Allerdings ist das Steuergeld der Bürgerinnen und Bürger natürlich auch zu kostbar, um es in nicht ausreichend vorbereitete oder nicht sinnvolle Projekte zu stecken, nur um Ihrem Anspruch gerecht zu werden.
Ihr Anspruch kann bei diversen Infrastrukturthemen durchaus einmal variieren. Das haben wir gestern gesehen und heute wieder. Das variiert mal so, mal so.
(Zuruf des Abg. Schreiner, CDU – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Komm’ mal in die erste Reihe, damit man Dich versteht!)
Unser Motto ist „Wir bauen nach den Bedürfnissen der Menschen in unserem Land“. Das ist ganz einfach.
Das sollte nicht nur Ziel der Freien Demokraten, der Ampelpartner oder der Landesregierung sein, sondern das sollte auch der Anspruch der CDU-Fraktion sein. Zu diesem Leitbild hätten Sie sich bekennen können. Um es also mit Ihrem Antragstitel zu sagen: Chance verpasst.
Wir dürfen als weitere Gäste Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Sozialkunde am Gymnasium Nieder-Olm begrüßen. Herzlich willkommen bei uns!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde heißt „Verpasste Chancen – nicht abgerufene Bundesgelder durch die Landesregierung für den Straßenbau“. Ich war auch irritiert, weil ich die Kleine Anfrage des Kollegen Alex Licht sowie deren Beantwortung als Drucksache 17/2178 erst vor zwei Wochen gelesen hatte. Ich denke mir, weil wir auch gerade bei der Aktualität von aktuellen Debatten waren, man könnte auch sagen: Verpasste Chance – unsinnige Aktuelle Stunde der CDU kostet Lebenszeit. – Aber gut.
Das Defizit beim Mittelabruf, das die CDU hier beklagt, ging auf die gestiegenen Zuweisungen des Bundes zurück. Das erschließt sich auch aus der Antwort auf die Kleine Anfrage, die das Wirtschaftsministerium der CDU bzw. dem Kollegen Licht geschrieben hat. Ich sage Ihnen, Ihre Aktuelle Debatte geht ins Leere. Jetzt bin ich wahrscheinlich die Letzte, die danach lechzt, möglichst viel Geld für Straßenbau auszugeben,
aber hier wird immer nur von Straßenbau geredet. Viel wichtiger ist das, was wir in der letzten Legislaturperiode gemacht haben
und was im Übrigen auch Ziel dieser Regierung ist, nämlich das, was im Übrigen auch der Landesrechnungshof
an anderer Stelle angemahnt hat, die Gelder auch in die Sanierung und Instandhaltung des jetzigen Netzes zu stecken. Auch die sind natürlich bei den Mitteln, die wir vom Bund bekommen, mit eingerechnet.
Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen, wenn wir beim Thema Verkehr sind, 20 % der energiebedingten Treibhausgasemissionen gehen auf den Verkehr zurück.
(Abg. Christian Baldauf, CDU: Wie sind Sie denn heute nach Mainz gekommen, Frau Kollegin? Mit dem Fahrrad oder wie?)
Auch deswegen ist es für uns eine Aufgabe, die vorhandenen Wege, Strecken und Straßen gut zu pflegen. Verpasste Chancen könnte man eher der Politik des Bundesverkehrsministers vorwerfen, nämlich verpasste Chancen bei einer nachhaltigen Verkehrspolitik, verpasste Chancen bei einem vernünftigen und nachhaltigen Bundesverkehrswegeplan statt der x-ten Wünsch-dir-was-Liste, verpasste Chancen beim Ausstieg aus der vermurksten Pkw-Maut, verpasste Chancen beim Ausbau der Moselschleusen – darauf komme ich gleich noch einmal zurück – und verpasste Chancen bei einer den Ländern wirklich gerecht werdenden Lösung des Beitrags der Regionalisierungsmittel.
Und dann wirft Dobrindt irgendwann einmal nebenbei ein paar Millionen Euro unter die Bundesländer für zusätzliche Investitionen in einem Zeitraum von 2016 bis 2018 – für zwei Jahre.
(Abg. Christian Baldauf, CDU: Aber komischerweise verbaut Bayern das! – Abg. Alexander Licht, CDU: Den Hochmoselübergang hast du vergessen!)
