Protocol of the Session on May 4, 2017

Ich danke Ihnen.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir dürfen Gäste im rheinland-pfälzischen Landtag begrüßen. Ich begrüße den Landfrauenverband aus der Vulkaneifel,

(Beifall im Hause)

die Feuerwehr-Senioren aus Bad Sobernheim

(Beifall im Hause)

und Bürgerinnen und Bürger aus dem Westerwaldkreis, Mitglieder aus dem FDP-Kreisverband. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Frau Abgeordnete Binz hat für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, „Kriminalität ehrlich analysieren – Konsequent handeln“, so betiteln Sie Ihren Antrag. Gegen eine ehrliche Analyse von Kriminalität auch unter Zuwanderern ist von niemandem hier etwas einzuwenden.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Sehr gut!)

Allerdings gehört zu einer ehrlichen Analyse auch, dass weitergehende Informationen in die Betrachtung einbezogen und nicht nur die nackten Zahlen betrachtet werden.

Die neuen Zahlen aus den Polizeilichen Kriminalstatistiken haben in den vergangenen Wochen zu viel Diskussion und Berichterstattung geführt. Anders als auch in Ihrem Antrag behauptet wird, wird das Thema nicht totgeschwiegen, tabuisiert oder unter den Teppich gekehrt. In der Vielzahl der Berichterstattungen findet sich ein Artikel aus der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ mit Aussagen des Kriminologen Christian Pfeiffer, der weitere Aspekte zu einer ehrlichen Analyse der vorliegenden Zahlen beiträgt. Er weist zum einen darauf hin, dass junge Männer – und zwar egal welcher Nationalität – grundsätzlich die größte Risikogruppe bei Gewalttaten sind. Die Zahl aus der PKS in RheinlandPfalz zeigt uns: Über die Hälfte der Tatverdächtigen ist auch männlich und zwischen 18 und 29 Jahren alt.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Das hilft doch nicht weiter!)

Er weist weiterhin darauf hin, dass wir beim Blick auf kriminelle Zuwanderer ein grundsätzliches Problem haben, nämlich dass Flüchtlinge ein höheres Risiko haben, überhaupt angezeigt zu werden. Er sagt – ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren –: Wenn Max von Moritz attackiert wird, liegt die Anzeigequote bei 13 %, wenn Max aber von Mehmet angegriffen wird, steigt sie auf 27 %. – Heute Morgen haben wir vom Innenminister einige zusätzliche Aspekte gehört, wie die Unterbringung in Massenunterkünften, die auch zu einer vermehrten Gewalt, vor allen Dingen untereinander, beigetragen haben.

Das alles soll natürlich nicht über vergangene Straftaten hinwegtäuschen, insbesondere bei den Straftaten in der Gewaltkriminalität. Es soll sie auch nicht verharmlosen. Gemäß dem Titel Ihres Antrags gehört es aber zu einer ehrlichen Analyse dazu.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Lassen Sie mich kurz noch zu Ihren Forderungen kommen. Die Unterweisung in Rechtskunde für Zuwanderer – auch das haben wir heute Morgen schon gehört – ist bereits intensiviert worden, geschieht direkt am Anfang und sehr intensiv.

Wenn Sie in einer weiteren Forderung die Ausweitung der Abschiebehaft für straffällige Zuwanderer fordern, dann muss man dazu sagen, dass die Abschiebehaft lediglich eingesetzt werden soll und darf, wenn sie zur Durchführung einer anstehenden Abschiebung notwendig ist. Wir haben in Deutschland einen starken Rechtsstaat. Wer straffällig wird, auch als Zuwanderer, wird je nach Schwere und Delikt zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und verbüßt diese in einer Justizvollzugsanstalt. Die Abschiebehaft soll keine Ersatzfreiheitsstrafe sein und sollte dies auch nicht werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Zu den Maghreb-Staaten ist auch schon vieles gesagt worden. Es ist hier schon oft diskutiert worden. Deswegen ganz kurz: Die Ausweitung von sogenannten sicheren Herkunftsstaaten löst kein Problem in der Flüchtlingspolitik, sondern sie verschärft einzig und allein die Lage für die Menschen, die hierher flüchten und auf eine intensive individuelle Betrachtung ihrer Fluchtgründe angewiesen sind.

