Da die Landesregierung die Grundredezeit um etwa eine Minute überschritten hat, bestünde in diesem Umfang noch einmal die Möglichkeit, das Wort zu ergreifen. – Das ist erkennbar nicht der Fall. Damit sind wir am Ende der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in zweiter Beratung. Da die Beschlussempfehlung die Ablehnung empfiehlt, können wir unmittelbar über den Gesetzentwurf – Drucksache 17/3096 – abstimmen. Wer diesem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke schön. Damit ist für Enthaltungen kein Raum. Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU und der AfD abgelehnt.
Landesgesetz zu dem Studienakkreditierungsstaatsvertrag Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/4081 – Zweite Beratung
dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur – Drucksache 17/4616 –
Zum Ausschussverfahren darf ich berichten, die erste Beratung dieses Gesetzentwurfs ist in der 40. Plenarsitzung des Parlaments am 20. September 2017 mit einer Aussprache erfolgt. Das Parlament hat den Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur – federführend – und an den Rechtsausschuss zur vertieften Beratung überwiesen. Der Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur hat ein Anhörverfahren durchgeführt. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses lautet auf die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gern auf die Ursachen eingehen, weshalb die Landesregierung diesen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom letzten Jahr bemängelt, dass der Gesetzgeber, also die Länder, sich bislang bei der Übertragung der Qualitätskontrolle der Hochschullehre an privatrechtliche Agenturen auf nur wenige bis gar keine Vorgaben beschränkt hatte. Hierbei sind keine Vorgaben inhaltlicher Natur gemeint, sondern – das hat Herr Minister Professor Dr. Wolf in der Anhörung gestern noch einmal explizit ausgeführt – es geht um nichts anderes als um die Qualität der Lehre, nicht um wissenschaftliche Richtungen oder etwas anderes. Es geht allein um die Frage, inwieweit Studiengänge in puncto Wissenschaftlichkeit und auch Studierbarkeit einem festgelegten Standard genügen.
Das Bundesverfassungsgericht hat nun zu Recht darauf verwiesen, dass ein solcher Standard auch einer Definition und Erläuterung bedarf und nicht ausschließlich der Interpretation der jeweiligen Akkreditierungsagenturen unterliegen darf. Diese Definition hat der Gesetzgeber zu leisten.
Der vorliegende Gesetzentwurf trägt dem Rechnung. Er führt zu einem neuen Austarieren der Aufgaben, wie es Herr Dr. Bartz, der Geschäftsführer des Akkreditierungsrates, gestern in der Anhörung ausführte, nämlich dahin gehend, dass die Länder nun gemeinsam durch einen Staatsvertrag die Standards, die Abläufe und die Regeln bestimmen. Des Weiteren übertragen die Länder die Entscheidung über die Akkreditierung aufgrund der Empfehlung der Agenturen auf den Akkreditierungsrat, der die Entscheidung nun als eine Art Verwaltungsakt fällt.
Auch wenn es eher selten ist, dass bei Staatsverträgen eine Anhörung im Parlament durchgeführt wird, so bin ich dennoch dankbar, dass wir das gestern veranstaltet haben; denn durch diese Anhörung wurde deutlich, dass die Bedenken, die im Raum standen, von allen bis auf eine Anzuhörende nicht geteilt wurden.
Zunächst einmal wurde deutlich, dass es das Ziel ist, dass die Qualitätssicherung der Lehre vorrangig an den Hochschulen selbst verortet ist. Bei der Akkreditierung von Studiengängen ist die Erstellung und die Konzeptionierung von Studiengängen ein eigenständiger Akt der Hochschule zur Qualitätssicherung, und die Hochschulen selbst haben
Darüber hinaus ist es unbestreitbar, dass es in der Welt der Wissenschaft üblich ist, dass externe Fachleute mit wissenschaftlichem Sachverstand über wissenschaftliche Dinge entscheiden. Daher wird der Anteil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Hochschulen, die Teil des Akkreditierungsrates sind und sein werden, auf acht erhöht. Deutschland gleicht damit sein Verfahren dem in der EU üblichen Verfahren an.
