Der Philosoph und ehemalige Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin sprach 2013 von einem Akademisierungswahn. Die Folgen sind, die Zahl der Auszubildenden ist von 2000 bis 2015 um 16,5 % gesunken, während die Studierneigung von 25,8 % im Jahr 1995 auf 55,7 % im Jahr 2015 gestiegen ist und sich somit mehr als verdoppelt hat.
Im Handwerk war der Rückgang der Auszubildendenzahlen sogar überdurchschnittlich. Wir glauben, dass dies auch eine Auswirkung der Reform der Handwerksordnung von 2004 ist. Durch diese Reform wurde der Meisterbrief in vielen Handwerkszweigen abgewertet.
Wir von der AfD-Fraktion haben darum hier im Landtag auch als Erste vor einer abermaligen Entwertung des Meisterbriefs durch die EU-Dienstleistungsverordnung gewarnt.
Hier braucht es ein klares Bekenntnis zur dualen Ausbildung als Zukunftsmodell und wesentlichem Erfolgsfaktor der deutschen Wirtschaft, um das wir weltweit beneidet werden, und gegen eine überzogene Akademisierung,
die weder den Interessen unserer Wirtschaft noch den Zukunftsaussichten junger Menschen gerecht wird.
Leider wendet sich die Fachkräftestrategie der Landesregierung nicht so klar gegen den Akademisierungswahn, wie es notwendig ist. Neben dem Ziel, die duale Ausbildung zu stärken und attraktiver zu machen, gibt es nämlich auch Maßnahmen, die einseitig die Akademisierung fördern, indem zum Beispiel die Zugangsvoraussetzungen für Studiengänge gesenkt werden.
Dann gibt es noch in der Fachkräftestrategie das „Ziel 12: Erleichterung des Zuzugs von Fachkräften und Verstetigung von Willkommensstrukturen“. Die Maßnahmen, die in der Fachkräftestrategie der Landesregierung zu diesem Ziel gehören, beschäftigen sich aber größtenteils gar nicht mit Fachkräften, sondern mit Flüchtlingen. Die Schnittmenge zwischen den in Deutschland dringend benötigten Fachkräften und den massenhaft zugewanderten Asylmigranten ist nun leider äußerst gering.
Wie vor Jahr und Tag die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles einräumen musste, werden wir maximal 10 % mittelfristig auf dem Arbeitsmarkt unterbringen können, den geringsten Teil davon als wirkliche Fachkräfte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Unbestritten ist der Mittelstand der Faktor, der einen beträchtlichen Beitrag zu dieser guten Wirtschaftsleistung in Rheinland-Pfalz beiträgt, auch zur guten Beschäftigungslage. Innerhalb des Mittelstands – eben sind von Zahlen genannt worden – hat das Handwerk noch einmal einen besonderen Stand.
Wer in den letzten Jahren versucht hat, zumindest kurzfristig Handwerkerinnen oder Handwerker zu bekommen, wird erlebt haben: Die Bücher sind gut gefüllt! Das Handwerk hat eben auch aufgrund seines hervorragenden Rufes und seiner hohen Kompetenz einen sehr großen Beitrag daran, dass die Beschäftigungslage in Rheinland-Pfalz so ist, wie sie ist, nämlich gut.
Ein Ziel der Wirtschaftspolitik, das die Landesregierung verfolgt, ist natürlich auch, die Wettbewerbsfähigkeit besonders der kleinen und mittleren Unternehmen im Land zu stärken und sie auch bei den großen Herausforderungen, die die Zukunft bereithält, wie zum Beispiel Fachkräftesicherung, wie zum Beispiel die Energiewende, die Digitalisierung oder auch die Globalisierung, zu unterstützen.
An der Stelle möchte ich schon ganz kurz dem morgigen Tag vorgreifen. Das spielt sich nämlich nicht nur hier im Land ab. Die Abteilung Außenwirtschaft im Wirtschaftsministerium legt einen großen Wert darauf, die Chancen, die sich gerade unseren kleinen und mittelständischen Unternehmen auch im Ausland bieten, sehr gut zu begleiten. Kürzlich war eine Wirtschaftsdelegation in Asien, und zwar in China und Vietnam.
Ich habe von den Unternehmerinnen und Unternehmern ein großes Lob für das gehört, was die Landesregierung an Unterstützung gerade für diesen Bereich unserer Wirtschaft bereithält. Morgen kommen wir sicherlich noch einmal ausführlicher zu dem Thema. Aber ich finde, das kann man an dieser Stelle schon einmal sehr gut erwähnen.
Die Handwerker haben zu tun. Sie suchen Nachwuchs. Im Übrigen suchen auch andere mittelständische Unternehmen dringend Nachwuchs. Insofern ist es zu begrüßen, dass inzwischen auch in den Schulen und Gymnasien für das Handwerk offensiv geworben wird. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, Herr D r. Bollinger, als Sie vor dem Akademisierungswahn so gewarnt und sich auf die Fahnen
geschrieben haben, dass Sie es waren, die den Meisterbrief als Erste im Landtag thematisiert hätten. Tatsächlich gab es schon ein Leben in der Landesregierung, bevor die AfD 2016 in den Landtag gezogen ist.
(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Aber kein intelligentes! – Heiterkeit des Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist arrogant! Ihr Intelligenzbolzen!)
Wir haben uns auch in der letzten Legislaturperiode gerade mit den drohenden Umschwenkungen des Meisterbriefs ausführlich beschäftigt.
