Protocol of the Session on July 14, 2016

Herr Präsident, guten Morgen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bericht des Rechnungshofs ist schonungslos, er ist umfangreich, detailliert und fundiert. Der Bericht zeigt, dass es eine ebenso richtige wie souveräne und starke Entscheidung der Regierungskoalitionen war, im Landtag für die Untersuchung des ersten Verkaufsverfahrens zu stimmen; denn der Landesrechnungshof hat uns eine umfassende Schwachstellenanalyse an die Hand gegeben, die genau auflistet, was an welchen Stellen falsch gelaufen ist.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Dass Sie versagt haben!)

Der Bericht des Rechnungshofs steht allerdings auch für eine selbstbewusste Koalition, die sich der Kritik auch dann stellt, wenn sie unangenehm ist.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: So ist es!)

Wir haben aus dem ersten Verfahren gelernt, die Kritik des Rechnungshofs angenommen und das zweite Verfahren folgerichtig umgesetzt; denn es steht außer Frage, dass bei dem ersten Versuch des Verkaufsverfahrens viel falsch gelaufen ist.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Und jetzt?)

Es wurden Fehler gemacht, auch wenn nicht immer klar erscheint, von wem. Um aber eigentlich Fehler in einem solchen hochkomplexen Verfahren zu vermeiden, hat die Landesregierung die KPMG beauftragt, die ersten beiden Phasen des Verkaufsprozesses zum Flughafen Hahn zu führen. Das betroffene Ministerium selbst wurde zwar grob informiert, ohne jedoch die richtigen Namen der Investoren zu kennen, damit der Verkaufsprozess auch nicht ansatzweise durch das Land beeinflusst werden konnte. So sind zu diesen zwei Phasen keine einzelnen Bieterdokumente vorgelegt worden, um ein nach EU-Kriterien diskriminierungsfreies Verkaufsverfahren zu gewährleisten.

Wer aber eine so renommierte Beratungsgesellschaft wie die KMPG beauftragt, muss davon ausgehen dürfen, dass diese ihre Arbeit professionell, akribisch und einwandfrei erledigt.

(Beifall der Abg. Helga Lerch, FDP)

Aber leider hat sich herausgestellt, dass hier nicht mit der gebotenen Sorgfaltspflicht gearbeitet wurde. So wurde beispielsweise eine fiktive Bankbestätigung für unglaubliche 200 Milliarden Dollar als nicht bedeutungsvoll durch die KMPG eingestuft und wanderte kommentarlos in die Akten. Erst Anfang August aufgrund der Hahn-Sonderprüfung des Landesrechnungshofs hat das Innenministerium nach Einsicht in die umfangreiche Aktenlage selbst über dieses und weitere teils hanebüchenen Details Kenntnis erhalten. Andererseits halte ich es für nachvollziehbar, wenn der zuständige Minister nicht jeden einzelnen Vorgang in dem Verkaufsverfahren persönlich gegengeprüft haben kann.

Jedoch hat der Landesrechnungshof nun alles sorgfältig geprüft und mit seinem Gutachten hervorragende Arbeit

geleistet.

Die schonungslose Analyse des ersten Verkaufsverfahrens war insbesondere für die FDP als neu hinzukommender Koalitionspartner wichtig. Der Bericht des Landesrechnungshofs war der richtige und absolut notwendige Blick in den Rückspiegel. Es ist aber kein Zukunftskonzept für den Standort. Es macht den Weg frei für einen unbelasteten Verkauf an die HNA.

So wichtig Vergangenheitsbewältigung ist, Zukunftsgestaltung ist wichtiger. Für den Flughafen Hahn und die Region ist nicht länger das gescheiterte erste Verkaufsverfahren von Bedeutung, sondern das aktuelle.

Ich bin sehr froh, dass es der Landesregierung gelungen ist, in einem äußerst schwierigen Umfeld ein Unternehmen aus der Branche als Käufer gewinnen zu können. Das ist die wichtigste Voraussetzung dafür, dass der Flughafen Hahn als Flughafen eine Überlebenschance hat. Nur mit einem Unternehmen, das mit der Branche vertraut ist und Erfahrungen in diesem Bereich hat, wird es möglich sein, den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten und dem Hahn eine echte Chance für die Zukunft zu bieten.

