Protocol of the Session on November 22, 2017

Zu Punkt 3, der Bürokratie: Graupe befürchtet, dass mit dem Akkreditierungsrat ein – Zitat – „bürokratisches Monster“ geschaffen werde. Um aufgrund mangelnder Kapazitäten willkürliche Entscheidungen zu vermeiden, müsse ein immenser Aufbau von Bürokratie stattfinden. Selbst wenn Dr. Olaf Bartz, Geschäftsführer der Stiftung zur Akkreditierung von Studiengängen in Bonn, Horrorszenarien mit guten Argumenten zurückweisen konnte, so ist doch unbestritten, dass die Akkreditierungspflicht an sich für einen gewaltigen Anstieg der Bürokratie sorgt, ganz unabhängig von den Auswirkungen des Studienakkreditierungsstaatsvertrages.

Zu Punkt 4, den Kosten: Dr. Bartz verbürgte sich im gestrigen Anhörverfahren, dass es zu keinem Anstieg der Kosten komme. Er stellte sogar eine Verringerung in Aussicht. Aber auch hier gilt unsere Kritik der Akkreditierungspflicht ganz allgemein. Die FAZ vermutet in einem Beitrag vom 11. Oktober 2017 mehrere Hundert Millionen Euro Kosten, welche die Akkreditierungspflicht verschlingt. Aus unserer Sicht sollte dieses Geld lieber in zusätzliche Dozenten investiert werden. Das würde unser Bildungswesen nachhaltig verbessern.

(Beifall der AfD)

Neben diesen vier Aspekten will ich noch auf eine weitere Schwachstelle verweisen. Professor Dr. Zaborowski bemängelte, es fände im Studienakkreditierungsstaatsvertrag, obwohl vom Bundesverfassungsgericht angemahnt – Zitat –, „keine hinreichende Abwägung von Wissenschaftsfreiheit, Berufsfreiheit und Qualitätssicherung statt.“

Auch Professorin Dr. Graupe vermisst ein klares Bekenntnis zur Wissenschaftsfreiheit, eine klare Abwägung.

Darüber hinaus nehmen wir die Kritik der Heidelberger Rechtsprofessorin Ute Mager sehr ernst. Mager ist immerhin jene Person, die vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ein Gutachten für die Hochschulrektorenkonferenz verfasst hatte. In der Fachzeitschrift „Ordnung der Wissenschaft“ hegt sie nun große Zweifel, ob die Wissenschaft künftig im Akkreditierungsrat angemessen vertreten ist.

Weitere Streitpunkte sind die Auswahl der wissenschaftlichen Mitglieder und das Klagerecht. Magers Kritik ist so fundiert, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, auch die neue Regelung der Akkreditierungspraxis könnte wieder vor dem Bundesverfassungsgericht landen.

Die AfD ist eine freiheitliche Partei. Wenn es um die Einschränkung von Freiheitsrechten geht, sind wir sehr sensibel.

(Abg. Martin Haller und Katrin Anklam-Trapp, SPD: Oh!)

Das gilt für die Meinungs- und Versammlungsfreiheit, das gilt selbstverständlich auch für die Freiheit von Lehre und Forschung.

Ich erneuere meine Forderung vom September. Die Hochschulen müssen über Art und Angebot ihres Studienangebots frei entscheiden können. Der Wissenschaftsbe

trieb muss vor ausufernden bürokratischen Regelungen geschützt werden. Deshalb stimmen wir diesem Gesetzentwurf nicht zu.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Frau Kollegin Lerch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Schmidt, ich bin bei Ihren Ausführungen zur freiheitlichen Partei fast geneigt, Ihnen einen Aufnahmeantrag der FDP anzubieten.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Oh!)

Denken Sie noch einmal drüber nach!

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Sie sind wirklich freiheitlich! – Abg. Michael Frisch, AfD: Humor haben Sie!)

Doch jetzt zum Thema. Das uns heute zur Entscheidung vorgelegte Landesgesetz zu dem Studienakkreditierungsstaatsvertrag basiert auf einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 2016. Das Bundesverfassungsgericht fordert eine gesetzliche Regelung hinsichtlich des Systems der Akkreditierung von Studiengängen bis zum Ende dieses Jahres, also bis zum 31. Dezember 2017.

