Protocol of the Session on August 9, 2017

(Heiterkeit des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie wirklich jegliche Form von Diskriminierung – auch auf der zwischenmenschlichen Ebene, Sie haben vorhin von Kaffee beim Professor gesprochen – beseitigen wollen, dann müssen Sie unsere Gesellschaft totalitär organisieren. Dagegen wehren wir uns ganz entschieden.

(Beifall der AfD)

Es kommt noch ein anderer Aspekt hinzu. Sie haben die Begriffe Toleranz und Akzeptanz quasi nebeneinander verwendet. Es gibt aber einen erheblichen Unterschied. Natürlich müssen wir unterschiedliche Lebensformen tolerieren. Jeder soll nach seiner Façon glücklich werden. Solange er sich an unsere Gesetze und an unsere demokratischen Grundregeln hält, ist das sein gutes Recht.

Sie können aber doch nicht Menschen zwingen, zu akzeptieren, was andere an Wertvorstellungen haben. Sie können nicht verlangen, dass ich alles gut finde, was andere machen. Akzeptieren heißt, auch für mich übernehmen und es gutheißen. Das ist ein Schritt, der entschieden zu weit geht.

Ich würde mich auch einmal dafür interessieren, wie Sie dann mit unseren neuen Mitbürgern aus dem islamischen Kulturkreis verhandeln wollen. Wollen Sie denen die Akzeptanz für Homosexualität abverlangen? Da werden Sie noch ein gutes Stück Arbeit vor sich haben.

(Beifall der AfD – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja natürlich! Selbstverständlich!)

Wir brauchen Toleranz, nämlich das Erdulden und Ertragen von Ansichten und Lebensweisen, die nicht meiner Überzeugung entsprechen. Das ist überhaupt kein Thema.

(Zuruf der Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollten aber auch hinnehmen und sollten es akzeptieren, wenn Menschen anderer Auffassung sind und für sich selbst andere Werthaltungen haben. Alles, was dagegen angeht, ist eine Form von totalitärem Denken.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Zur Erwiderung erteile ich Frau Kollegin Rauschkolb das

Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Frau Kollegin, wir wohnen in der gleichen Umgebung. Von daher können wir auch gar nicht ein solch anderes Weltbild haben. Mich stört aber einfach dieser Ausdruck „echte Diskriminierung“. Wie will man denn jemandem sagen, ob es eine echte Diskriminierung war oder nicht? Es wird in der Literatur zwischen mittelbarer und unmittelbarer Diskriminierung unterschieden. Das ist auch wissenschaftlich anerkannt. Wenn ich es empfinde und es vorkommt, dass ich diskriminiert werde, ist das so zu sehen. Wenn Kinder, die in einer Obdachlosenunterkunft wohnen und keine Ausbildungsstelle aufgrund ihrer Adresse bekommen, oder wenn jemand aufgrund seines Namens keine Ausbildungsstelle bekommt und man dann sagt, nein, das war nicht so echt, Sie bilden sich das vielleicht nur ein, dann ist es doch klar, dass es für diese Menschen in ihrem Leben sehr viel bedeutet. Es ist doch wichtig, dass wir dagegen vorgehen. Ich glaube, da können wir uns doch ganz einig sein.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Simone Huth-Haage, CDU)

Was ist denn, wenn jemand sagt, stell dich nicht so an? Schauen Sie doch einmal, was passiert ist, als es auf Twitter diesen Aufschrei gab. Schauen Sie sich doch einmal an, wie viele Frauen sich gemeldet haben, die sich vielleicht gar nicht getraut haben zu sagen, was ihnen passiert ist. Es gibt bestimmt fast keine Frau hier im Raum, die nicht auch einmal sagen kann, dass ihr so etwas passiert ist, dass sie irgendwie belästigt wurde, ob das verbal oder in anderer Weise war. Dann ist doch klar, dass wir dafür sorgen und klarmachen müssen, dass so etwas in unserer Gesellschaft nicht geht.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Frisch, es ist doch klar, dass wir wollen, dass jeder sich in Rheinland-Pfalz wohlfühlt und jeder sein kleines Paradies hat,

(Abg. Michael Frisch, AfD: Dann machen Sie eine Religion auf, aber keine Politik!)

und zwar jeder mit den Voraussetzungen, die er erlebt und mitbringt, dass man hier gut leben kann, nicht diskriminiert wird und einfach selbstbestimmt leben kann, ohne irgendwelche Hürden nehmen zu müssen.

Natürlich ist es uns wichtig, dass alle, die hierher kommen, auch die Rechte akzeptieren, und klar ist, dass in Rheinland-Pfalz auch Bürgerinnen und Bürger leben, die homosexuell sind. Wenn jemand hierher kommt, dann ist es klar, dass alle akzeptieren müssen, dass Frauen Frauen lieben und Männer Männer und dass Frauen auch in Führungspositionen sind. Wir hatten das Thema gestern schon.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Das ist doch unstrittig!)

Es ist wichtig, dass alle akzeptiert werden. Ich bin weiterhin der Auffassung, dass wir uns gemeinsam dafür einsetzen sollten, dass Menschen, die empfinden, dass sie diskriminiert werden, sich auch irgendwo hinwenden können und dann auch den entsprechenden Schutz bekommen.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der AfD hat Frau Abgeordnete Dr. Groß das Wort.

