Protocol of the Session on August 24, 2017

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Gies.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrter Herr Minister, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute – so könnten wir sagen – ist der Tag der Landwirtschaft. Wir hatten heute Morgen leider Gottes das Thema „Fipronil", wir hatten gerade vorhin das Thema der Digitalisierung, und nun besprechen wir den Agrarbericht.

Das Ganze wird in den Parlamentarischen Abend der Landwirtschaft am heutigen Abend einmünden. Es ist guter Brauch seit 1989, den Agrarbericht an diesem Tag auch zu diskutieren. Deshalb darf ich sicher mit Fug und Recht von einem Tag der Landwirtschaft und auch des Weinbaus sprechen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Hoffentlich!)

Wir alle geben sicherlich gemeinsam ein Bekenntnis zu diesem Bereich ab.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Zum Weinbau!)

Auch zum Weinbau. Herr Kollege Schweitzer, wir werden das sicherlich auch noch in flüssiger Form heute Abend machen.

Ich darf dem Minister zunächst einmal danken, dass er einen ideologiefreien Agrarbericht vorgelegt, aber auch deutlich gemacht hat, dass wir, die Bevölkerung, hinter der Landwirtschaft stehen, wie wichtig und zukunftsträchtig dieser Bereich ist, das Thema „Landwirtschaft“ aber durchaus in einer öffentlichen Kritik steht, wenn es um Tier- und Umweltschutz geht, die Landwirtschaft aber auch eine der entscheidenden Säulen im unternehmerischen Mittelstand ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Sie haben dann Ihre Zielvorstellungen im Eingangswort formuliert: eine unternehmerische, marktorientierte, gentechnikfreie und wettbewerbsfähige Landwirtschaft, die sich um Umwelt- und Tierschutz kümmert und an ihm orientiert und ihr Einkommen im Wesentlichen über den Markt erzielt.

Das Ganze wird dann im Agrarbericht dokumentiert und aufgearbeitet. Der Kollege Steinbach hat ja schon deutlich gemacht, dass die Einkommenslage im vergangenen Wirtschaftsjahr auf einem unzureichenden Niveau verharrte und in den meisten Betrieben zu anhaltenden Verlusten im Eigenkapital geführt hat. Die einzelbetrieblichen Investitionen belegen, dass verstärkt Eigenkapital aufgenommen werden musste und Investitionen zurückgestellt wurden. Wir haben gehört, dass es durch die Marktkrise zahlreiche Betriebe, vor allem die viehhaltenden und milchproduzierenden Betriebe, sehr schwer hatten.

Da ist doch für uns die Frage, wo wir als Parlament und Sie als Ministerium und Landesregierung einhaken können. Ich möchte und muss Sie am heutigen Tag daran erinnern, dass es ein wichtiges und deutliches Zeichen gewesen wäre, wenn die FDP das wahrgemacht hätte, was sie im Vorfeld versprochen hat, Herr Kollege Weber:

wiederum eine Ausgleichszahlung für die Landwirtschaft einzuführen.

(Beifall bei der CDU)

Denn genau das fehlt, und genau das zeigt sich hier; denn Sie dokumentieren im Agrarbericht, dass diesen Betriebe, die diese Ausgleichszahlungen bekommen würden, diese Zahlungen fehlen.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte aber auch folgende Hinweise geben. Es heißt, der Erlösrückgang bei Getreide wurde in Regionen mit Kartoffel- und Feldgemüseanbau mehr als abgefedert. Das war im vergangenen Jahr der Fall. In diesem Jahr sieht es ganz anders aus.

Ich habe mich vorhin noch einmal beim Kollegen Zehfuß versichert: Die Preise sind 30 % niedriger, und er musste aufgrund des Drucks auch ökologisch produzierter Lebensmittel aus dem Ausland mit Zucchini bewachsene Flächen unterpflügen, die überhaupt nicht auf dem deutschen Markt angenommen worden sind.

Das sind Dinge, um die wir uns kümmern müssen und die unsere Aufgabe für die Zukunft sind.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben es im Ausschuss diskutiert, dass die hohen deutschen Standards, die wir in allen Bereichen und auch auf dem Biomarkt haben, auch für die ausländischen Produkte gelten müssen, die hier auf unsere Märkte kommen. Das ist das, was unseren eigenen Betrieben letztendlich Angst macht und die Existenz dieser Betriebe infrage stellt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der AfD)

Das, was die Betriebe brauchen – Herr Minister, da stimme ich Ihnen unumwunden zu –, ist Planungssicherheit, Verlässlichkeit und möglichst weitgehende Stabilität in den Rahmenbedingungen. Dazu ist es wichtig, dass wir unseren Beitrag leisten. Ein Beitrag dazu – der Kollege hat es vorhin angesprochen – ist eine gute Personalausstattung in den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum. Hier ist es wichtig, die Strukturen zu erhalten. Es reicht nicht, Gelder zur Verfügung zu stellen, vielmehr brauchen wir auch das notwendige Personal.

Ich darf Ihnen noch einen Vorschlag dazu machen. Sie betonen immer wieder die gute Zusammenarbeit zwischen den beiden betroffenen Ministerien. Es wäre schön, auch einmal zu klären, inwiefern Gelder aus der Stiftung Natur und Umwelt mit in Projekte der Bodenordnung oder ähnliche Verfahren fließen könnten; denn da ist auch eine Verzahnung gegeben, die über die Ministerien hinweg laufen könnte.

