dass mit Rücksicht auf die ohnehin überbelasteten Kollegen und Kolleginnen Ergänzungsrichter erst gar nicht angefordert wurden, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Hat es im Rahmen der bestehenden Rechtslage, etwa bei der Schaffung der Voraussetzungen für ein vorhersehbar so langes Verfahren, wirklich keine Möglichkeit gegeben, den eingetretenen Schaden abzuwenden, und was müsste getan werden, um für die Zukunft sicherzustellen, dass so etwas nicht wieder eintritt?
ich komme zum Schluss, Herr Präsident – Belehrungen über vermeintliche Unabänderlichkeiten und bei Grundsatzerklärungen belässt, sondern er an vorderster Stelle einen aktiven Beitrag zur Lösung des Problems leistet, damit so etwas nicht mehr vorkommt, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der Erstürmung des sogenannten Braunen Hauses in Bad NeuenahrAhrweiler und der Zerschlagung des „Aktionsbündnisses Mittelrhein“ ist der Polizei im März 2012 ein entscheidender Schlag gegen die rechtsextreme Szene in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gelungen. 24 mutmaßliche Neonazis wurden verhaftet. Gegen insgesamt 26 Mitglieder dieser Organisation wurden wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und anderer Straftaten Anklage erhoben. Schon im August 2012, zeitnah, wurde das Verfahren am Landgericht in Koblenz eröffnet. Was folgte, war ein Mammutprozess, wie wir ihn in der Rechtsgeschichte unseres Landes noch nie erlebt haben und der alle erwartbaren zeitlichen Dimensionen weit übertroffen hat.
Dass das Hauptverfahren nun wegen der Ruhestandsversetzung des Vorsitzenden Richters ausgesetzt werden muss, führt in der Bevölkerung zu großem Unverständnis. Das kann man natürlich in Anbetracht des immensen Aufwands nach fast 340 Verhandlungstagen und der Erwartung eines gerechten Urteils gegen die Beschuldigten absolut verstehen. Es besteht natürlich die Gefahr, dass das Vertrauen in die Justiz leidet.
rechtsstaatliche Zusammenhänge, die letztlich zur Aussetzung geführt haben, zu erklären und aus den Erfahrungen heraus die Debatte weiter anzustoßen, wie der Rechtsstaat vor dem Hintergrund solch komplexer Verfahren handlungsfähig bleiben kann. Wir brauchen jetzt Sachlichkeit und keine Justizschelte.
Herr Dr. Weiland, Ihr Versuch, ein bisschen politisches Kapital aus der Situation zu schlagen, indem Sie Vorwürfe an die Landesregierung wegen der Personalsituation richten, ist nicht nur sehr durchsichtig, sondern auch absolut unsachlich.
(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christine Schneider, CDU: Es ist halt blöde, wenn man seine Rede schon vorher geschrieben hat!)
Im Jahr 2012 waren nach der Personalbedarfsberechnung PEBB§Y – eine anerkannte Bedarfsberechnungsanalyse – die Landgerichte im Oberlandesgerichtsbezirk Koblenz mit 102 % Personal bedarfsgerecht ausgestattet. Es war die Entscheidung des Vorsitzenden Richters der 12. Großen Strafkammer, einen Ergänzungsrichter und zwei Ergänzungsschöffen zu berufen. Das war die Entscheidung des Vorsitzenden Richters. Die Kammer war personell ausreichend ausgestattet
Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein grundlegendes rechtsstaatliches Prinzip unserer Verfassung. Anklagebehörden entscheiden über Art und Umfang der Anklage. Gerichte besetzen die Spruchkammern nach klaren Vorgaben zur Geschäftsverteilung. Die Kammern entscheiden – ich habe es bereits gesagt – über die Hinzuziehung von Ergänzungsrichterinnen und -richtern sowie über Verfahrensabläufe.
Dass es jetzt Kritik an einer möglicherweise zu umfassenden Anklageschrift oder an der Verhandlungsführung des Gerichts gibt, dazu kann man sagen: Das lässt sich im Nachhinein leicht kritisieren. – Natürlich ist nach all diesen Erfahrungen auch Aufarbeitung angezeigt. Auch die unabhängige Justiz muss sich Fragen stellen lassen. Das ist völlig klar. Wir haben deshalb auch einen Berichtsantrag zur Behandlung im Rechtsausschuss gestellt.
Dennoch halte ich fest: Die Staatsanwaltschaft und das Gericht in Koblenz haben nach Recht und Gesetz und
nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Die Anklagebehörde hat alle Anklagepunkte akribisch und minutiös erfasst, wie es ihrer Aufgabe entspricht und letztlich auch aufgrund der schwerwiegenden Tatvorwürfe angezeigt war.
Es geht nicht um ein Kavaliersdelikt, sondern um eine mögliche Staatsgefährdung. Wir haben gerade bei der Ermittlung und Strafverfolgung der NSU-Verbrechen auf Bundesebene erlebt, dass man dem Staat vorwerfen konnte, nicht konsequent genug vorgegangen zu sein. Gerade das kann man der Justiz in Rheinland-Pfalz eben nicht vorwerfen.
