Protocol of the Session on August 9, 2017

Ich bin ganz bei Thomas Roth. Ich sehe mit großer Sorge, wie sich die Automobilindustrie selbst ein großes Problem verschafft hat. Ich sehe, wie viele Menschen in RheinlandPfalz mittelbar und unmittelbar Beschäftigte der deutschen Automobilindustrie sind. Ich sehe, wie viele Handwerker sich darauf verlassen können müssen, dass sie mit ihren Autos auch in Zukunft nicht nur in die Oberzentren, sondern auch in die Städte in Rheinland-Pfalz insgesamt fahren können.

Ich sehe mit großer Sorge, wie die Menschen sagen: Wie ist es denn mit meiner Gesundheit, wenn ich in Mainz, Ludwigshafen oder Koblenz lebe?

Ich sehe mit großer Sorge, wie wir uns wieder bei dem ersten Diesel-Gipfel ein bisschen haben über den Tisch ziehen lassen, als wir die deutsche Automobilindustrie mit einer Softwareveränderung sehr leicht haben hinausgehen lassen und bei der heute schon die Deutsche Umwelthilfe oder das Bundesumweltamt deutlich sagt, das wird überhaupt nichts nutzen. Darum ist für mich völlig klar: So easy wird es für die deutsche Automobilindustrie nicht gehen.

Sie muss umrüsten, und zwar auf Kosten der Hersteller.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie fahren Anzeigenkampagnen, in denen man sich selbst dafür lobt, dass man Umrüstungs- und Umtauschprämien in der Größenordnung von 5.000 Euro und vielleicht sogar noch weniger auf den Weg bringt. Wenn Sie einen alten Diesel fahren und sich kein neues Auto leisten können, dann können Sie sich mit 5.000 Euro ein neues Auto einfach nur ein kleines bisschen weniger nicht leisten. Das ist keine wirkliche Hilfe.

Darum sage ich deutlich: Es braucht einen zweiten, vielleicht auch einen dritten Diesel-Gipfel auf Bundesebene, damit endlich diese Verantwortung dahin kommt, wo sie hingehört, nämlich zu den Vorstandsetagen der deutschen Automobilindustrie, die Frau Klöckner eben als Teil eines betrügerischen Kartells bezeichnet hat.

Ich sage ganz deutlich: Mit der Energie, mit der man diesen Betrug auf den Weg gebracht hat, erwarte ich jetzt auch, dass die deutschen Autofahrer entschädigt werden und es eine Zukunftsperspektive für die deutsche Automobilindustrie gibt.

(Glocke des Präsidenten)

Dazu möchte ich gern in der zweiten Runde noch eine Ausführung machen.

Danke schön.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Junge das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das von der FDP-Fraktion auf die Tagesordnung gesetzte Thema zeigt die wankelmütige Haltung und offenbart das wahre Gesicht einer Ein-Mann-Partei. Lassen Sie mich das sagen.

(Zuruf des Abg. Thomas Roth, FDP)

Herr Roth, selbst Ihr Koalitionspartner fällt Ihnen in den Rücken. Sonst sind Sie immer so dicht beieinander. Roth und Braun, das passt fast. Ich zitiere noch einmal Herrn Braun: „Plumpe FDP-Diesel-Verherrlichung ist auch irgendwie doof. Die FDP-Welt ist halt einfach gestrickt.“ – Das

muss ich Ihnen auch noch einmal geben. Das ist einfach zu schön.

Sie wollen sich hier dennoch als Feigenblatt grüner Ideologiekritik darstellen. Am Ende werden Sie sagen: Wir wollen zwar keine Fahrverbote, aber verhindern konnten wir sie auch nicht. – Das hat etwas von Mittelrheinbrücke oder sichere Herkunftsländer, so in etwa. Sie schwächen den Markt, erzeugen Dumpingpreise für Diesel-Fahrzeuge und unterstützen diejenigen, die dem Herzstück deutscher Industrieerfolge aus ideologischem oder auch wirtschaftlichem Interesse schaden wollen.

Die Koalition hat sich schon positiv zur Einführung der blauen Plakette geäußert. Wir wollen die nicht. Wenn Sie Fahrverbote tatsächlich abwenden wollen, dann bekennen Sie sich klar und deutlich zum Diesel. Lassen Sie sich nicht von den paar grünen Ökoschamanen am Nasenring durchs Parlament führen.

