Protocol of the Session on July 14, 2016

Ich möchte Ihnen zwei Dinge dazu sagen. Glauben Sie mir als Grünem, als jemandem, der auch sehr nah dabei war, war es für uns, aber ich denke auch für die gesamte Landesregierung, extrem wichtig, aus den Erfahrungen mit dem Nürburgring entsprechende Konsequenzen zu ziehen,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das hat man gesehen!)

zu sagen, dass man von Anfang an die Dinge berücksichtigt und versucht, entsprechende Konsequenzen zu ziehen

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das ist ja richtig gut gelaufen!)

und es anders zu machen. Genau das ist auch geschehen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das macht die Sache doch noch schlimmer!)

Sogar dem Bericht des Landesrechnungshofes ist zu entnehmen, dass die Dinge auch mitgemacht worden sind,

(Abg. Alexander Licht, CDU: Wenn die Dinge erneut auftauchen?)

was der Rechnungshof im Zuge des Projekts „Nürburgring 2009“ beispielsweise vorgeschlagen hat.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Und jetzt?)

Formalisiertes Verfahren und Markterkundung im Vorfeld der Ausschreibung: Das ist geschehen. – Fortlaufende Unterrichtung der EU-Kommission über wesentliche Verfahrensschritte: Das ist auch beim Verkaufsprozess Hahn geschehen. – Beauftragung der Berater mit einer umfassenden und nachvollziehbaren Dokumentation des Verkaufsprozesses: Das ist auch geschehen. – Diese war so umfänglich, dass manche absurde WhatsApp-Nachricht offensichtlich abgelegt worden ist, von der ich auch erst aus der Zeitung erfahren habe

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Ich dachte, ihr seid vollumfänglich informiert!)

und kopfschüttelnd gedacht habe, was für eine Expertise braucht man eigentlich, um für nicht wenig Geld bei einer weltweit renommierten Wirtschaftsberatungsgesellschaft zu arbeiten.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Aha! Und zum Regieren!)

Wahrscheinlich kommt es dort vor allem auch darauf an, dass der Anzug sitzt.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Und bei dir?)

Meine Damen und Herren, all das ist geschehen. Ich möchte Ihnen aber einmal den entscheidenden Unterschied zwischen den Komplexen Nürburgring vor 2009 und der jetzigen Veräußerung der FFHG klarmachen. Wir reden bei dem Themenkomplex „Nürburgring“ immer über die Frage der Beteiligung privater Dritter an Staatseigentum, an Landeseigentum und die Frage, wie man dort Sicherheitskonstruktionen einzieht, damit am Ende Landesvermögen nicht gefährdet wird.

Wir haben hier aber eine ganz andere Situation. Wir reden über die Komplettveräußerung einer Landesgesellschaft mit dem Ziel, dass am Ende das Land, der Staat – Herr Kollege Roth hat es ausgeführt – mit dieser Gesellschaft nichts mehr zu tun hat. Deswegen ist der Vergleich zwar möglich, aber am Ende ist es trotzdem ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen, weil ein solcher Privatisierungsprozess einer Gesellschaft, insbesondere eines Regionalflughafens, vorher ohne Beispiel war und insofern auch nicht mit den damaligen Geschehnissen um den Nürburgring zu vergleichen ist. Das können Sie politisch gern tun, es wird uns in der Sache, der ehrlichen Analyse dessen, was passiert ist und wir für die Zukunft lernen müssen, aber keinen Millimeter weiterbringen. Meine Damen und Herren, daran haben wir aber ein Interesse.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Ich möchte auf ein paar Punkte des Berichts, die Sie hier auch vorgetragen haben, gern eingehen. Lassen Sie mich zunächst einmal feststellen, dass der Landesrechnungshof zu dem, was ich gerade gesagt habe, auf Seite 77 auch zu dem Urteil kommt, dass das Land von Anfang an für die Beihilfeproblematik sensibilisiert war. Glauben Sie mir als jemandem, der beim Thema „Insolvenz des Nürburgrings“ sehr nah mit dran war – oh ja, das waren wir –, gerade die beihilferechtlichen Fragen und die Ansinnen der EUKommission in jedem Schritt zu berücksichtigen, haben zu der Entscheidung geführt, dass man politisch ganz bewusst gesagt hat – das war auch kein Geheimnis, das wussten Sie, das wurde hier und in allen Ausschüssen immer öffentlich debattiert, es stand mehrfach in der Zeitung, in allen vieren in Rheinland-Pfalz, da können Sie auch nicht sagen, Sie haben die Zeitung nicht abonniert –, dass sich die Landesregierung aus dem Interessensbekundungsund dann aus dem Bieterverfahren so weit wie möglich herausgehalten hat. Damit sollte gewährleistet sein, dass es ein diskriminierungsfreies Verfahren gibt und nicht auch nur der Anfangsverdacht aufkommt, die Landesregierung hätte sich dort irgendwo einen Investor, einen Bieter gebacken. Dort wäre es am Ende möglicherweise zu einem Verkauf gekommen, aber vor dem Europäischen Gerichtshof wäre man bei einer Konkurrentenklage gescheitert.