(Beifall der FDP, der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die gute Nachricht des Verkaufsverfahrens ist, der Flughafen Hahn bleibt ein vollwertiger Flughafen. Wer wissen will, wie wichtig der Flugbetrieb für diese Region ist, muss sich nur vor Ort ein Bild machen. Was hier alles um den Flughafen Hahn bisher entstanden ist, zeigt die wirtschaftliche Bedeutung dieses Projekts. Mit HNA haben wir die Chance, diese Investition, diesen wirtschaftlichen Standort zu retten. Dabei geht es nicht nur um die staatlichen Investitionen, sondern auch um die privaten. Der Flughafen Hahn ist weit mehr als ein Regionalflughafen. Er ist für die Region ein Wirtschaftszentrum in einer ansonsten strukturschwachen Umgebung. Die Region braucht den Hahn, und zwar als Flughafen. Es gibt bereits erste gute Nachrichten.

Wenn das am Flughafen Hahn angesiedelte Unternehmen HAITEC angekündigt hat, 250 bis 300 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen zu wollen, dann ist das ein starkes Signal in diese Region. Nicht nur dafür, dass HAITEC an die Zukunft des Flughafens Hahn glaubt, sondern nach dem Verkauf auch für das Wachstumspotenzial vor Ort steht. Es ist ein ermutigendes Zeichen, wenn HAITEC ankündigt, künftig gleichzeitig an bis zu sechs Flugzeugen Inspektionen und Wartungsarbeiten durchführen zu wollen, anstelle wie bisher an zwei. HAITEC setzt damit klar auf die Zukunft des Standortes und gibt dem neuen Besitzer mit eigenen Investitionen einen großen Vertrauensvorschuss, und der Hahn braucht nun einmal Partner, die gewillt sind, dort positive Entwicklungen in die Wege zu leiten. Die hat er in HNA sowie mit der Regierungskoalition.

HNA hat sich in der öffentlichen Anhörung ebenfalls zum Flugbetrieb auf dem Flughafen Hahn bekannt und angekündigt – ich darf zitieren –, die HNA wird aus dem Unternehmen der HNA Group drei wöchentliche Passagierflüge und drei wöchentliche Frachtflüge zwischen China und

Flughafen Hahn-Frankfurt aufnehmen und hiermit eine Grundlast zur Verfügung stellen, auf die in der Folge weitere Verkehre aufgebaut werden können.

Wir wissen, HNA verfügt über die Ressourcen und das Wissen, den Flughafen Hahn auf die Erfolgsspur zurückzubringen. Immerhin gehört das Unternehmen zu den 500 umsatzstärksten der Welt. Die HNA Group verfügt über fundierte Erfahrungen in den Bereichen Luftverkehr, Logistik und Tourismus und betreibt in China mehrere Flughäfen und Fluggesellschaften. Damit besteht auf jeden Fall wenig Zweifel daran, dass HNA die Voraussetzung mitbringt, den Hahn in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.

(Beifall der FDP und bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus dem Verkauf des Flughafens an die HNA erwachsen neue Chancen für den Flughafen und damit für die Region. Nicht zuletzt könnte das starke Engagement von HNA auch dazu beitragen, die Abhängigkeit des Standortes von Ryanair perspektivisch zu reduzieren. Der Flughafen Hahn, die Region haben eine faire Chance verdient. Wir sollten nun alles tun, dass der Verkauf ein Erfolg wird.

Die FDP Rheinland-Pfalz begrüßt den Verkauf des Flughafens an ein Unternehmen aus der Branche. Aus unserer Sicht ist der Verkauf sinnvoll und notwendig. Der Betrieb eines Flughafens gehört nämlich nicht zu den staatlichen Kernaufgaben und Kernkompetenzen. Wir wollten den Flughafen stets als privatwirtschaftliches Unternehmen und nie als staatliches Unternehmen. Es war der Grund, weshalb unser damaliger Wirtschaftsminister Rainer Brüderle ursprünglich die Fraport mit an Bord geholt hat. Der Verkauf der HNA setzt damit auch einen Schlusspunkt hinter einen wenig erfolgreichen Ausflug des Landes unter die Flughafenbetreiber.