Die FDP-Fraktion befürwortet ausdrücklich, dass sich die Kultusministerkonferenz für ein gemeinsames Vorgehen entschieden hat und somit eine alle Länder gleichermaßen betreffende Lösung gefunden werden konnte.

Aus dem Bildungsbereich weiß man, dass das weiß Gott keine Selbstverständlichkeit ist, sondern etwas ganz Besonderes, wenn 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten unterschiedlicher parteipolitischer Couleur die Unterschrift daruntersetzen.

Für das Land Rheinland-Pfalz werden zudem keine zusätzlichen Kosten entstehen. Auch das wurde gestern in der Anhörung deutlich.

Ich möchte nun die Vorteile des Vertrages hervorheben:

Erstens. Die Gleichwertigkeit von Studien- und Prüfungsleistungen sowie die Gleichwertigkeit von Studienabschlüssen auch bei einem Hochschulwechsel werden sichergestellt.

Zweitens. Die internationalen europäischen Kooperationen werden gestärkt, da nach Artikel 5 Abs. 2 Voraussetzungen für entsprechende Anerkennungen festgelegt werden.

Drittens. Qualitätssicherung wird über das bisher übliche interne Qualitätsmanagement ausgeweitet und geht nach

Artikel 5 des Vertrages auf den Akkreditierungsrat über. In der gestrigen Anhörung im Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur wurde von einer gutachtlichen Seite dies als Herstellung – und ich zitiere – „klarer Rechtsverhältnisse“ bewertet.

Viertens. Durch die festgeschriebene Zusammensetzung des Akkreditierungsrates werden vier Hauptfächergruppen vertreten sowie weitere unter Artikel 9 aufgezählte Vertreterinnen und Vertreter aus unterschiedlichen Bereichen.

Fünftens. Die Überwachung erfolgt durch einen Stiftungsrat, und der Akkreditierungsrat ist unabhängig von staatlichen Stellen.

Sechstens. Dem Landesrechnungshof unterliegt die Haushalts- und Wirtschaftsprüfung.

Siebtens. Eine Evaluation des neuen Akkreditierungssystems ist vorgeschrieben.

Achtens. Ich habe gestern einen kritischen Punkt vorgebracht, der mir problematisch erschien. In Artikel 6 Abs. 2 heißt es nämlich – Zitat –: „Die Stiftung ist berechtigt, Zuwendungen von dritter Seite anzunehmen.“ Die Antwort, die ich auf diese Frage bekam, hat mich beruhigt; denn es hieß, es hat noch nie irgendwelche Zuwendungen gegeben. Das wurde von einem Gutachter, der es wissen muss, so in öffentlicher Sitzung festgestellt.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Meine Damen und Herren, das gemeinsame Vorgehen der Länder zur Schaffung eines gemeinsamen Akkreditierungsverfahrens ist als Qualitätskriterium zu begrüßen. Die gemeinsame Einrichtung des Akkreditierungsrates mit allen im Vertrag aufgeführten Kontrollmechanismen schafft Transparenz und Rechtsklarheit.

Zudem unterstützt der Vertrag das Bestreben vieler Studentinnen und Studenten nach einem Auslandsstudium in Europa ohne Risiko der Aberkennung von Abschlüssen. Das ist auch gelebte europäische Zusammenarbeit in Zeiten des Brexit und kann nicht hoch genug bewertet werden. Dennoch bleibt die Frage der über Europa hinausgehenden Internationalisierung, wie sie auch von Herrn Professor Hermsdorf gestern thematisiert wurde.

Ich möchte zum Schluss noch etwas zu dem Prinzip Hoffnung sagen, Herr Licht, das Sie angesprochen haben. Das unterscheidet Geschichte von Politik. In der Geschichte blickt man zurück und weiß, was falsch und richtig war. Politik muss einen Weg gehen. Wir als FDP-Fraktion sagen, wir vertreten das Prinzip Hoffnung und stimmen deshalb diesen Vertrag zu.

Vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Binz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten den Studienakkreditierungsstaatsvertrag heute zum zweiten Mal im Plenum. Ich hatte in der ersten Lesung auf einige Punkte hingewiesen, die auch mir noch fraglich erschienen. Aber wie bereits angeklungen, hatten wir gestern eine Anhörung. Dadurch konnten viele Fragen noch einmal geklärt und auch näher beraten und erläutert werden. Da aber immer noch Punkte offen sind, würde ich darauf gerne noch eingehen.

