Protocol of the Session on June 2, 2016

Die CDU-Fraktion hat ihre Aufgabe als führende Oppositionsfraktion. Zu der müssen Sie wieder finden. Sie haben uns in Ihrer Rede einige Passagen präsentiert, die kannte ich noch aus der alten Wahlperiode fast zu gut. Sie sind mir gut bekannt vorgekommen.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Ich will Ihnen auch sagen, die Situation im Parlament mit Blick auf die neue Landesregierung zu beschreiben mit „Wir reden hier über Aufgaben und nicht über Gegner“ nach dem, wie Sie die Kollegen von der FDP attackiert haben, war auch nicht glaubwürdig, liebe Frau Kollegin Klöckner.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nachdem Sie dann uns als Regierungsfraktion – damit meine ich auch die Kolleginnen und Kollegen ganz persönlich – als reine Angehörige eines Zustimmungsorgans bezeichnet haben, muss ich sagen, das war auch nicht freundlich und passt auch nicht zu dem Wort „Demut“, das Sie nach der Landtagswahl gewählt haben. Als Sie dann auch noch vor zu viel Selbstzufriedenheit gewarnt haben, muss ich Sie an Folgendes erinnern, liebe Frau Kollegin Klöckner: In ganz Rheinland-Pfalz hingen Plakate mit Ihrem Antlitz, darunter stand: Die neue Ministerpräsidentin. – So viel zum Thema Selbstzufriedenheit.

Liebe Frau Kollegin Klöckner, Sie sind uns scharf angegangen, noch bevor wir überhaupt die erste parlamentarische Auseinandersetzung hatten. Sie haben die Kolleginnen und Kollegen desavouiert als reines Abstimmungsorgan.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Jetzt müssen Sie damit rechnen, dass Sie die entsprechenden Antworten bekommen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diese Koalition hat sich gefunden. Wir als Sozialdemokraten können mit Ihrer Kritik umgehen, die Grünen haben das auch schon geübt, die FDP wird mit dieser Kritik umgehen können.

Das ist zunächst einmal die Bitterkeit der verschmähten Liebe.

(Heiterkeit bei der FDP)

Irgendwann lässt das auch nach, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP.

Als ich in den letzten Tagen gefragt worden bin, wie das mit der Stimmung im Parlament aussieht, habe ich gesagt, ich weiß es nicht, wir sind noch gar nicht richtig da. Aber ich habe so ein bisschen die Vermutung, wie es sein könnte.

Wenn ich jetzt in Ihre Reihen schaue, so war es gestern noch eindrucksvoller, als die Ministerpräsidentin geredet hat. Da habe ich gedacht, da haben doch einige den Blues. Als Sie als Vorsängerin die alten Evergreens aus der Vergangenheit, die schon einige Kratzer hatten, zum Besten gegeben haben, war es nicht anders, Frau Klöckner.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Wie lange redet der noch?)

Meine Damen und Herren, die AfD muss auch zeigen, dass sie mehr als Marschmusik hier im Parlament spielt.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Thomas Weiner, CDU)

Für die Ampelkoaliton wird gelten: Wir werden auch in Zukunft ein buntes, klares, für die Menschen annehmbares, wahrnehmbares und attraktives Bild abgeben. Meine Damen und Herren, dafür werden wir gemeinsam arbeiten, jeder an seiner Stelle, jeder in seiner Verantwortung.

Frau Klöckner, Sie haben gesagt „Wir schaffen das“. Ich glaube, damit haben Sie etwas beschrieben, was ein Teil der Wahlanalyse der CDU war, dass die CDU in RheinlandPfalz gesagt hat, sie sei vor allem an der Bundeskanzlerin gescheitert.

(Heiterkeit des Abg. Michael Frisch, AfD)

Dann haben Sie irgendwann gemerkt, sie sind vielleicht an Malu Dreyer gescheitert.

Ich glaube, Sie werden noch eine intensive Phase des Nachdenkens brauchen, bis Sie erkennen, Sie sind auch ein ganzes Stück an sich selbst gescheitert, liebe Frau Kollegin Klöckner.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Christian Baldauf, CDU: Quatsch!)

Darum sage ich Ihnen, ich hätte mich darauf gefreut, wenn Sie uns heute positiv überrascht hätten, aber das kann ja noch kommen. Diese Landesregierung wird gut und stabil arbeiten. Sie hat die Unterstützung der stärksten Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, der SPD-Fraktion.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit

(Anhaltend Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich auf die vorhin geäußerten Zwischenrufe „Brandstifter“ und „Hetzer“ eingehen. Es gibt eine Liste aus dem Handbuch für die parlamentarische Praxis mit Kommentaren zur Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Aufgrund dieser Liste haben diese Begriffe zu Ordnungsrufen und Rügen geführt. Ich schlage zur besseren Vergewisserung aller Fraktionen vor, diese Liste allen Fraktionen zukommen zu lassen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Sehr gut!)