Die Sicherung des bedarfsgerechten Fachkräftenachwuchses ist für die Landesregierung ein wichtiges Thema. Das zeigt auch das Engagement des Ovalen Tisches seit mehreren Jahren – dieser Ovale Tisch bringt alle Player und Playerinnen an einen Tisch –, um zu sehen, wie wir Rheinland-Pfalz zukunftsfest machen können, wie wir also dafür sorgen können, dass wir in den verschiedenen wirtschaftlichen Bereichen im Handwerk gutes Nachwuchspotenzial, gute Nachwuchskräfte schulen und diese Berufe auch attraktiv machen können.
Unser Bundespräsident, Herr Steinmeier, hatte sich vor einigen Tagen mit Verbänden und Kammern in Düsseldorf getroffen und dafür geworben, dass diese beruflichen Bildungszweige und das Handwerk mehr Wertschätzung erfahren sollten.
wir sind in Rheinland-Pfalz ein Bundesland, das tatsächlich diese Wertschätzung von handwerklichen Berufen gar nicht erst lernen muss oder sich besonders noch einmal auf die Fahne schreiben muss. Das wird hier gelebt.
Wie hoch und wie gut die Ausbildungsergebnisse sind, kann jeder erleben, der einmal bei einer solchen Meisterfeier dabei war oder sich einmal die Mühe gemacht hat, zum Beispiel die Arbeiten von Technikerinnen oder Technikern durchzulesen, wenn man es kann. Gerade wenn sie technisch sind, ist schon etwas Denken Voraussetzung.
Das hat eine sehr hohe Qualität und leistet seinen Beitrag, dass Rheinland-Pfalz wirtschaftlich so gut aufgestellt ist, wie dies der Fall ist.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Rheinland-Pfalz ist in Bewegung. Die Ministerpräsidentin hat gerade aufgezeigt, wie sich das Land im Bereich des Breitbandausbaus dynamisch entwickelt.
Unsere Wirtschaft ist ebenso auf Erfolgskurs und entwickelt sich dynamisch. 2017 sind wir in Rheinland-Pfalz stolz darauf, satte 2,5 % Wachstum zu haben. Damit liegen wir über dem Bundesdurchschnitt und unter allen Bundesländern auf Rang 4, bei den Flächenländern sogar auf Platz 2. Frau Kollegin Wieland, selbstverständlich vergleichen wir unsere Zahlen mit denen anderer Bundesländer. Deswegen sind wir stolz darauf, dass sich das Wachstum, das Deutschland insgesamt hat, hier in Rheinland-Pfalz besonders stark ausgeprägt. Dieses Land hat sich eine wirtschaftliche Spitzenposition erarbeitet. Daran hat das Handwerk einen ganz hohen Anteil.
Hinter dem Wachstum steht ein Plus an Wertschöpfung von 3,5 Milliarden Euro und über 20.000 neuen Arbeitsplätze, die bei uns entstanden sind. Dank unserer Unternehmen ist die Beschäftigung in Rheinland-Pfalz im vergangenen Jahr um die Größe einer Kleinstadt angestiegen.
Eine der tragenden Säulen ist eben das Handwerk, über das wir heute sprechen. Ein Gefühl für die Wirtschaftskraft des Handwerks in Rheinland-Pfalz kann man bekommen, wenn man sich ein paar Eckdaten vor Augen führt.
51.000 Handwerksbetriebe mit 264.000 Beschäftigten und rund 20.000 Auszubildenden erwirtschaften einen Umsatz von 28,1 Milliarden Euro. Was für eine großartige Leistung!
Im Handwerk läuft die Konjunktur auf Hochtouren. Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage der Handwerkskammern. 92 % der Unternehmen in Rheinland-Pfalz berichten über eine gute oder befriedigende Geschäftslage. 97 % der Betriebe erwarten auch in Zukunft eine so gute Geschäftslage.
Auch die Investitionsleistungen und die Auslastungsquote bewegen sich auf einem sehr hohen Niveau. Trotz der starken Konjunktur steht das Handwerk aber auch vor großen Herausforderungen. Nachwuchs- und Fachkräftemangel heißen die großen Schlagwörter. Hierin besteht ein großer Arbeitsauftrag an die Landesregierung. Das Wirtschaftsministerium stellt sich dieser Aufgabe mit viel Überzeugung, Leidenschaft und auch ganz erheblichen Investitionen und neuen Programmen gemeinsam mit unseren Partnern, den Kammern und Verbänden.
Wir machen manches anders als andere Bundesländer. Es ist die Aufgabe der Opposition, diese anderen Wege in Rheinland-Pfalz zu bewerten. Aber wir sind mit unseren
Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Mein Haus fördert Feriencamps. Wir geben Schülerinnen und Schülern aller Schulformen die Möglichkeit, die ganze Vielfalt des Handwerks hautnah in den überbetrieblichen Bildungsstätten kennenzulernen. Ich war sehr beeindruckt, mit wie viel Begeisterung die Schülerinnen und Schüler bei der Sache waren. Sogar funktionierende 3D-Drucker wurden von ihnen gebaut.
Ein weiteres erfolgreiches Instrument zur Gewinnung von Nachwuchs im Handwerk sind die Coaches für betriebliche Ausbildung. Sie unterstützen Jugendliche bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Mit einem umfassenden Beratungsportfolio werden die Auszubildenden und die Betriebe vor und während der Ausbildung intensiv begleitet. Die Coaches besuchten über 5.800 Handwerksbetriebe und betreuten rund 1.500 junge Menschen. Mehr als 500 wurden unmittelbar in eine Ausbildung vermittelt, und rund 300 mündeten in eine Einstiegsqualifizierung.