Protocol of the Session on April 26, 2018

Verlassen Sie sich darauf: Unsere Bundestagsfraktion wird die Bundesregierung so lange an diese Lücke in der Erinnerungskultur erinnern, bis das Denkmal schließlich errichtet wird.

(Beifall der AfD)

Die AfD steht an der Seite der Opfer des Kommunismus und marxistischer Gewaltherrschaft. Wir fordern ein Denkmal ein, und zwar nicht nur in Berlin, aber auch in Trier. Für uns gilt, Marx muss ideell vom Sockel geholt werden, auch weil der heutige Linksextremismus, weil Linksextremisten Marxisten sind, zwar Vulgärmarxisten, aber sehr gefährliche. Auch das ist Verpflichtung, diesem Marx-Kult entschlossen entgegenzutreten.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Teuber von der Fraktion der SPD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Wir können nicht wollen, dass alles dem Markt als Ware unterworfen wird: Bildung, Gesundheit, Wohnen. – Und überhaupt: Was ist eigentlich der Wert unserer Arbeit von heute?

In der Moderne hat die Ökonomie nicht dafür gesorgt, dass es allen besser geht. Das Problem der Ungleichheit schafft dabei auch riesige politische Probleme in ganz Europa.“

Marx erscheint gerade heute in diesen Passagen sehr aktuell, und in diesem Falle liegt es daran, dass es Aussagen von Kardinal Marx sind, die er als – wie er sagte – alter Marxist traf, orientiert an Karl Marx.

Der ehemalige Bischof von Trier und heutige Vorsitzende der Bischofskonferenz diskutierte vor ein paar Tagen auf Einladung des Bistums Trier mit Professor Hüther in der Promotionsaula, in der Karl Marx sein Abitur schrieb. Hier wurde ein weiterer Rheinland-Pfälzer, großer Trierer und Nestor der katholischen Soziallehre angesprochen: Oswald von Nell-Breuning.

Die katholische Soziallehre, so sagte Oswald von NellBreuning, der Jesuitenpater – und so sieht man, wie man Zitate auch nutzen kann –, stehe auf den Schultern von Karl Marx. Auf das Zitat wies der Bischof von München, Kardinal Marx, selbst hin.

Während Karl Marx also politisch immer wieder geächtet wurde, weil einzelne Staaten und politische Gruppierungen seine Theorien dazu missbrauchten,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Einzelne!)

Menschen zu verfolgen, ihre Freiheit zu nehmen und sie umzubringen, wird er in der Wissenschaft hingegen gelehrt, und in der Soziallehre dient er als geistiger Bruder und Streiter einer berechtigt kritischen Analyse eines grenzenlosen Kapitalismus. Die darstellende wie bildende Kunst liebt Marx als Ikone.

Karl Marx war schon Zeit seines Lebens ein polarisierender Mensch. Diese Polarisierung setzt sich bis in die Moderne fort. Dennoch bin ich ganz bei seinem Namensvetter, wenn dieser sagt, dass die Überwindung des Kalten Kriegs und des Eisernen Vorhangs einen unbefangeneren Blick auf Karl Marx’ Werke und seine philosophische Leistung ermöglichen sollte.

Genau hierzu bietet die Ausstellung in Trier nun erstmals in dieser Breite die Möglichkeit. Das Land und die Stadt, das Bistum und die Friedrich-Ebert-Stiftung – finanziell und ideell unterstützt vom Bund und vielen gesellschaftliche Akteuren, Vereinen und kulturellen Institutionen – tragen erheblich dazu bei. Dafür danken wir allen Beteiligten als SPD-Landtagsfraktion sehr. Wir sind uns sicher, dass sich ihre Arbeit auszahlen wird,

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

auszahlen in einer hohen wirtschaftlichen Wertschöpfung für das Land, der Region und der Stadt, auszahlen für den Tourismusmagnet Rheinland-Pfalz insgesamt, auszahlen aber vor allem auch, indem die Sehnsucht von immer mehr Menschen nach Diskussionen über die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft einen weiteren Kanal findet. Hunderte Veranstaltungen werden Herausforderungen der heutigen Zeit diskutieren.

Die globalisierte Welt wollen und leben wir, aber sie sorgt auch für die Veränderung von Arbeitsprozessen und damit von Identifikation, Orientierung und Entlohnung. Jede und jeder Einzelne ist überall gefordert, sich mit Digitalisierung, Produktivität und Flexibilisierung auseinanderzusetzen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Dafür braucht man keinen Marx!)

Die Wertschätzung der eigenen Idee, der eigenen Leistung und Arbeit sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind in kurzen Abständen immer wieder auf Neues zu beleuchten und zu beurteilen. Hier braucht es einen starken Staat, der die Fliehkräfte entgrenzter Märkte so beherrschbar macht, dass wir alle weiterhin das Vertrauen in ihn haben können und durch dieses Vertrauen unsere Gesellschaft stabilisiert bleibt. Schwindet also dieses Vertrauen in die Stabilität meiner Lebenssituation, reduziert

sich auch das Vertrauen in das System, und dies destabilisiert unsere Gesellschaft.

