Aber nicht nur dort, auch im Bereich der Wildbienen, in dem wir über ein Artenspektrum von 550 Arten reden, haben wir, wenn wir dort in die Roten Listen hereinschauen, die Situation, dass 50 % im Bereich der Wildbienen ausgestorben sind oder vom Aussterben betroffen sind.
Wir können auch nach Rheinland-Pfalz gehen. Auch wenn wir dort in die Roten Listen der Vogelwelt hereinschauen – die Vogelwelt lebt schließlich von der Insektenwelt –, haben wir die Situation, dass einzelne Arten dramatische Rückgänge zu verzeichnen haben. Zwei Arten will ich herausgreifen. Das ist zum Beispiel die Feldlerche, eine wichtige Offenlandart, bei der wir Rückgänge in Rheinland-Pfalz von über 30 % haben. Wenn wir den Kiebitz nehmen, haben wir Rückgänge, die sogar in über 60 % hineinreichen.
Wer mit Vogelkundlern bei Vogelstimmenwanderungen morgens unterwegs ist, wird von allen durch die Bank die Rückmeldung bekommen, dass wir auch bei den „Allerweltsarten“ dramatische Rückgänge haben. Wir müssen also darauf achten, dass wir die Artenvielfalt in Schutz nehmen und Gegenmaßnahmen überlegen, wie wir wieder für mehr Artenvielfalt sorgen können.
Da müssen wir vor allen Dingen über die Landwirtschaft reden, weil das eine der größten Offenlandnutzer in den Regionen ist. Wenn wir uns die Landwirtschaft anschauen, gibt es vor allem zwei Bereiche, bei denen wir aus den nicht so guten Erfahrungen der Vergangenheit lernen müssen. Das ist zunächst einmal die Landschaftsstruktur.
Die Landschaftsvielfalt haben wir nicht mehr in der Form wie in der Vergangenheit. Wenn ich mir Landschaftsregionen in Deutschland anschaue, haben wir weite Landschaftsteile vor allem in Ostdeutschland, die weitestgehend ausgeräumt sind. Wir haben auch in Rheinland-Pfalz ausgeräumte Landschaften, wenn ich in die Vorderpfalz schaue, aber auch flächendeckend in Regionen, in denen man es vielleicht nicht so vermuten würde.
Ich nehme einmal meine Region vor meiner Haustür, den Bereich Katzenbach (Hütschenhausen): Wenn man dort die Hochebene nimmt, in der die Ackerschläge zu finden sind, finden sie keine Heckenstrukturen und auch keine Bäume mehr. Da finden sie in der Tat ausgeräumte Landschaften. Somit fehlt den Insekten in diesen Bereichen die Lebensgrundlage.
Wenn man dann aufmerksam in den letzten ein bis zwei Wochen durch die Landschaft fährt, haben wir leider noch die Situation, wir haben dort keine Landschaftsteile und keine Landschaftselemente mehr. Wir haben aber dort zunehmend in den letzten zwei Wochen Ackerschläge, die einfach totgespritzt worden sind.
Also das bisschen Grün, das sich über den Winter entwickelt hat, ist leider in die Farbe gelb gewechselt. Auch diese Bereiche stehen jetzt nicht mehr für das Insektenspektrum zur Verfügung. Da müssen wir dann darüber reden, dass wir dort zu neuen Erkenntnissen kommen müssen, insbesondere im Pestizid- und Insektizidbereich.
Da bin ich froh – das will ich ausdrücklich lobend erwähnen –, dass unsere neue rheinland-pfälzische Bundeslandwirtschaftsministerin gesagt hat: Was den Bienen schadet, gehört vom Markt. –
Ich finde, das ist ein sehr, sehr guter Satz, der das auch sehr gut zusammenfasst. Ich freue mich, dass sie da ein Stück weit „lernt“. Aber vielleicht hat sie das schon immer gewusst. Wir als Grüne haben schon immer gefordert – nicht nur wir Grünen, sondern auch die Naturschutzverbände, ob der NABU oder der BUND, fordern das schon lange –, dass nach dieser Erkenntnis verfahren wird.
Ich gehe deshalb davon aus, dass Frau Klöckner am Freitag das umsetzt, was sie angekündigt hat, nämlich dass Neonicotinoide, die drei Insektizide, bei denen die europäische Behörde EFSA festgestellt hat, dass sie sehr gefährlich für Bienen sind, verboten werden sollen. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Wir brauchen aber einen zweiten Satz, der lauten müsste – ich hoffe, den macht sich Frau Klöckner auch zu eigen –: Was der Biene schadet, darf erst gar nicht auf den Markt kommen.
Damit sind wir bei einer Situation, über die wir auch sprechen müssen: bei den Zulassungsverfahren. – Ich möchte nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben, nach dem Motto, dann werfen wir die nächste Wirkstoffgruppe auf den Markt. Wir brauchen solide und sorgfältig vorbereitete Zulassungsverfahren. Wir brauchen unabhängige Studien,
und nicht nur die Studien der Konzerne, weil sie ein monetäres Interesse haben. Herr Präsident, alles weitere dazu in der zweiten Runde.
Bevor ich weitere Redner aufrufe, will ich Gäste auf unserer Besuchertribüne willkommen heißen: Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe im Landtagsseminar. Herzlich willkommen!
