Meine Damen und Herren, gleichwertige Lebensverhältnisse auch in der Leistungsgewährung bei der Eingliederungshilfe sind unser Anspruch. Wir haben schon zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Kommunalisierung der Eingliederungshilfe zu einem Flickenteppich an Vorgehensweisen und Leistungsgewährern geführt hat und man hier für Menschen mit Behinderung nicht zu einer einheitlichen Leistungsgewährung gekommen ist.
Deswegen ist es bei der landesrechtlichen Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes wesentlich, dass es für den einzelnen Menschen mit Behinderung nicht mehr darauf ankommt, wo er herkommt und seine Leistungen beantragt, sondern nur noch darauf ankommt, welche Rechte er nach dem Bundesteilhabegesetz hat und was die besten Instrumente sind, um eine selbstbestimmte Teilhabe an unserer Gesellschaft zu gewährleisten.
Meine Damen und Herren, es ist schon richtig, ein landeseinheitlicher Träger kann am besten dafür sorgen, dass eine einheitliche Leistungsgewährung im ganzen Land realisiert wird. Es ist gut, dass die Landesregierung für erwachsene Menschen mit Behinderung diesen Weg gehen wird. Gleichzeitig ist es aber auch so, dass wir das Know-how und die Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kommunen haben. Es wäre töricht, darauf zu verzichten. Deswegen ist es auch richtig, auf dieses Know-how und das Personal zurückzugreifen.
Wir brauchen auch eine regionale und dezentrale Erreichbarkeit von Beratungsstrukturen und eine Kenntnis der konkreten Angebotsstruktur vor Ort. Auch das muss sichergestellt werden.
Nicht zuletzt geht es darum, dass wir im Land immerhin 900 Millionen Euro bewegen. Ein wesentlicher Punkt ist, dass dieses Geld im Sinne der betroffenen Menschen bei den Menschen ankommt und mehr Inklusion und mehr gesellschaftliche Teilhabe möglich macht. Dafür können wir sorgen, wenn wir eine gute Umsetzung, aber auch eine gute Steuerung der Angebote und der Leistungen für die Menschen mit Behinderung im ganzen Land gestalten.
Meine Damen und Herren, wir hätten uns sehr gewünscht, dass der Bund zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfereform den Mut und die Kraft hat. Die hat er nun leider nicht. Es ist an uns, dafür zu sorgen,
dass in den Kommunen Eingliederungshilfe und Jugendämter strukturell zusammenarbeiten, weil es aufhören muss, dass die Familien von Pontius zu Pilatus geschickt werden und sie zukünftig Hilfen aus einer Hand bekommen.
Vielen Dank. Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum 1. Januar 2017 ist das Bundesteilhabegesetz in Kraft getreten. Damit wurde der lang erwartete Paradigmenwechsel eingeleitet: weg vom Fürsorgesystem hin zur Teilhabe. Die Menschen werden dabei in den Mittelpunkt gestellt. Jetzt geht es an die Länder, dieses Bundesteilhabegesetz zu präzisieren und unter anderem den Träger der Eingliederungshilfe zu bestimmen.
Meine Damen und Herren, die Große Anfrage der CDU ging im September 2017 mitten in dem Prozess, als wir mit den vielen Partnerinnen und Partnern die verschiedenen Trägervarianten – im Übrigen auch mit den Kommunen – diskutierten, bei uns ein. Das Landesgesetz zur Bestimmung des Trägers der Eingliederungshilfe wurde damals schon angekündigt.
Meine Damen und Herren, nun liegt der Gesetzentwurf zum Ausführungsgesetz des BTHG vor. Unser AG BTHG ist von dem Leitgedanken geprägt, Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in ganz Rheinland-Pfalz zu schaffen, damit die Menschen – egal ob in der Stadt oder auf dem Land – von diesem Paradigmenwechsel profitieren, an der Gesellschaft teilhaben und unabhängig von ihrem Wohnort selbstbestimmt leben können.
Meine Damen und Herren, nach unserem Gesetzentwurf wird es weiterhin eine geteilte duale Trägerschaft geben; denn gelebte Inklusion ist nicht die alleinige Aufgabe des Landes. Gelebte Inklusion ist die Aufgabe, der wir uns alle, auch die Kommunen, stellen müssen.
