Wir sind also – ich möchte das noch einmal betonen – nicht auch ein Bundesland, das sich mit Digitalisierung der Landwirtschaft beschäftigt, sondern wir sind das Bundesland, das sich mit der Digitalisierung der Landwirtschaft vor allem beschäftigt.
Wir wollen die Technologie, die wir in Rheinland-Pfalz besonders vorantreiben, bundesweit einsetzen, weil wir uns nicht von anderen abgrenzen wollen, sondern eine enge Zusammenarbeit anstreben; denn die Aufgabe und die Kosten der Digitalisierung sind zu groß, als dass wir auf Bundesebene allein erfolgreich sein könnten. Wir arbeiten bereits mit allen interessierten Akteuren an der Weiterentwicklung des gesamten Systems, so auch in Zusammenarbeit mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium und meinen Länderkollegen.
Unsere Digitalisierungsstrategie für die Agrarwirtschaft sieht eine intelligente Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Landwirtschaft vor. Dazu wurde unter der Leitung von Herrn Staatssekretär Becht eine Lenkungsgruppe am DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, also ein Schwerpunktzentrum, gebildet.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Integration der digitalen Ausbildungsinhalte in den Unterricht von landwirtschaftlichen Berufsschulen und Fachschulen. Auch das wurde schon erwähnt. Zur Umsetzung der Lehrinhalte in die Praxis ist die Zusammenarbeit der Dienstleistungszentren mit der Lehranstalt für Agrar- und Umwelttechnik – der DEULA – von großer Bedeutung. Wir wollen und werden unseren Schülerinnen und Schülern an der DEULA die notwendigen Fertigkeiten vermitteln, um etwa Applikationskarten zu erstellen, diese Planung mit Geodaten unterschiedlicher Art zu hinterlegen und auf Basis dieser Karten die Steuerung der Landtechnik, etwa von PS-Spritze und Düngerstreuer, sowie das Datenmanagement zu erlernen.
Für unsere Arbeit sind Pilotbetriebe, die wir suchen und einbinden, von besonderem Interesse; denn wir wollen das Thema „Smart Farming“ nicht akademisch, sondern praktisch bearbeiten. Es sollen schnellstmöglich Anwendungen entstehen, die den Betrieben unmittelbaren Nutzen stiften. Um das herauszufinden, arbeiten wir an praktischen Anwendungen und an der Organisation eines Netzwerks. Jeder interessierte Akteur ist uns willkommen und wird auf Wunsch in unser Netzwerk eingebunden. Am 30. August haben wir hierzu eine erste große interne Veranstaltung mit unseren Dienstleistungszentren Ländlicher Raum. Eine weitere Veranstaltung mit den verschiedenen Nutzerkreisen ist in Planung.
Sie haben den Vorschlag gemacht, einen einzigen Lehrstuhl einzurichten, der sich mit der Digitalisierung nur der Landwirtschaft beschäftigt. Ich glaube, das greift zu kurz, da dieses Thema übergreifend gesehen werden muss. Wir müssen die ganzen Akteure zusammenbringen.
Wir haben heute mittelständische Unternehmen, die sich mit digitaler Erfassung von beispielsweise Farben beschäftigen. Da denkt man zuerst einmal an die Anwendung der Industrie. Sie können mit in Rheinland-Pfalz entwickelter digitaler Technik Farbnuancen präzise digital erfassen und unterscheiden. Das wurde für die Industrie entwickelt, beispielsweise um anthrazit sicher von schwarz unterscheiden zu können. Dadurch können sie Farbabweichungen aussortieren oder bestimmte Produkte präzise identifizieren und damit Produktionsprozesse automatisieren.
Mit diesem Beispiel will ich Ihnen zeigen, es ist gar nicht so klug, die Dinge nur aus einer Perspektive zu betrachten; denn diese Technologie in Rheinland-Pfalz von einem digitalen Start-up entwickelt, bietet plötzlich eine weitere Anwendungsmöglichkeit etwa im Smart Farming, weil man mit dieser Farberkennung auch die Möglichkeit hat, auf einem Stoppelacker Unkräuter präzise zu identifizieren, sodass man nur noch diese mit Pflanzenschutzmitteln individuell präzise besprühen kann und nicht mehr die gesamte Fläche. Man kann damit 90 % der Pflanzenschutzmittel einsparen.
