Protocol of the Session on September 4, 2017

Ansonsten konnte das Finanzergebnis der rheinlandpfälzischen Kommunen seit 2010 sehr deutlich verbessert werden. 53 % der Kommunen konnten in 2016 ihr kassenmäßiges Ergebnis nicht ausgleichen. Das entspricht 1.325 Gebietskörperschaften, die ein Defizit von 524 Millionen Euro aufweisen. 47 % der Kommunen konnten dagegen ausgleichend einen Überschuss von 509 Millionen Euro erzielen.

Ich glaube, diese Zahlen machen deutlich, dass wir, was die Finanzkraft unserer Kommunen betrifft, durchaus ein heterogenes Bild in Rheinland-Pfalz vorfinden. Neben armen haben wir auch reiche Kommunen, und das quer durch die verschiedenen Gebietskörperschaftsgruppen.

Die Liquiditätsproblematik besteht daher nicht für alle Kommunen im gleichen Umfang. So hatten 2016 von den 213 hauptamtlich geführten Gebietskörperschaften 75 keine Liquiditätskredite, darunter auch fünf Landkreise. Dennoch weisen nach wie vor die Landkreise und kreisfreien Städte mit ihren hohen Sozial- und Jugendaufwendungen rund 79 % der Liquiditätskredite aus. Unabhängig hiervon sind die aufgelaufenen Liquiditätskredite von rund 6,7 Milliarden Euro unbestritten zu hoch.

Ohne den von der Opposition viel gescholtenen Kommunalen Entschuldungsfonds, von dem im Übrigen niemand vorher behauptet hatte, dass er die Problematik der Liquiditätskredite gänzlich beseitigen würde, wäre der Gesamtbetrag der Liquiditätskredite rund 1,4 Milliarden Euro höher, als dies heute der Fall ist.

Die Steuereinnahmen der Kommunen sind in den letzten Jahren seit 2010 angestiegen und betragen rund 4,2 Milliarden Euro im Jahr 2016. Nach den vorliegenden Steuerschätzungen wird sich dieser Betrag im laufenden und im folgenden Jahr um insgesamt weitere 470 Millionen Euro erhöhen.

Dennoch liegen die rheinland-pfälzischen Kommunen mit ihren Steuereinnahmen von 1.033 Euro je Einwohner unter dem Durchschnitt der Flächenländer mit 1.197 Euro, also eine Differenz von rund 164 Euro je Einwohner. Das ergibt rund 600 Millionen Euro, die wir weniger haben.

Weiterhin betont der Bericht, dass die kreisfreien Städte ihre Haushalte rechnerisch ausgleichen könnten, wenn sie ihre Hebesätze der Realsteuern an den Länderdurchschnitt anheben würden.

Zu bemerken wäre an dieser Stelle, dass bereits der Verfassungsgerichtshof bei seinem seinerzeitigen Urteil vom 14. Februar 2012 anmerkte, dass die Kommunen ihre eigenen Einnahmequellen – hierbei handelt es sich in erster Linie um Realsteuern – angemessen auszuschöpfen haben sowie ihre Kräfte größtmöglich – das betone ich, so die Formulierung im Urteil – anspannen müssen. Trotz moderater Hebesatzerhöhungen in den letzten Jahren haben die kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz 2015 bei der Grundsteuer B nach wie vor den niedrigsten und bei der Gewerbesteuer den zweitniedrigsten Durchschnittshebesatz aller Flächenländer.

Die Finanzsausgleichsmasse ist in den vergangenen drei Jahren um rund 600 Million Euro aufgewachsen. 2017 erhöht sie sich um weitere 156 Millionen Euro und in 2018 nochmals um 176 Millionen Euro auf dann 2,93 Milliarden Euro. Die Finanzausgleichsmasse steigt somit von 2013 bis 2018 um rund 1 Milliarde Euro an, was einem Aufwuchs von ca. 50 % entspricht.

(Abg. Gerd Schreiner, CDU: Können Sie die letzten vier Zahlen noch einmal wiederholen?)

Auch für die folgenden Jahre ist den Kommunen durch die Festlegungen des Stabilisierungsfonds ein weiterer Anstieg der Finanzausgleichsmasse garantiert.

Es gäbe sicherlich noch einiges zu sagen. Bevor wir aber konkrete Schritte einleiten, sollten wir zunächst den Evaluierungsbericht für die kommunalen Finanzen abwarten und dann überlegen und diskutieren, wie wir die kommunalen Finanzen besser aufstellen können.

(Glocke des Präsidenten)

Eine Generaldebatte oder die Diskussion über einen zweiten Entschuldungsfonds für die Altschulden wie von der CDU gefordert, wäre zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich verfrüht.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Ja, so wie Sie reden, ist das sicher der Fall!)

Da sage ich entsprechend eines Liedes der Puhdys, jegliches hat seine Zeit, auch die Diskussion über die Finanzen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Julia Klöckner, CDU: Traurig, nur verlängerter Arm, echt! – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Beilstein von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zahlen sprechen eine klare Sprache.

(Beifall bei der CDU)

Insofern ist der Kommunalbericht 2017 eine einzige Ohrfeige für die seit Jahren SPD-geführte Landesregierung.

(Beifall der CDU und bei der AfD – Abg. Martin Haller, SPD: Jahrzehnte, so viel Zeit muss sein! Zuruf des Abg. Alexander Fuhr, SPD)

Herr Haller, so viel Zeit muss sein. In der Tat ist das seit 26 Jahren so. Das ist noch schlimmer.

