Protocol of the Session on May 31, 2017

Für die Landesregierung antwortet Frau Staatsministerin Spiegel.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Abgeordnete! Namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Wir haben derzeit zwei Kostenerstattungsverfahren, das sogenannte Altverfahren und die neue laufende Rechnungsstellung seit dem 1. November 2015. Im Altverfahren geht es darum, Rechnungen zu begleichen, die von Jugendämtern in der gesamten Bundesrepublik gestellt wurden. Vor dem 1. November 2015 war es nämlich so, dass nicht die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge gleichmäßig auf die Bundesländer verteilt wurden, sondern ausschließlich die Kosten. Jugendämter konnten Rechnungen rückwirkend bis zu vier Jahren einreichen. Dieses Altverfahren muss bis zum 30. Juni dieses Jahres abgewickelt sein. Anschließend erfolgt ein abschließender Kostenausgleich unter den Ländern. Dann ist das genannte Altverfahren beendet.

Neue Rechnungen liegen ausschließlich von rheinlandpfälzischen Jugendämtern vor, da seit dem 1. November 2015 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel bundesweit verteilt werden. Für Rheinland-Pfalz bedeutet das, dass wir rund 4,8 % aller unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aufnehmen. Aktuell haben wir die Quote zu 98,8 % erfüllt. Von den 59.743 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die in Deutschland von Jugendämtern in Obhut genommen wurden, leben mit Stand vom 25. Mai dieses Jahres 2.832 in Rheinland-Pfalz.

Eine manuelle Auswertung im Rahmen von Antwortfristen für Kleine Anfragen oder Mündliche Anfragen war bzw. ist nicht möglich, da das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in Rheinland-Pfalz derzeit für rund 3.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge insgesamt rund 4.700 Rechnungen zur Bearbeitung für die Kostenerstattung hat.

Eine manuelle Auswertung hätte bedeutet, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landesamt eine aufwendige Auswertung über einen Datenexport hätten durchführen müssen, um zu belastbaren Aussagen gelangen zu können. Arbeitsökonomisch ist dies weder leistbar noch sinnvoll, und in der Antwort auf die Kleine Anfrage habe ich deutlich gemacht, dass das Landesamt daher eine entsprechende Programmierung der Datenbank für die Zukunft

vornehmen wird, damit zukünftig eine Auswertung erfolgen kann.

Oberste Priorität bei der Kostenerstattung hat derzeit im Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung die Altfallabrechnung. Die Kostenerstattung für die Altfälle muss bis zum 30. Juni dieses Jahres abgeschlossen sein, damit diese Ausgaben für die Schlussabrechnung des Altverfahrens berücksichtigt werden können. Bleiben solche Rechnungen offen, dann gehen Sie nicht in die Schlussabrechnungen ein. Dieser Betrag wird dann auch nicht für den länderübergreifenden Ausgleich angerechnet, sodass wir hier finanzielle Nachteile hätten.

Zu Frage 2: Zunächst einmal zum Verfahren. Die Jugendämter bekommen die Kosten von den Ländern auf der Grundlage von § 89f SGB VIII für die Unterbringung und Versorgung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nach einer Spitzabrechnung einzelfallbezogen erstattet. Das bedeutet, dass die Jugendämter Kosten auch einzelfallbezogen geltend machen müssen. Es werden alle Kosten für jedwede gewährte Jugendhilfe und nach den vor Ort gültigen Bedingungen bzw. nach den Richtlinien § 89f SGB VIII erstattet.

Die Erstattung erfolgt auf Basis der oftmals zeitintensiven Einzelprüfung jeder vorgelegten Rechnung und nicht pauschaliert. Dies ist erforderlich, weil Rechnungen durchaus Fehler aufweisen. Die Landesregierung hat sehr wohl die Höhe der Kostenerstattungen für die Einzelfälle vorliegen und kann diese nachvollziehen. Die Daten liegen jedoch nur einzelfallbezogen vor. Die Einzelfälle sind nicht automatisch einem bestimmten Jugendamt zuzuordnen, das heißt, eine Auswertung auf Ebene der 41 Jugendamtsbezirke wäre nur dann möglich – wie ich bereits zu Frage 1 dargelegt habe –, wenn jede einzelne Akte ausgewertet würde.