Das wussten Sie die ganze Zeit. Ich glaube, das haben Sie im Grunde sogar unterstützt und mitgetragen. Das ist doch der Grund, warum man gesagt hat, dass man das Ganze an eine Gesellschaft gibt: Um den Eindruck zu vermeiden, es sei sozusagen ein politischer Verkaufsprozess und nicht ein Verkaufsprozess, der unter marktwirtschaftlichen Bedingungen des EU-Beihilferechts stattfindet. – Das wissen Sie, das wussten Sie, das wissen wir alle, und das ist nicht alles, aber auch ein Teil der Erklärung auf die Frage, warum die früher nicht genauer hingeschaut haben.

Es war genau gewollt, zu sagen: Es muss unabhängig bleiben, es darf nicht der Eindruck entstehen, man pickt sich einen Bieter heraus, sondern es muss nach plan-, marktwirtschaftlichen, diskriminierungsfreien Grundsätzen geschehen. – Das kann man anders sehen, aber hinterher kann man immer schlauer sein.

Aus der Erfahrung – gerade aus der Erfahrung mit dem Nürburgring – bin ich heute noch der Überzeugung, dass es die richtige Entscheidung war, zu sagen: Aus diesem Prozess sollte sich die Politik so weit wie möglich heraushalten, damit es am Ende auch zu einem erfolgreichen Verkauf kommen kann und, meine Damen und Herren, man nicht vor Gericht scheitert. –

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Jetzt komme ich zu meinem Lieblingsthema, dem Businessplan.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Den kennen Sie doch gar nicht! Ist doch geschwärzt! Das kannst du doch gar nicht sagen!)

Wissen Sie, ich habe keine hohe Meinung von Businessplänen von Regionalflughäfen. Mir sind wenige Businesspläne von Regionalflughäfen in Deutschland bekannt, die am Ende irgendetwas mit der Realität zu tun hatten.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Haben Sie die alle gelesen? – Zurufe von der CDU)

Ich weiß nicht, das ist wahrscheinlich weniger das Problem von Businessplänen, sondern eher von Regionalflughäfen.

(Abg. Thomas Weiner, CDU: Das ist unrealistisch, was Sie da sagen! – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Herr Licht, Sie haben behauptet, ein Privater, wenn er etwas verkauft, würde doch wissen wollen, wie es sozusagen anschließend mit dem, was er verkauft, weitergeht.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Ich will doch wissen, ob er mich bezahlen kann!)

Das glaube ich nicht. Wenn Sie Ihr Auto verkaufen, Auto ist ein Thema, – – –

(Abg. Alexander Licht, CDU: Ich muss doch wissen, ob ich Geld bekomme! – Zurufe von der CDU)

Sie machen Verkehrspolitik, mit Autos kennen Sie sich aus, wenn Sie Ihr Auto als Privater verkaufen – – –

(Abg. Michael Frisch, AfD: Es geht nicht um ein Auto! Es geht um Arbeitsplätze! – Glocke des Präsidenten)

Herr Köbler, Entschuldigung, der Lärmpegel ist zu hoch. Permanente Zwischenrufe sind unangemessen.

Das zeigt mir, dass Sie zuhören. Das ist gut.

Wenn Sie als Privater Ihr Auto verkaufen, machen Sie es dann davon abhängig, ob der Käufer Ihnen sagt, dass er es mords tunt, umlackiert, breite Schlappen drauf macht oder ob er sagt: Ich habe dort eine neue Schrottpresse, und diese wollte ich einmal testen. Ist das Ihr entscheidendes Verkaufskriterium?

(Abg. Anke Beilstein, CDU: Verantwortung für die Region! – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Es geht um Menschen und um Arbeitsplätze! – Weitere Zurufe im Hause)

Nein, das ist es eben nicht. Deswegen ist es sogar so, dass die Landesregierung ursprünglich vorhatte, die Bewertung der Businesspläne bei der Bieterbewertung mit in die Auswahl zu nehmen.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Es war die EU-Kommission, die der Landesregierung gesagt hat, das dürfe sie gar nicht,

(Alexander Licht, CDU: Das ist falsch!)

weil ein Privater, wenn er eine Komplettveräußerung seines Besitzes machen würde, es auch nicht zu einem entscheidenden Verkaufskriterium machen würde, was hinterher mit seinem Besitz geschieht. Das ist hier der Fall. Das kann man politisch anders sehen, aber es ist in diesem Verfahren der Fall.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Tosender Applaus! Ein Jubel-Schweitzer! – Abg. Alexander Licht, CDU: Dann lesen Sie den Bericht doch einmal ganz! Das ist falsch, was Sie sagen!)

Das ist genau der Unterschied. Das können Sie auch sehen, wenn Sie die Gutachten nebeneinander legen und schauen, was der Landesrechnungshof zum Nürburgring geschrieben hat. Dort ging es gerade nicht darum, dass sich das Land komplett aus der Verantwortung, auch mit Steuer- und Haushaltsmitteln, verabschiedet. Dort ist es selbstverständlich etwas anderes, wenn es am Ende um Landesbesitz und Vermögen geht, dass man Businesspläne von privaten Geschäftskennern zu bewerten hat, als wenn es darum geht, innerhalb des EUBeihilferechtsregimes eine Veräußerung an einen privaten Dritten zu tätigen.

Deswegen sehe ich auch nach dem Landesrechnungshofbericht bei einer Komplettveräußerung einer Landesgesellschaft nicht, dass es sein kann, wenn wir ein diskriminierungsfreies Verfahren haben,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Er hat es immer noch nicht kapiert!)

dass ein Businessplan ein entscheidendes Kriterium für den Verkauf des entsprechenden Besitzes ist.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Das ist falsch!)