Der Einwand, die neue Regelung würde zu einem Abbau des Wettbewerbs führen, wurde gestern auch eindeutig entkräftet. Zum einen bedeutet die europäische Öffnung unter anderem, dass neben den zehn deutschen Akkreditierungsagenturen zahlreiche andere europäische Anbieter Zugang zum deutschen Markt haben, wenn beispielsweise deutsche Hochschulen also eine Agentur beauftragen möchten. Das bedeutet mehr Wettbewerb und auch die Tatsache – insbesondere in Rheinland-Pfalz sind mittlerweile fast alle Hochschulen den Weg hin zur Systemakkreditierung gegangen –, dass diese veränderte Nachfrage nun zu mehr Wettbewerb unter den Agenturen führt.
Zuletzt möchte ich noch auf die Befürchtung eingehen, es würde zu zahlreichen Konflikten zwischen den Hochschulen und dem Akkreditierungsrat wegen umstrittener Entscheidungen kommen. Die Frage, ob die Hochschulen sich auch künftig darauf verlassen können, dass sie bei einem Verfahren der Akkreditierung von Studiengängen fair behandelt werden, ist eine durchaus legitime Frage; aber auch da hat die Anhörung gestern ergeben, dass diese Konflikte qualitativ und auch quantitativ bisher kaum eine Rolle spielen. Wenn es zu Konflikten kommt, die vor Gericht enden, dann sind es formelle Zwistigkeiten, also beispielsweise die Frage, ob die Bezeichnung eines Studienganges kompatibel ist mit den Inhalten oder aber, ob die vorgesehene Anzahl der ECDS-Punkte ausreicht oder nicht.
Diese Zwistigkeiten sind auch quantitativ vernachlässigbar; denn, wie wir gestern erfahren haben, gibt es von den rund 1.000 Studiengängen, die pro Jahr akkreditiert werden, im Durchschnitt ein Verfahren, das strittig ist und vor Gericht landet.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es nicht zu der befürchteten Klagewelle kommt, sondern dass auch weiterhin die wenigen Meinungsverschiedenheiten, die im Verfahren auftreten, zwischen Hochschulen und Agenturen im Vorfeld geklärt werden können. Herr Dr. Bartz hat auch darauf hingewiesen, dass es künftig einfacher wird, Widerspruchsverfahren vor einer endgültigen Entscheidung anzustreben.
Zusammengefasst möchte ich sagen, das Gesetz erfüllt den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts. Es definiert Standards, es sorgt durch eine Öffnung hin zu europäischen Verfahren für mehr Wettbewerb im Akkreditierungswesen, und die Bedenken wurden ebenfalls ausgeräumt. Die sozialdemokratische Fraktion stimmt dem zu.
Herr Kollege Klomann, ich sage sehr offen, wir sind dankbar gewesen für die Anhörung gestern. Ich kann höchstens bemängeln: Warum erst gestern?
In dieser Anhörung sind durchaus auch für mich und für uns eine Reihe von Punkten geklärt worden, die strittig sind und die auch strittig sein mussten, um es einmal so auszudrücken; denn wir haben uns in der Folge dieses Bologna-Prozesses schon heftigsten Debatten und Diskussionen über die Frage ausgesetzt gesehen, wie sich Bildungsqualität entwickelt hat, ob sie sich so entwickeln musste und warum gerade so. Oft haben wir gehört, dass wir uns eigentlich zu spät mit dem Prozess beschäftigt haben.
Gestern ist – unter anderem auch sehr deutlich von mir – von einer Systemänderung gesprochen worden. Herr Minister, ich bin dankbar, dass Sie deutlich machten, ja, es gab diese Systemänderung. Auch viele der Universitäten, die sich mit dem Studienakkreditierungsstaatsvertrag beschäftigt haben, hatten und haben auch nach wie vor die Sorge, dass sich mit dieser Änderung, mit der Entwicklung von Bildungsqualität, mit Bildungszentralität in der Freiheit der wissenschaftlichen Bildung, immer mehr Punkte einander widersprechen, dass immer mehr Punkte tangiert sind und es fraglich ist, wie sich das System entwickeln wird.