Zu Frage 3: Da die Daten zur Kostenerstattung fallbezogen vorliegen, gibt es weder Probleme mit den Dokumentationspflichten noch den Vorschriften der Landeshaushaltsordnung.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Junge.

Vielen Dank. – Frau Ministerin, wenn ich Ihnen richtig zugehört habe, dann haben Sie von 2.800 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Rheinland-Pfalz gesprochen, und aufgrund einer Kleinen Anfrage sind die Kosten pro Monat mit 3.500 Euro beziffert worden. Das heißt, man könnte schon ziemlich genau sagen, dass wir in RheinlandPfalz Kosten um die 10 Millionen Euro im Monat haben. Ist das korrekt? Wenn nicht, hätte ich gern die korrekten Zahlen.

Danke schön.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Junge, es ist zutreffend, wie ich ausgeführt habe, dass wir mit Stand vom 25. Mai insgesamt 2.832 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz haben, aber es ist ebenso zutreffend, dass jeder Einzelfall auch einzeln abgerechnet ist. Deswegen kann ich keine Aussage über pauschalierte Kosten pro unbegleitetem minderjährigem Flüchtling treffen, weil die Kosten sehr stark variieren. Wie ich auch in meiner Antwort klar gemacht habe, sind wir im Moment insbesondere bei den Altfällen dabei, die Kosten noch zu erstatten. Das heißt, wir befinden uns noch mittendrin in dem Verfahren, das – wie bereits erwähnt – bis zum 30. Juni dieses Jahres abgeschlossen sein muss.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Bracht.

Frau Ministerin, was Sie uns vorhin gesagt haben, heißt das, Sie wissen zwar, dass Sie 5 Millionen Euro im Jahr 2016 an die Jugendämter ausbezahlt haben, aber Sie wissen nicht, an wen Sie diese 5 Millionen Euro ausbezahlt haben?

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Lesen Sie sich doch bitte Ihren eigenen ersten Satz selbst noch einmal vor!)

Nein, Herr Abgeordneter Bracht, das ist nicht zutreffend. Wir haben im Jahr 2016 insgesamt einen Abschlag in Höhe von 12 Millionen Euro geleistet, aber – wie ich bereits ausgeführt habe – die Abrechnung erfolgt einzelfallbezogen. Da sich die Einzelfälle nicht immer einem bestimmten Jugendamt zuordnen lassen, ist dies ein Unterschied. Die einzelfallbezogene Abrechnung jeder einzelnen Rechnung und die Zuordnung der Rechnungen zu den Jugendämtern, zu den Einzelfällen, ist nicht kongruent miteinander.

Eine weitere Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Kessel.

Sehr geehrte Frau Ministerin, reichen die im Haushalt eingestellten Mittel aus – – –

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Herr Kessel, Entschuldigung. Es ist einfach zu laut. Die Ministerin muss sich auf die Fragestellung konzentrieren. Der Lärmpegel in dieser Höhe ist inakzeptabel.

(Zuruf der Abg. Christine Schneider, CDU)

Frau Schneider, nein, Sie haben sich so zu verhalten, dass vernünftig gefragt werden kann.

(Abg. Christine Schneider, CDU: Ich habe überhaupt nichts gemacht! – Abg. Julia Klöckner, CDU: Prophylaktisch! – Heiterkeit bei der CDU – Unruhe im Hause)

Sie reden herein.

Herr Kessel, bitte.

Sehr geehrte Frau Ministerin, – – –

Sie stellen jetzt in Ruhe die Frage.

Ich versuche es.

