Protocol of the Session on June 22, 2017

Nachhaltige Landwirtschaft und Naturschutz – das sage ich ganz deutlich für die CDU-Fraktion – sind keine Gegensätze. Wir wollen eine multifunktional ausgerichtete, bäuerlich unternehmerische, familiengeführte und vor allem – das ist deutlich – regional verwurzelte Landwirtschaft erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Der gesellschaftlich geforderte Wandel in der Landwirtschaft und die veränderten Erwartungen der Verbraucher bedürfen einer finanziellen Förderung sowohl national als auch europäisch. Dann ist es umso wichtiger, dass die Förderstrukturen nach 2020 noch gezielter und vor allen Dingen – der Kollege hat das auch angesprochen – einfacher ausgerichtet werden.

(Beifall der CDU)

Auch wir wollen weniger Bürokratie und mehr Effizienz für eine marktfähige Landwirtschaft, die gesunde Lebensmittel nachhaltig produziert. Insofern sind besonders Tier-, Natur- und Klimaschutz sowie die Wahrung sozialer Standards im öffentlichen Interesse und auch öffentlich zu fördern.

(Beifall bei der CDU)

Die Verwendung der Mittel ist neben der Einkommensstabilisierung besser auf diese Ziele und vor allen Dingen auch auf ertragsschwache Standorte mit geringen Bodenwerten auszurichten. Das sind doch entscheidende Dinge, die wir voranbringen müssen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich habe es schon gesagt, Ökologie und Ökonomie bilden keinen Widerspruch, ebenso wie Landwirtschaft und Naturschutz keine Gegensätze sind. Es ist unsere Aufgabe, hierfür die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Jahre nach 2020 zu stellen. Das sind große Herausforderungen für die ländlichen Räume und vor allem auch für den Erhalt unserer wertvollen Kulturlandschaft. Es ist uns ein großes Anliegen, dass Landwirtschaft und ländliche Räume eine hohe Wertschätzung erfahren, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Ich glaube, wir haben hier gerade eine Reihe von jungen Leuten, die sich immer mehr dessen bewusst sind, wie lebenswert ländliche Räume in Rheinland-Pfalz sind und dass sich die Menschen dort wohlfühlen und – auch das ist entscheidend – sie da auch noch ihr Einkommen verdienen können.

(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Genau, Windkraft!)

Was manchmal im Übrigen in unserer hoch digitalisierten Welt vergessen wird, ist, dass die Leistung unserer Landwirte unverzichtbar für die Sicherung unserer Ernährung und den Erhalt unserer Kulturlandschaft ist.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr gut!)

Dazu brauchen wir – da kann ich nur bestätigen, was der Kollege gesagt hat – nach wie vor unser Zwei-SäulenSystem, in dem die Direktzahlungen – das ist der entscheidende Punkt – vor allen Dingen letztendlich die Einkommensbasis und die Risikoabsicherung für unsere landwirtschaftlichen Betriebe bilden; denn in unseren jährlichen Beratungen sind wir auch immer mit den Einflüssen von außen, die letztendlich der Jahreszyklus mit sich bringt, befasst. Somit haben wir keine Konstanten, sondern von Jahr zu Jahr gilt es, neu zu entscheiden und auch das Risiko in der Landwirtschaft einzubringen. Umso wichtiger ist es, das auch für beide Seiten abzusichern, für diejenigen, die dort in der Landwirtschaft arbeiten, aber auch für diejenigen, die unsere Produkte konsumieren dürfen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Zukunft benötigen wir mehr zielgerichtete Ausgestaltung dieses Direktzahlungssystems.

(Glocke der Präsidentin)

Die Gelder sollen nach unserer Auffassung stärker beim aktiven, in der Region verwurzelten Landwirt ankommen. Ich komme zum Schluss. Mit Blick auf die jungen Landwirtinnen und Landwirte, die wir auch mit unterstützen wollen, und die dazu notwendigen Beratungen ist es wichtig, Herr Minister – damit möchte ich schließen –, dass wir unsere Dienstleistungszentren Ländlicher Raum und diejenigen, die die Beratung durchführen wollen, auch in Zukunft weiter stärken.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Abg. Julia Klöckner, CDU: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Höfer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht immer um viel Geld, wenn der Begriff GAP, die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik, fällt, vor allem, wenn wie jetzt, über die

Verteilung der Mittel im Haushalt der EU für den Zeitraum 2021 bis 2027 diskutiert wird – ausgerechnet vor dem Hintergrund des Brexit und der damit fehlenden britischen Milliarden. Um die Dimension noch einmal zu verdeutlichen, die Landwirtschaft hat einen Budgetanteil am gesamten EU-Haushalt von 38 %. Das sind jährlich 57 Milliarden Euro. Für den Zeitraum des Finanzrahmens kumuliert sind es 410 Milliarden Euro. Diese Zahlen zeigen die enorme Bedeutung der Landwirtschaft und die Wichtigkeit und Notwendigkeit einer Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik.

Hierbei sind die unterschiedlichsten Aspekte zu beachten und zu koordinieren. Aus rheinland-pfälzischer Sicht stellen wir bereits mit Blick auf die anderen deutschen Bundesländer Interessenunterschiede fest. Manchmal steht uns die kleinteilige Landwirtschaft mancher französischen Mittelgebirgsregion näher als die Agrarfabriken Nord- und Mitteldeutschlands. Logisch, dass ein Interessenausgleich unendlich schwierig werden wird.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Nicht ohne Grund haben sich die deutschen Agrarminister am 18. Januar auf einer Sonderkonferenz getroffen, um eine gemeinsame Position des Bundesrats zu formulieren.