Bisher hatten wir eine geteilte Trägerschaft. Es wurde schon erwähnt: Die Kommunen waren für die ambulanten Leistungen und das Land für die stationären Leistungen zuständig. Dieses Abgrenzungskriterium nach Wohnform gibt es nach dem Bundesteilhabegesetz ab Januar 2020 nicht mehr, sodass wir uns für ein neues Abgrenzungskriterium entschieden haben, und zwar das Abgrenzungskriterium nach Lebensalter.
Für die unter 18-Jährigen bzw. für die Jugendlichen, die die Regelschule besuchen – Herr Schreiner, damit ist nicht mit
dem 18. Geburtstag direkt ein Schnitt gemacht –, werden künftig die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig sein.
Für die über 18-jährigen Menschen mit Behinderung wird das Land zuständig sein, wobei wir zur Aufgabendurchführung die Kommunen heranziehen werden. Damit sind gerade für die über 18-Jährigen vor Ort Ansprechpartner gewährleistet, und es sind dezentral diejenigen vor Ort, die auch bisher diese Tätigkeit ausgeübt haben und in den Kommunen über große Expertise verfügen.
Meine Damen und Herren, diese Aufteilung nach Alter ist keineswegs willkürlich, sondern mit dieser neuen Aufteilung der Trägerschaft erreichen wir bei den unter 18Jährigen endlich den Gleichklang in der Kinder- und Jugendhilfe. Meine Damen und Herren, uns ist jedes Kind gleich viel wert, egal ob behindert oder nicht behindert.
Wir wollen ganz im Sinne der Inklusion für die Eltern Hilfen aus einer Hand und vor Ort anbieten, damit dieses Pingpongspiel zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Eingliederungshilfe aufhört und die Eltern, wenn sie Unterstützung egal ob für ihr behindertes oder nicht behindertes Kind brauchen, einen Ansprechpartner vor Ort in ihrer Region haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gelingt umso besser, wenn die Kommunen im Rahmen ihrer Organisationshoheit die Möglichkeit haben, bereits jetzt in ihrer Verwaltung die große Lösung nach SGB VIII praktisch schon umzusetzen. Dann gibt es diese eine Anlaufstelle vor Ort.
Herr Schreiner, einen Wechsel des Sachbearbeiters wird es nicht geben, auch nicht bei dem Übergang, wenn der Mensch mit Behinderung das 18. Lebensjahr vollendet oder die Regelschule beendet hat; denn der Sachbearbeiter vor Ort ist und bleibt für den Betroffenen ein und derselbe.
Ich habe eingangs von dem Leitgedanken erzählt, dass für uns die oberste Maxime ist, für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu sorgen, damit die Menschen überall in Rheinland-Pfalz teilhaben und selbstbestimmt leben können. Meine Damen und Herren, diese Trägervariante stellt genau dies sicher; denn zum einen wird die Bearbeitung vor Ort sichergestellt, und zum anderen wird dem Land ermöglicht, selbst wenn er kein Träger ist, für die Leitlinien nach den §§ 94 und 95 des Bundesteilhabegesetzes verantwortlich zu sein, sodass wir steuernd einwirken können, damit die Gleichwertigkeit im ganzen Land gewahrt wird.
zu Rahmenvereinbarungen kommen, die noch einmal zusätzlich für Einheitlichkeit und Stabilität sorgen werden. Meine Damen und Herren, mit dieser Variante wird auch den vom Landesteilhabebeirat formulierten Kriterien Rechnung getragen; denn die Kriterien des Landesteilhabebeirats waren gute Fachlichkeit, Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention, die Beteiligung von Menschen mit Behinderung und die Nähe der Leistungen bei den Menschen. Von daher wurde diesen Kriterien Rechnung getragen. Damit hat sich auch unser Beteiligungsverfahren, das in dieser Form einmalig war, bezahlt gemacht.
Am 27. Februar diesen Jahres ist der Gesetzentwurf im Ministerrat verabschiedet worden. Er befindet sich derzeit im externen Anhörungsverfahren, sodass wir davon ausgehen, dass der Gesetzentwurf im Sommer diesen Jahres in den Landtag eingebracht wird und wir ihn und die anderen Regelungen dann sicherlich ausgiebig diskutieren können.