Um genau hier Blicke zu schärfen und unser System zu verbessern, braucht es diesen von Kardinal Marx angesprochenen unbefangeneren Blick auf Karl Marx’ Werk. Kultur liefert mit der Wissenschaft schon immer die Antworten als Spiegel und Souffleur für Weichenstellungen im Sinne eines friedlichen Zusammenlebens.

(Glocke des Präsidenten)

Eine Reduzierung von Marx auf die Machthaber hingegen, um ihre Radikalität damit zu legitimieren, verstellt diesen Blick weiter. In diesem Sinne sollten wir lieber den Mensch in den Mittelpunkt stellen und den Menschen eine Orientierung und eine Debatte ermöglichen. Dafür wünschen wir uns in Trier und im ganzen Land weiterhin solche regen Diskussionen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Alexander Licht, CDU – Abg. Michael Frisch, AfD: Thema verfehlt!)

Nächster Redner ist Herr Dr. Weiland von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, nach dem Beitrag des Kollegen Paul von der AfD muss man darauf hinweisen, dass außerhalb des etwas engen AfD-Echo- und Resonanzraums, der von zu viel Sauerstoff, zu viel Licht und zu viel frischer Luft nicht gerade verwöhnt ist,

(Heiterkeit und Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: 6 Millionen Deutsche!)

das Werk von Karl Marx als außerordentlich bedeutender Beitrag zur deutschen und europäischen Geistesgeschichte gilt.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Marxist Weiland!)

Er steht in dieser geistesgeschichtlichen Kontinuität im Übrigen in engem Zusammenhang zu einem anderen, wenn man das so sagen kann, rheinland-pfälzischen Denker, nämlich zu Nikolaus von Kues, der unter anderem als Abt in meinem Wahlkreis in der Abtei Münstermaifeld gewirkt hat und auf den ein entscheidender Schritt bei der Entwicklung der Dialektik zurückgeht.

Karl Marx steht in der geistesgeschichtlichen Tradition von Hegel und anderen. Ich will mich jetzt nicht wie der Vorredner, der geschätzte Kollege Teubner von der SPD-Fraktion

(Zuruf aus dem Hause: Teuber!)

Teuber, Entschuldigung –, auf hohe Würdenträger der katholischen Kirche konzentrieren.

(Zuruf des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Ihr habt es faustdick hinter den Ohren, wenn es euch nützt.

(Beifall bei der CDU – Heiterkeit bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann muss man doch einmal genau hinschauen. Wenn man auf dieses Werk von Karl Marx genau hinschaut, dann zerfällt dieses bedeutende Werk in zwei Teile: in einen starken, erhellenden, aufklärerischen, analytischen ersten Teil, der ein Instrumentarium zur Analyse des zentralen Problems des 19. Jahrhunderts liefert, nämlich zur Analyse der sozialen Frage.

Es zerfällt in einen zweiten, weniger starken, prognostischen Teil, der Auskunft darüber geben will, wie sich die Geschichte gesetzmäßig bis zu ihrem Ende weiterentwickelt. Dieser zweite Teil ist der schwächere und problematische Teil dieses bedeutenden Werks. Er ist nämlich ideologie- und missbrauchsanfällig.

Aber Marx für den Gulag verantwortlich zu machen, halte ich für intellektuell unredlich;

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn niemand käme auf die Idee, Martin Luther für den Dreißigjährigen Krieg verantwortlich zu machen,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja!)

und niemand käme auf die Idee, Otto Hahn für Hiroshima, Tschernobyl oder Fukushima verantwortlich zu machen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Genau so ist es!)

Meine Damen und Herren, insofern sollten wir uns intellektuell in dieser Debatte nicht verzwergen.

(Beifall der CDU, der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Karl Marx hat die Probleme seiner Zeit mit einer Weitsicht und Schärfe wie kein anderer analysiert. Die besseren Lösungsvorschläge haben allerdings andere geliefert. Den 100. Geburtstag eines anderen, der bessere Lösungsvorschläge geliefert hat, haben wir gestern Abend im Rahmen des Parlamentarischen Abends gefeiert: Das war Wilhelm Raiffeisen, ein Zeitgenosse Karl Marx’ und im selben Jahr wie Karl Marx geboren.

Eine andere und bessere Antwort auf die von Karl Marx zu Recht beschriebenen Probleme hat ein anderer großer Sohn der Stadt Trier, Oswald von Nell-Breuning, beschrieben mit der Begründung der katholischen Soziallehre. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Oswald von NellBreuning war immer ein leidenschaftlicher Gegner von Karl