Das Erfolgsrezept unseres Landes war nie die soziale Staatswirtschaft, sondern die soziale Marktwirtschaft. Der Verkauf des Flughafens ist daher auch unter diesem Aspekt eine richtige, eine wichtige Entscheidung. Der Verkauf ist ein Neustart für den Standort und die Region. Er bietet die Chance, der ganzen Region zu einer neuen Wachstumsdynamik zu verhelfen. Wenn es der HNA gelingt, den Flugbetrieb wieder auszuweiten, den Standort als ein Drehkreuz im Flugverkehr zu China zu etablieren, dann kann am Hahn Großes entstehen.

In der öffentlichen Anhörung haben die Vertreter von HNA gesagt, unser Ziel ist, den Flughafen nachhaltig profitabel zu machen, das bereits heute existierende hybride Geschäftsmodell, bestehend aus Passagierflügen und Frachtflügen, fortzusetzen, Innovation zu nutzen, sich den Veränderungen des Marktes anzupassen und sich der Verantwortung gegenüber den Kunden, den Mitarbeitern und natürlich der gesamten Region, von der wir sehr viel Zustimmung erfahren haben, bewusst zu sein.

Das entspricht ziemlich genau den Erwartungshaltungen der Regierungskoalition und auch der Region an das Unternehmen. Allerdings ist es für Vorschusslorbeeren zu früh. Es ist aber wichtig, nicht nur die Risiken, sondern auch die Chancen zu sehen. Wir sind optimistisch, dass wir mit dem zweiten Verkaufsverfahren nicht nur die richti

gen Konsequenzen aus den Fehlern des ersten gezogen haben, sondern uns jetzt auch gelingt, was von Anfang an das Ziel dieser Landesregierung war: den Flughafen Hahn als Flughafen zu erhalten, von den Wachstumsimpulsen zu profitieren,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Können wir mal über den Bericht reden!)

die langfristig zu einem sich selbst tragenden Aufschwung in der Region führen. –

Der Hahn war immer mehr als ein Flughafen. Er war ein regionales Leuchtturmprojekt,

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Redet ihr noch über den Rechnungshofbericht oder nicht?)

gegründet, um die Wachstumskräfte der Region zu mobilisieren und Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. Wir hoffen, der Hahn hat das Potenzial, dass dies nun endlich zum Tragen kommt.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Das war letzte Woche!)

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Köbler das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst sagen, dass ich wirklich froh bin, dass wir vergangene Woche im Landtag den Verkauf des Flughafens Hahn an die HNA beschlossen haben. Ich glaube, das ist ein wichtiges Signal, auch für klare Perspektiven für die Mitarbeiter sowie die Menschen und die Region vor Ort. Das ist aber natürlich auch eine wichtige Botschaft für unseren Landeshaushalt und den rheinland-pfälzischen Steuerzahler, dass nach einem langen und schwierigen Prozess jetzt endlich Klarheit herrscht.

Ich denke, wir hoffen alle gemeinsam, dass der Verkauf nun auch vollzogen werden kann, die EU-Kommission final grünes Licht gibt und es jetzt einen guten Weg geht. Wir haben gehört, dass die HNA-Gruppe durchaus sehr potent und mittlerweile sogar Mehrheitsaktionär bei der Deutschen Bank ist. Deshalb stehen die Zeichen gut, dass es am Ende eines schwierigen Prozesses eine gute Zukunft gibt, und diese Zukunft wollen wir der Region auch wünschen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es absolut richtig war, dass die Landesregierung, zuvorderst der Innenminister, bereits im vergangenen Jahr eingestanden hat, dass es Fehler und Probleme gab. Das ist durch das Scheitern des ersten Verkaufsversuchs mehr als offenkundig geworden. Ich möchte deshalb auch nicht den Eindruck vermitteln, dass wir jetzt sagen, Ende gut, alles gut. Ich