Nun erteile ich dem Abgeordneten Herrn Uwe Junge das Wort.

(Abg. Martin Haller, SPD: In den letzten fünf Jahren musste diese Liste nie erwähnt werden! – Abg. Joachim Paul, AfD: Zeigen Sie mir nicht den Vogel! Das ist unverschämt! – Unruhe im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Junge.

Verehrte Frau Präsidentin, geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin! Die AfD ist in Rheinland-Pfalz angetreten, um Politik für den eigenen Bürger zu machen.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: AfD-eigene Bürger!)

Herr Braun, lassen Sie mich doch zunächst einmal anfangen, bevor Sie mit irgendwelchen Zwischenrufen kommen.

Wir werden uns in der Sache hart, aber im Ton moderat in der parlamentarischen Arbeit als Opposition – Frau Klöckner, nicht wie Sie sagten, als zusätzliche Opposition, sondern noch als Teil der Opposition – hier unserem verfassungsrechtlichen Auftrag, die Regierung zu kontrollieren, stellen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, darauf können Sie und die Bürger in diesem Land sich verlassen.

Ich möchte mich anfangs im Namen der Fraktion der Alternative für Deutschland hier im Landtag bei vielen von Ihnen, nicht bei allen, aber bei vielen von Ihnen für die freundliche Aufnahme bedanken und insbesondere der Landtagsverwaltung meinen herzlichen und besonderen Dank für die professionelle und sehr kollegiale Unterstützung bei der Aufnahme unserer parlamentarischen Arbeit in diesem Haus sagen.

(Beifall der AfD)

Frau Klöckner, ich will nicht verhehlen und möchte dabei kurz auf Sie eingehen, dass wir Sie lieber als Ministerpräsidentin gehabt hätten.

(Abg. Hans Jürgen Noss, SPD: Ui! Das ist ein Bekenntnis!)

Frau Klöckner, Sie aber sind gescheitert, und zwar in erster Linie deshalb, weil Sie in Berlin links geblinkt und in Rheinland-Pfalz versucht haben, rechts abzubiegen. Das war ein strategischer Fehler. Ich hoffe, dass Sie diesen Fehler in der Oppositionsarbeit so nicht fortsetzen.

Herr Schweitzer, Sie haben natürlich recht, mit Optimismus an die Sache heranzugehen. Ich sage Ihnen aber auch, Optimismus ohne Realitätsnähe wird zur Glaubensfrage. Noch etwas: Die Pessimisten sind Optimisten mit Erfahrung. Die sollten Sie eigentlich haben.

(Beifall der AfD)

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin, wenn Sie in Ihrer Regierungserklärung behaupten, dass Ihnen die Bürger das Vertrauen ausgesprochen haben, so verkennen Sie, dass über 50 % der Bürger eben nicht rot-grün, sondern bürgerlich-konservativ-liberal gewählt haben;

(Abg. Jutta Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das kann doch nicht sein!)

denn auch die FDP-Wähler waren davon ausgegangen, dass Sie diesmal Wort halten würden, als Sie die Beendigung von rot-grüner Politik als Ihr erstes Wahlziel aus

gaben und dafür in geradezu beschwörender Weise auf Posten und Dienstwagen verzichten wollten, Herr Dr. Wissing.

(Beifall der AfD)

Dass Sie das wohl nicht so gemeint haben, werden Ihnen die Wähler schon bald in Berlin, in MecklenburgVorpommern und in Nordrhein-Westfalen gebührend quittieren.

Frau Ministerpräsidentin, Ihre Regierungserklärung folgt dem Koalitionsvertrag in gleicher verschleiernder Oberflächlichkeit, durchsetzt von nebulösen, meist ideologisierten und moralisierenden Absichtserklärungen und bleibt in den wesentlichen Kernfragen ohne konkrete und vor allem realistische Lösungsansätze.

So schreiben Sie – ich zitiere –: „Die innere Sicherheit in Rheinland-Pfalz wird von hoch motivierten und sehr gut ausgebildeten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten gewährleistet. Ihnen ist zu verdanken, dass Rheinland-Pfalz ein sicheres Land ist (...).“ – Ja, unsere Polizei leistet Großartiges. Nicht zuletzt wegen Ihres Aufrufs zur Ächtung von immerhin 300.000 Wählern und 1.600 Mitgliedern der AfD in Rheinland-Pfalz haben wir die Leistungsfähigkeit unserer Polizei bei unseren Wahlkampfveranstaltungen bewerten können, Herr Schweitzer. Die war großartig. Danke dafür.