Sehr geehrte Frau Ministerin, reichen die Mittel, die im Haushalt eingestellt sind, aus, um alle Rechnungen insgesamt zu begleichen, oder sind dort zusätzliche Mittel erforderlich?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kessel, wenn ich Ihre Frage akustisch richtig verstanden habe,

(Heiterkeit bei der SPD)

dann beziehen Sie sich darauf, ob die eingestellten Kosten ausreichen. Wir werden den Jugendämtern, wie das auch üblich ist, 100 % der angefallenen Kosten erstatten, und natürlich haben wir dafür die Mittel auch entsprechend eingeplant und in den Haushalt 2017/2018 eingestellt. Im Moment haben wir 97 Millionen Euro im Ansatz für 2017 und 96 Millionen Euro für 2018 vorgesehen, und wir gehen davon aus, dass diese 193 Millionen Euro insgesamt dann auch in den Jahren 2017 und 2018 kassenwirksam werden.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ruland.

Ich möchte jetzt noch einmal eine andere Frage stellen, und zwar in Richtung der Fallzahlen.

Können Sie uns darstellen, wie sich die Fallzahlen seit der

Einführung der bundesgesetzlichen Regelung entwickelt haben?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Ruland, sehr gern sage ich etwas zu den Fallzahlen. Ich hatte eingangs beschrieben, dass sich die bundesgesetzliche Regelung bezüglich der Verteilung von minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen in der Bundesrepublik Deutschland zum Stichtag November 2015 verändert hat und wir dementsprechend seither eine Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel vornehmen. Das entspricht einem Anteil von 4,8 % in Rheinland-Pfalz.

Wir hatten daher mit Stichtag 4. November 2015 1.417 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz. Wir hatten dann zum Stichtag 8. Juli 2016 insgesamt 2.504 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz. Wir haben zum Stichtag 31. Dezember 2016 2.915 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz und jetzt zum Stichtag 25. Mai dieses Jahres die eben schon erwähnten 2.532 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, womit wir im Grunde fast dieses Soll von 4,8 % erreicht haben.

Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Braun.

Frau Ministerin, ich habe Sie hoffentlich richtig verstanden, dass Sie im Moment Ihre Kraft im Ministerium darauf konzentrieren, dass die Kommunen keinen Nachteil haben. Ich will noch einmal nachfragen. Die Kommunen können nach dem 30. Juni spitz abrechnen, aber müssen Anträge bis zum 30. Juni gestellt haben, bzw. Sie bemühen sich, bis zum 30. Juni dieses Ziel zu erreichen, dass die Kommunen eine Abschlagszahlung erhalten. Die Kommunen haben keinen Nachteil dadurch, dass die Spitzabrechnung später stattfindet?

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Braun, es ist zutreffend, dass wir im Ministerium, aber nicht nur dort, sondern insbesondere auch beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung momentan sehr intensiv mit der Abrechnung der Altfälle befasst sind. Es ist dabei wichtig zu wissen, dass die Kommunen die Möglichkeit hatten, mit Stichtag Ende letzten Jahres Rechnungen einzureichen und Rechnungen geltend zu machen.

Wir kennen das vielleicht alle von anderen Deadlines, beispielsweise der Steuererklärung, dass sich doch eine hohe Quantität von Rechnungen, die sehr kurzfristig vor dem Stichtag eingereicht wurden, abgezeichnet hat, sodass eine große Anzahl an Rechnungen noch bis zum Ende des letzten Jahres einging und diese Rechnungen vonseiten des Landesamts für Soziales, Jugend und Versorgung bis

zum 30. Juni dieses Jahres abgerechnet und abgewickelt werden müssen.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim LSJV bedanken. Es sind insgesamt über 28 Vollzeitäquivalente nur mit dieser Thematik befasst und machen den ganzen Tag nichts anderes, als mit Hochdruck diese Altverfahren abzubauen, damit wir es auf jeden Fall schaffen. Wir schaffen es dann bis Ende Juni auch, bis zum Stichtag, alle Rechnungen abgearbeitet zu bekommen.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)