Auch wenn Herr Wissing sagt, er sei gegen Fahrverbote, möchte ich nur noch einmal daran erinnern, dass er schon einmal beteuerte, nicht seine Überzeugung gegen einen Dienstwagen eintauschen zu wollen, und das Versprechen dann doch nicht gehalten hat. Diese Versprechen enden meistens im Wahlamt.

Die Fraktion der Realisten, so will ich einmal die AfD bezeichnen,

(Heiterkeit des Abg.Thomas Roth, FDP)

sagt Ihnen Folgendes – ich habe diesen Lacher ganz bewusst provoziert –: In Rheinland-Pfalz pendeln jeden Tag – hören Sie gut zu, die Zahlen stimmen wirklich – 775.000 Menschen, also drei Viertel der Arbeitnehmer, zur Arbeit. 15 % davon – das sind 116.000 Arbeitnehmer – legen dabei zwischen 50 und 100 Kilometer täglich zurück. Das ist viel. Gemessen an den Neuzulassungen von Pkw in Rheinland-Pfalz beträgt der Anteil von Dieselfahrzeugen mindestens 38 %.

Was wollen Sie diesen Menschen sagen? Sollen sie zukünftig zu Fuß gehen und mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren? Die meisten können sich die hohen Anschaffungspreise und Kosten von Elektrofahrzeugen einfach nicht leisten. Das ist im Moment unsozial und auch weltfremd.

Stattdessen treiben Sie nach dem Biodieseldesaster, das den Steuerzahler Millionen an Subventionen gekostet hat, und der Atomangstmache, deren Folgen die Bürger bis heute mit hohen Stromkosten subventionieren, nun die nächste Sau mit dem Namen „Elektromobilität“ durchs Dorf. Wieder werden unausgewogene Experimente gefördert, die nicht zu Ende gedacht sind.

E-Mobilität wird weiterhin extrem teuer sein, und der Grund hierfür ist das für die Batterien so notwendige Lithium. Der Preis dafür hat sich seit 2011 fast vervierfacht. Allein in 2016 stieg er um 60 %. Selbst wenn die Herstellungskosten der Batterien sinken sollten, wird der immer mehr steigende Preis für die Rohstoffe dafür sorgen, dass sich die meisten Arbeitnehmer langfristig ein E-Fahrzeug nicht leisten können.

Darüber hinaus stellt der Abbau der Rohstoffe einen massiven Eingriff in die Umwelt dar.

Herr Braun, das ist doch Ihr Gründungsthema. Wo ist er? – Weg.

In Südamerika entstehen 10.000 Quadratkilometer große Mondlandschaften und ätzende Salzseen, um das erforderlich Lithium zu gewinnen. Da muss man auch einmal hinschauen. Wie die Arbeitsbedingungen in einer solchen Anlage in Bolivien oder in anderen armen Ländern aussehen, das können Sie sich vielleicht vorstellen.

Das ist schon fast menschenverachtende Politik und zerstört die Gesundheit und die Umwelt der ausgebeuteten Menschen dieser Regionen.

(Beifall der AfD)

Auf diese Weise entstehen bei der Produktion der Akkus eines Tesla Model S rund 17,5 Tonnen CO2. Mit diesen Emissionswerten – das haben schlaue Leute ausgerechnet – kann ein 3er-BMW Diesel bis zu acht Jahren fahren. Der ökologischer Nutzen dieser Fahrzeuge geht somit auf gleich Null.

Laut Bundesumweltamt werden die EU-Grenzen für den Feinstaub mittlerweile fast überall in Deutschland eingehalten. 2003 kam es noch an knapp 70 % der städtischen verkehrsnahen Messstationen zu Überschreitungen. Die Reifung und die Verbesserung der deutschen Dieselmotoren wirkt also, zumal einer ADAC-Studie zufolge ein französischer Renault heute fünfmal schmutziger ist als ein deutscher BMW.

Unsere Autobauer sind weltweit führend beim Diesel und werden ihn weiterentwickeln. Die Autofahrer wollen und brauchen ihn auch.

Eine Diskussion über die Überschreitung von Feinstaubwerten ist aus unserer Sicht eine völlig überzogene Panikmache.