Sie beschleunigen auch nachweislich nicht in signifikantem Maße die Asylverfahren. Das tun eher Maßnahmen wie Priorisierung oder mehr Personal beim BAMF. Sie führen auch nicht zu schnelleren Rückführungen von Ausreisepflichtigen. Dazu bedarf es Rücknahmeabkommen mit den Maghreb-Staaten, die teils immer noch fehlen.

Schlussendlich führt ein Beschluss im Deutschen Bundesrat nicht dazu, dass verfolgte Gruppen wie schwule Männer oder Journalisten in Marokko, Tunesien und Algerien von jetzt auf gleich nicht mehr verfolgt werden. Unsere Haltung an dieser Stelle hat sich nicht geändert, und auch aus diesem Grund werden wir den Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Spiegel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum zweiten Mal nach 2015 weist die Polizeiliche Kriminalstatistik 2016 Zuwanderer gesondert aus. Um die Zahlen aber korrekt zu interpretieren, muss man sie auch in den richtigen Kontext stellen. Der sieht so aus: Die Zahl der Schutzsuchenden lag im Jahr 2014 für Rheinland-Pfalz bei 11.446 Personen und im Jahr 2015 bei 52.846 Personen. Dies ist ein Anstieg um 362 % im Verhältnis zum Vorjahr. Vor diesem Hintergrund ist der verzeichnete Anstieg der tatverdächtigen Zuwanderer um 78 % von 2015 auf 2016 erstens nicht überraschend und zweitens als durchaus moderat zu bezeichnen.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich ist die Landesregierung in der Kriminalitätsbekämpfung aktiv, auch mit Blick auf Zuwanderer. Das ist sie seit Jahren. Ich danke dem Innenminister und der Polizei auch ausdrücklich für das Engagement.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesamtheit dieser Phänomene begegnen wir auf verschiedenen Ebenen. Zum einen setzen wir auf Prävention, zum anderen aber auch auf eine schnelle und effektive Repression.

Zur Prävention: Ein wichtiger Baustein, um dem Anstieg der Kriminalität von Zuwanderern beizukommen, sind Maßnahmen zur schnellen und guten Integration. Deshalb begleiten wir die Zuwanderer ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt auf ihrem Weg in unsere Gesellschaft. Wir sind durch die mittlerweile wieder vorhandenen freien Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes in der Lage, Asylsuchende sozialverträglich unterzubringen. Das dient dazu, dass die oftmals traumatisierten Menschen nicht zusätzlich durch eine schwierige Unterbringungssituation, wie wir sie gerade Ende 2015 und auch Anfang 2016 nicht vermeiden konnten, belastet werden. Bereits direkt nach der Ankunft der Asylbewerberinnen und Asylbewerber in den Erstaufnahmeeinrichtungen werden sie im Rahmen von Veranstaltungen frühzeitig in Fragen des Rechtssystems, der Werte und Normen unserer Gesellschaft sowie über mögliche Folgen bei Regelverstößen ausdrücklich informiert.

Zugleich machen wir den Asylsuchenden bereits in der Erstaufnahme Sprachangebote. Wir setzen uns sehr dafür ein, dass die Menschen nach ihrem Umzug in die Kommunen Zugang zu Sprach- und Integrationskursen haben und auch so schnell wie möglich auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt Fuß fassen können.

Unser zweites Standbein ist die Intervention. Die Landesregierung handelt bei der notwendigen Bekämpfung jeglicher Form von Kriminalität. Die Sicherheit aller RheinlandPfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer – ganz gleich welcher Herkunft – hat für uns oberste Priorität. Prävention und Repression, wo immer sie angezeigt sind, sind für uns auch kein Gegensatzpaar. Das sind komplementäre Bausteine unseres Handelns für ein sicheres Land.