Wir haben 429 anhängige Flurbereinigungsverfahren, wobei 14 Verfahren pro Jahr abgearbeitet werden, im nächsten sollen es 18 sein. Wenn man sich diese Verfahren anschaut, dann kann man sich ausrechnen, wie lange das Ganze dauert. Ich glaube, das ist auch ein Punkt, an dem

wir uns stark einsetzen müssen; denn wenn die Strukturen stimmen, dann greift all das, was Sie und wir vorhin diskutiert haben, dann können wir auch die Digitalisierung und das Smart Farming so einsetzen, wie es dann entsprechend geschaffene Strukturen hergeben.

(Beifall bei der CDU)

Noch ein Blick zum Weinbau. Im letzten Jahr hatten wir das große Problem der Peronospora, in diesem Jahr Oidium und die Kirschessigfliege ebenfalls im Jahr zuvor. Das ist ein Thema, das sich Gott sei Dank im Moment noch in Grenzen hält. Ich hoffe, dass es so bleiben wird.

Sie hatten und haben den Vorschlag gemacht, einmal zu überlegen, ob der Agrarbericht jedes Jahr zur Aussprache kommen soll. Wir haben das in unserer Fraktion nicht diskutiert, wir wollen das aber noch im Ausschuss diskutieren. Ich möchte aber schon für mich persönlich deutlich machen, dass ich es für wichtig halte, das hier jährlich zu machen;

(Beifall bei der CDU)

denn letztendlich liefern die Bäuerinnen und Bauern, die Winzerinnen und Winzer die Grundlage unserer Ernährung und unserer Versorgung. Ich glaube, das ist so wichtig, dass wir den Agrarbericht auch in Zukunft und weiterhin einmal im Jahr auf der Grundlage der fundierten Daten und der Ermittlungen Ihres Minsteriums hier diskutieren sollten. Ich glaube, im Zeitalter der Digitalisierung fällt das eine oder andere sicherlich leicht und auch, die eine oder andere Folie oder Tabelle zu erstellen.

Ich bedanke mich.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf der Zuschauertribüne Bürgerinnen und Bürger aus dem Wahlkreis 49, Südliche Weinstraße. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Kollege Dr. Böhme das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich darf heute das erste Mal einen Hattrick im Parlament schlagen. Ich schaue einmal, ob es mir gelingt.

Der Agrarbericht 2017 schreibt die Tendenzen fort, welche auch in den vergangenen Jahren beobachtet werden konnten. Die Anzahl der Betriebe in der Landwirtschaft sinkt, ebenso das Einkommen vieler Sparten. Die Herausforderungen steigen in allen Themenbereichen.

Landwirtschaftsminister Dr. Wissing bezeichnet das in seinem Vorwort zum Agrarbericht als außerordentliche Herausforderung – und tatsächlich, das ist es für die meisten

Landwirte wirklich. Nicht wenige arbeiten und leben mittlerweile unter prekären Einkommensverhältnissen, sprich sie verlieren Geld.

Herr Minister, dabei erwecken Sie im Vorwort zum Agrarbericht den Eindruck, als müsse die Agrarproduktion gesteigert werden, hoch produktiv sein, wie Sie sagen, um die Erde zu ernähren. Warum aber kämpfen wir dann um eine Reduzierung der Milchmenge, haben zu niedrige Erzeugerpreise und reduzieren mit dem Ökolandbau den Ertrag? So einfach scheinen die Zusammenhänge also nicht zu sein.

So verbreiten Sie wieder einmal eine der üblichen Weltenrettungsphilosophien, von denen es in diesem Land zur Genüge gibt. Gerettet werden müssen aber die rheinlandpfälzischen Betriebe. Daher eine weitere Aussage aus Ihrem Vorwort. Sie reden von einer – es wurde vorhin schon gesagt – wettbewerbsfähigen Landwirtschaft, die ihr Einkommen im Wesentlichen über den Markt erzielt.

Das ist eine interessante Bemerkung, wenn man betrachtet, dass viele Betriebe ohne Subventionen gar kein Nettoeinkommen mehr hätten.

Klingt da so etwas wie die Abschaffung der Ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik durch?

Sie, Herr Minister, sprechen von mittelfristiger Erhaltung der Ersten Säule; doch was bedeutet „mittelfristig“? – Dabei könnte man durchaus das System der Subventionierung über die EU insgesamt kritisch hinterleuchten. Von den ca. 28 Milliarden Euro, welche in 2015 dem EUHaushalt aus Deutschland zugeflossen sind, kamen gerade einmal 11 Milliarden Euro, also weniger als die Hälfte, nach Deutschland zurück.

6 Milliarden Euro erhielt die Landwirtschaft doch nicht einfach so, meine Damen und Herren. – Nein, das Geld musste mit einem hyperbürokratischen Antrags-, Verwaltungsund Kontrollsystem zurückgeworben werden. Dabei entstehen je nach Förderprogramm Verwaltungskosten von 8 % bis 40 % des zurückgeworbenen Betrages, das heißt, 8 bis 40 Cent pro eingeworbenem Förder-Euro. Das heißt, 8 % bei der Ersten Säule, und in Rheinland-Pfalz entsprechend unserer Kleinen Anfrage und Ihrer Antwort 28 Cent pro ausgezahltem Euro aus dem EULLE-Programm, das ist die Zweite Säule. Das heißt, bei diesem Programm zahlt Rheinland-Pfalz noch ein Viertel des Subventionsbetrages obendrauf, die Antragskosten der Landwirte sind gar nicht mit eingerechnet.

Das Ganze kann man aus Sicht der rheinland-pfälzischen Steuerzahler nur mit zwei Worten zusammenfassen: typischer EU-Irrsinn.

(Beifall der AfD)

Und doch würde der Wegfall der Subventionen zahllosen Betrieben das Überleben kosten. Eine ersatzlose Streichung der Ersten Säule kommt daher hoffentlich für die Landesregierung nicht in Betracht.

(Zuruf des Abg. Zehfuß, CDU)