(Abg. Martin Haller, SPD: Ja, sehr schön!)

53 % der Kommunen können ihr kassenmäßiges Ergebnis nicht ausgleichen.

Herr Noss, ich finde, es ist kein Grund zum Feiern, wenn noch nicht einmal die Hälfte es schafft, den Ausgleich herzustellen.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Fünf der zehn je Einwohner am höchsten verschuldeten Städte Deutschlands liegen in Rheinland-Pfalz. Allein die Stadt Kaiserslautern ist aus Liquiditätskrediten doppelt so

hoch verschuldet wie alle baden-württembergischen und bayerischen Gemeinden und Gemeindeverbände zusammen.

(Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

Die Pro-Kopf-Verschuldung aus Liquiditätskrediten beträgt in Rheinland-Pfalz 1.530 Euro gegenüber zum Beispiel Bayern mit 16 Euro.

(Zuruf von der CDU)

Während die durchschnittlichen Einnahmen in den anderen Flächenländern durchgängig seit 2012 ausreichen, um die Ausgaben zu decken, war dies in Rheinland-Pfalz lediglich in 2015 der Fall. Ich erinnere mich noch sehr gut an den Jubel, den die regierungstragenden Fraktionen damals angestimmt hatten. Ich erinnere mich auch noch an die empörten Rufer, wir seien Schlechtredner, als ich darauf hingewiesen hatte, dass dies Einmaleffekten geschuldet sei. Herr Noss, eben haben Sie es Gott sei Dank erkannt, aber erst im Nachhinein.

(Beifall der CDU)

Der aktuelle Rechnungshofbericht bestätigt unseren damaligen Hinweis. Was läuft also falsch in Rheinland-Pfalz? Haben wir vielleicht die verschwenderischsten Kommunalpolitiker? Ganz sicher nicht.

(Zuruf des Abg. Hans Jürgen Noss, SPD)

Die Antwort ist meiner Meinung nach auch nicht in Berlin zu suchen, sondern ganz klar hier in Mainz; denn hier in Mainz haben wir seit 26 Jahren eine Landesregierung, die Kommunen einfach so zur Ader lässt und melkt, wo es nur geht, damit sie das Geld für die eigenen Zwecke hat.

(Beifall bei CDU und AfD)

Ich weiß, Sie hören das nicht gern, und Sie verweisen auch immer wieder auf den großen Anstieg der Finanzausgleichsmasse. Leider vergessen Sie aber, mit der gleichen Regelmäßigkeit darauf hinzuweisen, wie ungleich höher auch die Ausgaben gestiegen sind.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: So ist das!)

Das sind Ausgaben, die die Kommunen nicht aus Jux und Tollerei machen, sondern die ihnen zuwachsen, ohne einen entsprechenden Ausgleich dafür zu bekommen. Bestes Beispiel sind die Kitas. Da hat es sich das Land sehr einfach gemacht. Es hat den U3-Ausbau beschlossen und die Personalkosten ganz einfach dem kommunalen Finanzausgleich belastet. Die Kommunen hatten einfach zu leisten.

Wegen der dynamischen Ausgabenentwicklung in diesem Bereich ist das zu einem Faktor geworden, den die Kommunen so einfach nicht mehr stemmen können. Das sieht der Rechnungshof im Übrigen ebenso. Anders als er halten wir jedoch nicht den Abbau von Kita-Personal hierfür angezeigt, sondern Überlegungen, wie das Land vielleicht einen Anteil dazu leisten könnte.

Dass die Kosten für Sozialausgaben die stärksten Kos

tentreiber sind, ist seit Langem klar. Dass sie aber dieses Mal erstmals mit 3,1 Milliarden Euro deutlich höher als die Personalausgaben mit 2,9 Milliarden Euro lagen, zeichnet einen alarmierenden Weg vor, den wir so nicht weitergehen können und sollten.

(Beifall bei der CDU)

Sie verschweigen auch, dass wir immer wieder Mittel vom Bund bekommen, die leider nicht zur Gänze an die Kommunen weitergeleitet werden. Es gibt ein Plakat, das davon spricht, Frauen gleichberechtigt zu bezahlen, ihnen nicht 21 % weniger als Männern zu geben. 21 % ist ein Stichwort. Ich nenne den Verbundsatz. Sie machen es im Land Rheinland-Pfalz sehr gern. 21 % von dem, was vom Bund kommt, behält man in der Landeskasse und reicht es nicht weiter.

(Beifall bei der CDU)

Hinzu kommt, dass die Kommunen immer wieder in Vorlage treten müssen. Ich erinnere zum Beispiel nur an die Landeszuschüsse zu Feuerwehrautos, die jahrelang vorfinanziert werden müssen, oder jüngste Abrechnungen aus dem Ressort Spiegel, die nicht geleistet werden und nicht zu den Kommunen kommen.

Wir hatten in der Enquete-Kommission sehr deutlich herausgearbeitet, dass sich dieses strukturelle Problem der finanziellen Unterfinanzierung auf rund 900 Million Euro beläuft. Das ist dauerhaft nur über drei Säulen zu lösen, nämlich Bund, Land und Kommunen.

Die jetzige Bundesregierung hat so hohe Mittel aus Berlin an die Kommunen gegeben wie keine Vorgängerregierung je zuvor. Die Kommunen haben über Hebesatzerhöhungen und über ihren Beitrag im Wege des Kommunalen Entschuldungsfonds das getan, was sie tun konnten. Ich sage ganz klar, eine Zitrone lässt sich nur einmal auspressen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)