(Zurufe der Abg. Alexander Schweitzer, SPD, und der Abg. Julia Klöckner, CDU)

Wollt ihr mir beide Beifall geben?

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU – Abg. Christine Schneider, CDU: Da mache ich mit!)

Super, alles klar. Wir haben jetzt die Ergebnisse der Agrarministerkonferenz, und ich möchte die wesentlichen Punkte einmal darstellen und vergleichen, wie die SPD in Rheinland-Pfalz zu diesen Dingen steht.

1. Weiterführung einer starken GAP: Ich glaube, hier sind wir uns alle einig, es geht um positive ökonomische, ökologische und soziale Wirkungen, die entfaltet werden können. In diesen Dreiklang stimmt die SPD gern mit ein.

2. Unverzichtbarkeit der bewährten Zwei-SäulenArchitektur: Das ist auch schon von anderen gesagt worden. Es geht zum einen um die Direktzahlungen an die landwirtschaftliche Betriebe, zum anderen um die Förderung spezieller Programme.

(Beifall bei der SPD)

Die SPD bekennt sich ausdrücklich zur Notwendigkeit der Direktzahlungen und weiß, dass viele bäuerlich wirtschaftende Betriebe und Arbeitsplätze in der Landwirtschaft eine solide, verlässliche und nachhaltige Basisabsicherung brauchen, die auch gegen Risiken hilft.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings – da sind wir vielleicht beim nächsten Punkt ein bisschen anderer Meinung als andere – sollte öffentliches Geld für die Erreichung öffentlicher Ziele eingesetzt werden und nicht der indirekten Subventionierung von

Grundstücks- und Bodenspekulanten dienen. Ich weiß, dass das in Rheinland-Pfalz weniger ein Problem ist, aber wenn ich mir die großen Flächen in anderen Regionen und Bundesländern anschaue, ist da schon eine gewisse Gefahr.

(Beifall bei SPD und FDP – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr richtig!)

Dem können wir durch die stärkere Anbindung an Produktionsprozesse statt nur an die Fläche entgegenwirken. Wir könnten uns eine Kopplung an die Weidehaltung von Tieren, an Grünlandbewirtschaftung oder an die Imkerei vorstellen.

3. Mehr Handlungsspielräume für die Mitgliedstaaten sowie Bürokratieabbau und Zurückdrängung des Gießkannenprinzips. Diese Forderung wird von der SPD gern unterstützt und dort, wo sie Verantwortung trägt, auch umgesetzt werden.

4. Verstärkte Ausrichtung der GAP auf den Erhalt der Kulturlandschaften, den Schutz der Natur, das Klima, die Umwelt und die Biodiversität sowie Anforderungen an das Tierwohl: Auch hier gehen wir gern mit. Wir halten diese Punkte später durchaus für Argumente im Wettbewerb um den Kunden, den Verbraucher. Das kann durchaus für unsere Betriebe dann ein Standort- und Wettbewerbsvorteil sein, wenn wir uns um diese Punkte stark kümmern.

Da ich seit 2009 für den Deutschen Städte- und Gemeindebund im Ausschuss der Regionen in Brüssel mitarbeiten darf, habe ich eine solche Verteilungsdiskussion schon einmal hautnah miterlebt. Am Ende stand ein Kompromiss. Das wird auch für die zukünftige Förderperiode so sein. Und wie immer in der EU, wird es einen Transfer und Ausgleichsgedanken geben, der berücksichtigt wird. Da die Finanzmittel unter den heutigen Bedingungen nicht für alles reichen werden, muss frisches Geld ins System kommen. Günther Oettinger hat seine Erwartungen schon deutlich formuliert.

(Glocke der Präsidentin)

Wir haben die Chance, wenn Deutschland jetzt mehr geben wird, der Bund mehr geben wird – das ist meine feste Erwartung –, den Bürokratie- und Verschlankungsprozess mit in die Verhandlungen hineinzunehmen und haben unter Umständen zum Schluss dann einen doppelten Erfolg erreicht.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht Herr Kollege Dr. Böhme.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordnete

und Regierungsmitglieder! Die anstehende Neugestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU wird entscheidende Impulse setzen für die zukünftige Gestaltung und Struktur unserer Landwirtschaft, aber auch für deren wirtschaftlichen Erfolg und umweltpolitische Wirksamkeit. Die FDPFraktion hat hier ein sehr komplexes gesamtgesellschaftliches, ja sogar europaweites Thema aufgegriffen, welches eigentlich der designierten Bundeslandwirtschaftsministerin heute eine gute Bühne geboten hätte. Ich gehe aber davon aus, dass man hier im Landtag im Wesentlichen doch Einigkeit demonstrieren wird.

Lassen Sie mich daher eingangs in die Helikopterperspektive gehen und die Landwirtschaft erst einmal verlassen. Braucht Wirtschaft Grenzen? Unter diesem Titel debattierten am Aschermittwoch in der Katholischen Akademie im Pesch Haus in Ludwigshafen Professor Heinemann vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim und Gilles Untereiner von der französischen Handelskammer in Deutschland mit einer Anzahl von hochkarätigen Gästen. Da war Erstaunliches zu hören.