Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist traurig, dass sich die regierungstragenden Fraktionen einer Generaldebatte über die Kommunalfinanzen verschließen. Sie wäre dringend notwendig; denn es wäre echt nötig, einmal länger als fünf Minuten darüber reden zu können.
Herr Roth fordert die Kommunen zu strenger Ausgabendisziplin auf. Wissen Sie, das ist an Zynismus kaum noch zu überbieten, Herr Roth.
Herrn Braun fällt nichts Besseres ein, als anderen das Geld aus der Tasche zu ziehen, indem er vorschlägt, dass wieder einmal die Hebesätze angehoben werden sollen, ungeachtet der Tatsache, dass es irgendwo faktische Grenzen gibt.
Herr Schweitzer erklärt der RHEINPALZ, er verstehe die Sorgen der Städte, und im Landtag werde regelmäßig über die Kommunalfinanzen gesprochen.
Wissen Sie, wir haben es hier nicht mit einem psychischen Problem zu tun. Das Sprechen allein hilft nicht.
Es ist dringend an der Zeit, dass mit Maßnahmen und echten Taten gegengesteuert wird, und zwar vom Land als Hauptverursacher.
Professor Junkernheinrich hat es vorgerechnet und darauf hingewiesen, ziehen die Zinssätze um nur 0,5 Prozentpunkte an, haben die Kommunen bereits 500 Millionen Euro mehr zu zahlen. Die Frage ist wirklich, worauf Sie noch warten. Die Zahlen liegen alle vor.
Deswegen schlage ich vor, dass wir es auch einmal andersherum machen könnten. In diesem Falle schlage ich vor, das Land könnte einen Abschlag leisten, und dann schauen wir hinterher weiter, so wie sie es bei den Kommunen sehr oft machen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen! Laut dem nunmehr vorliegenden Kommunalbericht 2017 des Landesrechnungshofs Rheinland-Pfalz weisen die Gemeinden und Gemeindeverbände 2016 ein Finanzierungsdefizit von 15 Millionen Euro aus. Die Schulden haben um weitere 200 Millionen Euro zugenommen. Im Ländervergleich mit den anderen großen Flächenländern wird in Rheinland-Pfalz der Durchschnitt der Kassenkredite je Einwohner um das 2,6-Fache übertroffen, und dies alles, obwohl seit Jahren die Steuereinnahmen Rekord um Rekord brechen.
Leider nimmt die Entwicklung der Kommunen in unserem Bundesland zu weiten Teilen keinen guten Weg, und dies, obwohl die Aufgabenstellung länderübergreifend vergleich
bar ist. Der Blick fällt insbesondere auf die kreisfreien Städte, die als einzige Gebietskörperschaften keinen positiven Finanzierungssaldo aufweisen.
Unter den zehn im Bundesvergleich am stärksten verschuldeten kreisfreien Städte in 2015 gemessen an der ProKopf-Verschuldung finden sich fünf Städte aus RheinlandPfalz. Gemäß kommunalem Finanzreport der Bertelsmann Stiftung sind es bei den Kassenkrediten schon sechs von zehn Städten in Rheinland-Pfalz.
Nicht erst seit den Sondereinflüssen infolge der geöffneten Grenzen und des Zustroms in unsere Sozialsysteme, sondern bereits im Jahr 2012 wurde seitens des Verfassungsgerichtshofs festgestellt, dass die Landesregierung es versäumt, die chronische Unterfinanzierung der Kommunen wirksam zu beseitigen, sprich, das Konnexitätsprinzip als feste Regel einzuhalten. Derzeit saniert sich das Land auf Kosten seiner Kommunen.
Ich möchte einige Punkte herausgreifen. Natürlich, bei der Entwicklung der Personalausgaben fällt die Entwicklung der Personalzahlen im Bereich der Kitas auf. Hier sehen wir einen Anstieg um 84 %. Das entspricht dem politischen Willen der Regierenden und geht einher mit der Bevorzugung der staatlich organisierten Betreuung und geht gegen eine tatsächliche Wahlfreiheit der Eltern ohne Diskriminierung elterlicher Betreuung.
Im Bereich der Sozialausgaben steigen die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz um 70 % im Vergleich zum Vorjahr. Nun ist im Vergleichsjahr die Basiszahl auch schon sehr hoch, das heißt, wenn wir mit einer Zahl vergleichen wie aus dem Jahr 2012, also vor der Grenzöffnung, springt uns eine schockierende Steigerung von über 700 % ins Auge.
Zur Investitionsrate: Der Forderung des Rechnungshofs zu einem grundsätzlichen Vorrang von Investitionen in die kommunale Infrastruktur und nicht – Zitat – in Wunschprojekte schließen wir uns vollumfänglich an. Bei Brücken beträgt dieser Stau derzeit über 600 Millionen Euro. Das heißt, wir leisten uns in Rheinland-Pfalz letztlich einen Vermögensverzehr.
