In der Presse vergangener Tage ist von einer Zeit der Ausnahme zu lesen. Die Berliner Mauer fällt. Die DDR und die Sowjetunion finden ihren Niedergang. Die Wiedervereinigung wird Realität. All das passiert friedlich. Kohl schaffte es, in äußerst aufgeregten und nervösen Zeiten, als alle Augen auf die Bundesrepublik Deutschland gerichtet waren, die Ruhe zu behalten und pragmatisch zu regieren, um mit wiedergewonnener Stärke nicht über das Ziel hinauszuschießen und damit Einigungsprozesse zu gefährden.
Im vergangenen Jahr haben wir Freien Demokraten um Hans-Dietrich Genscher getrauert, der mit ihm in dieser Phase vertrauensvoll zusammengearbeitet hat. Beide haben sich große Verdienste als Architekten der Wiedervereinigung erworben, durften sie doch in den entscheidenen Phasen des Umbruchs keine Fehler machen. Helmut Kohl wird nun als „Kanzler der Einheit“ in die Geschichte eingehen, der Einheit Deutschlands und der Einheit Europas.
Doch nicht nur auf bundes- und europapolitischer Ebene hat er Entscheidendes erreicht. Auch als rheinlandpfälzischer Ministerpräsident hat er nachhaltige Entscheidungen zum Wohl für unser Bundesland von 1969 bis 1976 getroffen. Hier brachte er unter anderem die erste Gebietsreform mit auf den Weg. Auch ersetzte Helmut Kohl die Konfessionsschulen durch Gemeinschaftsschulen, sodass Schülerinnen und Schüler aller Konfessionen gemeinsam unterrichtet werden konnten. Helmut Kohl trieb aber auch die Einrichtung der Doppeluniversität Trier und Kaiserslautern maßgeblich voran, an der heute knapp 30.000
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, in diesen Tagen gelten unser Mitgefühl und unsere tief empfundene Anteilnahme der Familie und den Freunden Helmut Kohls. Die FDP-Fraktion verneigt sich vor einem großen Staatsmann, einem überzeugten Europäer, einem überzeugenden Kanzler und bedeutenden Rheinland-Pfälzer, der uns vor allem mit der europäischen Einigung und der Deutschen Einheit ein Lebenswerk hinterlassen hat, das in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland seinesgleichen sucht.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir trauern alle gemeinsam um den großen Staatsmann der deutschen und europäischen Nachkriegszeit Helmut Kohl. Helmut Kohls Politik und sein Handeln fußten auf einer festen Überzeugung und auf festen Werten. Diese festen Werte und festen Überzeugungen waren stets bei seiner Politik dabei.
Es war die Grundlage dieses großen Staatsmannes, dass er für Frieden kämpfte, und zwar deswegen, weil er den Krieg und die Grauen des Zweiten Weltkriegs erlebt hatte und persönlich betroffen war, und zwar nicht nur durch seine eigene Erfahrung bei den Löscheinsätzen in Ludwigshafen – die Stadt Ludwigshafen ist zu mehr als der Hälfte im Zweiten Weltkrieg zerstört worden –, sondern weil er seinen geliebten Bruder im letzten Jahr des Krieges 1944 verloren hatte. Man fragt sich natürlich, was der Sinn einer solchen Handlung ist und wozu ich meine Liebsten und meinen Liebsten verloren habe. Ich glaube, deswegen waren die Grundlagen von Helmut Kohl auch so fest und so unverrückbar. Deswegen wusste er auch, wo er herkommt und wo er hin will.
Diese Wurzeln seines Einsatzes für die europäische Überzeugung und die europäische Idee teilte er in der Zeit nach dem Krieg mit vielen Menschen. Nicht alle wussten, dass es direkt zum Frieden kommen kann. Viele sinnten noch auf Rache. Aber Churchill und auch de Gaulle waren von der anderen Seite unterwegs. Deswegen war es so wichtig, dass nach Adenauer und Schmidt dann auch Helmut Kohl seine Hand ausgestreckt hat. Dieses Handausstrecken – das kennen alle, die das auf dem Friedhof in Verdun gesehen haben – war beeindruckend. Das ist eines der Bilder, das auch bei mir in tiefer Erinnerung bleiben wird. Ich werde dieses Bild nie vergessen.
Es war zwar Mitterrand, der seine Hand ausgestreckt hat, aber Kohl hat diese Hand spontan ergriffen. Es war aber ein Symbol dafür, dass die zwei Nationen – wenn man in der Pfalz lebt, das wurde schon gesagt, weiß man, dass es viele Jahrhunderte Krieg gab –, die Jahr um Jahr Krieg gegeneinander geführt haben, wie der Dreißigjährige Krieg und die Weltkriege, bei denen Regionen zerstört wurden, wieder zusammenleben können. Es gibt für alle Zukunft
für alle Konflikte in dieser Welt die Hoffnung, dass es die Möglichkeit gibt, Konflikte, die tief verwurzelt sind, zu überwinden. Helmut Kohl hat das gewusst und danach gehandelt.
