringe ich einmal einen ganz anderen Aspekt in die Debatte. Bei all dem darf nicht übersehen werden, dass neben den Älteren auch immer mehr Menschen jüngeren bis mittleren Alters physiotherapeutische Maßnahmen in Anspruch nehmen.
Der sitzende Beruf hat hier entscheidenden Anteil. Laut Kassenärztlicher Vereinigung lagen die Ausgaben für die Physiotherapie 2016 bei 257 Millionen Euro. In der Altersspanne größer 40 kleiner gleich 65 Jahre lagen die Ausgaben bei 102 Millionen Euro, bei der Altersspanne größer 65 Jahre kleiner gleich 90 Jahre bei 120 Millionen Euro.
Der Heilmittelbericht 2017 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigt auf, dass die Physiotherapie mit 85 % den größten Anteil an der Gesamtverordnung aller Heilmittel
leistungen ausmacht. Dabei werden von 100 % physiotherapeutischer Leistungen 68 % durch normale Krankengymnastik, durch Manuelle Therapie und durch Massage erbracht.
Dabei ist die mit Abstand – jetzt wird es interessant – häufigste Einzeldiagnose die unspezifische Rückenschmerzdiagnose M54.
Die Prävalenz lag hierfür laut AOK-Bericht im Jahr 2016 bei stattlichen 27 %. Bei den Anfang 50-Jährigen ist durchschnittlich jeder 10. Versicherte aufgrund dieser Diagnose in physiotherapeutischer Behandlung.
Ein durchschnittlicher Arbeitsunfähigkeitsfall aufgrund unspezifischer Rückenschmerzen dauerte im Jahr 2016 12,2 Tage; die Arbeitsunfähigkeit ist somit auch ein volkswirtschaftliches Problem. Der Heilmittelumsatz der GKVVersicherten je Versichertem von 2010 bis 2016 ist um sage und schreibe 38 % gestiegen.
Dieser Zusammenhang, meine Damen und Herren, zeigt uns, dass im Rahmen der Prävention die Stärkung der eigenen Verantwortung für den eigenen Körper von fundamentaler Bedeutung ist.
Diese muss ab dem frühen Kindesalter kontinuierlich und stetig nahegebracht werden, damit das Bewusstsein für die Eigenverantwortung nachhaltig und dauerhaft geschaffen wird.
Wie wirken sich denn die Maßnahmen des Präventionsgesetzes aus? Die GKV gibt jährlich 500 Millionen Euro dazu – in Rheinland-Pfalz sind es 23 Millionen Euro –, und dennoch steigt die Leistungsnachfrage. Wie erhalte ich meinen Stütz- und Bewegungsapparat gesund? Wie sitze ich richtig? Wie hebe ich richtig? Welch hohe Bedeutung hat der regelmäßige Sport für mich, für die Qualität meines späteren Lebens, Herr Schweitzer?
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Übergewicht, zwischen Bewegungsarmut, zwischen schädlichen Körperhaltungen und der Inanspruchnahme physiotherapeutischer Maßnahmen?
Wir haben die Zahlen gehört. Im Rahmen des verpflichtenden Sportunterrichts an Schulen muss der Fokus auf die Gesunderhaltung des Bewegungsapparates gelegt werden und damit auf die persönliche Prävention.
Unser Gesundheitssystem kann nicht alle gesellschaftlichen Fehlentwicklungen auffangen. So war man sich auch auf dem Gesundheitskongress des Westens im März 2017 darin einig, dass eine kontinuierliche Ausdehnung von Gesundheitsleistungen auf Dauer nicht funktionieren wird.
Das Ressourcenvolumen ist endlich und zudem vom Konjunkturgeschehen abhängig, meine Damen und Herren. Die Inanspruchnahme von Leistungen zu vermeiden bei gleichzeitig ausreichender Zurverfügungstellung derselben, sollte sich in einer Balance befinden, und dies sollte unser Ziel sein. Durch ein hohes Bewusstsein für die eigene Verantwortung verhelfen wir in allererster Linie den Bürgern zu einer längeren, gesunden und aktiven Lebensspanne und schonen gleichzeitig unsere knappen und wertvollen Ressourcen.
Frage nicht, was das Gesundheitssystem zur Gesunderhaltung meines Bewegungsapparates tun kann, sondern, was ich zur Gesunderhaltung meines Bewegungsapparates tun kann.
Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Physiotherapie handelt es sich nicht nur um eine Therapieform, welche die Medizin ergänzt. Sie stellt eine wichtige Alternative und Ergänzung zur Medikationstherapie dar und ist deshalb auch wichtig für eine von Diversität geprägte Gesellschaft.
Im Zuge von akuten Beschwerden ist und bleibt die Physiotherapie ein wichtiges Instrument innerhalb des gesamten Gesundheitswesens. Prävention und Eindämmung von chronischen Beschwerden sowie die Wiederherstellung motorischer Kompetenzen gehören zu dem breiten Spektrum der Physiotherapie, ebenfalls – wir haben es vorhin gehört – beispielsweise auch das Betriebliche Gesundheitsmanagement.
Aktuell befinden sich in Rheinland-Pfalz 2.121 Physiotherapiepraxen. Im Vergleich der letzten zehn Jahre zeigt sich hier eine bemerkenswerte Steigerung von 16 %. Auch wir als FDP-Fraktion freuen uns besonders darüber, dass immer mehr Physiotherapeuten den Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit wagen.
Aber nicht nur die Anzahl der Physiotherapiepraxen kann einen Zuwachs verzeichnen. Im Bereich der sozialversicherungspflichtig angestellten Physiotherapeuten konnte ebenfalls ein Zuwachs um 15 % von 2013 bis 2017 erzielt werden.
Im Hinblick auf die Fachkräftesituation ist das Land Rheinland-Pfalz sehr gut aufgestellt. Jedoch kommt es im Norden – das haben wir auch gehört – zu einer Fachkräftelücke von ungefähr 1.100 fehlenden Fachkräften. Wir sehen die Vorhaben der Landesregierung in Richtung ei
Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es langfristig immer mehr Patienten geben, welche auf die Physiotherapie angewiesen sein werden. Hierbei wird es immer wichtiger, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb der Gesundheitsberufe zu etablieren. Rahmenbedingungen schafft die Landesregierung mittels der Fachkräfteund Qualifizierungsinitiative Gesundheitsfachberufe und des Branchenmonitorings. Hierbei beschäftigt sich das MSAGD zusammen mit den Krankenhäusern und den Krankenkassen mit der Zukunft der Ausbildung und den Ausbildungsplätzen.
An diesem Punkt setzt die Landesregierung an, indem sie mit den jeweiligen Vertretern neue schulgeldfreie Ausbildungsplätze schafft. Hierbei übernehmen Krankenhäuser die Trägerschaft von Schulen, während die Krankenkassen über das Krankenhausfinanzierungsgesetz die Ausbildungskosten refinanzieren.
Mehr als die Hälfte der 19 Schulen in Rheinland-Pfalz sind auf diese Weise bereits schulgeldfrei. Bis zum Schuljahr 2018/2019 werden es voraussichtlich 12 von 19 Schulen sein.
Die FDP-Fraktion unterstützt das Ziel der Landesregierung, den Fachkräfteengpass mittels der schulgeldfreien Schulen zu decken; denn es zeigt, Bildung stellt auch hierbei den Schlüssel zum langfristigen Erfolg dar.
Ebenso unterstützen wir die Landesregierung bei der zeitgerechten Novellierung des Berufsgesetzes für Physiotherapeuten. Hierbei ist es das Ziel, dass Physiotherapeuten mehr Versorgungsverantwortung übernehmen können, und sie fordern diese auch ein und wünschen sich diese Mehrverantwortung.
Da es bisher noch zu keiner Novellierung kam, bitten wir die Landesregierung, sich weiterhin intensiv und zielstrebig dafür einzusetzen. Hierbei sollte auch weiterhin an Modellprojekten und deren Einführung in Rheinland-Pfalz gearbeitet werden.
Auch wenn an der einen oder anderen Stelle sicherlich noch Hausaufgaben zu erledigen sind, denken wir, dass mittels der Strategie der Landesregierung langfristig Engpässe bekämpft und unser vielfältiges Gesundheitssystem flächendeckend gestärkt werden kann. Vor allem für junge Menschen werden durch diese Maßnahmen Anreize für die Zukunft geboten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Hochschule Fresenius in Idstein hat im Oktober 2017 eine beunruhigende bundesweite Studie zu Aussteigern aus den therapeutischen Berufen vorgestellt. Darin gaben von 306 befragten Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten 25 % an, bereits aus dem Beruf ausgestiegen zu sein, 51 % denken über einen Ausstieg nach, und nur 24 % wollen sicher in diesem Beruf weiterarbeiten.