Noch nicht einmal im ISB-Beirat, in dem beschlossen wird, was gemacht und wo bei den Gründungen gefördert wird, befindet sich ein AfD-Vertreter. Ihr bekommt es noch nicht einmal hin, einen zu melden.
(Vereinzelt Beifall bei FDP und SPD – Abg. Astrid Schmitt, SPD: Aha! – Zurufe des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)
Ich komme zum Thema „Gründungen“. In Ihrem Wahlprogramm – das ist im Internet zu sehen – reden Sie in drei Zeilen von Gründungen. Sie werfen hier vor, es wird nichts für Gründer gemacht. Das ist grotesk, was Sie erzählen. Das ist absolut an der Wahrheit vorbei. Alles andere dazu hat Herr Kollege Alt gesagt.
Sie haben in Ihrer Rede keine Verbesserungsvorschläge gebracht. Sie haben alles, was gemacht wird, kritisiert. Sie dürfen nicht nur Ihre eigenen Pressemitteilungen lesen, Sie müssen auch einmal andere ein bisschen heranziehen, um das ganze Bild zu erkennen.
Auf Herrn Dr. Bollinger haben Herr Dr. Alt und Herr Wink schon geantwortet. Ich möchte mit einem Zitat der IHKArbeitsgemeinschaft von Herrn Arne Rössel noch einmal darauf zurücklenken, was die Industrie denkt.
Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Die positive Stimmungslage unserer Wirtschaft steht auf den ersten Blick im Gegensatz zu der Vielzahl an wirtschafts- und
geopolitischen Risiken, mit denen sich die Unternehmen heute beschäftigten müssen“, erläutert Rössel. Tatsächlich sähen die Firmen zuletzt weniger Risiken, mittelfristig bestünden mit dem Fachkräftemangel, der Entwicklung der Faktorpreise für Arbeit, Rohstoffe und Energie sowie den allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen aber durchaus Stolpersteine für die wirtschaftliche Entwicklung.
Herr Rössel von der IHK-Arbeitsgemeinschaft mahnt: „Vonseiten der Politik muss die aktuelle konjunkturelle Situation genutzt werden, um langfristig sinnvolle Investitionen zu tätigen und die Situation der öffentlichen Haushalte zu verbessern.“
Wenn also die Industrieumsätze – und das war das Thema des heutigen Tages – auf Rekordniveau steigen, steigen auch die Umsatzsteuereinnahmen. Die Wirtschaft drängt also darauf, dass die Politik damit die richtige Zukunftsvorsorge betreibt.
Jetzt möchte ich noch zu einem anderen Aspekt kommen. Ein wichtiger Investor in der Zukunft, der sich auch antizyklisch verhalten kann, sind unsere Kommunen. Es wäre dringend geboten, einen Teil dieser Steuermehreinnahmen auch den Kommunen und der Sanierung unseres Landeshaushalts zugute kommen zu lassen, um dort die Investitionskraft für die Zukunft zu stärken. Wenn nämlich bald wieder schwierigere Zeiten kommen, sind wir dringend auf die Kommunen angewiesen.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. – Es gibt keine Redezeit für die AfD-Fraktion mehr. Damit ist der erste Teil der Aktuellen Debatte beendet.
Kirchenasyl respektieren – Dialog fortführen auf Antrag der Fraktion des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/3160 –
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Kirchenasyl hat eine lange Tradition. Dabei ist es kein rechtlich abgesichertes Instrument. Es ist auch nicht beabsichtigt, das Kirchenasyl rechtlich abzusichern.
Dennoch ist es wichtig anzuerkennen, dass Kirchengemeinden aus christlichem Verständnis heraus und aufgrund von Gewissensgründen geflüchtete Menschen in ihre Obhut nehmen. Bei den Menschen, die in ein Kirchenasyl aufgenommen werden, handelt es sich oftmals
um Menschen, die schon sehr lange hier sind und eine komplizierte Fluchtgeschichte haben. Die Gemeinden entscheiden sich dafür, sie in Obhut zu nehmen, weil sie sonst aus ihrer Sicht unverhältnismäßigen Härten ausgesetzt wären.
In Rheinland-Pfalz gab es in den letzten Monaten zwei Fälle von Kirchenasyl, die besonders in der Öffentlichkeit gestanden haben. In einem Fall in Budenheim wurde nach einem bereits aufgehobenen Kirchenasyl das Pfarrheim und Küsterhaus der Gemeinde St. Pankratius durchsucht.
In einem weiteren Fall wurde eine dreiköpfige Familie ägyptischer Kopten aus dem Kirchenasyl in Ludwigshafen nach Kairo abgeschoben, und zwar bevor die Kirchengemeinde über die abschließende Prüfung der Dokumente informiert wurde.