Helmut Kohl, so wird berichtet, hat einen Schlagbaum eingerissen. Wir wissen nicht genau, ob er sich mit seiner ganzen Kraft darauf gestürzt hat, oder ob er einfach nur symbolisch, wie es heute hieß, diesen Schlagbaum eingerissen hat. Er hat aber Schranken eingerissen, und zwar gedankliche Schranken und auch die Schranken zwischen den Ländern.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine der wichtigsten Erinnerungen, die wir behalten werden, nämlich dass es zwischen den Ländern keine Schranken geben muss und es offene Grenzen in Europa geben kann. Helmut Kohl hat gezeigt, wie diese Grenzen zu öffnen sind.
Ich hätte damals nie gedacht – als langhaariger Jugendlicher war es ohnehin immer schwierig, über eine Grenze zu kommen, ohne intensiv kontrolliert zu werden –, dass ich ohne Kontrolle über eine Grenze gehen kann. Dass das heute nicht nur zwischen Deutschland und Frankreich, sondern auch in fast ganz Europa der Fall ist, ist ein Traum. Viele junge Menschen können sich gar nicht mehr vorstellen, dass diese Grenzen wieder eingeführt werden.
Die Verdienste hinsichtlich des Schengener Abkommens und der Abschaffung dieser Grenze sowie auch zur europäischen Einigung mit dem Vertrag von Maastricht – das mögen die einen kritisieren, die anderen finden es immer noch sehr gut, dass wir eine wirtschaftliche und finanzielle Einheit in Europa haben – sind Helmut Kohl für immer zuzuschreiben. Deswegen wird in Zukunft nicht nur in dieser Bundesrepublik Deutschland, sondern weit über Europa hinaus und weltweit Helmut Kohl ein großer Name sein.
Einige von Ihnen haben auch persönliche Erinnerungen vorgetragen. Ich habe nicht immer so positiv über Helmut Kohl gedacht. Ich war auch am Hambacher Schloss, als sich dort Reagan und Kohl getroffen haben. Ich war natürlich bei den Demonstranten und habe gegen diese Veranstaltung demonstriert. Auch in Bonn waren wir bei den Demonstranten gegen die Nachrüstung.
Im Nachhinein – ich denke, das muss man wissen, wenn man Politik macht und die Geschichte schätzen will – muss man diese Verdienste und das klare Geradeaus anerkennen, das Helmut Kohl hatte. Helmut Kohl ist als Ludwigshafener geboren. Er ist als Rheinland-Pfälzer groß geworden. Er ist als Deutscher in die Politik eingegangen. Ich glaube, er hatte seine Laufbahn damit gekrönt, dass er Europäer und Weltmensch wurde.
Meine Damen und Herren, das ist ein Weg, den wir uns zum Vorbild nehmen sollten. Wir sollten nicht kleinkariert, sondern in großen Erinnerungen, Überlegungen und Visionen denken. Helmut Kohl hatte diese Vision: Es gibt ein großes, einheitliches und einiges Europa. – Das heißt nicht, dass Helmut Kohl nicht streitbar war. In Ludwigshafen erzählt man sich immer noch, dass in den 50er-Jahren ein Plakatiertrupp der SPD von Helmut Kohl gestellt wurde, weil er wohl angeblich über CDU-Plakate plakatiert hatte.
Wer diese Schlacht gewonnen hat, will die SPD, glaube ich, nicht wissen. Es ist eindeutig, Helmut Kohl hat sich auch da durchgesetzt.
Natürlich hat er später in der Zeit, in der er im Stadtrat in Ludwigshafen war, in der Zeit, in der er hier im Parlament war, immer wieder eine klare Linie gezeigt. Diese klare Linie muss auch sein in einer Demokratie, damit die Menschen wissen, wofür die Politik steht und wofür die einzelnen Politikerinnen und Politiker stehen.
Helmut Kohl hat das, was man ihm immer vorgeworfen hat, eben nicht gemacht. Er hat es nicht ausgesessen. Er hat klare Linien gezeigt, und er hat auch in der Landespolitik eine klare Linie gezeigt, mit dem Kitagesetz – das ist schon angesprochen worden – und mit dem ebenfalls angesprochenen Schulgesetz; und wir wissen, die Kommunalreform war damals so, dass die heutige wahrscheinlich eher ein Ponyhof ist.
Wir sehen aber, dass er das durchgezogen hat, und wir sehen, dass diese Möglichkeit, Politik klar zu machen, den Menschen zu erklären, wofür man steht, eine erfolgreiche Politik sein kann.
Meine Damen und Herren, deswegen und für diese Offenheit, die Helmut Kohl gezeigt hat, gebührt ihm unser Respekt, gebührt ihm natürlich auch unser Dank in diesem Land, in Rheinland-Pfalz, in Deutschland und in Europa.