Es ist eine absolute Minderheit, aber es gibt sie. Ein Teil der hier als Flüchtlinge eingereisten Menschen fällt durch die Begehung von Straftaten vor allem im Bereich der Eigentumskriminalität auf. Deshalb haben wir gemeinsam mit dem Ministerium des Innern und für Sport, dem Landeskriminalamt sowie der Zentralstelle für Rückführungsfragen in Trier Personengruppen oder Herkunftsstaaten identifiziert, die besonders häufig durch die Begehung von solchen Straftaten auffallen. Die Asylanträge dieser Personen werden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge priorisiert. Damit besteht in diesen Fällen besonders schnell Klarheit über den Asylstatus, und die betroffenen Personen können im Falle einer Ablehnung ihres Antrags dann auch besonders zügig in ihre Heimatstaaten zurückgeführt werden.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle einige Worte zu dem Thema „Flüchtlinge und Terrorismus“ sagen. Ja, es ist leider vorgekommen, dass Terroristen als Flüchtlinge getarnt nach Europa eingereist sind und hier Anschläge verübten, siehe Paris und siehe auch Berlin. Es handelt sich hier aber zum Glück um wenige Ausnahmefälle. Meine Damen und Herren, Flüchtlinge per se unter Terrorverdacht zu stellen, wäre absurd.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD – Abg. Michael Frisch, AfD: Das ist zynisch gegenüber den Opfern! Erzählen Sie das einmal den Opfern!)

Meine Damen und Herren, in Rheinland-Pfalz leben nach Erkenntnis der Sicherheitsbehörden fünf als Gefährder eingestufte Ausländer. Mit ihnen befasst sich fortlaufend eine Arbeitsgruppe, der die beteiligten Sicherheitsbehörden angehören. Die Landesregierung hat darüber hinaus mit der Einrichtung der interministeriellen Fachgruppe „Sicherheit“ als Ergebnis des Spitzentreffens „Sicherheit“ neue Strukturen geschaffen, um dieser Herausforderung für die Sicherheit in unserem Land noch effektiver begegnen zu können. Dazu gehört die behördenübergreifende Zusammenarbeit in sogenannten Fallkonferenzen. Ist eine Ausweisung möglich – lassen Sie mich auch das klarstellen –, dann hat diese natürlich Priorität.

Es ist notwendig, dass wir die Rückführung insbesondere von Straftätern und Gefährdern – sie scheitert bisher noch an einigen Herkunftsstaaten – auch dadurch verbessern, dass wir Rückübernahmeabkommen mit den entsprechenden Herkunftsstaaten schließen. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese zielstaatsbezogenen Probleme nicht dadurch gelöst werden können, dass man weitere Staaten als sichere Herkunftsstaaten einstuft. Zu den absoluten und anteilsbezogenen Zahlen von Zuwanderern aus den Maghreb-Staaten hat der Innen

minister heute Morgen das Notwendige gesagt.

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich feststellen: Wir brauchen eine gute Integration. Wir brauchen eine gute Prävention, und wir brauchen zielgerichtete Repressionen dort, wo es notwendig ist, um Kriminalität zu bekämpfen. Alle diese drei Aspekte sind in Rheinland-Pfalz gewährleistet.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Aufgrund der Redezeit der Landesregierung steht jeder Fraktion noch eine weitere Redezeit von zwei Minuten zur Verfügung. Gibt es Wortmeldungen?– Diese ich sehe ich nicht.

Gibt es den Vorschlag auf Ausschussüberweisung? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann wird über die Anträge abgestimmt. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktion der CDU „Kriminalität ehrlich analysieren – Konsequent handeln“ – Drucksache 17/2906 – ab. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Alternativantrag der Fraktion der AfD „Sicherheit gewährleisten – Kriminelle Zuwanderer ausweisen“ – Drucksache 17/2945 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Damit ist der Antrag mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Ich rufe nun Punkt 19 der Tagesordnung auf:

EU darf deutschen Meistern nicht ins Handwerk pfuschen – Dienstleistungspaket der EU zurückweisen Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/2910 –

dazu:

Einführung einer elektronischen Dienstleistungskarte in Europa verhindern – Qualifikation und Qualität in Handwerk, Freien Berufen und Dienstleistungen erhalten und stärken Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 17/2944 –

Für die antragstellende Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Paul das Wort.

Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Wenn Brüssel plant und fordert, fragen sich mittlerweile viele Bürger,