Ein Punkt, den ich auch in der ersten Lesung angesprochen habe, war der zukünftige Arbeitsaufwand für den Akkreditierungsrat bzw. das damit einhergehende Argument der angeblich steigenden Bürokratie und steigender Kosten. Ich finde, dass gestern die Zweifel ausgeräumt werden konnten, dass der zukünftige Arbeitsaufwand vielleicht nicht verkraftbar sei.

Es ist schon gesagt worden, die Geschäftsstelle des Akkreditierungsrates wird in Zukunft von derzeit 6,5 Vollzeitäquivalenten auf künftig 9 aufgestockt. Das zeigt zum einen, es wird kein riesiges Mammutgremium geschaffen, und es wird keine riesige Bürokratie erzeugt. Es zeigt auch Folgendes: Man erwartet – das ist gestern gesagt worden – für die erste Zeit ca. 1.000 Anträge im Jahr, wobei es wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass die Zahl im Laufe der Zeit aus zwei Gründen geringer sein wird.

Zum einen ist es so, dass immer mehr Hochschulen ihre eigenen Qualitätssicherungssysteme ausbauen und diese akkreditieren lassen, die sogenannte Systemakkreditierung, und damit natürlich weniger die Programmakkreditierung greift, also die Akkreditierung einzelner Studiengänge.

Zum anderen ist im Entwurf der Musterrechtsverordnung – das ist gestern auch erläutert worden – vorgesehen, dass zukünftig die Laufzeiten der Akkreditierungen auf acht Jahre verlängert werden sollen, was natürlich in der mittelfristigen Perspektive zu weniger Anträgen führen wird.

Aber auch wenn wir bei den erst einmal 1.000 Anträgen im Jahr bleiben, dann sind es bei 9 Vollzeitstellen zwei bis drei Anträge pro Woche pro Stelle, die bearbeitet werden müssen. Das ist durchaus machbar und zeigt, wenn man einmal Akkreditierungsanträge in der Hand hatte und diese selbst durchgehen konnte, dass diese Anträge nicht nur oberflächlich, sondern auch durchaus in die Tiefe gehend geprüft werden können.

Mein zweites Bedenken in der ersten Lesung bezog sich auf die studentische Beteiligung im Akkreditierungsrat. Auch hier konnten wir gestern erfahren, dass ein vorher bestehender Konflikt zwischen der Hochschulrektorenkonferenz und dem studentischen Akkreditierungspool beigelegt werden konnte, sodass man auch in Zukunft von legitimierten studentischen Vertreterinnen und Vertretern im Akkreditierungsrat ausgehen kann, was uns sehr freut.

Es wurde weiterhin gestern ausführlich dargelegt, dass es weitreichende Regelungen im Konfliktfall gibt, wenn es also zu einem Konflikt zwischen einer Hochschule und dem Akkreditierungsrat kommt, und dass der Akkreditierungsrat

nicht, wie vorher dargestellt, sozusagen das Alleinentscheidungsrecht hat und man dagegen nicht mehr vorgehen kann. Es gibt vielmehr die Möglichkeit der Stellungnahme durch die Hochschulen. Dann wird das noch einmal im Akkreditierungsrat beraten. Ganz am Ende steht natürlich auch der Rechtsweg offen, wie das in einem Verwaltungsakt auch ist.

Wir haben aber auch gehört, diese Streitfälle sind in den letzten Jahren überhaupt nicht in der großen Anzahl in den letzten Jahren vorgekommen, dass eine große Befürchtung bestehen müsste. Der Geschäftsführer des Akkreditierungsrats hat uns von ungefähr einem Streitfall im Jahr berichtet. Ich glaube, das ist durchaus gängig.

Ich möchte aber auch noch etwas zu der hier eben vorgetragenen grundsätzlichen Kritik am Akkreditierungswesen sagen. Ja, die Freiheit von Forschung und Lehre ist ein hohes Gut. Aber diese Freiheit der Forschung und Lehre, die Wissenschaftsfreiheit, wird mit dem Staatsvertrag gestärkt, indem der Anteil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und auch ihre Stimmengewicht im Akkreditierungsrat erhöht wird.