Somit wurde ihr auch jede Möglichkeit genommen, über das weitere Verbleiben der Familie im Kirchenasyl zu entscheiden.
Dabei gibt es in Rheinland-Pfalz Verfahren und Absprachen zwischen den Behörden und den Kirchen, wie mit Fällen von Kirchenasyl umzugehen ist. Bereits seit 1997 existiert ein sogenanntes Clearingverfahren mit der Evangelischen Kirche im Rheinland, das seitdem aber auch für den Umgang mit Kirchenasyl in den anderen Kirchen angewendet wird.
Die Grundsätze dieses Clearingverfahrens sind gegenseitige Information, Kommunikation, eine gegenseitige Vertrauensbasis und ein Verständnis, dass einerseits die Kirchen das Kirchenasyl nur als Ultima Ratio betrachten und die zuständigen Behörden umgehend informieren, wenn sie Geflüchtete in ihre Obhut nehmen, und andererseits die Behörden die entsprechenden Fälle noch einmal sorgsam prüfen und eine drohende Abschiebung für diese Zeit – nur für diese Zeit – aussetzen.
Dieses gute und bewährte Verfahren, das es im Übrigen auch zwischen dem BAMF und den Kirchen gibt, ist leider durch die beiden Fälle in den letzten Monaten sowie durch eine weitere drohende Auflösung eines Kirchenasyls in Büchenbeuren infrage gestellt und aufs Spiel gesetzt worden. Das ist nicht akzeptabel, und es schadet dem guten Zusammenwirken aller Ebenen bei den Fragen der Asylund Integrationspolitik.
Es ist daher gut und richtig, und wir begrüßen es sehr, dass die Landesregierung – das Integrations- und das Innenministerium – dies zum Anlass genommen hat, um alle Beteiligten, die kommunalen Spitzenverbände und die Kirchen an einen Tisch zu holen und zu vereinbaren, dass wieder nach dem bewährten Verfahren gearbeitet wird.
Lassen Sie mich aber noch einige Worte dazu verlieren, wie es zu den gehäuften Fällen von Kirchenasyl kommt.
Diese kommen zum einen durch den Rückstau der Fallbearbeitung beim BAMF zustande. Es wurde beim BAMF jahrelang versäumt, das Personal ordentlich aufzustocken.
Die Konsequenzen dieses Rückstaus kommen jetzt vor Ort zum Tragen, wenn Menschen abgeschoben werden sollen, die sehr lange auf die Bearbeitung ihrer Anträge gewartet haben, schon sehr lange in den Gemeinden leben und viele Schritte hin zu einer erfolgreichen Integration gemacht haben.
Bei vielen Fällen des Kirchenasyls geht es auch um Überstellungen nach der Dublin-Verordnung. Die Kirchengemeinden befürchten, und zwar vollkommen zu Recht, dass die Betroffenen in Länder zurück verbracht werden, in denen sie unter teils menschenunwürdigen Bedingungen bleiben müssen.
Auch in diesen Fällen sind oftmals schon viele Schritte zu einer erfolgreichen Integration in Deutschland gegangen worden. Die Menschen haben die deutsche Sprache gelernt. Sie haben sich vor Ort integriert. Die Kinder gehen in die Schulen. Sie beteiligen sich am Vereinsleben. All dies müsste bei einer Rückführung in ein anderes DublinLand wie beispielsweise Ungarn oder Bulgarien erneut beginnen. Das kann diesen Menschen aus Sicht der Kirchengemeinden nicht zugemutet werden.
Es hätte also viel früher auf europäischer Ebene, aber auch durch die Bundesregierung die Bereitschaft geben müssen, am Dublin-System etwas zu verändern; denn so, wie es momentan funktioniert, ist eine solidarische und vor allem auch den geflüchteten Menschen gerecht werdende Verteilung nicht möglich.
Selbst der Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat am Wochenende auf dem Evangelischen Kirchentag eingeräumt, dass die Kritik, dass sich Deutschland mit dem Dublin-Verfahren einen schlanken Fuß macht, berechtigt sei. Dieses Versagen der Flüchtlings- und Migrationspolitik auf Bundes-, aber auch auf europäischer Ebene führt jetzt bei uns zu Konflikten vor Ort. Wir spüren also ganz direkt die Folgen einer verfehlten Migrationspolitik bei uns vor Ort.
Klar ist in diesem Fall auch, in den Kirchengemeinden vor Ort kann diese verfehlte Politik natürlich nicht gänzlich korrigiert werden.
Es ist aber mehr als verständlich, dass die Situation so, wie sie gerade ist, von den Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern in den Kirchengemeinden schwer zu akzeptieren ist und sich Menschen und Kirchengemeinden dafür einsetzen, dass die Folgen abgemildert werden.