Sie haben es angesprochen. Alles, was geplant ist, ist eine würdige Verabschiedung von Helmut Kohl – der europäische Staatsakt und auch die Rahmenbedingungen.
Meine Damen und Herren, ich will mit einem Zitat von Helmut Kohl enden. Er hat die Sätze in einer Rede auf dem zweiten Parteitag der CDU am 15. Dezember 1991 in Dresden gesagt. Ich zitiere: „Jetzt realisieren wir die europäische Einigung, weil es dem Frieden, weil es der Freiheit, weil es der Zukunft dient. Dieses Europa darf keine Festung werden, in der wir uns von den anderen abschotten. Es muss offen sein.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf mich für die würdige Debatte bedanken. Ich glaube, der Landtag hat den großen Europäer und Staatsmann Helmut Kohl mit dieser Debatte auf angemessene Weise geehrt und sich vor ihm verneigt.
Ich halte es nicht für angebracht, unmittelbar in die Aktuelle Debatte einzusteigen. Wir machen eine fünfminütige Pause und werden die Plenarsitzung dann fortsetzen.
Die Aktuelle Debatte ist zweigeteilt, da die Fraktion der CDU wegen der Gedenkstunde auf ihre Aktuelle Debatte verzichtet hat.
Treibstoffablass über Rheinland-Pfalz – Schutz von Mensch und Umwelt sichern auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 17/3310 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alles Gute kommt von oben, so sagt der Volksmund. Das stimmt nicht jeden Tag. Es stimmt in Rheinland-Pfalz leider nicht jeden Tag. Es hat ganz besonders nicht gestimmt am 15. Mai dieses Jahres, als ein Jet einer kanadischen Luftverkehrsunternehmung über der Region Pfalz, hier insbesondere in den Bereichen zwischen Kaiserslautern und Saarbrücken, sage und schreibe 54 Tonnen Kerosin ablassen musste.
Die Bedeutung dieses Vorgangs aus Gründen der Navigation, aus Gründen der Luftverkehrssicherheit möchte ich heute gar nicht beleuchten, es steht auch nicht im Mittelpunkt der Debatte. Die Hinweise, die wir von den Luftverkehrsunternehmen, von der Deutschen Flugsicherung, von den alliierten Streitkräften, die für den Bereich des militärischen Flugverkehrs zuständig sind, bekommen, sind immer dann, wenn eine Maschine schon in der Luft ist und in Schwierigkeiten gerät, eine Notlandung ins Auge gefasst wird und ein notwendiges Gewicht erreicht werden muss. Dann kann eine solche Kerosinablassung notwendig sein. Ich lasse das einfach einmal so stehen.
Meine Damen und Herren, der Punkt, um den es mir aber geht, ist, dass wir in den vergangenen Jahren in Deutschland nach uns vorliegenden Angaben zwischen 2010 und 2016 121 Fälle aus zivilen Flugzeugen sowie 18 Fälle aus militärischen Flugzeugen hatten. Davon sind überwiegend die Region Pfalz und die benachbarten Regionen betroffen.
60 % des aus militärischen Flugzeugen abgelassenen Treibstoffs ist über der Pfalz abgelassen worden, und immerhin 20 % des aus zivilen Flugzeugen abgelassenen Kerosins ist über Rheinland-Pfalz, auch hier über der nach den offiziellen Begrifflichkeiten so definierten Region Pfalz abgelassen worden.
Es gibt also eine besondere Betroffenheit unseres Landes Rheinland-Pfalz. Es gibt eine besondere Betroffenheit
Es ist ein Thema, mit dem wir uns deshalb zu beschäftigen haben, weil ich feststelle, dass wir einen Mangel an Informationen haben über das, was über unseren Köpfen geschieht.
Meine Damen und Herren, denken Sie nur, wie weit wir inzwischen schon gekommen sind bei der Beobachtung, Begutachtung und Information all dessen, was aus jedem herkömmlichen Kfz aus dem Auspuff kommt. Den Dieselskandal will ich jetzt einmal außen vor lassen.
Denken Sie darüber nach, wie viel wir schon wissen über die Emissionen aus Nutzfahrzeugen. Denken Sie darüber nach, was wir wissen über den Bereich Flug- und Zugverkehr, wie stark wir uns darüber austauschen, wie stark die Emissionen im Bereich des Güterverkehrs Rheinland-Pfalz betroffen machen. Aber dass wir so wenig wissen über das, was über unseren Köpfen geschieht, das finde ich eklatant, und ich finde es angesichts der Tatsache, dass wir manche Informationen erst nachfassen müssen, dass wir manche Informationen nicht automatisch bekommen, auch empörend. Das ist kein Zustand, den wir lange noch so akzeptieren können, meine Damen und Herren.
Wir haben uns als SPD-Fraktion schon im vergangenen Jahr mit diesem Thema beschäftigt. Der Einstieg war eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Schäffner, Martin Haller und mir.