Ja, unsere Autoindustrie hat sich durch überzogene Richtwerte verleiten lassen zu schummeln. Sie sagen betrügen. Das war nicht in Ordnung. Dafür müssen sie auch ganz eindeutig den Preis bezahlen. Aber wir müssen auch im eigenen Interesse unserer Autoindustrie jetzt die Chance geben, innerhalb einer angemessen Zeit nachzubessern. Ich bin sicher, dass sie das kann. Das sind deutsche Ingenieure. Bessere gibt es nicht, meine Damen und Herren. Das sind unsere Leute, das ist unsere Industrie, und das sind keine Feinde.

(Glocke des Präsidenten)

Letzter Satz: Politik tut aber grundsätzlich gut daran, eben keine unausgewogenen technischen Lösungen wie Windkraft und Elektroautos vorzugeben, sondern Ziele zu formulieren und das Machbare unseren Ingenieuren und Wissenschaftlern zu lassen.

Die AfD-Fraktion steht zu dem gegebenen Wort von Alice Weidel und setzt sich für eine Dieselgarantie bis 2050 ein.

Danke schön.

(Beifall der AfD – Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Kollegin Blatzheim-Roegler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Grüne wollen Mobilität umweltfreundlich und vor allem gesundheitsverträglich gestalten, und wir Grüne wollen natürlich auch keine Fahrverbote, weil Fahrverbote ein reiner Selbstzweck wären. Wir sind für die Lösung von Problemen und nicht dafür, dass Probleme sozusagen auf Eis gelegt werden.

Wir haben uns in den letzten Jahren als Partei den Mund fusselig geredet, wenn es darum ging, eine umweltgerechte und gesundheitsverträgliche Mobilitätspolitik voranzutreiben. Wir haben als Fraktion jüngst im Juni – ich sage es, das war nämlich noch, bevor dieses ganze Thema durch den Dieselskandal erheblich an medialer Bedeutung gewonnen hat – ein Positionspapier zum Thema „Verkehrswende und Elektromobilität“ verabschiedet. Das ist praktisch schon ein Fahrplan in eine saubere Mobilitätszukunft für Rheinland-Pfalz.

Es ist auch nicht an der Politik, Fahrverbote zu erlassen. Es gibt nämlich EU-Grenzwerte für vieles, unter anderem auch für Stickoxide. Diese Grenzwerte werden in einigen Städten lokal nicht eingehalten. Dagegen hat die Deutsche Umwelthilfe geklagt. Das kann sie tun. Jetzt kommen demnächst die Urteile. Damit bekommt auch der Letzte mit, dass es ein Weiter so nicht geben kann; denn faktisch ist die Umweltbelastung durch den Straßenverkehr gewachsen.

Es ist gut, dass die Landesregierung, die Ministerpräsidentin, Umwelt-, Verkehrs- und Innenministerium zu einem Städteforum „Saubere Mobilität“ eingeladen haben. Selbstverständlich gehört auch das Thema „Verbraucherschutz“ dazu; denn der eigentliche Skandal ist doch, dass bei dem Dieselskandal von einigen Konzernen wissentlich Millionen von Verbrauchern betrogen worden sind. Das ist schlichtweg kriminell, und das gehört bestraft.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD, vereinzelt bei der FDP)

Der Diesel-Gipfel der Bundesregierung – das haben wir heute auch noch einmal schriftlich bekommen – hat leider nichts gebracht, und man darf ihn wohl unter PR verbuchen. Was diese Bundesregierung dank Blockade der CDU im Übrigen auch nicht geschafft hat – und das wäre nämlich jetzt ganz günstig für die Verbraucherinnen und Verbraucher –, ist, für den Verbraucherschutz eine Musterklage zu erarbeiten. Das würde zumindest den geprellten Verbrauchern helfen, mit weniger Aufwand ihre Rechte einzuklagen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP)

Ein Armutszeugnis der CDU-geführten Bundesregierung.

Heute hat Frau Hendricks, unsere Bundesumweltministerin, zusammen mit dem Umweltbundesamt eine Pressemitteilung herausgegeben, wonach ganz klar nach Untersuchungen des Bundesumweltamtes festgestellt wurde, dass die annoncierten Updates nicht reichen werden, und deswegen sagen wir, dass der Diesel-Gipfel der Bundesregierung ein Flop war.