glaube, dass es ganz im Gegenteil richtig war, dass wir hier gemeinsam den Landesrechnungshof um seine gutachtliche Stellungnahme gebeten haben, und ich bin – Herr Behnke ist jetzt gerade nicht da – dem Landesrechnungshof für diesen umfassenden und detaillierten Bericht sehr dankbar. Ich bin darüber hinaus dem Landesrechnungshof sehr dankbar – das war uns damals wichtig gewesen –, dass er bereits seit 2015 an dem Verkaufsverfahren beteiligt worden ist und sich auch regelmäßig über den Sachstand des Verfahrens hat informieren lassen.

Wir werden die Erkenntnisse, die aus diesem Bericht zu ziehen sind, auch noch in den Fachausschüssen gründlich analysieren und diskutieren. Ich sage jetzt schon zu, dass wir schauen werden, dass wir die notwendigen Konsequenzen für die Zukunft ziehen müssen. Das gilt im Übrigen nicht nur deswegen, weil das erste Verkaufsverfahren an SYT gescheitert ist, sondern auch deswegen, weil es überhaupt ein beispielloses Verkaufsverfahren eines Regionalflughafens unter dem Regime der EU-Flughafenleitlinie ist. Es wird in Deutschland, in der Europäischen Union noch weitere solche Verfahren geben. Ich glaube, es ist richtig und gut, dass wir Pionierarbeit leisten, die entsprechenden Konsequenzen ziehen und dies anderen Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung stellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Meine Damen und Herren, Herr Licht, ich weiß, es ist politisch vielleicht für Sie besonders einfach, dass Sie sagen, es ist bezeichnend, dass der Landesrechnungshof mit den Bezügen zu vorangegangenen gutachtlichen Äußerungen rund um den Themenkomplex gescheiterte Privatisierung beim Nürburgring beginnt. Warum ist das so? Herr Licht, es ist deswegen so, weil wir gemeinsam im Landtag den Rechnungshof genau dazu beauftragt haben, weil wir gesagt haben, dass ein Schwerpunkt der gutachtlichen Prüfung sein soll, ob und inwieweit von der Landesregierung die Schlüsse und Empfehlungen des Rechnungshofs aus vergangenen Gutachten aus diesem Themenkomplex umgesetzt worden sind und welche weiteren Schlüsse man ziehen muss.

(Abg. Alexander Licht, CDU: Wo hat man das reingeschrieben?)

Deswegen ist es sozusagen der Auftrag für uns, den rheinland-pfälzischen Landtag, an den Landesrechnungshof gewesen, genau das mit abzuprüfen. Es ist nicht so, dass sich die Dinge so einfach miteinander vergleichen lassen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Klar, Sie können Nürburgring und Hahn miteinander vergleichen. Ich sage auch immer, man kann Äpfel und Birnen miteinander vergleichen und wird am Ende feststellen, dass es unterschiedliche Früchte sind.

(Abg. Julia Klöckner, CDU: Obstsalat! Das ist alles Obst!)

So ist es auch bei der Lektüre des Berichts.

Meine Damen und Herren, bei den bisherigen gutachtlichen Äußerungen des Landesrechnungshofs, auf die Bezug genommen wurde, geht es um Gutachten der Nürburgring GmbH und der Beteiligungsgesellschaften aus den Jahren 2000 bis 2005. Dort geht es um das gescheiterte Konzept „Nürburgring 2009“, um die Cash Settlement & Ticketing GmbH und das damalige Zukunftskonzept Nürburgring.

Ich möchte Ihnen zwei Dinge dazu sagen. Glauben Sie mir als Grünem, als jemandem, der auch sehr nah dabei war, war es für uns, aber ich denke auch für die gesamte Landesregierung, extrem wichtig, aus den Erfahrungen mit dem Nürburgring entsprechende Konsequenzen zu ziehen,