Meine Damen und Herren, es ist auch bedauerlich, dass sich das Parlament mit einem Staatsvertrag erst so kurzfristig beschäftigt und wir uns mit dessen Inhalt eigentlich erst gestern in einer Anhörung auseinandergesetzt haben, um Dinge zu klären, Auswirkungen eines Verwaltungsaktes, was demnächst auch eine Änderung in dieser Entwicklung der gesamten Studienakkreditierung bedeutet. Ich nenne nur die Stichworte Experimentierklausel oder Verfassungskonformität.
Ist die Stimmabgabe, die sich verändert hat und wo aus einer Stimme auf einmal zwei Stimmen werden, so verfassungskonform? Ist es genau das, was auch das Bundesverfassungsgericht genau so gewollt hat, auch die föderale Verantwortung, die für mich eine besondere Rolle spielt? Ist das alles bei Personal und Kosten in der Entwicklung so?
Ich meine, es sind viele Fragen einer Klärung zugeführt worden, und ich sage auch in aller Deutlichkeit, dass Herr Dr. Bartz auch mir einige Sorgen genommen hat; aber ich bin vorsichtig genug, um deutlich zu machen, dass mir dafür ein Vortrag noch zu wenig ist. Darum wird sich unsere Fraktion auch heute der Stimme enthalten.
Ich möchte deutlich machen, was Herr Professor Hermsdorf, der Vorsitzende der Landeshochschulpräsidentenkonferenz, gestern gesagt hat, und möchte ihn vielleicht als
eher neutrale Person schildern. Er sagte fast wörtlich: Ich habe die Hoffnung, dass es sich so und so entwickelt. – Meine Damen und Herren, wenn jemand mit seiner Kapazität und seinem Wissen in dieser Phase noch von Hoffnung redet, dann, so meine ich, sind die Befürchtungen, die in diesem Gesetz stecken könnten, noch längst nicht alle ausgeräumt. Darum, meine Damen und Herren, sage ich Ihnen, werden wir uns enthalten.
Das Bundesverfassungsgericht hat nämlich auf ein nordrhein-westfälisches Gesetz abgestellt. NordrheinWestfalen hat einen neuen Vertrag geschrieben und ist Urheber dieses neuen Vertrages, dem nun wohl alle Bundesländer zustimmen. Ein Bundesland hat noch einige Bedenken, in welcher Form auch immer es dort vorgetragen wird. Anfang Dezember wird der Beschluss gefasst, denke ich, und viele Anzuhörende haben gestern in der Diskussion auch noch auf die Musterrechtsverordnung hingewiesen.
Diese Musterrechtsverordnung beispielsweise liegt dem Parlament noch gar nicht vor. Wir haben also noch nicht prüfen können, ob darin Dinge, die wir auch als Landesparlament ändern oder regeln können, verändert wurden oder aber, ob unsere Punkte dort festgeschrieben worden sind.
Also, meine Damen und Herren, ich bin in der Tat froh darüber, dass es gestern diese Anhörung gab; denn das Protokoll dieser Anhörung wird, wie ich hoffe, nicht im Kontroversen, aber sicherlich doch in Begleitung des Prozesses, was aus diesem Studienakkreditierungsstaatsvertrag wird, eine wichtige Rolle spielen.
Gestern wurden einige Aussagen gemacht, und ich möchte noch einmal die Befürchtung deutlich machen, dass es sich nicht zu einem Mammutgremium auswachsen wird, welches die Kontrolle ausübt. In dem Vertrag heißt es, von den rund 6,5 Stellen wird der Akkreditierungsrat auf etwas um die 9 Stellen angehoben, und in den Kosten wird es, so Herr Dr. Bartz, weniger. Es wird günstiger. Also, die Befürchtungen, die man in diese Richtung haben musste, hat er gestern zumindest – im Protokoll ist es nachzulesen – ausräumen können, wenn es denn dabei bleibt.