Ich will Schülerinnen und Schüler der 10. Jahrgangsstufe des Kurfürst-Salentin-Gymnasiums Andernach willkommen heißen. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!
Schließlich freuen wir uns über Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Projekt „ZeiLe – Zeitung lesen macht Azubis fit“ der RHEINPFALZ Ludwigshafen. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen bei uns!
(Abg. Christine Schneider, CDU: Normalerweise kommt danach die CDU, Herr Präsident! Nein, das ist mir recht, dann kann ich darauf noch eingehen!)
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Seien Sie wie Essenheim. Für alle, die es bisher unentschuldbar versäumt haben, sich mit dem rheinhessischen Umland vertraut zu machen, möchte ich kurz erklären: Essenheim ist eine Ortsgemeinde im Landkreis MainzBingen, 10 km südwestlich der Landeshauptstadt gelegen. Dort gibt es Wein, dort gibt es Obst, da gibt es Landwirtschaft.
Herr Kollege, jetzt kommt es, passen Sie gut auf, Essenheim hat einen sozialdemokratischen Ortsbürgermeister. Der sozialdemokratische Ortsbürgermeister hat vorgestern in seinem Gemeinderat beschlossen, dass man das Thema Bienensterben und Insektensterben angehen muss und hat 1.100 m2 Fläche angekauft, die tatsächlich für die Bienen und Insekten als Brachfläche hergerichtet werden soll.
In Essenheim packt man es also an. Man stellt sich gar nicht die Frage, ob es so etwas wie ein Insektensterben tatsächlich gibt. Man kommt zu dem Schluss, dass es das gibt.
Herr Kollege Hartenfels hat die Zahlen schon genannt: 75 % Rückgang der Biomasse bei den Fluginsekten sollten uns alle alarmieren. Mein Kollege Andreas Rahm hat an anderer Stelle in diesem Plenum eindrücklich schon zum Bienensterben gesprochen. Das sollte unsere Aufmerksamkeit erregen; denn die Folgen des Insektensterbens sind – auch das wurde schon angesprochen –, ehrlich gesagt, für uns unabschätzbar.
Alle unsere heimischen Fledermausarten, alle Amphibienarten, alle Reptilienarten und diverse Vogelarten sind auf Insekten als Nahrung angewiesen. Auch unsere Landwirtschaft ist es. Den Wein und das Obst könnte es in Essenheim nicht geben, wenn die Insekten nicht ihre Arbeit machen würden.
Wenn man dann diesen Trend verfolgt, macht man sich automatisch auf die Suche nach der Frage, wer die Verantwortung trägt. Wir sagen, ja, es gibt eine Korrelation zwischen intensiver Landwirtschaft, dem Einsatz von Pestiziden und dem Insektensterben. Aber es gibt noch zusätzliche Faktoren, die Berücksichtigung finden müssen: Die Versiegelung der Böden durch Baumaßnahmen, zunehmenden Verkehr, Verstädterung, Auswirkungen der Industrie und der steigende Gebrauch von privaten Bioziden.
Um hier gegenzuwirken, ist es nur sinnvoll, Hand in Hand zu arbeiten. Ich war letzten Samstag auf einer Tagung der GNOR, der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz, auf der ziemlich eindrücklich geschildert wurde, wie Landwirtschaft und Naturschützer Hand in Hand arbeiten. Dort schaut man gemeinsam: Kann man Blühstreifen einrichten? – Dort macht man gemeinsam Markttermine aus, um einen Beitrag zur Biodiversität zu leisten. Ich glaube, das ist tatsächlich notwendig.
Die Landesregierung wird natürlich auch tätig. Mit der Biodiversitätsstrategie hat sich Rheinland-Pfalz klare Ziele gesetzt und Maßnahmen zur Förderung biologischer Vielfalt formuliert. Das werden wir jetzt mit dem Landesprogramm „Aktion Grün“ umsetzen, und zwar auch gemeinsam Hand in Hand: Landwirtschaft, Naturschutz, Gesellschaft und Kommunen.
Die Landeszentrale für Umweltaufklärung hat an 150 Schulen in Rheinland-Pfalz bereits Bienenprojekte umgesetzt. Gemeinsam mit Landfrauen in der Pfalz wird ein Weiterbildungsprojekt zu Wildkräutern aufgelegt, die für die Insektenwelt von hohem Wert sind.
Jeder kann zu Hause etwas tun. Die Kollegen haben bereits Samentütchen verteilt. Schaffen Sie Nahrungs- und Bruthabitate für Bienen, Vögel und Schmetterlinge durch artenreiche Naturgärten, Staudenbeete und Blühmischungen.
Seien Sie wie das kleine Dörfchen in Rheinhessen, das vom sozialdemokratischen Ortsbürgermeister geführt wird. Seien Sie wie Essenheim.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr, keine Menschen mehr – so wird Albert Einstein zitiert. Unsere Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat zu Recht gesagt, die Biene ist systemrelevant.
Dabei ist jedem von uns klar, dass es nicht nur um die Biene, sondern um die Gesamtentwicklung der Insektenpopulation geht; denn verschwinden unsere Insekten, stirbt ein Großteil der Populationen, so würde unser Ökosystem grundlegend verändert.
Heute wissen wir aus zahlreichen Studien über den Rückgang der Insektenpopulationen. Gott sei Dank gibt es eine Sensibilisierung für dieses Thema, was dringend notwendig ist.