An diesem Beispiel können Sie erkennen, die Dinge darf man nicht so stark konzentrieren, sondern man muss die Akteure selbstständig arbeiten lassen, aber unter dem Ziel, die Nutzfahrzeugtechnik insbesondere im Bereich der Landwirtschaft in Rheinland-Pfalz voranzubringen. Also ist es unsere Aufgabe, die Akteure zu vernetzen und sie nicht in der Denkweise zu verengen.
Meine Damen und Herren, die Europäische Kommission schreibt spätestens ab dem Jahr 2018 vor, dass flächenbezogene Agrarfördermaßnahmen ausschließlich georeferenziert zu beantragen sind. Davon betroffen sind alle Direktzahlungen und die Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen mit einem Ausgleichsvolumen von jährlich knapp 250 Millionen Euro für unser Land Rheinland-Pfalz. Vor diesem Hintergrund wurde erstmals ab dem Jahr 2015 neben
Zur Umsetzung und Unterstützung der Betriebe werden den Landwirtinnen und Landwirten, den Winzerinnen und Winzern Hilfestellungen durch die zuständigen Kreisverwaltungen, ein Support beim DLR im Raum Bad Kreuznach, bei den Bauernverbänden und auch von Dritten angeboten. Zur Verbesserung der informationsgestützten und geodatengesteuerten Landbewirtschaftung ist die Förderung von GPS-Geräten und der notwendigen Softwareprogramme sowie weiterer Digitalisierungstechniken wie Sensorsteuerung in der Landwirtschaft möglich.
Auch die digitale Infrastruktur ist angesprochen worden. Meine Damen und Herren, sie ist im ländlichen Raum trotz großer Anstrengungen noch nicht optimal, aber wir schreiten hier mit großen Schritten voran. Das ist allerdings ein allgemeines und sektorübergreifendes Anliegen. Die Schaffung einer digitalen Infrastruktur in der Fläche dient vielen Sektoren und muss deswegen für die Vernetzung der gesamten Wirtschaft erfolgen. Die in Rheinland-Pfalz starke Nutz- und Landtechnikindustrie wird bei der Produktentwicklung von Praxisanregungen und Pilotbetrieben profitieren, so wie umgekehrt die Landwirtschaft von der Nähe zu innovativen Landtechnikherstellern profitiert.
Dieser Standort Rheinland-Pfalz ist ein Standort, der im Bereich der Nutzfahrzeugtechnik mehr zu bieten hat als andere. Deswegen werden wir diese Besonderheit unseres Standorts nutzen. Wir haben früher schon kluge Entscheidungen seitens des Landes erlebt, beispielsweise die Schaffung eines Nutzfahrzeugclusters, des CVC-Clusters. Damit haben wir bereits eine Grundvoraussetzung, um die Akteure zu vernetzen, die notwendig sind, um die Technologie zu entwickeln, die unsere Landwirtschaft digital ermöglichen wird.
Weil es schon mehrfach angesprochen worden ist, will ich zum Thema „Drohnen“ sagen: Die Tatsache, dass eine Drohne dort fliegt, ist noch keine digitale Technik. Das Ziel der Digitalisierung ist letztlich, Daten zu erheben und zu verarbeiten, um immer präziser arbeiten zu können. Ich hatte Ihnen das Beispiel mit der präzisen Differenzierung von Unkräutern auf dem Acker oder Identifizierung bestimmter Pflanzen auf dem Acker genannt. Das wird am Ende nur möglich sein, wenn viele Daten erhoben und verarbeitet werden.
Dass die Datensicherheit dabei eine große Rolle spielt, ist völlig klar. Den Landwirtinnen und Landwirten, die sich offen für die Digitalisierung zeigen, sagen wir, die Landesregierung wird alles tun, um die Interessen des Datenschutzes zu gewährleisten. Selbstverständlich müssen die Daten am Ende dem Betrieb gehören und dürfen nicht missbraucht werden. Auch da ist die Landesregierung aktiv.
