Protocol of the Session on May 24, 2018

spricht in diesem Fall von rund 3.130 Hausbesuchen in diesem genannten Zeitraum, wovon 60 % einmalig beraten wurden, während 18,5 % zweimal und die weiteren sogar dreimal und mehr beraten wurden. Das heißt, die Anzahl der durchgeführten Beratungen ist weitaus höher als die der angesprochenen hochbetagten Menschen.

Dazu kommen auch noch Zahlen – diese können wir nicht so konkret beziffern –, die sich aus den Kontakten der Gemeindeschwesterplus ergeben, beispielsweise bei Veranstaltungen in der Gemeinde, beim Seniorennachmittag, beim Treffen der katholischen Frauen in der Gemeinde, nämlich dort, wo die Gemeindeschwester immer den Anlass und die Gelegenheit nimmt, mit den Seniorinnen und Senioren niedrigschwellig in Kontakt zu treten, um dann präventiv Hausbesuche durchzuführen.

Eine Zusatzfrage der Frau Abgeordneten Dr. Groß.

Frau Bätzing-Lichtenthäler, wie wollen Sie denn die Pflegefachkräfte rekrutieren, wo wir doch den Mangel haben und die dringend auch in den Pflegeeinrichtungen und den Krankenhäusern gebraucht werden, um sie hier jetzt bei Menschen einzusetzen, die der Pflege nicht bedürfen?

Frau Dr. Groß, vielen Dank für die Frage. Ich nehme diese gern zum Anlass, das noch einmal zu erläutern. Bei den Pflegefachkräften, die wir im Modellprojekt eingesetzt haben, ist keine Konkurrenzsituation zu Pflegefachkräften in Krankenhäusern oder in Seniorenheimen entstanden. Das sind Frauen gewesen, die sich ganz gezielt für dieses Projekt gemeldet haben, weil sie – aus welchen Gründen auch immer – vielleicht durch Arbeitsbelastung oder gesundheitliche Einschränkungen ihren Beruf im Krankenhaus, im Altenpflegeheim oder im ambulanten Dienst so nicht mehr ausführen konnten und eine Alternative gesucht haben, bei der sie ihre berufliche Kompetenz und Empathie für den Beruf und die Menschen trotzdem ausüben können. Dafür bieten die Gemeindeschwesternplus eine hervorragende Möglichkeit, dass man hier eine Alternative findet.

Der Thematik, was den Fachkräftebedarf angeht, stellen wir uns in Rheinland-Pfalz schon seit Jahren. Uns ist es gelungen, gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern die Fachkraftlücke im Bereich der Pflege- und Gesundheitsberufe um 65 % zu reduzieren. Wir sind gerade dabei, die Fachkraftinitiative 2.0 aufzulegen, um noch weitere Reduzierungen der Fachkraftlücke im Bereich durch erhöhte Ausbildungen und bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen.

Aber auch das Thema Öffentlichkeitsarbeit und Zuwanderung spielt eine Rolle, sodass wir natürlich auch hier unsere Anstrengungen im Bereich der Fachkräftesicherung weiter fortsetzen.

Eine Zusatzfrage von Frau Abgeordneter Thelen.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Modellprojekte machen grundsätzlich nur dann Sinn, wenn ich bereit bin, im Falle ihres Erfolges diese landesweit, insbesondere dort, wo es die entsprechenden Bedarfe gibt, umzusetzen. Bei der Konzeption der Gemeindeschwesterplus haben Sie dafür sicherlich einen Finanzrahmen vor Augen gehabt. Wie stellten sich deshalb die Kosten im Projekt aufgeschlüsselt nach Gemeindeschwesterplus dar, also die Personalkosten, die Sachkosten und die wissenschaftlichen Kosten, und was veranschlagen Sie für die Fortsetzung dieses Projektes landesweit?

Herzlichen Dank, Frau Thelen.