Im Prozessverlauf hat sich gezeigt, dass der Umfang ein in dieser Form nicht zu erwartendes Ausmaß angenommen hat. 26 Angeklagte, 52 Pflichtverteidiger, Hunderte Befangenheits- und Beweisanträge, nach SWR-Angaben von gestern 300 Zeugen, eine fast 1.000-seitige Anklageschrift mit vielen Details haben zu diesem Zeitaufwand geführt. Wir erleben gerade auch am Oberlandesgericht in München Parallelen dazu, auch ein Verfahren, das seit Jahren andauert. Hier geht es gegen fünf Angeklagte.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ein stabiler Rechtsstaat zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass er über eine gut ausgestattete und funktionstüchtige Justiz verfügt. Aufgrund dieser Aktuellen Debatte stellt sich die Frage: Ist das auch in RheinlandPfalz so?
Herr Kollege Sippel, Sie haben gerade über eine Schelte an der Justiz gesprochen. Die AfD-Fraktion hat keinerlei Interesse an einer Schelte gegen die Justiz, sondern wenn, dann ist das eine Schelte an diejenigen, die für die mangelnde Ausstattung der Justiz sorgen.
Der Prozess wurde schon mehrfach erwähnt. Ich werde das nicht noch einmal wiederholen. Für uns als AfDFraktion stellen sich hierbei jedoch einige Fragen.
Der Ruhestand eines Richters kommt nicht überraschend und ist somit kalkulierbar. Da stellt sich für uns die Frage: Wieso wurde auf diese anstehende Pensionierung nicht angemessen reagiert? Hat man nicht auf den Kalender geschaut, oder hat man nicht auf den Kalender schauen wollen?
Bei der vergangenen Haushaltsdebatte haben wir als AfDFraktion mehrfach darauf hingewiesen, dass die Justiz
Es stellt sich also die Frage: Was wird in Zukunft getan, um solche Fälle zu vermeiden? Denn durch einen solchen Fall ist es logisch, dass die Bürger in Rheinland-Pfalz das Vertrauen in den Staat verlieren. Es wäre katastrophal, so etwas den Bürgern in Rheinland-Pfalz erneut zuzumuten.
Die wichtigste Frage, die vor allem auch die Bürger in Rheinland-Pfalz interessiert: Wie geht es weiter bzw. geht es überhaupt weiter? Wenn ja, wie lange dauert dann der Prozess?
Die Vorstellung, dass potenzielle Straftäter frei herumlaufen, wird den Bürgern in Rheinland-Pfalz kein gutes Sicherheitsgefühl geben.
Es wäre ein fatales Zeichen an die Gesellschaft, wenn ein Prozess nicht mehr zustande kommt. Das wäre quasi eine Kapitulation des Rechtsstaats.
Eine weitere Frage, die sich ebenfalls stellt: Wie viele Millionen Euro Schaden entstehen dem Steuerzahler aufgrund des staatlichen Versagens? – Auch eine eventuelle Entschädigung der Angeklagten steht im Raum. Über den wahrscheinlich sehr beträchtlichen Betrag für die Ausstattung würde sich die Justiz sicher freuen.
Man kommt jedenfalls zur Erkenntnis: Dies alles hätte verhindert werden können, meine Damen und Herren.
Laut Medienberichten musste der ursprüngliche Ergänzungsrichter schon vor Längerem für einen anderen Pensionsfall der Staatsschutzkammer einspringen und steht deshalb nicht zur Verfügung. Wo wir auch schon bei der Wurzel des Problems wären. Die chronische Unterbesetzung der Justiz, allen voran bei der Staatsanwaltschaft und den Richterstellen, birgt auch in Zukunft das Risiko, dass Prozesse ausfallen und die Mühlen der Justiz in Teilen nicht mehr mahlen können. Genau an diesen Stellen muss in Rheinland-Pfalz stark nachgebessert werden.
Geld ist scheinbar im Überfluss da. Folglich ist eine Investition in die Justiz eine Investition in eine sichere und bürgerfreundliche Zukunft. Der Staat hat die Pflicht, seine Kernkompetenz im Bereich der Justiz vollständig wahrzunehmen und einen reibungslosen Ablauf der Fortgänge zu garantieren. Es ist also alles daranzusetzen, dass sich solche Fälle nicht wiederholen. Die Bürger in Rheinland-Pfalz haben für so etwas berechtigterweise kein Verständnis, und ein Wiederholungsfall könnte das Vertrauen in die Politik und Justiz erheblich beschädigen. Das kann nun wirklich niemand in diesem Hause wollen, meine Damen und Herren.
Wir als AfD-Fraktion wünschen uns, dass der Sachverhalt, wie es dazu kommen konnte, vollständig aufgeklärt wird. Dieser Prozess sollte transparent für die Bürger stattfinden; denn sie haben ein Recht darauf.