Entscheidend ist aber, wir können optimistisch in die Zukunft blicken, weil wir in Rheinland-Pfalz außerordentlich technologieaffine Landwirtinnen und Landwirte haben und es hier so gut vorangeht: Die Landwirtschaftsverbände, Bauern- und Winzerverbände machen alle mit, und die Dienstleistungszentren werden mit jungen Leuten besetzt, die Freude an dieser Zukunftstechnologie haben. Das
ist die beste Voraussetzung, um optimistisch in die Zukunft dieses Landes zu blicken. Mein persönliches Ziel als Landwirtschaftsminister in Rheinland-Pfalz ist es, aus Rheinland-Pfalz einen Vorzeigestandort im Bereich digitaler Landwirtschaft zu machen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, durch die verlängerte Redezeit der Landesregierung stehen den Fraktionen jeweils fünfeinhalb Minuten Redezeit zur Verfügung. Wird erneut das Wort gewünscht? – Ich erteile Herrn Dr. Böhme von der AfD-Fraktion das Wort.
Sehr verehrte Frau Vizepräsidentin, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Minister! Die AfD-Fraktion hatte eine Große Anfrage zur Stellenbesetzung in der Landesverwaltung gestellt. Das Ergebnis ist, eine große Anzahl an Stellen ist nicht besetzt. Herr Minister Wissing, heraus sticht aber Ihr Ministerium. Dort sind die meisten Stellen unbesetzt. Das wollte ich in diesem Kontext einfach noch einmal erwähnen.
Ich hatte auch eine Kleine Anfrage gestellt, und wir hatten im Ausschuss schon diskutiert, dass gerade in den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum im Moment die meisten Stellen nicht besetzt sind. Also ich denke, wir können die Digitalisierung und viele andere Projekte in der Landwirtschaft nur voranbringen, wenn die Stellen nicht offen sind, sondern zügig besetzt werden.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit kommen wir zur Abstimmung über die Anträge. Wir stimmen zunächst über den Antrag der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/3284 – „Digitalisierung in der Landwirtschaft – Entwicklungsmöglichkeiten für Betriebe fördern“ ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der AfD gegen die Stimmen der CDU angenommen.
Wir stimmen über den Alternativantrag der CDU – Drucksache 17/3328 – „Digitalisierung als Chance für bäuerliche Landwirtschaft und Weinbau“ ab. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der SPD, der FDP, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der AfD gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.
Agrarbericht 2017 Besprechung des Berichts der Landesregierung – Drucksache 17/3365 – gemäß Beschluss des Landtags vom 12. Oktober 1989 zu Drucksache 11/3099
Ich bitte um Wortmeldungen. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Steinbach. Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.
Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Heute sprechen wir über den Agrarbericht 2017 für Rheinland-Pfalz. Ich kann Ihnen in der Kürze der Zeit von diesem sehr umfassenden Werk nur stellvertretend ein paar Auszüge nennen. Ich möchte aber vorwegschicken, dass 2016 wiederum ein sehr anspruchsvolles Jahr war, insbesondere bei den zu erzielenden Preisen.
Die Preisschwankungen für Agrarprodukte waren wiederum auf niedrigem Niveau sehr volatil. Daher war die Einkommenssituation weiterhin unbefriedigend. Insbesondere der durchschnittliche Gewinn je Arbeitskraft in Höhe von rund 26.100 Euro und die Unternehmensgewinne sind weiterhin nicht zufriedenstellend, um insbesondere die Eigenkapitalausstattung zu halten, aber auch die Investitionsbedarfe bedienen zu können. Das ist natürlich je nach Betriebsform sehr unterschiedlich, von den milchviehhaltenden Betrieben bis zu den Winzern, vom Ackerbau bis zu den gemischten oder veredelnden Betrieben.