Insgesamt hat uns das Projekt – wir haben als Land zu 100 % die Gemeindeschwesterplus finanziert – 2,9 Millionen Euro gekostet, was sich überwiegend aus dem Bereich der Personalkosten, der Sachkosten vor Ort und einem kleineren Anteil der wissenschaftlichen Evaluierung zusammensetzt. Die Aufschlüsselung liefern wir Ihnen gerne noch einmal nach. Das waren die Gesamtkosten oder sind die Gesamtkosten für die dreieinhalb Jahre an den Modellstandorten. Da haben wir ganz bewusst gesagt, weil wir das erste Bundesland sind, das diese Lücke im Bereich der Pflege schließt und bei der Prävention einen so starken Akzent setzt, dass wir bereit sind, zu 100 % zu bezahlen.

Wie ich schon sagte, es ist auch eine Aufgabe im Rahmen der Daseinsfürsorge, beispielsweise für die Kommunen, und es ist vor allen Dingen – das sage ich auch so deutlich – eine Aufgabe für die Pflegekassen. Wir haben beide Beteiligte von Anfang beim Modellprojekt mit in unserer Steuerungsgruppe gehabt, das heißt, sie sind von Anfang an involviert und haben die Entwicklung des Projekts begleitet. Ich sage das insbesondere noch einmal mit Blick auf die Pflegekassen, weil es uns durch diesen Ansatz des Sich-Kümmerns und der Prävention gelingt, dass Pflegebedürftigkeit verschoben wird oder nicht so intensiv und so schnell eintritt, als wenn wir keine Prävention hätten, und damit die Pflegekassen Geld und Kosten sparen und wir Sie von daher gerne mit ins Boot nehmen möchten, was die Finanzierung angeht.

Im Moment haben wir pro Stelle Gemeindeschwester ca. 60.000 Euro kalkuliert. Mit denen kalkulieren wir. Wir müssen jetzt mit den Kommunen und den Pflegekassen ins Gespräch gehen – ich habe es angekündigt –, wie man sich eine gemeinsame weitere Finanzierung vorstellen kann. Davon ist abhängig, wie schnell und wie weit man die Gemeindeschwester implementiert. Es wird sicherlich zunächst sukzessive sein, Schritt für Schritt, und es hängt – wie gesagt – von den Partnern ab, inwieweit sie bereit sind mitzumachen, wie schnell es uns dann gelingt.

Zusätzlich – das will ich auch noch erwähnen – ist der

präventive Hausbesuch aus dem Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung zu nennen, der genau unsere Gemeindeschwesterplus als Vorbild hat. Zu diesem präventiven Hausbesuch werden wir Gespräche mit dem Bundesgesundheitsminister führen, wann und wie geplant ist, dass die Bundesregierung diesen präventiven Hausbesuch umsetzt, weil dieser letztlich aus dem Präventionsgesetz finanziert wird. Wenn der Bund hier ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren auf den Weg bringt, den präventiven Hausbesuch in die Praxis übermittelt, dann haben auch wir hier eine gesicherte Finanzierungsgrundlage. Solange bemühen wir uns, mit unseren Partnerinnen und Partnern vor Ort selbst unseren rheinland-pfälzischen Weg weiterzugehen, der sich für uns als sehr erfolgreich erwiesen hat.

Wir dürfen zunächst Gäste im Landtag begrüßen: Schülerinnen und Schüler der Realschule plus in LautereckenWolfstein und ihre französischen Austauschschüler sowie Auszubildende aus der Berufsbildenden Schule I in Mainz. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen noch sechs Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet.

Zunächst Herr Dr. Böhme.

Frau Ministerin, vielen Dank für die Ausführungen.

Viele ältere Bürger leben isoliert, sind netzschwach, also nicht gut vernetzt. Meine Frage ist, welche Informationspfade haben sich bei der Etablierung des Projekts Gemeindeschwesterplus als besonders effektiv erwiesen?

Vielen Dank, Herr Böhme.