Weil Planungen nicht abgeschlossen werden konnten oder die Baukapazitäten nicht ausreichten, konnten auch andere Länder – Herr Oster hat es eben erwähnt – ihre Gelder, die sie so nolens volens vom Bund zugewiesen bekommen haben, nicht ausgeben. Das haben Sie eben bezweifelt, aber ich lese es Ihnen vor. Es sind neben BadenWürttemberg auch Hessen, Bremen, Niedersachsen, Thüringen, und – Sie haben es gehört – auch Bayern wird mit den unfreiwilligen Pfründen aus Berlin nicht so ohne Weiteres fertig.
Was ist denn das für eine Planung des Bundes, auf die man sich als Land einstellen könnte? Was ist daran zuverlässig, wenn es heißt, ab 2018 wird es wieder zurückgefahren? Es ist auch richtig, dass der Markt der Ingenieure leerge
fegt ist. Ich war am Montag auf einer Veranstaltung des VDI hier in Mainz. Genau das war eine der Klagen des VDI, dass ihm der Nachwuchs fehlt. Wenn der Nachwuchs fehlt, liegt es daran, dass nicht so viele fertige Ingenieure vorhanden sind. Dieses Problem hat im Übrigen auch der Bund.
Ich kann mich gut erinnern, vor zwei Jahren war ich mit Herrn Lewentz, der damals noch für Verkehr zuständig war, in Berlin. Da ging es um den zügigen Ausbau der Moselschleusen. Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium sagte, das Geld wäre nicht das Problem beim Ausbau der Moselschleusen, aber leider habe der Bund nicht genügend Ingenieure, die die notwendige Planung herstellen könnten. Lieber Herr Licht, liebe CDU, dann fangen Sie doch erst einmal da an, wo Sie noch Verantwortung tragen: im Bund.
(Abg. Alexander Licht, CDU: Er muss jetzt die verlorenen Jahre aufarbeiten! Das schafft er nicht so schnell!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In dieser Debatte ist doch einiges durcheinandergebracht worden.
Der Bundesverkehrsminister Dobrindt hat im Sommer 2014 erstmals den sogenannten Investitionshochlauf angekündigt. Nachdem das Bundesverkehrsministerium den Etat für den Ausbau der Bundesautobahnen und Bundesstraßen jahrelang schmal gehalten hatten, war dies eine erfreuliche Nachricht; denn nur mit steigenden Mitteln können die Defizite, die beim Zustand und der Leistungsfähigkeit des Bundesfernstraßennetzes entstanden sind, beseitigt werden.
Wie Ihnen bekannt ist, plant und baut das Land die Bundesfernstraßen im Auftrag des Bundes. Wir erhalten dafür eine pauschale Vergütung vom Bund, einen prozentualen Teil der Bausumme. Dieser Anteil, den der Bund uns an Planungskosten erstattet, ist aber deutlich niedriger als die tatsächlichen Kosten für die teilweise umfangreichen und sehr anspruchsvollen Planungen. Das Land zahlt also jährlich mehrere Millionen Euro für die Planung der Bundesstraßen aus eigenen Mitteln drauf. Man würde uns daher zu Recht die Verschleuderung von Steuergeldern vorwerfen können, wenn das Land beliebig viele Ingenieure für vielleicht irgendwann in der Zukunft zur Verfügung stehende Bundesmittel vorhalten würde. In Rheinland-Pfalz werden stattdessen die für den Bundesfernstraßenbau er
forderlichen Ingenieurstellen wirtschaftlich verantwortungsvoll an den vom Bund tatsächlich zur Verfügung gestellten Baumitteln bemessen. Das Land benötigt dafür gesicherte Erkenntnisse über die zukünftig zur Verfügung stehenden Finanzmittel für die Bauaktivitäten im Bundesfernstraßenbau;
denn wir wollen und können als Land nicht Ingenieure einstellen, wenn der Bund mehr Geld auszugeben gedenkt, und sie später wieder entlassen, wenn der Bund die Mittel zurückfährt. Diese etwas absurde Idee – entschuldigen Sie, Herr Kollege, wenn ich das so deutlich sage –, die ohnehin knappen Ingenieure am Markt irgendwie mit Kurzzeitverträgen anreizen zu können, ist mit der Realität nicht in Einklang zu bringen, glaube ich.
Die jahrelang niedrigen Mittelzuweisungen durch den Bund spiegeln sich nicht nur in der Zahl der Ingenieure, sondern auch in der Zahl der betriebenen Planungen wider.