Meine Damen und Herren, darum möchte ich noch einmal sagen, ich bin froh, dass wir gestern diese Anhörung durchgeführt haben, die bei uns von einer strikten Ablehnung zu einer Enthaltung führen wird, und zwar deswegen, weil es auch gestern noch einige Punkte gab, die nicht ausgeräumt werden konnten. Wenn ich Herrn Dr. Bartz erneut zitieren darf, hat er gesagt: Ich habe mir mehrfach von meinen Juristen dies oder jenes erklären lassen müssen. Ich habe anscheinend auch nicht alles verstanden, wie es gemeint ist und wie es sich auswirken wird. Ich musste selber mehrfach nachfragen, um zu dieser oder jener Haltung zu kommen. –
Also, meine Damen und Herren, ich nehme das ernst, was die Professoren insgesamt an kritischen Punkten genannt haben,
und ich möchte, dass wir auch in Zukunft sehr genau darauf achten, wie sich diese Dinge entwickeln werden.
(Beifall der CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das war eine kraftvolle Enthaltung! – Abg. Alexander Licht, CDU: Ja, ich bin nicht vollends überzeugt, aber auf dem Wege! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So habe ich es verstanden! – Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund übernimmt den Vorsitz)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kollegen! Wir von der AfD haben bereits bei der ersten Beratung im September klargemacht, dass wir dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Studienakkreditierungsstaatsvertrag nicht zustimmen werden. Der Anregung von Herrn Licht für mehr Bedenkzeit kann ich nach der Erfahrung der gestrigen Anhörung durchaus etwas abgewinnen. Ich werde gleich noch darauf eingehen. Auch bei uns ist einiges in Bewegung gekommen.
Wir wollen die Hochschulen von der Akkreditierungspflicht – eine Folge des Bologna-Prozesses – aber nach wie vor befreien. Das Bundesverfassungsgericht ließ den Ländern durchaus die Möglichkeit, das umstrittene Verfahren ganz aufzugeben und die Qualitätskontrolle wieder den Hochschulen zu überlassen. Dem wurde im vorliegenden Gesetzentwurf leider nicht Rechnung getragen.
Nun konnte das gestrige Anhörverfahren im Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur unsere Bedenken zwar abschwächen, aber nicht ganz zerstreuen. Aus Sicht der AfD bleiben vier Kritikpunkte bestehen, erstens die Zentralisierung, zweitens die Schwächung der Länderhoheit, drittens Bürokratie und viertens die Kosten.
Zu Punkt 1: Zur Zentralisierung habe ich bereits im September gesprochen. Deshalb will ich hier nur in aller Kürze wiederholen. Der Bologna-Prozess sieht die Akkreditierung aller Studiengänge vor, um im europäischen Raum zu normieren, zu uniformieren. Dahinter steckt der beklagenswerten Zentralismus der EU.
Zu Punkt 2, der Schwächung der Länderhoheit: Professorin Silja Graupe von der Cusanus Hochschule in Bernkastel-Kues sieht in ihrem Gutachten die Souveränität der Länder durch den Studienakkreditierungsstaatsvertrag bedroht. Professor Dr. Holger Zaborowski der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar richtet in seiner Stellungnahme – Zitat – einen dringenden Appell an das Land Rheinland-Pfalz, in der Rechtsverordnung auf die Experimentierklausel und die Ermächtigung zu Eigenregelungen der Länder einzugehen, damit die Landeshoheit in Fragen der Zulassung von Studiengängen weiterhin garantiert ist.
Zu Punkt 3, der Bürokratie: Graupe befürchtet, dass mit dem Akkreditierungsrat ein – Zitat – „bürokratisches Monster“ geschaffen werde. Um aufgrund mangelnder Kapazitäten willkürliche Entscheidungen zu vermeiden, müsse ein immenser Aufbau von Bürokratie stattfinden. Selbst wenn Dr. Olaf Bartz, Geschäftsführer der Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Bonn, Horrorszenarien mit guten Argumenten zurückweisen konnte, so ist doch unbestritten, dass die Akkreditierungspflicht an sich für einen gewaltigen Anstieg der Bürokratie sorgt, ganz unabhängig von den Auswirkungen des Studienakkreditierungsstaatsvertrages.