Wenigstens die hierdurch entstehende Zinsersparnis – solange sie noch entsteht – muss ganz dringend für die Rückführung von Altschulden eingesetzt werden; denn nicht nur die Banken und Sparkassen fordern mittlerweile einen Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik. Auch im Finanzplan des Landes, Seite 51, wird die Erwartung geäußert, dass die EZB erste Schritte zur Beendigung der expansiven Geldpolitik einleitet, wodurch folglich das Zinsniveau steigt. Die absolute Schuldenhöhe muss reduziert werden, sonst geraten wir in eine Schuldenfalle ohne Ende.
Zuletzt: Der Rechnungshof widmet ein ausführliches eigenes Kapitel den Feststellungen zur kommunalen Finanzstatistik. Mit Genehmigung des Präsidenten zitiere ich: Die Validität, also die belastbare Aussagekraft der Finanzstatistik, ist durch fehlerhafte Meldungen beeinträchtigt. – Weiter heißt es: „Dies ist insofern bedenklich, da die Ergebnisse der Finanzstatistik als Grundlage“ – wir nehmen also diese Zahlen als Grundlage – „für Entscheidungen in Politik, Verwaltung und Rechtsprechung dienen.“ Diese Fehler betreffen ein Finanzvolumen von über 1,6 Milliarden Euro. Das heißt, wir haben ein Volumen von 1,6 Milliarden Euro, aber handeln auf der Basis unsicherer Zahlen. Allein um nur die Meldungen der Kommunen auf Plausibilität zu prüfen und Fehler zu beseitigen, müssen beim Statischen Landesamt fünf Vollzeitkräfte dauerhaft aufgewendet werden.
Der Rechnungshof empfiehlt in seiner wohltemperierten und höflichen Wortwahl die Beseitigung dieser Mängel. Diese konkreten Vorschläge möchte ich der Finanzministerin sehr ans Herz legen. Frau Ministerin, wir werden Ihr Interesse daran und natürlich an den weiteren Empfehlungen des Rechnungshofs nicht nur zu Einsparungen und Einnahmen, sondern auch zu konkreten Vorschlägen, wie der möglichen Genehmigungspflicht von Liquiditätskrediten, und Ihre Tatkraft, wieder Rahmenbedingungen zu schaffen, die ausgeglichene Haushalte ermöglichen, kritisch begleiten.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ende August hat der Rechnungshof den Kommunalbericht 2017 veröffentlicht und stellt den Finanzen der Kommunen in Rheinland-Pfalz kein gutes Zeugnis aus. Fakt ist, die Kommunen in Rheinland-Pfalz schneiden im Ländervergleich nicht gut ab. Bemängelt wird vor allem die hohe Verschuldung mit Kassenkrediten. Dass diese Art von Krediten, die eigentlich nur zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe vorgesehen sind, aber zunehmend zur langfristigen Finanzierung genutzt werden, problematisch ist, steht ebenfalls außer Frage, meine Damen und Herren.
Dennoch lohnt es sich, die Ergebnisse des Berichts kritisch unter die Lupe zu nehmen; denn die angespannte finanzielle Lage der Kommunen ist weder ausschließlich im Ausgabeverhalten der Kommunen selbst noch in einer zu geringen finanziellen Unterstützung des Landes begründet. Liebe Anke Beilstein, es ist nicht zynisch, das festzustellen und mit zu untersuchen.
Einen erheblichen Einfluss hat dagegen die kleingliedrige Verwaltungsstruktur in unserem Land, die erhebliche Kosten verursacht und daher eben positiv mit der Verschul
Deutschlandweit gibt es lediglich in Schleswig-Holstein zusätzliche Verwaltungseinheiten wie bei uns die Verbandsgemeinden.
Wir sind das Land mit den meisten und kleinsten Gemeinden. Meine Damen und Herren, gerade in diesen Gemeinden wird aber Engagement und Selbstverwaltung gelebt. Das macht unser Land aus.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung setzt sich gezielt mit den angesprochenen Problemen auseinander, zum einen mit der Verschuldungssituation. Der Entschuldungsfonds – auch darüber kann man nicht hinwegreden – stellt den Kommunen bis 2026 rund 79 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Seit 2012 sind insgesamt 775 Millionen Euro an die teilnehmenden Gemeinden geflossen. Ohne diese Finanzhilfe wäre der Betrag der Liquiditätskredite um deutlich über 1 Milliarde Euro höher. Herr Kollege Noss hat das bereits gesagt.
Zum anderen setzen wir als Landesregierung mit der KVR, also mit der Kommunal- und Verwaltungsreform, gezielt an der Verwaltungsstruktur an und arbeiten kontinuierlich daran, die Verwaltungskraft und die Wirtschaftlichkeit der Kommunen zu stärken.
Dass dieser Prozess nicht immer einfach und sicher mit vielen, teils sehr emotional geführten Gesprächen und umfassenden Diskussionen verbunden ist, möchte ich gar nicht abstreiten. Dennoch stellen wir uns im Interesse der Kommunen und der Bürgerinnen und Bürger dieser Herausforderung.