Es ist in der Tat ein Punkt, den wir mit dem Projekt erproben wollten, um zu schauen, was das Beste ist, um den Kontakt zu den hochbetagten Menschen erst einmal zu gewinnen. Da hat es verschiedene Ansätze gegeben, beispielsweise über die ortsansässigen Ärztinnen und Ärzte – das ist eine Gruppe, mit denen die Hochbetagten viel Kontakt haben –, sodass diese über die Gemeindeschwester informiert wurden und die Ärzte an die Gemeindeschwester vermittelt haben. Das ist sicherlich ein wertvoller Zugang gewesen. Ebenfalls der Bereich der Apotheken, also dieser gesundheitliche Bereich, wo sich hochbetagte Menschen häufiger aufhalten.

Ein anderer großer Punkt, Zugang zu bekommen, waren die Ortsgemeinden selbst, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister. Das ist ganz stark im Evaluationsbericht nachzulesen. Dort, wo ein großes Engagement vor Ort ist, hat sich die Gemeindeschwester sehr gut nicht nur

herumgesprochen, sondern wurde auch sehr schnell angenommen und nachgefragt. Da, wo man dem Angebot vielleicht anfangs noch etwas skeptischer gegenüberstand, war das etwas mühevoller, das heißt, wenn die Beteiligten vor Ort, insbesondere die kommunalpolitisch Verantwortlichen, dies unterstützt haben, ging das wesentlich besser.

Aber der wesentlichste Punkt, von dem man sagen kann, er ist der richtige Schlüssel zum Erfolg, da hat sich es hervorragend dargestellt, ist die Mund-zu-Mund-Propaganda, das heißt, wenn von alten Menschen erlebt wurde, wie die Gemeindeschwester geholfen hat, dass sie geholfen hat, auch aus der Isolation herauszukommen. Es ist sehr beeindruckend und bewegend, wenn man sich das vor Ort erzählen lässt. Das hat dann dazu geführt, dass das an andere, an Bekannte weitererzählt wurde. Das hat noch den meisten Schub gegeben, weil damit am besten die Authentizität dargestellt und Vertrauen geschaffen wurde.

Also, es gab ganz viele verschiedene Ansätze.

Eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Dr. Enders.

Ich habe eine ernst gemeinte Frage. Ist es nicht Zeit, nach der Evaluation endlich die Begrifflichkeit zu ändern, da ich davon ausgehe, dass dieses Tätigkeitsfeld der Gemeindeschwesterplus nicht nur Frauen vorbehalten ist und die Landesregierung sonst auf eine geschlechtsneutrale und gerechte Sprache größten Wert legt?

Vielen Dank, Herr Dr. Enders.

Die Begrifflichkeit der Gemeindeschwesterplus ist schon oft diskutiert worden. Wenn sich Männer für die Ausübung dieser Tätigkeit bewerben würden, sind wir sehr gerne bereit, über den Gemeindeschwester, den Gemeindebruder oder Pfleger plus/minus zu sprechen. Im Moment ist die Gemeindeschwesterplus bekannt. Sie wird von den Menschen angenommen. Wie gesagt, wenn uns die Bewerbungen von männlichen Pflegekräften vorliegen, finden wir mit Sicherheit auch eine gendergerechte Bezeichnung.

Eine Zusatzfrage von Frau Abgeordneter Wieland.

Frau Ministerin, Sie haben uns die Zahlen des Modellprojekts dargelegt. Können Sie mitteilen, welcher Anteil der rheinland-pfälzischen betagten Einwohner mit dem Modellprojekt erreicht wurde, bzw. wie viele Gemeindeschwestern gebraucht würden, um alle rheinland-pfälzischen Einwohner dieses betagten Alters zu erreichen?

Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Ministerin für Soziales,

Arbeit, Gesundheit und Demografie:

Vielen Dank, Frau Wieland.

Nach Angaben des Statistischen Landesamts leben in Rheinland-Pfalz ca. 230.000 über 80-jährige Menschen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Wie viele?)