Ich will abschließend noch ganz kurz etwas zu der Kritik sagen, die gerade wieder von einigen Rednern angesprochen wurde und die auch von den Funktionären der kommunalen Spitzenverbände immer wieder veröffentlicht und gesagt wird. Da wäre die Behauptung, das Land bürdet den Kommunen mit dem Ausführungsgesetz zusätzlich neue Kosten auf. Diese Behauptung ist falsch; denn hier wird schlicht und einfach verschwiegen, dass dieses Verfahren gar nicht neu ist, sondern wir dieses Verfahren – wie es jetzt im Gesetzentwurf geregelt ist – schon seit Jahrzehnten praktizieren und Land und Kommunen sich auch bisher die Kosten geteilt haben.
Ein anderer Punkt, der immer behauptet wird: Die Kommunen seien nicht rechtzeitig über diese Trägervariante informiert worden. Auch diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Sie können es sogar in der Großen Anfrage nachlesen, in der steht, dass wir die Kommunen und die LIGA am 5. September über diese Trägervariante informiert haben.
Am 17. Oktober hat eine Ministerratssitzung mit den kommunalen Spitzenverbänden stattgefunden, in der wir ausführlich über diese Trägervariante diskutiert haben, und jetzt sind die Kommunen auch im Anhörungsverfahren beteiligt, sodass niemand sagen kann, er hätte von nichts gewusst.
Meine Damen und Herren, die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, die Sicherung der Teilhabe und Selbstbestimmung in allen Regionen unseres Landes ist unsere oberste Maxime. Dies verfolgen wir mit dem Ausführungsgesetz zum Bundesteilhabegesetz und auch bei der Bestimmung des Trägers der Eingliederungshilfe.
Redezeit der Landesregierung stände allen Fraktionen noch eine zusätzliche Redezeit von einer Minute und 45 Sekunden zu. Möchte davon noch jemand Gebrauch machen? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit sind wir am Ende der Debatte, der Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU. Die Große Anfrage und die Antwort sind mit dieser Besprechung erledigt.
Zur Begründung des Antrags darf ich zunächst der antragstellenden Fraktion das Wort erteilen, und ich darf fragen, wer das übernimmt. – Frau Abgeordnete Nieland, bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wenn ich unseren Antrag heute vorstelle und begründe, zunächst einige Worte zur gegenwärtigen Gesetzeslage.
Gemäß der aktuellen Fassung des Landesfinanzausgleichsgesetzes wird – ich zitiere aus dem Gesetz – „ein Fonds mit der Bezeichnung ‚Stabilisierungsfonds für den kommunalen Finanzausgleich‘ als Sondervermögen des Landes errichtet.“ „Zweck des Stabilisierungsfonds ist der Aufbau einer Finanzreserve für den kommunalen Finanzausgleich zur Verstetigung der Finanzausgleichsmasse.“ So § 5 a aus dem Jahr 2004. Ein Fonds, eine Geldreserve für einen bestimmten Zweck. So soll es sich bei diesem Fonds um ein Sondervermögen handeln, das mit angemessener Autonomie sicherzustellen ist. So ist es gesetzlich vorgesehen.
Auch vorgesehen ist, dass für diesen Fonds eine Kreditaufnahme und Kapitalanlagestrategie entworfen werden sollen. So weit die Gesetzeslage.
Bei der Recherche zu dem aktuellen Stand dieses Themas lese ich beim Rechnungshof, dass der Bestand der Finanzreserve, also die Höhe des angesparten Betrages, bis Ende 2016 einen Betrag von über 540 Millionen Euro ausmacht. Jedoch waren planmäßige Haushaltsansätze nicht ausgebracht, Bestandsveränderungen buchungsmäßig nicht nachgewiesen worden. Wie kann man diese Wirtschaftsführung nennen? – Ich enthalte mich an dieser Stelle, dies zu bewerten.
Auch die bisherigen Stellungnahmen der Landesregierung hierzu haben es in sich. Das Ministerium hat erklärt, der Entwurf eines Änderungsgesetzes zum LFAG sehe vor, den Begriff „Fonds“ durch „Rechnung“ zu ersetzen – „Stabilisierungsfonds“ also „Stabilisierungsrechnung“ – und den Begriff „Sondervermögen“ gleich ganz zu streichen.
In der Gesetzesänderungsvorlage ist dann noch einmal formuliert, dass es sich um keinen Fonds im haushaltsrechtlichen Sinne handelt.