Es gab eine leichte Steigerung der Erlöse um 7 %, aber durch die sehr große Bandbreite der verschiedenen Betriebsarten waren die Preisschwankungen teilweise sehr ruinös. Am Ende der Skala – hierauf möchte ich ganz besonders noch einmal eingehen – standen wiederum die Milchviehbetriebe, die mit einem Erlös von 26,7 Cent im Jahresmittel mit Sicherheit weit weg von kostendeckenden Erlösen waren.
Aktuell bewegen sich die Milchpreise in einer Bandbreite von 33 bis 35 Cent je Kilo Rohmilch und befinden sich somit wieder auf einem guten Weg. Die Richtung stimmt. Das hat auch damit zu tun, dass die Milchanlieferungsmenge unter Vorjahresniveau liegt und sich die Nachfrage auf einem konstanten Niveau befindet. Wir hoffen, dass dies mindestens zu einer mittelfristigen Konstanten oder sogar zu einem leicht steigenden Niveau beiträgt.
Die Einkommenssituation hat zur Folge gehabt, dass die Anzahl der Milchviehhalter weiter gesunken ist. In Rheinland-Pfalz gibt es noch knapp 2.000.
Die vielfältigen Herausforderungen der modernen Landwirtschaft wurden vorhin schon einmal genannt im Antrag zur Digitalisierung in der Landwirtschaft. Ich möchte noch einmal die Stichpunkte nennen. Produktivität, Tier- und Umweltschutz, aber auch Qualität, Verbraucherschutz, die Digitalisierung und auch die Arbeitszeitanforderungen der Arbeitskräfte heutzutage sowohl der Angestellten als auch der Betriebsinhaber sind große Herausforderungen.
Nicht immer drücken sich jedoch diese Wünsche und Anforderungen insbesondere der Verbraucher in ihrem Kon
sumverhalten aus. Das heißt, die Wertschätzung für hohe Qualitäten, für gute regionale Produkte müssen sich auch im Konsumverhalten ausdrücken. Das garantiert uns dann sichere und gesunde Lebensmittel aus regionalem Anbau und auch eine Stärkung der heimischen Landwirtschaft. Daran haben nicht nur die Landwirte selbst, sondern auch der vor- und nachgelagerte Bereich bis hin zum kommunalen Bereich ein großes Interesse.
Erfreulich entwickelt hat sich das Biosegment. Wir haben einen deutlichen Zuwachs der Anbauflächen von 2010 auf 2016 betrachtet von 37.000 auf knapp 64.000 Hektar. Dieser Markt ist um knapp 10 % auf 9,5 Milliarden Euro in Deutschland gestiegen. Hier gibt es einen deutlichen Überhang der Nachfrage, und es ist ein weiteres Wachstum zu erwarten.
Die Landwirtschaft und der Weinbau sind wie für kaum ein anderes Land für Rheinland-Pfalz von enormer Bedeutung. Die ländliche Entwicklung hängt damit eng zusammen. Das gilt nicht nur für das Topthema der Lebensmittelerzeugung, sondern auch die Prosperität des ländlichen Raumes, die Kaufkraft, die Lebensqualität bis hin zum Tourismus hängen an der Landwirtschaft.
Ich muss ein bisschen springen, da ich die Zeit im Nacken habe. Ich danke der Landesregierung für ihre sehr zuverlässige Arbeitsweise. Hier seien stellvertretend die pünktliche Auszahlung der Mittel aus der Gemeinsamen Agrarpolitik, die Direktzahlungen und die Agrarumweltmaßnahmen zu nennen. Das schafft nicht jedes Bundesland, diese Zahlungen pünktlich im Dezember auf die Betriebskonten überweisen zu können. Das soll hier auch einmal erwähnt sein.
Ganz kurz und zuletzt ein Ausblick auf die GAP nach 2020. Der Fokus der Zukunft muss auf die aktiven Landwirte gelegt werden,
damit die Zahlungen der ersten und zweiten Säule nicht bei branchenfremden Landspekulanten ankommen, sondern bei denjenigen, die in unseren ländlichen Regionen die Arbeit verrichten. Ich glaube, das ist ein Entwicklungsprozess, der jetzt gestartet ist, insbesondere der Diskussionsprozess, den wir sehr intensiv und mit Sicherheit auch an dieser Stelle noch weiter führen werden.