Herr Präsident, geehrte Kollegen Abgeordnete und Regierungsmitglieder! Zu Beginn der Großen Anfrage wird behauptet, dass zahlreiche Menschen in unserer Gesellschaft von Diskriminierung betroffen seien. Was heißt hier „zahlreich“? Verschonen Sie uns mit derartigen Allgemeinplätzen, meine Damen und Herren!

(Beifall der AfD)

Im Übrigen wissen Sie da mehr als Staatsministerin Frau Spiegel. Sie konnte in der Antwort auf meine Kleine Anfrage – Drucksache 17/1771 – weder eine Statistik bezüglich des Personenkreisen von LSBTTI in Rheinland-Pfalz vorlegen, damit man überhaupt einmal weiß, mit welcher Gruppengröße man es hier zu tun hat,

(Abg. Pia Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sollen wir die zählen? Ist das Ihre Intention?)

noch konnte Frau Spiegel statistisch nachweisen, welche Übergriffe und konkreten Vorfälle von feindseligem Verhalten, Diskriminierungen und Verstöße gegen das allgemeine Gleichheitsgesetz stattfinden. Dann hätte man auch etwas zu derartigem Verhalten erfahren können. Aber keine Erfassung, keine Dokumentation.

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sollen wir hier die Homosexuellen erfassen? Was ist das denn hier?)

(Beifall und Heiterkeit der AfD – Zurufe von der SPD)

Es gibt aber offensichtlich eine Onlineumfrage aus dem Jahr 2013 zur Lebenssituation von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transidenten, Intersexuellen in Rheinland-Pfalz. Als Grundlage bezüglich ihres Kampfes gegen Diskriminierung gegenüber diesen Gruppen führt die Landesregierung wie auch bei der Beantwortung anderer Anfragen zu diesem Thema ausschließlich das Ergebnis dieser Onlineumfrage an.

Dabei ist beachtenswert, auf welche Art und Weise die 500 Umfrageteilnehmer, die zudem noch nicht einmal alle aus

Rheinland-Pfalz stammen, gewonnen wurden. Zitat aus der Antwort auf die Große Anfrage: Multiplikator_Innen der LSBTTI Communitys, namentlich QueerNet RheinlandPfalz e.V. und die angeschlossenen Vereine und Initiativen, verbreiten den Link, der zum Onlinefragebogen führt, verbunden mit einer Einladung zur Teilnahme an der Umfrage. Zusätzlich verteilten QueerNet RLP e.V. bei öffentlich wirksamen LSBTTI-Veranstaltungen wie Christopher Street Day oder Loveparade Postkarten, die zur Teilnahme an der Umfrage animieren. –

Meine Damen und Herren, sieht so eine wissenschaftliche Datenerhebung aus, an die die klar definierten Kriterien zu stellen sind? Entwickelt wurde der Fragebogen im Übrigen auf der Basis des Maßnahmenplanes „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“. Die Antworten werden dann wieder herangezogen, um diesen Maßnahmenplan zu begründen. Das ist ein klarer Fall von Zirkelschluss, meine Damen und Herren.

(Beifall der AfD)

Entworfen wurde der Fragebogen zusammen mit QueerNet. Die Lobbyisten begründen also selbst, warum sie weiter gefördert werden wollen. Das ist etwa so, als wenn ich die Tabaklobby befrage, um die Unschädlichkeit des Rauchens zu belegen.

Auch die Landesregierung gibt selbst zu, dass dieses Ergebnis der Umfrage nicht repräsentativ ist. Nicht nur das, es ist schlicht unseriös.

(Beifall der AfD)

Nicht weniger unwissenschaftlich als die Rekrutierung der Teilnehmer war diese online erhobene Fragestellung. So wird nicht gefragt, ob man Benachteiligungen erlebt hat, sondern das wird einfach vorausgesetzt. Dass solche Fragen das gewünschte Ergebnis bringen, überrascht nicht, soll doch suggeriert werden, es gäbe eine unsere Gesellschaft durchziehende Diskriminierung. Beinahe alle Minderheiten werden diskriminiert, ja bedroht, ja wir lebten in einer Diskriminierungsgesellschaft. Das komplette Erhebungsdesign ist unseriös und dementsprechend das hieraus gewonnene Ergebnis.

(Beifall der AfD)

Dennoch dient dieses auf tönernen Füßen stehende Ergebnis als Arbeitsgrundlage eines Runden Tisches LSBTTI und einer interministeriellen Arbeitsgruppe Vielfalt. Aber nicht nur das. Es dient zudem als Rechtfertigung finanzieller Forderungen vonseiten LSBTTI, denen die Landesregierung nur allzu gern bereitwillig nachkommt.

Doch kommen wir nun zum Dreh- und Angelpunkt der Antwort auf die Große Anfrage, die schon hier thematisierte Landesantidiskriminierungsstelle. Angesiedelt beim Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, besteht die Stelle seit 2012 und ist mit zwei Kräften besetzt. Aus der Antwort auf die Große Anfrage geht hervor, dass sich im Zeitraum Mai 2012 bis Stichtag 7. Juli 2017 insgesamt 131 Menschen bei dieser Stelle gemeldet haben, die wegen einer möglichen persönlichen Diskriminierung um Beratung und Hilfe nachgesucht

(Zuruf der Abg. Katrin Anklam-Trapp, SPD)

Im selben Zeitraum wurden in Rheinland-Pfalz mehr Menschen vom Blitz getroffen.

(Heiterkeit und Beifall der AfD)