230.000 über 80-jährige.

Das ist eine Angabe des Statistischen Landesamts, um eine Größenordnung zu haben. Wir haben – wie gesagt – auf Ebene der Pflegestützpunkte die Bezugsgröße genommen, auch was jetzt die Einwohnerzahlen angeht. Wir haben derzeit – wie gesagt – an 13 Pflegestützpunkten den Einsatz von 18 Pflegefachkräften. Wenn man das hochrechnet, könnte man vielleicht als Endziel formulieren, dass wir an allen Pflegestützpunkten eine Gemeindeschwester etablieren wollten, dann bräuchten wir 135 an der Zahl.

Aber das ist eine Entwicklung, wissen Sie, die wir, wenn das Projekt abgeschlossen ist, miteinander besprechen müssen, schauen, wo wir beginnen – wie Frau Thelen gesagt hat –, dem Bedarf entsprechend, vielleicht erst einmal Schritt für Schritt, wo es notwendig ist und was wir gemeinsam erreichen können. Aber der Bedarf ist vorhanden.

Wie ich vorhin gesagt habe, das Interesse bei den Kommunen, solche Angebote vor Ort zu etablieren, ist nach wie vor sehr hoch, weil nicht nur die älteren und hochbetagten Menschen von der Gemeindeschwesterplus profitieren, sondern auch die Kommunen.

Warum die Kommunen? Weil die Kommunen von der Gemeindeschwesterplus sehr wertvolle Rückmeldungen darüber erhalten, ob die Angebote, die sie vor Ort vorhalten, überhaupt bedarfsgerecht sind oder es vielleicht nicht andere Angebote braucht, die viel dringender sind, und man vielleicht sein Angebotsspektrum, das man als Kommune vorhält und finanzieren muss, zu ändern hat. Das sind sehr wertvolle Hinweise, die die Gemeindeschwesterplus den Kommunen aus erster Hand geben kann. Deswegen gibt es auch nach wie vor eine sehr hohe Nachfrage und Interesse bei den entsprechenden Kommunen.

Eine Zusatzfrage von Herrn Abgeordneten Wäschenbach.

Frau Ministerin, warum spricht Herr Professor Dr. SchulzNieswandt von der Uni Köln als verantwortlicher, berichterstattender Wissenschaftler im Zusammenhang mit dem Projekt selbst von dem Wort „Modellpilotitis“?

(Zurufe aus dem Hause: Was?)

Herr Wäschenbach, vielen Dank.

Vielleicht müsste man es dann doch noch einmal in den Gesamtzusammenhang stellen. Mir ist dieses Wort aus diesem Gutachten im Gesamtzusammenhang so nicht erinnerlich.

Ich habe nur deutlich gemacht, dass wir einen gänzlich neuen Weg in Deutschland gegangen sind und diesen Weg eingeschlagen haben, weil die Bundesregierung sich dazu nicht in der Lage gesehen hat, diese Lücke im Bereich der Pflege zu schließen. Wir sind diesen Weg alleine gegangen. Wir haben auch alleine dafür die Verantwortung übernommen. Natürlich können Sie einen solchen Weg nur gehen, wenn Sie das erst einmal erproben und sich dann auch noch wissenschaftliche Expertise, Rat und Evaluierung an die Seite stellen. Das haben wir getan. Wir haben jetzt einen positiven Evaluationsbericht.

Unser Ziel ist es jetzt, diesen positiven Ansatz Stück für Stück, sukzessive, zu implementieren, sodass ich nicht von diesem Stichwort, wie sie es gerade genannt haben, sprechen kann. Unser Ziel ist es, die Gemeindeschwesterplus

als ein wunderbares Angebot für hochbetagte Menschen, die der Unterstützung bedürfen, in die Fläche von Rheinland-Pfalz zu implementieren, um die Selbstbestimmung, das selbstbestimmte Wohnen bei den Menschen so lange wie möglich zu ermöglichen.